Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hennie
Wohnort: 
Chemnitz

Bewertungen

Insgesamt 271 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2020
Verschollen in Palma
Kallentoft, Mons

Verschollen in Palma


sehr gut

Leben zwischen Hoffnung und Verzweiflung
Vor ca. 3 Jahren las ich den Thriller „Die Fährte des Wolfes" von Mons Kallentoft (& Luttemann). Von der Kraft der Charaktere und der Sozial- sowie Gesellschaftskritik in dieser Geschichte war ich tief beeindruckt. Deshalb wollte ich unbedingt auch „Verschollen auf Mallorca“ lesen.

In dem Krimi ist die Hauptperson der ehemalige Polizist Tim Blanck. Er ist ein verzweifelter Vater, der seit drei Jahren seine verschwundene Tochter sucht. 16 jährig bricht Emme mit ihren Freundinnen von ihrer Heimat Schweden auf zu einer Partyreise nach Mallorca und wurde seit einer nächtlichen Fete nicht mehr gesehen. Die dortige Polizei legte den Fall bald zu den Akten. Tim aber gibt die Suche nicht auf, auch wenn dabei seine Ehe in die Brüche geht und er mittlerweile in Palma als Privatdetektiv arbeitet. Der Auftrag für einen deutschen Millionär bringt ihn in große Gefahr, aber damit auch auf die Fährte der vermißten Tochter. Tim gerät in riesige Schwierigkeiten und kämpft schließlich um sein Leben...

Die Geschichte schien zu Beginn schwer in Fahrt zu kommen. Dazu bediente sich Kallentoft eines ungewöhnlichen Erzählstiles, an den ich mich erst gewöhnen musste. Es lohnte sich aber sehr dranzubleiben. Denn spätestens mit der grausamen Ermordung des Callboys kommt richtig Spannung und Action in die Story.
Manche der Kapitel enden mit einem Komma und der Gedanke bzw. der Satz wird im neuen Kapitel fortgesetzt. Das ist ein seltenes, außergewöhnliches Stilmittel. Der Autor schafft es zudem mit der Sprache auffallend gut die Emotionen bzw. die aktuelle Verfassung der Charaktere einzufangen. Die hilflose Verzweiflung Tim Blancks bei der Suche nach seiner Tochter ging mir nahe. Als Leserin war ich immer mittendrin beim quälenden, langen Prozeß der Nachforschungen. Auch die Rückblenden zu Emme haben mich emotional sehr berührt. Es erfüllte mich an einigen Stellen mit Grauen. Die Schilderung der Gewalt, die dem sehr jungen Mädchen angetan wurde, erfolgte sehr anschaulich.
Tim führt ein Leben zwischen Hoffnung und Verzweiflung abseits von jeglicher Normalität, stets auf der Suche nach der Wahrheit. Seine Tätigkeit als Privatdetektiv ist Mittel zum Zweck. Tims Denken und Fühlen, sein Dasein werden bestimmt von der verschwundenen Tochter.
Dabei wird wie nebenbei deutlich, wie sehr er noch an seiner Frau Rebecka hängt. Mit ihr verbinden ihn tiefe Gefühle. Es gibt eine Menge an Momenten in dem Krimi, die mich aufwühlten, die ich so in diesem Genre nicht erwartet hätte.
Trostlosig- und Ausweglosigkeit, Angst, aber auch Hoffnung und Zuversicht wechseln sich ab in der Gegenwart und Vergangenheit. Immer wieder wechselt die Handlung in der Zeit, sie springt vor und zurück. Es geht um Drogen, Gewalt (Mißhandlung, sexuelle Gewalt gegen Frauen), Prostitution, Korruption, Gier, es geht um den absoluten Filz, eine kriminelle Verflechtung bis in die höchsten, mallorquinischen Kreise. Hier erfolgt die Sichtweise auf ein Urlaubsparadies aus einem anderen Blickwinkel!

Ich bewerte mit vier von fünf Sternen und vergebe meine Kauf-/Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.08.2020
Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4
Ahnhem, Stefan

Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4


ausgezeichnet

10 STUNDEN TOT
„Helsingborg ist nicht mehr der idyllische Ort an der schwedischen Küste, der er mal war.“

Der 4. Band um Kommissar Fabian Risk, das sei vorangestellt, war für mich ein anspruchsvoller Thriller. Damit stehe ich im Gegensatz zu vielen anderen Lesermeinungen. Für mich gab es keine ungeklärten Fragen. Bereits vor einem Jahr las ich „Der Würfelmörder“, allerdings unter dem Titel „10 Stunden tot".

