Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Adelebooks
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 152 Bewertungen
Bewertung vom 05.12.2023
Die Eisfischerin vom Helgasjön
Lamberti, Frieda

Die Eisfischerin vom Helgasjön


sehr gut

Wenn ein Unfall zum Glücksfall wird…

Oft zeigt sich erst in Notsituationen auf wen man sich verlassen kann. So auch bei Rieke, Mitte 30, aus Hamburg, nach ihrem schmerzhaften Zusammenstoß mit einem Elektroroller. Denn Freund Marco präsentiert sich nicht als der unterstützende Partner, den man sich nach einem Unfall inkl. Kreuzbandriss wünschen würde.

Und so beginnt man bereits nach den ersten Seiten zu ahnen, dass der Unfall mit all seinen Folgen vielleicht gerade zur rechten Zeit kam, um Riekes Leben und Glück eine entscheidende Wendung zu geben, dies nicht nur im privaten sondern auch im beruflichen Bereich. Während der langen Genesungsphase verschlägt es Rieke nach Schweden und mit der Reise nach Lappland geht ein Kindheitstraum von der Suche nach den Polarlichtern in Erfüllung. In der wunderschön beschriebenen Winterlandschaft Schwedens erhält Riekes Leben jedoch noch weitere Wendungen bereit. Da ist nicht nur Theo, ihr alter Studienfreund, dem sie begegnet, auch Brigitta, die Herbergsmutter der Unterkunft des Familienurlaubs aus Riekes Kindheit in Schweden umgibt ein Geheimnis, das mit Rieke verbunden ist.

Ein schönes Buch für Zwischendurch zum Abtauchen in das winterliche Schweden und eine Beziehungs- und Familiengeschichte mit einigen spannenden Wendungen.

Bewertung vom 23.11.2023
Das Hotel am Fuße des Vulkans
Maynard, Joyce

Das Hotel am Fuße des Vulkans


sehr gut

Verlust, Natur, Einsamkeit, Liebe, Verrat: Ein Buch zum Abtauchen in eine andere Welt

Wie viel kann ein einzelner Mensch ertragen? Und wie findet man wieder zu sich selbst und Vertrauen in das Leben und die Liebe, wenn man alles verloren hat? Irene muss dies mit Ende 20 herausfinden. Auf ihrer Suche nach dem Leben und sich selbst verschlägt es sie an einen magischen Ort in Mittelamerika.

Das Hotel am Fuße des Vulkans wird zu Irenes neuem Lebensmittelpunkt und mit ihm, die BewohnerInnen des Dorfes, die Gäste und nicht zuletzt Flora und Fauna des magischen Ortes. Die Beschreibungen der Natur und des Ortes sind wunderbar gelungen, sodass vor dem inneren Auge ein kleines Paradies in Mittelamerika auftaucht und man sich fast mittendrin in der Handlung fühlt. An diesem Ort spürt man fast wie Irenes Lebensgeister wieder erweckt werden, doch auch neue Trauer, Enttäuschung und Rückschläge begegnen ihr auf dem neuen Lebensabschnitt. Neben Irenes werden die Geschichten von weiteren BewohnerInnen und auch Gästen erzählt, ebenso wie Herausforderungen, die das Leben in der Abgeschiedenheit bedeutet, insbesondere auch für die autochthone Bevölkerung. Besonders hat mir gefallen, wie sensibel das Aufeinandertreffen von einheimischer Kultur und der Zugereister mit allen Facetten beschrieben wurde.

Der Stil ist unglaublich leichtfüßig und kurzweilig, sodass die fast 500 Seiten wie im Flug vergehen. Etwas getrübt wurde mein Leseerlebnis durch einige kleinere Logikfehler insbesondere im Mittelteil. Gerade weil die Sprache so wunderbar bildlich ist, fällt schnell auf, wenn beispielsweise ein Kleid plötzlich zur Bluse wird.

Insgesamt ein wundervolles Buch zum Abtauchen in eine andere Welt, zum Mitleiden und Mitfreuen, wie eine Frau nach schweren Schicksalsschlägen wieder zu sich selbst findet.

