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Calendula

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 11.02.2022
Die Gezeiten gehören uns
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


weniger gut

Sea Cliff ist die Heimat von Eulabee und ihrer besten Freundin Maria Fabiola. Es ist ein Ort, in dem jeder jeden kennt und sich Gerüchte schnell verbreiten. Es ist ein beschaulicher Ort. Eines Tages stellt ein fremder Mann den Mädchen eine unverfängliche Frage. Die Antwort auf diese Frage wird unvorhergesehen Folgen für die Freundinnen haben.

Die Mädchen sind in der Pubertät, Jungs und Sexualität sind zentrale Themen in ihren Gesprächen. Im Mittelteil, der mir am besten an dieser Geschichte gefallen hat, wird dann auch die Dynamik unter Jugendlichen sehr gut geschildert. Wie wenig es im Grunde braucht, um als Ausgestoßene dazustehen. Wie schwierig es ist den Weg zurück in die Gruppe zu finden. Es wird aber auch deutlich, dass auch die Erwachsenen sich hinter einer Fassade verstecken, die heile Welt für alle sichtbar. Das wirft auch die Frage auf: wie gut kann man einen anderen Menschen kennen?

Der Rest des Buches hat mich weniger begeistert. Im Grunde ist es eine belanglose Geschichte um - nichts. Der Umgang mit den Geschehnissen ist teilweise so unrealistisch, dass es keinen richtigen Spaß gemacht hat weiterzulesen. Die Geschichte läuft so vor sich hin, es gibt viele Beschreibungen die irgendwie dann doch nicht im Zusammenhang mit dem Rest stehen und es passiert im Grunde nichts.

Schade, der Klappentext klingt sehr vielversprechend und auch den Schreibstil finde ich sehr ansprechend. Leider konnte die Geschichte mich nicht begeistern.

Bewertung vom 30.01.2022
Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1
Schoch, Julia

Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1


gut

Auf einer Lesung wird eine Frau, eine Autorin, von einer ihr fremden Frau angesprochen. Sie eröffnet ihr, dass sie den gleichen Vater haben. Noch am gleichen Abend trennen sich ihre Wege wieder, ohne das sie länger miteinander gesprochen haben. Diese Begegnung wird von der Protagonistin als "das Vorkommis" bezeichnet. Es ist ein Auslöser für ein sich drehendes Gedankenkarrussel. Jeder in der Familie hat eine eigene Meinung dazu, wie mit der veränderten Situation umzugehen ist. Jeder hat eine andere Strategie um das vor langer Zeit Geschehene für sich zu verarbeiten. Auch eine berufliche Reise in die USA stellt für die Protagonistin eher eine Flucht dar. Fliehen, Abstand bekommen, nicht daran denken müssen.

Die Protagonistin, ihre Kinder, ihre Familie - alle bleiben namenlos. Und für mich auch irgendwie konturlos. Es ist mir nicht gelungen, diesen Figuren für mich ein Gesicht zu geben. Sie werden auch eher abstrakt beschrieben, z.B. "das ältere Kind". So sehr auch über das vorliegende Gefühlschaos berichtet wird, in dem die Erzählerin sich befindet, so bleibt bei mir trotzdem eine gewisse Distanz erhalten. Ich habe das Gefühl, die Autorin möchte mir zwar ihre Geschichte erzählen, mich aber gleichzeitig trotzdem nicht zu nah an sich heranlassen.
Dabei ist das Erzählte alles andere als belanglos. Die Protagonistin lässt ihr Leben gedanklich Revue passieren und stellt dabei auch ihre familiären Beziehnungen auf den Prüfstand. Für meinen Geschmack schießt sie dabei in Bezug auf ihren Mann allerdings gewaltig übers Ziel hinaus.
Dabei schreibt sie einige sehr schöne und vor allem sehr kluge Sätze, die mich als Leser unwillkürlich inne halten lassen. Und darüber nachdenken lassen, wie es denn in der eigenen Familie so ist. Oder wir man selbst gehandelt bzw. gefühlt hätte.

Allerdings hatte ich im Verlauf das Buches das Gefühl, dass sich die Gedanken wiederholten und man sich im Kreis drehte. Manche Einwürfe aus ihrer Kindheit oder Begebenheiten aus ihrem Leben konnte ich nicht so recht in Zusammenhang mit den aktuellen Situation bringen. Wobei das auch daran liegen mag, dass ich um einiges jünger als die Autorin bin und mir schlicht und ergreifend die für das Verstehen notwendige Lebenserfahrung fehlt. Ein Umstand, für den die Autorin absolut nichts kann.

"Das Vorkommnis" bildet den Auftakt einer Trilogie. Ich hatte mir aber etwas anderes versprochen. Es ist ein gutes Buch. Tiefgründig und authentisch, subtil und nachdenklich machend. Aber es hat mich leider nicht restlos begeistern können.