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Benutzername: 
Pharo72
Wohnort: 
Zittau
Über mich: 
Büchersüchtige, introvertierte Leseratte!

Bewertungen

Insgesamt 479 Bewertungen
Bewertung vom 26.11.2020
Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
Strobel, Arno

Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.


sehr gut

Hendrik und Linda sind glücklich in ihrem neuen Heim in Hamburg-Winterhude. Das Haus ist mit einem Smart-Home-System ausgestattet, alles perfekt und modern. Doch eines Nachts verschwindet Linda plötzlich spurlos. Es gibt Hinweise, dass sie Hendrik verlassen hat, was dieser jedoch nicht glauben kann, waren sie doch glücklich und die baldige Hochzeit schon fest eingeplant. Die Polizei ist auch keine wirkliche Hilfe. Doch dann ergeben sich Verdachtsmomente, dass die App „Adam“ – das Smart-Home-System – doch nicht so sicher zu sein scheint wie zugesagt.

Meine Meinung:

Nachdem mir „Offline“ ganz gut gefallen hat, habe ich mich auch recht schnell nach Erscheinen um „Die App“ bemüht, was ja rein technisch gesehen einen kompletten Gegenentwurf darstellt. Also nicht mehr keine Technik, sondern zu viel davon. Leider spielt die titelgebende „App“ dann doch keine so große Rolle wie erhofft. Sie bildet nur den Rahmen für ein ganz anderes Thema, zu dessen Inhalt der Autor im Nachwort jedoch bittet zu schweigen, um keine Spannung vorwegzunehmen. Nur so viel, es ist ein wirklich wichtiges Thema, dem immer wieder Beachtung zu schenken ist, jedoch wurde es auch schon unzählige Male aufgegriffen. Wer viel technische Spielereien erwartet, gar tieferen Einblick in die Hackerszene, wird sicherlich enttäuscht werden.

Der Schreibstil des Autors ist für mich gut zu lesen und das Buch hält auch durchgängig die Spannung auf normalem Niveau. Richtig aufregend wurde es für mich nur ganz zum Schluss bzw. in den Zwischentexten (kursiv) aus der Sicht des/der Täter, wobei die wiederum für empfindlichere Lesegemüter nicht zu empfehlen sind.

Zwischenzeitlich plätschert die Handlung aber auch ziemlich vor sich hin. Es gibt viele Wiederholungen und man möchte die Hauptfigur ob ihrer Naivität oftmals schütteln. Enttäuscht war ich, dass es kaum überraschende Wendungen gibt, die recht früh verdächtigten Personen sich tatsächlich als die Täter herausstellten und sich auch der Grund, worauf alles hinausläuft, recht früh erschließt.

Nichtsdestotrotz ist Arno Strobel einer meiner liebsten Autoren und ich werde ihm auch weiter die Treue halten. Das Buch hat mich trotz kleiner Schwächen gut unterhalten.

Bewertung vom 19.11.2020
Die Republik
Voland, Maxim

Die Republik


sehr gut

1949 – eine alternative Geschichte. Es entsteht eine gesamtdeutsche DDR mit der kleinen autonomen Zone West-Berlin. Heute – ein moderner Überwachungsstaat, führend in Europa. Doch ist wirklich alles so rosig, wie nach außen dargestellt? Als eine Giftgaswolke zahlreiche Tote in beiden Teilen Berlins fordert, ist dies der Auftakt zu einer gigantischen Verschwörung. Ein alternder Stasi-Oberst, der dem System längst abgeschworen hat, eine britische Agentin des Geheimdienstes in West-Berlin sowie eine rebellierende junge DDR-Bürgerin nebst ihres zu Besuch im Land weilenden Cousins aus Frankreich werden involviert und sind gezwungen, eine Katastrophe höchsten Ausmaßes zu verhindern.

Meine Meinung:

Ich hatte, als ich das Buch bekam, herauszufinden versucht, welcher Bestseller-Autor sich hinter Maxim Voland verbirgt. Es war mir nicht gelungen. Nun ist das Geheimnis gelüftet und es wundert mich nicht, dass ich mit dem Schreibstil ganz gut zurechtgekommen bin, denn ich habe schon ein paar ähnlich spannende Bücher, wenn auch aus dem Fantasy-Bereich, von Markus Heitz gelesen.