Bewertung vom 23.11.2023
24 Wege nach Hause
Fagerlund, Jenny

24 Wege nach Hause


ausgezeichnet

Ein warmherziger, spannender und stimmungsvoller Roman um ein Familiengeheimnis zur Weihnachtszeit

Petra ist Anfang 30 und hat fast alles in ihrem Leben verloren, was ihr einmal wichtig war. Nach dem Tod ihrer geliebten Schwester Alice ist ihr nur noch ihre Nichte Charlie geblieben, für die sie nun allein verantwortlich ist. Job weg, Wohnung weg, die eigene Trauer um die Schwester und eine 12 Jährige, die nicht weiß wohin mit ihren Gefühlen angesichts des unbeschreiblichen Verlusts der Mutter. In einer Nacht und Nebel Aktion entschließt sich Petra Stockholm und ihr altes Leben zu verlassen und mit Charlie im Südschwedischen Schonen, im fiktiven Dorf Nyponviken neu anzufangen. Dort haben ihre Eltern ihr ein mysteriöses Ferienhaus hinterlassen, von deren Existenz Petra erst kürzlich durch Alice, kurz vor ihrem Tod erfahren hat. Das Ferienhaus entpuppt sich als Wohnung auf einer alten Hofstelle mit Gärtnerei, Café und Apfelplantage. Die Eigentümer begegnen den beiden Neuankömmlingen mit gemischten Gefühlen. Der Kontrast des Hoflebens und pittoresken Dorfes im Vergleich zu Stockholm könnte nicht größer sein. Werden Petra und Charlie hier ein Zuhause finden? Ein ganz besonderer Adventskalender ohne Absender findet sich vor Petras Tür und lädt sie ein den Ort und dabei auch sich selbst und ein Familiengeheimnis zu finden.

Ich mochte die Beschreibungen der stimmungsvollen Weihnachtsdekorationen und winterlichen Landschaft sehr. Auch die Stimmungen, Geheimnisse, Vorbehalte, beginnenden Freundschaften auf dem Hof waren unglaublich warmherzig beschrieben. Neben der Beziehung zwischen Petra und Charlie, die sich erst in ihrer neuen kleinen Familie und mit dem großen Verlust von Mutter und Schwester zurechtfinden müssen, sind da die übrigen HofbewohnerInnen und auch noch Petras Exfreund, der plötzlich in Nyponviken auftaucht. Alleine diese Konstellationen und ihre Entwicklungen haben mich in die Geschichte gezogen. Daneben gibt es noch den Spannungsbogen um den Adventskalender und die jung verstorbene Künstlerin Lilly. Bis zum Schluss war für mich nicht absehbar, wie sich die Geschichte auflösen wird.

Für mich war 24 Wege nach Hause eine unglaublich warmherzige Einstimmung auf die Weihnachtszeit mit unerwarteter Spannung um ein Familiengeheimnis und dem Eintauchen in Südschwedens traumhafte Landschaft. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 18.11.2023
Lieder aller Lebenslagen
Pilgaard, Stine

Lieder aller Lebenslagen


ausgezeichnet

Die Poesie des Alltags

Lieder aller Lebenslagen ist weniger ein Roman, als viel mehr ein poetisches Buch für die Seele. Stine Pilgaard gibt uns darin episodenhafte Einblicke in das Leben und Zusammenleben der BewohnerInnen in einem Genossenschaftshaus in Aarhus. Dabei wechseln sich immer wieder Fließxtext, Lieder und kurze Horoskope (da die Ich-Erzählerin als Broterwerb Horoskope schreibt), ab. Eine warmherzige Melancholie durchzieht die Zeilen und nicht nur die Lieder erinnern immer wieder an Poesie, die in und zwischen so vielen Zeilen steckt in diesem Buch.

Über die Lieder und die Recherche zu deren Inhalt, die die Ich-Erzählerin für die HausbewohnerInnen für verschiedene Gelegenheiten schreibt, werden nach und nach Ausschnitte aus dem Leben der NachbarInnen, aber auch immer wieder dem eigenen Leben der Ich-Erzählerin offenbart. Besonders gefallen haben mir die immer wieder sehr emanzipierten Sichtweisen der Ich-Erzählerin, und, dass auch diese auf seltsam poetische Weise in den Text eingeflossen sind.

Das Lesegefühl war für mich ein bisschen wie Kurzgeschichten, die jedoch immer wieder auch lose Bezug aufeinander nehmen.

