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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 1085 Bewertungen
Bewertung vom 10.03.2025
Die Anatomie einer neuen Zeit
Morell, Leon

Die Anatomie einer neuen Zeit


ausgezeichnet

Man schreibt das Jahr 1540. Die kräuterkundige Verena von Pfäffikon wartet wie Karin im Kerker auf ihre Hinrichtung. Die beiden wurden als Hexen denunziert. Nachdem seit Wochen der Regen ausgeblieben ist, kommt es zu einem großflächigen Waldbrand, in dessen Chaos Verena die Flucht aus dem Turm gelingt. Allerdings nicht ohne ihrem ärgsten Widersacher Hämmerli, der schon ihre Mutter als Hexe auf den Scheiterhaufen geschickt hat, zu niederzuschlagen und sich seiner Kleidung zu bemächtigen.

Als Johann Lederer überwindet sie die Alpen und trifft nach einer mehrwöchigen Wanderung in Padua ein. Dort lernt sie Andreas Versalius (1514-1564) kennen, der öffentliche Sektionen vornimmt und dafür bekannt ist, seine Erkenntnisse lautstark zu verkünden, vor allem dann, wenn sie von der offiziellen Lehrmeinung der Kirche und dem Medicus Galen abweichen.

Als während einer Vorlesung ein deutscher Student vor den Toren der Universität zusammenbricht und in Verenas Armen stirbt, sind sich die beiden einig, dass der Mann vergiftet worden ist. Nur welches Gift? Und von wem und vor allem WARUM?

Die Suche nach Motiv, Täter und Gift führt Verena/Johann und Vesalius in höchste Kirchenkreise und beweist Johann, dass man auch in Padua nicht vor der Inquisition sicher sein kann.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist kein Krimi im engeren Sinn, sondern ein Einblick in die Medizingeschichte des 16. Jahrhunderts. Padua ist damals der Nabel der (medizinischen) Welt. Obwohl die katholische Kirche Obduktionen streng verbietet, ausgenommen sind nur Körper von verurteilten Verbrechern, nimmt Andreas Vesalius heimlich Sektionen vor. Sein Drang nach Wissen, wie der menschliche Körper innen aussieht bzw. wie man Krankheiten erkennen und möglicherweise heilen kann, lässt ihn das Verbot der Kirche missachten. Diese Erkenntnisse notiert es akribisch, zeichnet, was er sieht und verfasst letztlich sein Lebenswerk, die sieben Bücher „De humani corporis fabrica“ („Über den Bau des menschlichen Körpers“). Um diese Bücher geht es letztendlich auch, denn der schwerkranke Vesalius muss letztlich auch Padua verlassen, nachdem er sich im Netz der geistlichen Intrigen verfangen hat. Eigenständig denken, die Bibel in deutscher Sprache lesen - das alles „bedroht“ die katholische Kirche, die nun die Inquisition auf Frauen und Wissenschaftler loslassen.

Geschickt werden Fakten und Fiktion miteinander verquickt. So begegnen wir anderen Geistesgrößen dieser Zeit wie Tizian, Jan van Kalkar und – indirekt - der Basler Drucker Oporinus). Ich hätte mir neben einem Personenverzeichnis zu diesen Persönlichkeiten auch ein historisches Nachwort gewünscht. Aber, das ist Jammer auf hohem NIveau.

Einzig über den Namen Karin bin ich anfangs gestolpert. Ich glaube nicht, dass er in der Schweiz des 16. Jahrhunderts gebräuchlich war, da er die schwedische Form von Katharina ist. Lokale Namensheilige sind eher Elisabeth, Anna oder Johanna. Verena hingegen, auch wenn der Name modern klingt, ist ein gängiger „alter“ Name in der Schweiz, auch wenn seine Herkunft nicht zur Gänze geklärt ist.

Der Schreibstil ist ansprechend. Hin und wieder sind die Dialoge zwischen Verena/Johann und Andreas Versalius ein wenig zu modern geraten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem sehr gut recherchierten und opulent erzählten historischen Roman 5 Sterne.

Bewertung vom 08.03.2025
Barbarisches Kreta
Vertidi, Nikola

Barbarisches Kreta


sehr gut

In diesem 7. Kreta-Krimi wird die Leserschaft mit einigen Mythen rund um die Insel und deren vergangener Hochkultur konfrontiert, die eine ziemlich komplexe Krimihandlung gepresst werden.

Zunächst verschwindet ein deutsches Urlauberpaar, sie ist Historikerin, er Journalist und Fotograf. Wenig später fehlt von einem französischen Taucherehepaar jede Spur. Zufall? Wollen die beiden Paare ungestört Urlaub machen?
Da abgängige Touristen schlecht für das Image der sonnigen Insel als Tourismusziel sind, wird Kommissar Hyeronimos Galavakis gebeten, unauffällig erste Ermittlungen einzuziehen. Vermisste Personen zu suchen, ist ja eigentlich nicht die Kernaufgabe der Mordkommission, aber als ein abgetrennter Arm, der aus dem Meer gefischt wird, kann ein Tötungsdelikt nicht ausgeschlossen werden.

Die Ermittlungen zu den mysteriösen Ereignisse nehmen schnell Fahrt aus, als man herausfindet, dass die beiden Paare einander im selben Appartementhaus gewohnt haben.

Meine Meinung:

Dieser reichlich komplexe Krimi bringt Hyeronimos Galavakis und vor allem Pathologin Penelope Demostaki an ihre Grenzen, denn der gefundene Arm wurde einer lebenden Frau barbarisch abgerissen. Was ist da passiert? Geht das überhaupt? Hätte man sie retten können?