Ausschlaggebend, mich des Buches anzunehmen, war allerdings die faszinierende Idee einer alternativen DDR. Ich wollte unbedingt wissen, wie diese aussehen könnte. Verpackt in einen spannenden Thriller – umso besser. Wie die Spaltung Deutschlands in sehr vielen Köpfen noch immer präsent ist, wird es auch bei den Lesern aus Ost und West bestimmt ganz unterschiedliche Meinungen geben. Sicher auch eine Altersfrage, denn die Jugend kann ganz unbelastet an das Gedankenexperiment herangehen.

Mir persönlich, die erst während der Berufsausbildung die Wende erlebte, hat es gefallen, die ganzen Begrifflichkeiten und Situationen der „alten“ DDR wiederauferstehen zu lassen. Im Prinzip hat sich ja nichts verändert, nur der Fortschritt hat Einzug gehalten. Wie das in dem maroden System und mit Planwirtschaft funktioniert hat, bleibt weitestgehend außen vor. Auch echte DDR-Bürger trifft man im Buch kaum, zumindest haben sie kein langes Leben. Dahingehend hatte ich mir etwas mehr versprochen.

Stattdessen erleben wir diverse Geheimdienste, Stasi, Mafia, NVA und einen unbescholtenen Bürger aus dem Ausland im Wettlauf gegen eine unbekannte Macht, die ohne Rücksicht auf viele Menschenleben ihre Ziele mittels alter Nazi-Waffen erreichen will. Im Groben bewegen wir uns auf drei Handlungsebenen, die gut zu unterscheiden sind durch Voranstellung des jeweiligen Handlungsortes und am Ende geschickt miteinander verknüpft werden.

Nachdem es noch recht gemächlich beginnt, geht ab ca. dem zweiten Drittel echt die Post ab. Ein Gemetzel jagt das nächste, wobei man bei den Beschreibungen nicht zu zimperlich sein sollte, und Leichen pflastern den Weg. Einzig unsere Hauptfiguren bleiben natürlich nahezu unbehelligt. Das war mir an einigen Stellen tatsächlich etwas zu viel. Selbst ein Staat, der Meister im Vertuschen ist, sollte Schwierigkeiten haben, so viele Opfer zu erklären. Generell erschien mir vieles dann auch unglaubwürdig, ohne näher ins Detail gehen zu wollen.

Das Buch ist spannend und actionreich, keine Frage. Der kleine französische Dolmetscher rettet schlussendlich fast im Alleingang halb Europa. James Bond lässt grüßen. Definitiv gute Unterhaltung und mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Mit dem Nachwort spricht mir der Autor aus dem Herzen. Vieles hätte anders laufen können und sollen, vielleicht gäbe es dann jetzt auch eine etwas andere BRD.

Bewertung vom 01.11.2020
Herzblitze
Valentin, Kristina

Herzblitze


ausgezeichnet

Am Abend ihres perfekt vorbereiteten 46. Geburtstags wird Felicitas vom Blitz getroffen. Sie erholt sich gut, jedoch fehlt ein komplettes Jahr in ihrer Erinnerung. Sie selbst hat sich offenbar zu ihrem Nachteil verändert und auch ihre Schwester und beste Freundin verhalten sich eigenartig. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit lernt sie sich neu kennen und findet in ihrem neuen Arbeitskollegen Sebastian eine verwandte Seele.

Meine Meinung:

Erneut ist Kristina Valentin, die auch als Kristina Steffan und Kristina Günak veröffentlicht, ein herzerwärmendes Buch gelungen. Auf ruhige Art, mit leisen Tönen, aber auch immer wieder mit dem ihr eigenen Humor lässt uns die Autorin Felicitas auf dem Weg ihrer Selbstfindung begleiten. Die Protagonistin ist in meinem Alter, weswegen ich ihre Handlungsweisen und Gedanken gut nachvollziehen konnte. Sebastian ist ein wirklicher Schatz, ein Kollege und Freund, wie man ihn sich nur wünschen kann. Ganz sicher geht auch noch mehr zwischen beiden, aber die Liebesgeschichte ist eher nur angedeutet und wird Erwartungen der Leser in dieser Richtung vielleicht eher enttäuschen.

Vielmehr geht es darum, dass die Hauptfigur sich von alten Verhaltensmustern löst, ihre selbst auferlegten Fesseln sprengt und endlich ihren eigenen Weg geht. Das beschreibt die Autorin auf anrührende Weise und in einem wunderbar zu lesenden Schreibstil.