Lieder aller Lebenslagen ist ein ruhiges Buch, auf die poetische Sprache muss man sich einlassen können und wird dann sicher viel Freude daran haben und auch beim Wiederlesen noch Neues entdecken.

Bewertung vom 15.11.2023
Unsereins
Mahlke, Inger-Maria

Unsereins


sehr gut

Ein literarisches Wimmelbild des ausgehenden 19. Jahrhunderts zwischen Hanse und Provinz

Der kleinste Staat im Deutschen Reich, oder doch eher der zweitkleinste, aber das klingt nicht gut… In feiner Sprache entwirft Inger Maria Mahlke ein Sittengemälde der Stadt Manns und der Buddenbrooks im ausgehenden 19. Jahrhundert. Der Stil ist leichtfüßig, detailreich, bildlich hat man Holstentor und Trave vor sich und taucht ein in das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner um die Jahrhundertwende. Etwas mehr als anderthalb Jahrzehnte begleiten wir im Buch Lohndiener, Senatoren, Hausmädchen, Köchinnen, Ratsdiener, Dichter etc. und solche die es werden wollen, die angesehensten Familien der Stadt und die, die so gerne dazugehören würden. Die Themen, die die ProtagonistInnen umtreibt sind dabei mal ganz lebensweltlich, mal pragmatisch, mal politisch. Interessant fand ich besonders die Darstellung der politischen Sphäre, das Repräsentationssystem im deutschen Reich, die Sozialistengesetze etc.

Der Stil ist zwar detailreich jedoch sehr deskriptiv, wenig deutend, was sicher auch durch die 3. Person bedingt ist. Dadurch erscheint zwar Lübeck vor dem inneren Auge realitätsnah auf, die Figuren blieben für mich hingegen leider emotional etwas blass. Wirkliche Nähe konnte ich nicht aufbauen. Am ehesten fühlte sich das Lesen für mich wie ein literarisches Wimmelbild an, auf dem immer Neues, neue Details erkennbar werden. Das hat durchaus seinen Reiz, jedoch auf knapp 500 Seiten auch gewisse Längen.

Bei aller Detailverliebtheit ergeben sich an einigen Stellen leider logische Dissonanzen, so wird beispielsweise ein Mantel, dessen Ausziehen bis ins Detail beschrieben wird, beim Anziehen später plötzlich zur Jacke.

Gewöhnungsbedürftig war für mich die Mischung des Schauplatzes um die Jahrhundertwende, der mit viel Mühe um Authentizität beschrieben wird, mit gelegentlichen Analogien und Bildern aus der Moderne. Da fliegt ein Regentropfen wie eine Drohne, oder es wird ein moderner Algorithmus an anderer Stelle als Vergleichsperspektive bemüht. Das ist sicher Geschmackssache, für mich fühlte es sich jedoch nicht ganz stimmig an.

Insgesamt ein interessanter, detailreicher Einblick in das Lübeck um die Jahrhundertwende und seine Ständegesellschaft mit all ihren Freuden und Sorgen, für mich jedoch mit kleinen Schwächen im Leseerlebnis.

Bewertung vom 12.11.2023
Da bin ick nicht zuständig, Mausi
Conny from the block

Da bin ick nicht zuständig, Mausi


sehr gut

Eine satirische Kulturvermittlerin für das deutsche Amtswesen

Mürrisch, faul, unfreundlich… und sicher noch viele weitere Attribute werden bemüht um deutsche Beamte zu bezeichnen. Mit diesen Vorurteilen spielt Conny from the Block und macht daraus eine durchaus unterhaltsame Lektüre. Ich kannte Conny from the Block zuvor nicht, und bin auch ohne Vorwissen gut in das Buch gestartet. Im Mittelpunkt steht natürlich Conny, Mitte 40, Sachbearbeiterin in einer Berliner Behörde. Dazu gesellt sich ihr buntes Kollegium, an dem beispielhaft herausgearbeitet wird, welche unterschiedliche Motivation Menschen als Mitarbeitende zum Amt bringt. Und so haben wir Teil an Büroklatsch, lernen den Nutzen von Umlaufmappen als Schutzschilde und den Amtsalltag mit seinen Höhen und Tiefen in überspitzter Form, kennen. Nebenbei erfahren wir auch einiges aus Connys Single Alltag in Neukölln, lernen u.a. ihre Nachbarn Gül kennen, von der sie uns auch ein paar leckere Rezepte verrät.