Es beginnt mit dem Prolog im August 2007, in dem eine Frau in kürzester Zeit auf grausamste Art und Weise aller ihrer Illusionen und ihres Lebens beraubt wird. Der Täter ist ein guter Bekannter aus Teil 3 und spielt auch weiterhin eine wesentliche Rolle. Trotz größter, ermittlerischer Bemühungen Risks wird er bis zum Ende des 490 Seiten starken Buches nicht öffentlich entlarvt werden.
Weiter geht es fünf Jahre später mit vielen verschiedenen Handlungsebenen, die aber nie aus der Luft gegriffen, sondern entweder einen Bezug zu früheren Fällen herstellen oder neu aufgeklärt werden müssen. Dazu kommen die privaten, schwerwiegenden Probleme der Ermittler, wie Risk selbst und seiner Familie, die von der Kripochefin Astrid Tuvesson, der Kriminalinspektorin Irene Lilja u. a.

Der Autor hat wie in seinem Vorgängerband „Minus 18 Grad“ sehr viele Untaten, aber auch gesellschaftliche, politische Vorgänge in seinen Krimi hineingepackt. Dazu kommen noch die alten Verbindungen zu Straftaten, die in Dänemark verübt wurden und deren Verflechtungen in die Familie von Fabian Risk (- die dänischen Kollegen Kim Sleizner, Dunja Hougaard - ) hineinreichen. Ich war gezwungen aufmerksam den Inhalt zu verfolgen, um die Zusammenhänge im richtigen Kontext zu verstehen. Die Menge an auftretenden Personen, die von Kapitel zu Kapitel zunahmen und einhergingen mit dem ständigen Wechsel der Örtlichkeiten und der Handlungsebenen forderten mich. So schnell wie sonst, kam ich mit dem Lesen nicht voran. Trotzdem blieb bis zum Ende der rote Faden erhalten.
Es gibt keinen Charakter in Ahnhems Thriller, der einfach zu nennen wäre. Eine zielgerichtete, gemeinsame Zusammenarbeit der Ermittler konnte ich nicht feststellen. Irgendwie fehlt die Gemeinsamkeit, das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Vertrauen. Trotzdem können zwei der mehreren Straftaten aufgeklärt, die Täter ihrer Strafe zugeführt werden. Wie einer der Mörder vorgeht, erfährt nur der Leser. Er würfelt nach einer komplizierten, nur für ihn durchschaubaren Methode seine Opfer, ihre Todesart, den Todeszeitpunkt und den –ort aus. Über ihn und noch weitere ungelöste Fälle wird der Autor im nächsten Band aufklären, denn es endet mit Cliffhangern.

Ich fand „Der Würfelmörder“ als äußerst spannend und vielseitig erzählt. Unter dem Titel „10 Stunden tot“ konnte ich mir leider erst nichts vorstellen. Später erschloß sich mir der Sinn. Der Frau des Kripomannes, des Kollegen von Risk, fehlen 10 Stunden in ihrer Erinnerung. Sie war 10 Stunden wie tot. Das wird sicher noch seine Bedeutung erhalten!

Von mir gibt es die Lese-/Kaufempfehlung für einen kompakten Thriller und die höchste Bewertung.

Bewertung vom 12.08.2020
Der Fahrer / Kerner und Oswald Bd.3
Winkelmann, Andreas

Der Fahrer / Kerner und Oswald Bd.3


ausgezeichnet

Vorsicht bei der Nutzung von Social Media
Der neue Thriller von Bestsellerautor Andreas Winkelmann: ein neuer Fall für Jens Kerner und Rebecca Oswald! Es ist Teil 3 nach „Das Haus der toten Mädchen“ und "Die Lieferung". Die Bände kann man einzeln lesen. Es sind abgeschlossene Fälle, nur das Ermittlerteam ist dasselbe.