Das erste Mal habe ich in einem Buch Näheres über das Bestattungswesen erfahren, da Felicitas und auch Sebastian dort tätig sind. Persönlich hatte ich damit zum Glück noch keine oder nur wenig Berührungspunkte, aber bei Bedarf würde ich mir genau so einen Partner in dieser schweren Zeit an der Seite wünschen. Man merkt der Geschichte an, dass die Autorin sich intensiv damit auseinandergesetzt und gut recherchiert hat.

Insgesamt ist „Herzblitze“ ein Roman der leisen Töne, gut passend zur Jahreszeit, der aber auch Mut macht, seinen eigenen Weg zu gehen und Abhängigkeiten abzustreifen. Von mir sehr gern eine warmherzige Weiterempfehlung.

Bewertung vom 22.10.2020
Nur noch ein bisschen Glück
Ahrnstedt, Simona

Nur noch ein bisschen Glück


gut

Die Welt der Halbinderin Stella liegt in Trümmern. Ihr langjähriger Freund hat sie betrogen und ihren Job ist sie auch los. Im südschwedischen Städtchen Laholm will sie im von ihren Großeltern geerbten Häuschen zu sich finden. Was sie nicht ahnte, es handelt sich lediglich um eine Bruchbude ohne Strom und Wasser. Zum Glück ist da die rettende Hand ihres Nachbarn, des Biobauern Thor, der schon bald einen wichtigen Platz in ihrem Leben einnimmt. Warum also nicht etwas Spaß haben, wenn man die Gefühle außen vor lässt. Doch geht das so einfach? Denn eigentlich ist es ihr Plan, in New York Modedesign zu studieren …

Meine Meinung:

Ich habe verhältnismäßig lange für das Buch gebraucht, denn irgendwie ist der Funke bei mir nicht übergesprungen. Die Story ist wirklich nicht neu, aber es hätte mehr daraus gemacht werden können.

Mit Hauptfigur Stella bin ich gar nicht warmgeworden. Sie ist grenzenlos naiv, widersprüchlich und einfach nicht wirklich sympathisch. Was Thor so toll an ihr fand, außer den offensichtlichen körperlichen Merkmalen, konnte ich nicht nachvollziehen. Er selbst ist eigentlich ganz nett und bestimmt eine Sünde wert. Interessanter sind da tatsächlich einige der Nebenfiguren und vor allem den Tieren gelingt es, sich ins Herz des Lesers zu schleichen.

Die Autorin schneidet tatsächlich einige sehr wichtige Themen wie Homophobie, Mobbing, Feminismus und Nachhaltigkeit an, kratzt dabei aber nur an der Oberfläche. Sie konzentriert sich mehr auf die große Anziehung zwischen Stella und Thor, die dann auch oft in ausgiebigen Liebesszenen endet. Einmal aufeinander eingelassen, können die beiden kaum noch voneinander lassen. Diese Szenen trafen weder meinen Geschmack noch war ich von der Quantität eingenommen.

Alles in allem hat die Autorin einen angenehmen Schreibstil und die Landschaftsbeschreibungen sind wirklich gelungen. Wer eine lockere Liebesgeschichte sucht, in der Sex die Hauptrolle spielt, kommt sicher auf seine Kosten. Mein Geschmack war es nicht so ganz.

Bewertung vom 08.10.2020
Die Erben von Gut Lerchengrund
Rubin, Susanne

Die Erben von Gut Lerchengrund


ausgezeichnet

Im Norden Deutschlands, vor den Toren von Hamburg, lebt gegen Ende des 19. Jahrhunderts die adlige Familie von Grootenlohe in harmonischer Nachbarschaft mit den Brodersens. Per Zufall stolpert Heinrich von Grootenlohe über ein gut gehütetes Geheimnis von Wilhelm Brodersen und erpresst ihn daraufhin mit seinem Wissen. Ein folgenschwerer Fehler, der die Familien über Generationen belasten wird. Denn auch im Jahr 1952, als zarte Liebesbande sich zwischen den Enkelkindern der Gutsherren entwickeln, scheint es jemanden zu geben, der eine Verbindung beider Familien unbedingt verhindern will.