Hinter all der Comedy stecken jedoch auch ernste und wichtige Themen, wie interkulturelle Kompetenz in Behörden sowie Ost- und Westerfahrungen bei Mitarbeitenden, die geschickt in der Erzählung vermittelt werden.

Der Stil ist durchweg sehr leicht und flüssig, immer wieder mit Berlinerisch, was das Leseerlebnis zusätzlich authentisch wirken lässt. Etwas zu viel und flach war mir, trotzt Comedy, manchmal der Stereotype von schmachtenden Frauen, die vermeintlich alles um sie herum vergessen, sobald ein für sie attraktiver Mann vor ihnen steht.

Conny spielt mit Vorurteilen auf beiden Seiten, klärt auf und schafft es so mit ihrer Erzählung Empathie für die spezielle Spezies Beamte zu wecken, und damit zwischen Amt und BürgerInnen zu vermitteln. Insgesamt eine kurzweilige und amüsante Lektüre für zwischendurch, die das Phänomen Amt ein bisschen besser zu verstehen hilft.

Bewertung vom 03.11.2023
Im Prinzip ist alles okay
Polat, Yasmin

Im Prinzip ist alles okay


ausgezeichnet

Im Prinzip ist alles okay, abgesehen davon, dass NICHTS okay ist

Miryam, studierte Anthropologin, knapp 30 Jahre alt, Mutter eines Säuglings, seit 1,5 Jahren in einer Beziehung mit Robert, eigentlich könnte alles gut sein, eigentlich sieht von außen alles ganz okay aus, mehr als ok, nahezu perfekt - dank Instagramfilter! Doch was kann sich hinter den perfekt anmutenden Stories und lächelnden Frauen verbergen?

Yasmin Polat legt den Finger in die Wunden unserer Gesellschaft, vor denen allzu oft die Augen verschlossen werden, als ob sie dann aufhören würden zu existieren. Wie lebt man gesunde Beziehungen, wenn man selbst als Kind nur Gewalt und Kälte vorgelebt bekommen hat? Wie wird man ein guter Elternteil, wenn man selbst nie Kind sein durfte? Wie findet man zu sich selbst, wenn man nie herausfinden durfte, wer das ist?

Sie thematisiert psychische Erkrankungen, Wochenbettdepressionen, Gewalt in Beziehungen und was sie mit Familien über Generationen machen kann, aber auch ein idealisiertes Mutterbild, das Erwartungen an junge Frauen vermittelt, an der jeder echte Mensch eigentlich nur scheitern kann, potenziert durch die gesellschaftliche Entwicklung einer extrovertierten Bewertungsgesellschaft. Dabei beweist sie ein Gespür für Details und die Tiefen und Untiefen menschlicher Beziehungen.

Der Schreibstil ist oft eher umgangssprachlich, und passt damit gut zur Ich-Perspektive der jungen Erzählerin. Immer wieder entwirft die Autorin jedoch auch sehr starke sprachliche Bilder, die die Emotionen der Protagonistin anschaulich einfangen, einen so fast mitfühlen lassen, was bei diesen Themen auch beim Lesen schmerzhaft sein kann.

Das Thema Depression hat sich durch diese Erzählweise für mich zum ersten Mal unglaublich nah angefühlt. Diese Leere und die Verwirrung und später Verzweiflung darüber, nicht wirklich benennen zu können und erst recht nicht zu verstehen, was mit der Ich-Erzählerin passiert, fand ich sehr eindringlich und nachvollziehbar dargestellt.

Der Roman, er ist ein Freischwimmen der Protagonistin, aus ihrer Vergangenheit, Prägung und gesellschaftlichen Zwängen, hin zu sich selbst, jedoch eines mit einigen schmerzhaften Tauchgängen. Wie leider auch im wahren Leben!

Im Prinzip ist alles Okay, ist ein intensiver, bewegender Roman, der einen Blick dorthin wirft wovor gesellschaftlich nur allzu gern die Augen verschlossen werden, und der damit keinen Moment zu früh kommt!