Zum Inhalt:
In der Großstadt Hamburg treibt ein Serienmörder sein Katz- und Mausspiel mit der Polizei. Erst tauchen sonderbare Hashtags mit dem Wortlaut #findemich auf. Sie sind mit Leuchtfarbe auf den Autos der späteren Opfer aufgebracht, die dann selbst an öffentlichen Plätzen tot mit floureszierenden Gesichtern wie ausgestellt aufgefunden werden. Was treibt den Täter an, die jungen Frauen auf diese Art und Weise umzubringen? Und warum setzt er der Polizei ein zeitlich begrenztes Limit? Es scheint ihm zumindest Genugtuung zu bereiten, ihnen ihre Unfähigkeit nachzuweisen. Jens Kerner gerät an seine Grenzen, trifft falsche Entscheidungen...

Meine Meinung:
„Der Fahrer" ist eine Geschichte, die mich von Kapitel zu Kapitel nicht mehr losließ. Ich habe sie an einem Tag gelesen. Durchgesuchtet! Der Thriller ist rasant und ungeheuer fesselnd geschrieben, ein Pageturner durch und durch. Die Kapitel sind kurz und enden trickreich mit spannendem Ende, das einen zwingt immer weiter zu lesen.
Die Handlung ist vielfältig, viele Personen erscheinen verdächtig. Als Leser steht man genau wie Kommissar Kerner vor unzähligen Fragen. Ich fühlte und fieberte mit ihm und seiner Mitarbeiterin Rebecca Oswald. Das ganze Team steht unter einem immensen Erfolgsdruck. Die Zeit läuft ihnen davon und wie so oft hilft Kommissar Zufall oder wie im Falle der jungen Polizistin eine doch noch emotionale Regung des Killers.
Erst kurz vorm Ende erfährt man die Gründe für die grausame Bestrafung der jungen Frauen. Oh Mannomann, da mag ich gar nicht darüber nachdenken, wie viele potentielle Tote es da geben könnte!
Dahinter steckt eine Geschichte voller Tragik, die aus dem Täter ein wirkliches Monster machte. Zum Schluß schließt sich der Kreis zum Prolog. Da erhielt ich den vollen Durchblick.

Die Mischung aus Ermittlungstätigkeit und den privaten Belangen von Kerner und Oswald geht für mich in Ordnung. Die Geschichte wird für mich dadurch noch lesenswerter.

Wer spannende Unterhaltung nonstop sucht mit Gänsehautmomenten ist bei diesem Thriller genau richtig!

Meine Bewertung: Fünf von fünf Sternen!
Und für alle Thriller-Fans meine Lese-/Kaufempfehlung!

Bewertung vom 05.08.2020
Das große Feen-Schlamassel / Klara Katastrofee Bd.1
Sabbag, Britta

Das große Feen-Schlamassel / Klara Katastrofee Bd.1


ausgezeichnet

GESTATTEN, KLARA VOM KORNBLUMENFELD
„Eine herzerwärmende Feen-Geschichte über Mut, Freundschaft und das wichtige Thema Naturschutz - ideal zum Vorlesen und ersten Selberlesen.“
Diese Aussage über "Klara Katastrofee und das große Feen-Schlamassel“ trifft voll ins Schwarze!

Mir gefielen als zweifache Großmutter die Abenteuer der schussligen, kleinen Fee Klara mit den phantastisch schönen, farbenfrohen Illustrationen von Igor Lange außerordentlich gut. Für mich war es im Moment genau die richtige, wohltuende Lektüre. Emotional total im Ausnahmezustand bin ich zur Zeit nicht in der Lage meine Lieblingsgenres Krimi/Thriller zu lesen. Ich muss den plötzlichen Tod meiner Mutter verkraften und da kam mir diese zauberhafte Kindergeschichte gerade recht.

„Gestatten, Klara vom Kornblumenfeld!“, so beginnt die Geschichte und so probt die Jungfee aus dem Feenland Amrien ihre Vorstellung vor der großen Feenversammlung. Sie möchte doch einen guten Eindruck hinterlassen. Gerade das ist aber ihr großes Handicap. Tollpatschig tappt sie von einem Schlamassel in den nächsten. Ihre Zaubersprüche gehen oft daneben. Sie verzaubert sich ständig. Und plötzlich ist sie so groß wie ein Menschenmädchen. In der Gestalt lernt sie Oskar kennen. Damit beginnt ein reizendes, abwechslungsreiches Abenteuer, in dessen Verlauf ganz viele wichtige Themen wie nebenbei behandelt werden. Es geht um Freundschaft, um Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft, dem Schutz von Pflanzen und Tieren...
Die liebenswerte Geschichte von Britta Sabbag wird charmant, mit viel Witz, wunderbaren Dialogen erzählt. Die kleinen Leser werden Klara in ihr Herz schließen!