Meine Meinung:

Oh Mann, was für eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Schon lange hat mich kein Buch mehr so emotional abgeholt wie der neue Roman von Susanne Rubin. In drei Abschnitten (spielend 1898, 1921 und 1952) widmet sich die Autorin den Schicksalen der zwei Familien von Grootenlohe und Brodersen. Absolut fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite lotet sie die Geheimnisse, Missverständnisse und großen Gefühle – Hass genauso wie unendliche Liebe – mit ihrem hochemotionalen Schreibstil aus.

Das Setting, sowohl die idyllischen Gutshöfe als auch Hamburg, ist bildhaft beschrieben und es gibt auch Einblicke in die Pferdezucht. Aber die Hauptrolle spielen ganz klar die Figuren, deren Unterschiedlichkeit großartig herausgearbeitet wurde. Besonders das tragische Schicksal von Jonas, Heinrichs Sohn und Elise, Wilhelms Tochter ging mir sehr zu Herzen. Das Buch bietet viele romantische Momente, die mir ein Lächeln ins Gesicht zauberten, aber auch jede Menge Dramatik, Schockmomente und Schmerz, die mich erschüttert zurück und auch die eine oder andere Träne fließen ließen.

Auf den letzten hundert Seiten entwickelte sich bei mir eine derartige Sogwirkung, dass ich das Buch in einem Rutsch beenden musste. An Schlaf war nicht zu denken, bevor alles aufgeklärt und das teilweise lang verdiente Happy End schwarz auf weiß zu lesen war.

Wer einer bewegenden Familiensaga voller Dramatik und Liebe nicht widerstehen kann, sollte auf keinen Fall an diesem Buch vorbeigehen. Wärmste Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2020
Old Bones - Tote lügen nie / Nora Kelly und Corrie Swanson Bd.1
Preston, Douglas;Child, Lincoln

Old Bones - Tote lügen nie / Nora Kelly und Corrie Swanson Bd.1


sehr gut

Die junge FBI-Agentin Corrie Swanson fiebert ihrem ersten Fall entgegen. Dieser ereilt sie, als eine männliche Leiche in einem geschändeten Grab gefunden wird. Schnell stellt sie einen Zusammenhang ähnlicher Verbrechen her, die alle die Familie Parkin im Fokus haben. Deren Urahn soll gerade bei einer archäologischen Ausgrabung in Kalifornien geborgen werden, was sie zu deren Leiterin Dr. Nora Kelly bringt.

Diese ist von der Einmischung wenig begeistert, ist sie doch gerade dabei, ein bisher unentdecktes Camp der legendären Donner Party, ein Siedlertreck, von dem nur vereinzelte Mitglieder 1846 mittels Kannibalismus überleben konnten, archäologisch aufzuarbeiten. Der vermutete Goldschatz in der Nähe des Camps macht die Suche besonders brisant.

Meine Meinung:

Die vor allem durch die Pendergast-Reihe (der auch einen kleinen Auftritt im Buch hat) bekannt gewordenen Autoren Douglas Preston und Lincoln Child lassen in ihrem Auftaktroman einer neuen Serie die Archäologin Dr. Nora Kelly und die FBI-Agentin zu einem Team zusammenschmelzen, was anfangs sehr widerwillig geschieht. Beide Frauen für sich, die wohl schon in früheren Pendergast-Romanen eine Rolle gespielt haben, mir aber unbekannt waren, konnten mich überzeugen.

Mit dem historisch belegten Hintergrund der Siedlergruppe, die in der Sierra Nevada vom Winter überrascht wurde, ist ein interessanter Ausgangspunkt geschaffen worden. Wer sich für Archäologie interessiert, wird in dem Roman bestens bedient, vermittelt er doch viel Fachwissen, was teilweise zu Lasten der Spannung geht. So plätschert die Geschichte auch erst mal eine Weile vor sich hin, ohne dass viel passiert bzw. klar ist, wie die zwei Handlungsstränge zusammenkommen können.

Mit dem ersten Todesfall im Rahmen der Ausgrabung nimmt die Story dann Fahrt auf und steigert sich zum Ende hin noch mal zu einem richtigen Showdown. Es gibt, zumindest für mich, durchaus überraschende Wendungen und die Auflösung des Rätsels um die Familie Parkin ist einmal mehr sehr beängstigend.

Mir hat dieser Reihenauftakt durchaus gefallen. Mal etwas anderes als die ewigen Serienmörder-Storys. Mit der gekonnten Mischung aus Historie und Fiction ist dem Autoren-Duo erneut ein Treffer im Thriller-Genre gelungen.