Bewertung vom 31.10.2023
People Pleasing
Bossmann, Ulrike

People Pleasing


ausgezeichnet

Wenn du zu den Menschen gehörst, die, wenn sie von anderen angerempelt werden, sich selbst als erstes entschuldigen, solltest du dieses Buch auf jeden Fall lesen! Und alle anderen auch 😉

Zunächst muss ich sagen, dass das Buch wirklich toll gelayoutet und gebunden ist, mit einem guten Blick fürs Detail, wie die Kacheln im Innenumschlag, quasi als kleiner Selbsttest vorab und das Gegenstück dazu im Rückumschlag: richtig toll!

Inhaltlich und sprachlich habe ich mich bereits in der Einleitung richtig gut abgeholt und besonders auch aufgehoben gefühlt. Bereits hier wird deutlich, wie positiv sich das Buch von Dr. Ulrike Bossmann in inhaltlicher Qualität von den zahlreichen phrasenhaften Psychoratgebern zu mehr Achtsamkeit oder Selbstermächtigung abgrenzt. Es sind keine lauten Töne, die die Autorin anschlägt, dafür umso einfühlsamer, stets wertschätzend, ermutigend, fachlich versiert und in einem klugen Abwägen.

Dies setzt sich im Buch als solches fort. In einer Mischung aus Fließtext mit eigenen Erfahrungen und Erläuterungen sowie Fallbeispielen, und immer wieder Referenzen zu wissenschaftlichen Studien führt die Autorin eingängig und anschaulich durch das Phänomen People Pleasing, mit allen positiven und negativen Aspekten. Denn das macht sie überzeugend deutlich: People Pleaser haben sehr positive und wertvolle Eigenschaften, für sich und eine funktionierende Gesellschaft. Wie man diese reflektiert und gesund für sich selbst einsetzt, ist letztlich entscheidend und genau dafür gibt der Text einen Anstoß.

Als die drei inhaltlichen Schwerpunkte im Buch, die sich über 8 Kapitel verteilen, sehe ich 1. Was ist People Pleasing, wo kommt es her/wie entsteht es, wie äußert es sich 2. Wie kann ich damit umgehen, mit praktischen Tipps und Strategien, auch zur Verstetigung des Erfolgs und zuletzt 3. - was sich als Basis durch das ganze Buch zieht - ein besseres Bewusstsein für sich selbst zu entwickeln. Die zahlreichen eingestreuten praxisnahen Anwendungen, Übungen und Kommunikationstipps sind sehr hilfreich und mal mit mehr mal mit weniger Aufwand umsetzbar. Mir hat sehr gefallen, dass die Autorin auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beleuchtet, und so beispielsweise herausarbeitet, warum in unserer lange Zeit und auch noch immer patriarchal geprägten Gesellschaft gerade Frauen oft zum People Pleasing neigen.

Besonders hervorzuheben ist der unglaublich gute, eingängige Schreibstil und die persönlichen Einblicke der Autorin. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, als ob eine gute Freundin, mich auf Augenhöhe mitnimmt, erklärt und mich versteht, so dass ich alles gut nachvollziehen und annehmen kann. Der ein oder andere AHA Moment ergibt sich dadurch bereits beim Lesen.

Stil und Inhalt machen das Buch insgesamt zu einem kleinen Werk, dass auch soziales Miteinander unabhängig von People Pleasing besser zu verstehen und gestalten hilft. Eine unbedingte Leseempfehlung, insbesondere natürlich für alle Menschen, die sich im Alltag manchmal fragen, wo sie selbst bleiben, wenn sie es allen versuchen recht zu machen, zu selten Nein sagen können, und sich immer verantwortlich fühlen.

Bewertung vom 30.10.2023
Welt in Aufruhr
Münkler, Herfried

Welt in Aufruhr


ausgezeichnet

Angenehm unaufgeregt: ein scharfer, analytischer und ausgewogener Blick auf die aktuelle Weltlage

In einer aufgeregten und sich stetig zuspitzenden Weltlage kommen Münklers Analysen angenehm unaufgeregt daher, und das - und darin liegt allein schon ein großes Verdienst - unter Anerkennung der aktuellen Weltlage, die ihm bis zum Russischen Angriffskrieg in der Ukraine als Beispiel seiner Modellierungen und Analysen dient. Was jedoch Kommentatoren und Politiker in Aufruhr versetzt, ist für Münkler ein Analysegegenstand, der uns jeweils hilft die Welt ein Stück besser zu verstehen, Modelle bestätigt zu sehen, anzupassen, oder gar zu verwerfen, und auch damit Erkenntnis und dem Weltverstehen ein Stück näher zu kommen.