Fazit:
Pädagogisch wertvoll!
Kindgerecht aufbereitet!
Äußerst gelungen mit den farbenfrohen, tollen Illustrationen!

Ich vergebe meine unbedingte Kauf-/Leseempfehlung.
Meine Bewertung: Fünf von fünf Sternen.

Bewertung vom 02.08.2020
Zwei fremde Leben
Goldammer, Frank

Zwei fremde Leben


ausgezeichnet

DEUTSCHE SCHICKSALE
Wie bei allen Büchern von Frank Goldammer, die ich bisher las, beinhaltet „Zwei fremde Leben“ eine hervorragend aufgebaute Geschichte.

Zu Beginn des Romans, der wie ein Krimi daherkommt, befindet sich der Leser in Dresden vor dem Frauenklinikum der Medizinischen Akademie, im März 1973.

Ein junger Polizist bei der Kripo, der werdende Vater Thomas Rust, zeigt außergewöhnlichen Einsatz als er von einem verschwundenden Baby erfährt. Das Interesse an der Sache verliert er über die gesamte Handlung nicht, obwohl er auch ganz schön was wegstecken muss.

Ausgehend von 1973 wird die Geschichte weitergeführt in den 80er/90er Jahren bis in die jüngste Gegenwart (2018).

Das mitreißende Buch, das mich sprichwörtlich an den Seiten kleben ließ, las ich an einem Tag. Es ist eine äußerst spannend entwickelte Geschichte, die das Leben mehrerer Personen in der DDR miteinander verbindet und über eine große Zeitspanne begleitet. Schicksale werden gezeichnet, die realistisch sind. Eine starke Persönlichkeit ist Ricarda Raspe, die über Jahrzehnte nicht an eine Totgeburt glaubt und damit ihre Ehe aufs Spiel setzt und das Verhältnis zu ihren eigenen Eltern schweren Schaden nimmt.

Das Besondere, was mir an dem Erzählten in der Figurenentwicklung im sozialistischen Alltag auffällt, dass Frank Goldammer immer authentisch bleibt. Er beschönigt nichts an der Realität, aber er kommt auch nicht mit erhobenem Zeigefinger daher. Das empfinde ich als sehr angenehm und fair gegenüber den Menschen. Ich kann das als Zeitzeugin (Jahrgang 1953 aus Chemnitz) sehr gut beurteilen. Den Autoren bewundere ich sehr, wie er das Flair der betreffenden DDR-Jahre eingefangen hat und wie er die Charaktere nach der Wende zeichnet. Er war ja zum Beginn der Handlung noch gar nicht geboren bzw. ein junges Kind (Jahrgang 75). Da liegt eine gründliche Recherche und viel Einfühlungsvermögen dahinter, um in diese Zeit so einzutauchen. Chapeau, Herr Goldammer!

Für mich ist „Zwei fremde Leben" eins der besten Bücher zu dem Thema, die ich bisher gelesen habe. Es ist mein Lesehighlight 2020.

Ich vergebe meine tiefüberzeugte Lese- und Kaufempfehlung. Fünf von fünf Sternen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.07.2020
Expedition Natur: WILD! Der Steinkauz
Stütze, Annett;Vorbach, Britta

Expedition Natur: WILD! Der Steinkauz


ausgezeichnet

RETTET DEN STEINKAUZ!
Wie schon bei der Wildkatze, so bin ich auch hier beim Thema "Expedition Natur“ in der Reihe WILD! beim Buch über den Steinkauz total begeistert! Es ist tatsächlich eine „eine einzigartige Mischung aus spannender Geschichte und Sachbuch. Was für eine wunderbare Erzählung, was für eine gründliche Recherche von den beiden Autorinnen Annett Stütze & Britta Vorbach.
Aufgeteilt ist dieses unübertreffliche Buch in eine Geschichte über den Steinkauz, sein Leben und Überleben (über einen Zeitraum von November bis Ende August), sowie in ein Sachbuch, wo alles Wissenswerte detailreich dargestellt wird. Es erfolgt eine Sensibilisierung für die Belange des kleinen Eulenvogels in einer besonderen Art und Weise, fesselnd und berührend.