Bewertung vom 25.08.2020
Das Haus am Ende des Fjords
Johansson, Kiri

Das Haus am Ende des Fjords


sehr gut

Die schüchterne Dänin Isving ist glücklich mit ihrer Entscheidung, nach Island auszuwandern und mit ihrer Schwägern ein B & B zu eröffnen. Sie genießt die wunderbare Natur der Insel, vor allem ihren eigenen Hot Spot und die häufigen Ausritte auf den berühmten Islandpferden. Doch dann verändert eine schreckliche Diagnose ihr gesamtes Leben.

Thór ist ein berühmter Musiker, der eine Auszeit in seiner Heimat nimmt, um Kraft zu schöpfen. Inkognito und auf der Suche nach neuen Ideen landet er in Kópavík, wo ihm Isving so sehr unter die Haut geht, dass er ein paar Monate später wiederkommt. Zarte Liebesbande entwickeln sich. Doch wird diese Liebe das Geheimnis um Isvings Krankheit und Thórs wahre Identität aushalten?

Meine Meinung:

Nach „Islandsommer“ legt Kiri Johansson hier nun ihren zweiten Island-Roman vor. Ein weiteres Mal macht vor allem das Setting Island das Buch zu etwas Besonderem. Bildgewaltig und äußerst detailgetreu beschreibt die Autorin die malerische Landschaft, das raue Klima, aber auch die traditionsverbundenen Einwohner, die das Herz am rechten Fleck tragen. Themen wie Tier- und Klimaschutz fließen dabei nahtlos in die Geschichte ein, ohne aufgesetzt oder belehrend zu wirken.

Isving und Thór sind beide liebenswerte Charaktere, der Rockstar fast einen Tick zu lieb und einfühlsam für sein Vorleben. Hier hätte ich mir ein paar mehr Ecken und Kanten gewünscht. Isving zeigt sich zwar erschüttert über ihre Diagnose, geht dabei aber doch relativ entspannt damit um. Das kann natürlich auch daran liegen, dass die wirklich schlimmen Phasen erst später eintreffen dürften und das Paar bereits vorher relativ konfliktlos sein Happy End findet. Aus diesem Grund würde ich hier mehr als sonst wirklich gern wissen, wie sich ihre Zukunft gestaltet, in persönlicher wie beruflicher Hinsicht.

Kiri Johansson hat einen besonders schönen Schreibstil und so gleiten die Seiten auch ohne größere Dramen sehr wohltuend dahin, ohne dass es je langweilig wird. Eine Geschichte zum Wohlfühlen und eine Kulisse, die sich immer mehr zum Sehnsuchtsziel entwickelt. Für Island-Liebhaber ein Muss, umso mehr, wenn sie einer romantischen Lovestory nicht abgeneigt sind.

Bewertung vom 01.07.2020
Gestohlene Erinnerung
Crouch, Blake

Gestohlene Erinnerung


sehr gut

Eine neuartige Krankheit greift um sich. Menschen erinnern sich plötzlich an ein anderes Leben. In diesem Zwiespalt der Gefühle sehen einige den Suizid als einzigen Ausweg. Detektive Barry Sutton forscht nach und bekommt die Gelegenheit, den Tod seiner Teenagertochter zu verhindern, indem er sein Leben ab einem gewissen Zeitpunkt einfach neu lebt. Eine gefährliche Technologie, erfunden von Helena Smith, macht dies möglich. Schon bald gerät diese in falsche Hände und narzisstische, machtbesessene Gegner bringen die Menschheit an ihren Abgrund. Barry und Helena finden zusammen und versuchen mit allen Mitteln, dies zu verhindern. Ein aussichtsloses Unterfangen, wie es scheint.

Meine Meinung:

Eine absolut faszinierende Idee, die der Autor äußerst gekonnt in seinem Roman umsetzt. Ich bin ja Science Fiction-Themen und vor allem Zeitreisen nicht abgeneigt, aber es gehört schon eine gehörige Portion Durchhaltevermögen und Konzentration dazu, hier nicht den Überblick zu verlieren.