Mit Hilfe dessen, was Münkler Raum- und Zeitdehnung in seiner Perspektive nennt, wendet er den Blick in die Vergangenheit, zum Teil bis in die Antike, und jenseits eines eurozentristischen Weltbildes. So schafft er nicht nur zunächst Distanz zum aktuellen Weltgeschehen, es relativiert sich auch manche aufgeregte Einschätzung und Erzählung über den vermeintlich singulären Verfall der Weltordnung. Jede Raum- und Zeitdehnung koppelt Münkler schließlich wieder zurück in die Gegenwart, um diese dann mit den im Rückblick gewonnen Erkenntnissen neu zu betrachten und zu bewerten. Dabei verfällt er nie ins Moralisieren, bewertet oder formuliert Wünsche. Nüchtern analysiert er beispielsweise wo Autokraten in ihrem Selbsterhalt im Vorteil sind, und wo demgegenüber Demokraten.

So gewinnt er unter anderem nicht nur erhellende Einblicke und mögliche Erklärungen für den Russischen Angriffskrieg, sondern skizziert zuletzt auch, wie eine neue Weltordnung, bei aller Irrtumswahrscheinlichkeit, aussehen könnte.

Aus dem Blick in die Vergangenheit, wird Analyse und Neubewertung der Gegenwart und entstehen letztlich Prognosen für die Zukunft im Bewusstsein aller Irrtumswahrscheinlichkeit. Diese Lektüre ist in jedem Sinne erhellend, mit einer klaren Leseempfehlung!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2023
Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte
Hacke, Axel

Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte


sehr gut

Eine Ode an die Heiterkeit

Klimawandel, Ukrainekrieg, es droht eine Eskalation im Nahen Osten - als bestimmendes Gefühl beim Blick auf die Weltlage scheint in diesen Zeiten nichts so fern wie Heiterkeit. Oder sollten wir uns gerade deshalb mit Heiterkeit beschäftigen?

In 27 Kapiteln geht Axel Hacke dieser Frage und noch vielen Fragen mehr nach. Was hat Heiterkeit mit Lachen und Witzen zu tun? Hat es überhaupt etwas damit zu tun? Und wie werde ich ein heiterer Mensch? Warum sollte ich das anstreben?

Hacke wählt einen sehr persönlichen Ausgangspunkt für sein Buch und möchte auch herausfinden, was Heiterkeit mit ihm selbst zu tun hat. So folgt man dem Autor bei seinen Gedanken, die zuweilen hin und her springen, immer mal wieder etwas erinnern, einen Film, ein Gedicht, eine Fernsehsendung, Szenen aus dem Alltag, die für ihn jeweils mit Heiterkeit in Verbindung stehen. Aber auch Freud kommt zu Wort und Umberto Eco und viele mehr… Mir persönlich fehlte besonders in der ersten Buchhälfte manchmal ein wenig der Faden, und ich hätte mir oft mehr Verweilen und ein Tiefergehen bei einigen Gedanken gewünscht, wo stattdessen bereits schon wieder die nächste Fragebatterie und der nächste Gedankensprung des Autors folgte. Das ist jedoch natürlich Geschmacksache.

Am stärksten wird der Essay für mich, wenn Hacke über die Kraft der Heiterkeit spricht und Heiterkeit als Möglichkeit der Lebensgestaltung auch unter Rückgriff auf die Philosophie herausarbeitet. Wirklich schön sind außerdem die zahlreichen persönlichen Bezüge und Erlebnisse des Autors, man begleitet ein wenig Axel Hacke auf seinem ganz eigenen Weg zur Heiterkeit, im Verstehen und im Tun.

Das Buch, oder besser Büchlein, da im kleineren Format, ist wunderschön gebunden mit einem hochwertigen, schön bedruckten Buchumschlag. Das Buch eignet sich daher auch ganz besonders als Geschenk für einen lieben Menschen, um die Möglichkeit der Heiterkeit zu entdecken.

Ein interessantes, wunderschönes Büchlein, das zum Nachdenken anregt und im besten Fall beim Lesenden für Heiterkeit in schwierigen Zeiten sorgt.