Vieles wurde an Fakten zusammengetragen und die Fragen zur Arterhaltung und zum Naturschutz werden thematisiert. Was benötigen sie und andere Tiere unserer Heimat, um zu leben und zu überleben? Sehr eindringlich wird der brutale, erbarmungslose Kampf um die blanke Existenz dargestellt, der tägliche Kampf ums Futter. Es geht oft nur darum, wer geht als Sieger vom Platz, wer ist der Stärkere, wer hat die meisten Reserven. Da ist es enorm wichtig, dass Lebensräume erhalten bleiben und die Lebensbedingungen stimmen. Einige der Fragen, die ungeheuer bedeutsam für die Erhaltung des Steinkauzes sind, möchte ich herausgreifen.
Wie können wir sie schützen? Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden? Was kann der einzelne Mensch tun, egal ob Kind oder Erwachsener?

Gemeinsam mit dem BUND gelang dem Verlag Moses mit dem Autorinnenduo ein pädagogisch wertvolles, reich und wunderschön bebildertes Buch – eine Art Lexikon über den Steinkauz.

Die Illustrationen von Bente Schlick bereichern zusätzlich das Gesamtbild.

Lesealter ab 8 Jahre.

Voller Begeisterung gebe ich fünf von fünf Sternen und meine unbedingte Kauf- und Leseempfehlung für große und kleine Leute!

Bewertung vom 07.07.2020
Expedition Natur: WILD! Die Wildkatze
Stütze, Annett;Vorbach, Britta

Expedition Natur: WILD! Die Wildkatze


ausgezeichnet

EIN LEBEN MIT GROSSEN UND KLEINEN RISIKEN
Was für eine wunderbare Erzählung, was für eine gründliche Recherche von den beiden Autorinnen Annett Stütze & Britta Vorbach zu einem der kleinsten Raubtiere Europas! Großformatig schaute mir das attraktive Gesicht der Wildkatze mit den ausdrucksvollen, grünen Augen vom Cover entgegen, als ich es aus der Verpackung befreite. Ich nahm das als Geschichte & Sachbuch ausgewiesene Buch gern in die Hand. Ich hatte es mir viel kleiner vorgestellt. Es hat ein Format von 23,5 cm x 23,5 cm.

Auf 96 Seiten wird die scheue Wildkatze umfassend und informativ vorgestellt. Die Reihe „WILD!“ wird empfohlen ab einem Alter von 8 Jahren. Aber auch ich als Erwachsene fühlte mich gut unterhalten, folgte gern der "Expedition Natur“ und erfuhr Dinge, die ich so noch nicht kannte.
Zu Beginn folgt man einer Wildkatzenmama mit ihren vier jungen Kätzchen durch den Wald, aus dem sie sehr abrupt durch die Baumfällarbeiten von Forstarbeitern vertrieben werden. Die lauten Geräusche und die fremdartigen Gerüche lassen sie schnell Reißaus nehmen. Sie muss nun für sich und ihre Kleinen schnell eine neue Unterkunft finden. Auf dem Weg dahin begegnen sie vielen Gefahren. Die mühsame Suche nach einem neuen Revier wird sehr anschaulich beschrieben. Nebenbei muss die Mutter auch noch für die Kinder und sich selbst Nahrung sorgen. Die Verpflegung für die kleinen Wildkatzen ist aufwändig, da sie noch nicht auf die Jagd gehen. Auch das müssen sie noch von der Mutter lernen wie so vieles andere.

Das Buch ist hervorragend eingeteilt, so dass der Leser eine Übersicht über dieses wunderbare Tier unserer Heimat aus allen möglichen Blickwinkeln erhält. Vor 100 Jahren war die Wildkatze fast ausgerottet, weil ihr kuschliges Fell überaus beliebt war.