In der ersten Hälfte, die den Werdegang von Helena und Barry beleuchtet, kann der Leser durch die Zeitangaben noch relativ gut folgen. Die Handlung ist packend, die Idee und die Möglichkeiten des erfundenen Erinnerungsstuhls scheinen grenzenlos. Mir hat der Schreibstil von Crouch sehr gut gefallen. Auch die Hauptfiguren wirken authentisch. Ihre anfängliche Begeisterungsfähigkeit, die auch als Naivität durchgehen könnte, ist durchaus nachzuvollziehen. Letzten Endes wollen sie nur alles zum Besseren wenden und das bis zum Schluss.

Das letzte Drittel des Buches konnte mich dann nicht mehr so sehr begeistern. Sei es die wissenschaftlichen Erklärungen, denen zu folgen ich nicht mehr wirklich in der Lage war, aber auch die Wiederholungen durch die häufigen gescheiterten Versuche, die Welt zu retten. Hier kommt der „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Effekt zum Tragen, was ich so gar nicht mag. Das viele Hin und Her mit den Zeitsprüngen ist irgendwann einfach nur noch verwirrend. Die Liebesgeschichte der Hauptprotagonisten ist wirklich süß, wobei ich bei einer derart langen gemeinsam verbrachten Zeit den Bestand ein wenig anzweifeln möchte.

Insgesamt macht das Szenario einfach nur Angst. Es gehört nicht viel dazu, sich vorzustellen, dass an solchen Ideen bereits geforscht wird. Und ich bin überzeugt, dass die Menschheit heute noch nicht in der Lage wäre, verantwortungsvoll mit einer solchen Technologie umzugehen und schlussendlich alles in der beschriebenen Katastrophe enden würde. Bleibt also zu hoffen, dass das Geschriebene noch lange Fiction bleibt. Für Scifi-Fans allemal eine fesselnde Geschichte, die ich gern weiterempfehle.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.06.2020
Der Knochengarten / Tony Hill & Carol Jordan Bd.11
Mcdermid, Val;McDermid, Val

Der Knochengarten / Tony Hill & Carol Jordan Bd.11


gut

An die vierzig Skelette junger Mädchen werden bei Bauarbeiten im Garten eines katholischen Waisenhauses gefunden. Haben die strengen Nonnen ihren Anteil daran? Dann taucht ganz in der Nähe eine zweite Gruppe Leichen auf. Diesmal junge Männer, die ganz offenbar ermordet wurden. Viel Ermittlungsarbeit für die Spezialeinheit aus Yorkshire. Leider können sie nicht auf die Kompetenz von Carol Jordan und Tony Hill zurückgreifen, denn Erstere hat den Polizeidienst quittiert und orientiert sich gerade neu und Tony sitzt eine vierjährige Haftstrafe ab.

Meine Meinung:

Ich bin eigentlich noch nie von Val McDermid enttäuscht worden, besonders die ersten Bände der Tony-Hill-Reihe haben mich stets in ihren Bann gezogen. Irgendwann bin ich dann ausgestiegen, weswegen mir auch einiges Hintergrundwissen zur jetzigen Lage von Jordan und Hill fehlt. Auf beide wird zwar im Buch Bezug genommen, aber eher in persönlicher Hinsicht. Zu den Ermittlungen tragen sie wenig bis gar nichts bei, weshalb dieser elfte Fall eigentlich nicht ihrer genannt werden sollte.

Mir gefiel bei der Autorin immer, wie auch der Täter zu Wort kommt, seine kruden oder perfiden Gedankengänge offenbart. Das tut er hier anfangs auch kurz, dann ist er bis zum Ende still. Seine Identität ist schon früh bekannt, was dem Roman ganz eindeutig die Spannung nimmt und es gibt danach kaum Überraschungsmomente. Beide Fälle werden eigentlich nicht wirklich aufgeklärt, es macht fast den Eindruck also würden ein paar Kapitel fehlen.

Durch ihren flüssigen Schreibstil und die akkurate Wortwahl gelingt es McDermid dennoch, den Leser über längere Zeit zu fesseln. Die Ortsbeschreibungen sind sehr gelungen und Ermittlungsschritte logisch. Neuleser dürften mit der Vielzahl an Charakteren ein wenig überfordert sein.

Für einen Thriller passiert mir einfach zu wenig im „Knochengarten“, es ist einfach nur ein Krimipuzzle, das zu lösen es nicht mal besonders viel Engagement bedarf. Ich werde mir dann doch wohl lieber noch mal ein paar der älteren Hill/Jordan-Romane zu Gemüte führen.