Wo leben sie? Wie groß ist ihr Streifgebiet? Was unterscheidet die Wildkatze von der Hauskatze? Wie erkennt man eine Wildkatze? Was sagt sie uns durch ihre Körpersprache? Wie viele Wildkatzen gibt es in Deutschland? Wo sind ihre Verbreitungsgebiete? Das sind einige Fragen. Dazu gibt es z. B. übersichtliche Karten oder anschauliche Erklärungen mit herrlichen Fotografien, grünunterlegte Kästchen mit Extrawissen u.v.m.
Eine Vielzahl von Tieren begegnen einem beim Streifzug durch den Wald mit der Wildkatze: da sind u. a. Eichelhäher, Singdrossel, Hase, Buchfinken, Füchse, Waschbären, Ratten, Mäuse, Siebenschläfer, Kaninchen, Dachs, Marder, Amsel, Zaunkönig, Fledermäuse, Nachtfalter, Eidechse, Bienen, Hummeln...
Große Gefahr droht auch aus der Luft. Der Bussard wartet nur auf die günstige Gelegenheit ein kleines Kätzchen zu fangen. Deshalb ist die Mutter sehr vorsichtig und immer auf der Hut. Ein Leben mit vielen großen und kleinen Risiken!

Gemeinsam mit dem BUND gelang dem Verlag Moses mit dem Autorinnenduo ein pädagogisch wervolles, reich bebildertes Buch – eine Art Lexikon über die Wildkatze.

Voller Begeisterung gebe ich fünf von fünf Sternen und meine unbedingte Kauf- und Leseempfehlung für große und kleine Leute!

Bewertung vom 30.06.2020
Ozelot und Friesennerz
Matthiessen, Susanne

Ozelot und Friesennerz


sehr gut

Sylt aus der Sicht einer Einheimischen

Sylt! Das ist für mich einer meiner Sehnsuchtsorte. Ich war noch nie auch nur in der Nähe. Deshalb wollte ich auch sehr gern dieses Buch lesen.
Aus dem Blickwinkel von Susanne Matthiessen, die 1963 auf Sylt geboren wurde, bekam ich Einsichten in das Inselleben der 60er und 70er Jahre.
Die Autorin wächst in einer Westerländer Kürschnerfamilie auf. Das Pelzgeschäft beherrscht das Leben der gesamten Familie. Alles dreht sich um die Rauchwaren, wird dem untergeordnet. Es ist von Entbehrungen die Rede - zu Beginn der 60er Jahre gab es noch kein mondänes Sylt! Der Großvater hatte sein berühmtes Pelzmodeimperium in den Sand gesetzt und starb zudem noch vollkommen unspektakulär an "Gas" (O-ton der Ehefrau).
S. 42 "Von Prunk zu prekär brauchte es nur wenige Jahre."
Die nächste Generation musste einen Neubeginn wagen. Sylt befand sich im Aufbruch! Die Zeit der Wirtschaftswunderjahre begann!

Der Schreibstil von Susanne Matthiesen gefiel mir zu Beginn in der Leseprobe. Sie bezeichnet sich selbst als „Mitglied einer bizarren Schicksalsgemeinschaft" S. 7. Da hatte sie die Charaktere recht gut beschrieben - die Mutter, "Twiggy-Mutter" S. 45 (klein, aber tatkräftig und willensstark), die Großmutter (pragmatisch, wenig emotional). Doch im weiteren Verlauf geriet mir die Erzählung aus der Ich-Perspektive dann doch zu sachlich und unterkühlt. Der Blick hinter die Kulissen zeigt zwar viele Facetten, viel Prominenz wird angeführt. Es gleicht aber mehr einer schlichten Aneinanderreihung von Fakten und Ereignissen, die hin und wieder humorvoll vorgetragen werden, im Fall der „Sache mit der Lederhose" einen hohen Ekelfaktor bereithielten oder bei dem Auffinden der beiden Leichen Unverständnis bei mir erzeugten. Warum mussten die Kinder in dem Hotel, in dem das geschah, unbedingt dabei sein und alles hautnah erleben?
So erhielt ich Einsichten auf die Bewohner der Insel, auf ihr Leben, auf ihre Privatsphäre, die sich bedingungslos dem Tourismus unterordnete. Selbst die Begegnungen mit berühmten Zeitgenossen hatten gewerbliche Hintergründe. Im Zusammenhang mit Gunter Sachs, der oft auf Sylt zu Gast war, wird auch der Niedergang der Pelzindustrie festgemacht. Seine Exfrau Brigitte Bardot wird vom Vater der Autorin wesentlich dafür verantwortlich gemacht. S. 129 „Brigitte Bardot war der Anfang vom Ende. Sie war wesentlich daran beteiligt, dass eine weltweit florierende, jahrtausendalte Traditionsbranche zum Einsturz gebracht wurde.“

Susanne Matthiesen erzählt im Roman aus ihrer Kindheit wie aus der Gegenwart. Das Buch besteht aus Prolog, Kapiteln und Epilog. Die acht Kapitel tragen die Überschriften „Die Sache mit...“ (und dann der Name eines Pelzes und in einem Fall eine Lederhose).

Mit Vor- und Nachwort vermittelte mir die Autorin umfassendere Einblicke in die gesellschaftliche Entwicklung von Sylt. Hier spannt sie den Bogen vom Damals zum Jetzt. Das gelingt ihr sehr gut. Hier zeigen sich ihre Sorgen über die Art und Weise der Verdrängung der einheimischen Bevölkerung, die steigenden Immobilienpreise, die touristische Vermarktung durch die Verwirklichung von Luxusbauprojekten, die Ausbeutung der Insel.

Fazit:
Unterhaltungsliteratur mit gesellschaftspolitischem Hintergrund, der zumindest zum Nachdenken anregen sollte.

Bewertung vom 05.06.2020
Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6
Eyssen, Remy

Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6


ausgezeichnet

DER RITUALMÖRDER
Remy Eyssen läßt auch in seinem 6. Fall wieder den smarten, charmanten Deutschfranzosen Leon Ritter die entscheidenden Anteile zur Lösung beitragen.

Le Lavandou:
Der herrliche Gesamteindruck einer Postkartenidylle von strahlendem Sonnenschein, blauem, unendlichen Meer, vielen unbeschwerten Touristen in Urlaubsstimmung wird jäh unterbrochen durch einen gräßlichen Lkw-Unfall. Eine junge Frau gerät von einer Brücke unter die Zwillingsreifen des 40-Tonners.
Bei der schwierigen Obduktion fördert Leon Ritter schaurige Aspekte am geschundenen Körper zutage. Sie wurde bereits als Tote auf die Straße geworfen! Zahlreiche unterschiedliche Verletzungen wurden ihr vermutlich durch rituelle Handlungen zugefügt, die letztendlich zu einem qualvollen Ende führten. Als bald darauf noch eine weibliche Wasserleiche gefunden wird, verfolgt die Polizei die Theorie des Selbstmordes in beiden Fällen. Die Ermittlungen verharren auf der Stelle. Nur Leon und seine Lebensgefährtin Isabelle, die stellvertretende Polizeichefin, spüren zunächst verschiedenen Verdächtigen nach. Der Polizeiapparat von Lavandou tritt erst voll in Aktion als zwei weitere junge Frauen spurlos in Lavandou verschwinden. Eine davon ist die Stieftochter des französischen Kultusministers, und damit bekommt die Sache politische Brisanz!

Der Autor erzählt fesselnd, sehr spannend in anschaulicher, ausdrucksvoller Sprache von der ersten bis zur letzten Seite. Die Story nimmt sofort Fahrt auf und ich bin mit viel Lesebegeisterung von Kapitel zu Kapitel geeilt. In diesen kurzen Kapiteln bringt er neben der packenden, düsteren Handlung die Schönheit der Landschaft und die wunderbar leichte, lebensbejahende Lebensart der Franzosen zum Ausdruck. Das passiert sehr ausgewogen und wirkt nicht aufgesetzt. Ab und zu gibt es das eine oder andere Klischee (z. B. der arrogante Schnösel aus Paris, der den Provinzlern Polizeiarbeit beibringen wollte), aber es störte mich nicht wesentlich. Es brachte Schwung und das gewisse Etwas in den Fortgang der Geschehnisse.
Mit Leon Ritter hat Remy Eyssen eine Figur geschaffen, der ich die Freude am Beruf, an seiner kleinen Familie, dem Nachspüren von Zusammenhängen, der Lust am Leben in der französischen Kleinstadt abnehme. Nach sechs Fällen bin ich immer noch überzeugt, dass der Rechtsmediziner noch viel Potential besitzt. Deshalb freue ich mich auf weitere Fortsetzungen mit ihm in der Hauptrolle und natürlich auch auf die anderen fabelhaft konzipierten Charaktere. Ich wurde hervorragend unterhalten. Nebenbei bekam ich Lust auf eine Reise nach Frankreich.

Von mir eine unbedingte Leseempfehlung für einen wirklich guten Krimiautoren. Man muss die Vorgängerbände nicht gelesen haben. Jedes spricht für sich. Ich vergebe fünf Sterne.

Bewertung vom 02.06.2020
Blutgott / Clara Vidalis Bd.7
Etzold, Veit

Blutgott / Clara Vidalis Bd.7


weniger gut

Detailreiche Beschreibung von Grausamkeiten
Das ist das erste Buch aus der Clara-Vidalis-Reihe für mich. Da ich sehr gern Thriller lese und der Titel sowie das geheimnisvolle Zeichen auf dem Cover mich neugierig machten, wagte ich den Einstieg in den immerhin schon 7. Band.
Nun musste ich nach der Lektüre feststellen, dass „Blutgott" eine große Enttäuschung für mich darstellte.

Schon im Prolog war ich darauf gefaßt, dass es sehr blutig werden könnte. Der abartige Wunsch des Jungen Tim in der Schule deutete bereits darauf hin.
(S. 11) „ich hätte gern eine Klinge statt einer Zunge.“
Der Leser wird bald darauf eingeführt in eine äußerst brutale Abfolge von eklig grausamsten Verbrechen in ganz Deutschland, die ausgeführt werden von minderjährigen, nicht strafmündigen Kindern. Das heißt, sie sind noch nicht 14 Jahre alt. Diese Killer rekrutiert ein gewisser "Blutgott" übers Internet, zieht von dort aus seine hinterhältigen Fäden in die Kinderzimmer.

Die Ermittlungen geraten über sehr viel Geplänkel bei den Besprechungen ins Hintertreffen. Es wird über alles Mögliche debattiert, nur nicht darüber, wie Kinder in so eine Situation geraten können. Wie ist es möglich, dass ein Einzelner aus dem Dark Web sogenannte „slash mobs" organisiert und inszeniert? Kriminalkommissarin Clara Vidalis, ihr Mann MacDeath und die Kollegen vom LKA, BKA schweifen immer öfter ab in Vergleichen zu längst vergangenen Mordfällen, zu bekannten Serienmördern in der Historie, zu Nebensächlichkeiten, die nicht zielführend sind. Es wird diskutiert über IT-Themen, sogar über die Marke einer Kettensäge und über deren Effektivität. Seitenweise geht das so. Immer wieder erfolgen Unterbrechungen durch detailliert geschilderte Gewalttaten, verübt von den Kinder-Killerkommandos, den Wortmeldungen des Blutgottes und einem ebenfalls blutigst agierenden Mörder namens Slaughterman. Dessen Existenz wusste ich irgendwie in den vielen Gewaltorgien bis zuletzt nicht einzuordnen. Der Höhepunkt des Wahnsinns war für mich erreicht als die Schwester eines Mörderjungen für die Polizeiarbeit an vorderster Front, als Köder für den Blutgott eingesetzt wurde. Das war für mich nicht mehr als ein irrer Plan. Was sollte das eigentlich bringen? Das Ende der gewaltverherrlichenden Story fand ich hanebüchen! Die Polizisten vom SEK sind allesamt Trottel, ebenso der Notarzt und die Sanitäter? Keine Ahnung von ihren Berufen? Ich konnte das nicht begreifen.

Es hätte eine interessante Geschichte werden können. Mir drängte sich bei der Lektüre der Eindruck auf, dass die Story mit der heißen Nadel gestrickt wurde und das Buch schnell fertig sein sollte. Außerdem gab es mir zu viele Ungereimtheiten. Was ist mit dem Zeichen auf dem Cover? Welche Bedeutung hat es?
Nur detailliert beschriebene Grausamkeiten machen für mich keinen Thriller aus. Sie gehören zwar dazu, aber hier stellte sich für mich keine in sich stimmige Handlung ein. Und: Wer so grausam handelt wie diese Kinder wird sicher nicht straffrei davonkommen. Gesetze kann man ändern.

Von mir gibt es nur 2 von 5 Sternen. Die nachfolgenden Bände möchte ich nicht lesen - die vorherigen sechs vielleicht.