Wie schon in den sechs Vorgängern spielt Hyeronimos Galavakis‘ Aurensichtigkeit eine große Rolle. Er kann dadurch Lügner relativ schnell entlarven.

Nebenbei wird gerne gut gegessen und getrunken. Auch die Schönheit der Insel spielt, wie die historische Vergangenheit eine große Rolle. Ich hätte mir nur mehr Details über die minoische Kultur gewünscht, die an sich sehr fesselnd ist, als über diese „Gottessteine“, die selbst die CIA anlocken. Aber, das ist Jammern auf hohem Niveau.

Zacharis Zentakis, Galavakis‘ Mitarbeiter mit dem Sprachfehler, erhält diesmal eine größere Rolle, was mir sehr gut gefällt. Überhaupt, das Team setzt sich aus höchst unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammen, die alle ihre Stärken und Schwächen haben. Der Chef des Geheimdienstes, Dimitris Stefanakis schwebt ein bisschen wie eine schwarze Wolke über Galavakis und seinem Team, unterstützt aber immer wieder, wenn es ihm nützlich ist. Bin schon neugierig, ob in einem der nächsten Fälle aufgelöst wird, wer Stefanakis mit Insiderinformationen versorgt oder, ob er die Truppe einfach und ganz klassisch, abhören lässt.

Fazit:

Wieder ein komplexer Fall für Hyeronimos Galavakis und seine Kollegen, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 08.03.2025
Der ewige Tanz
Schroeder, Steffen

Der ewige Tanz


ausgezeichnet

Autor Steffen Schröder lässt Anita Berber (1899-1928) in ihrem Bett der Tuberkulosestation im Berliner Bethanienspital ihr Leben Revue passieren.

Die Berber, wie man sie nennt, ist eine Tänzerin, die ähnlich wie Isadora Duncan (1877-1927) und Josephine Baker (1906-1975) den Bühnentanz revolutioniert und mit ihrem schillernden Privatleben für Skandale sorgt.

Auf ihrer letzten Tournee durch den Nahen Osten im Sommer 1928 bricht bei Anita Berber die Tuberkulose aus. Ihr durch jahrelangen Alkohol- und Drogenmissbrauch geschwächter Körper hat der Krankheit nichts entgegenzusetzen.

Meine Meinung:

Diese Romanbiografie ist für manche Leser vielleicht nicht einfach zu lesen. Die Lebensgeschichte der Anita Berber wird nicht chronologisch erzählt, sondern springt durch Zeit und Raum. Wir folgen dem durch Suchtmittel verbrauchten Geist der Tänzerin, der kaleidoskopartig gute und schlechte Episoden durcheinanderbringt. Wir erfahren einiges über die zahlreichen Skandale, ihr unstetes Leben sowie über einige Exzesse und die wechselnden Liebschaften. Eine so schillernde Persönlichkeit zieht natürlich auch Erbschleicher und Heiratsschwindler an. So macht sich Ehemann Nr. 2, Sebastian Droste (eigentlich Willy Knobloch, schwarzes Schaf einer reichen Familie), mit dem gesamten Vermögen inklusive des Schmucks davon und lässt die Berber nahezu mittellos zurück. Ihr dritter Ehemann ist Sänger „Henri“ Heinrich Châtin-Hofmann mit dem sie zahlreiche Auftritte hat. Doch Henri interessiert sich hauptsächlich für ihre Gage und das Kokain bzw. Morphium, das er dafür kaufen kann.

Wir begegnen auch anderen Persönlichkeiten dieser Zeit. Hier ist vor allem der Maler Otto Dix zu nennen, der sie in seine eigenwilligen Art porträtiert. Oder Filmschaffende wie Willi Forst und Fritz Lang. Interessant auch der kurze Einblick ins damalige Filmbusiness mit den besonderen Schminktipps für schwarzweiß Filme.

Eine Assoziation, die mich zum Schmunzeln gebracht hat, hatte ich beim Titel, denn „ewige Tanz“ bedeutet im Wiener Dialekt ständige Querelen. Daran hat Autor Steffen Schröder bestimmt nicht gedacht, oder vielleicht doch? Er war ja einige Zeit Ensemblemitglied im Wiener Burgtheater.

Es scheint, als hätte Anita Berber gewusst, dass ihr kein langes Leben vergönnt war, denn sie lebte ihr kurzes, immer auf der Überholspur. Das Cover ist in der Farbgebung an das bekannte Bild von Otto Dix angelehnt, das eine ganz andere Anita Berber darstellt - eine verbrauchte Frau, die doppelt so alt wirkt, als sie tatsächlich war.

Fazit:

Dieser Romanbiografie des Enfant Terrible der Weimarer Republik gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 05.03.2025
Ein Krieg wie kein anderer (eBook, ePUB)
Hellbeck, Jochen

Ein Krieg wie kein anderer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jochen Hellbeck, deutsch-amerikanischer Historiker, schildert in diesem Buch einen Krieg, der wahrlich wie kein anderen zuvor war. Den Weg in den Krieg gegen die Sowjetunion hat die Propaganda schon längst vorgezeichnet. Sie nimmt den latent vorhandenen Antisemitismus sowie die Angst vor dem Kommunismus und verquickt beides zu monströsen Feindbild, die es zu vernichten gilt. Dabei ist völlig unwichtig, ob die Feindbilder real oder nur in der Paranoia von Einigen vorhanden ist. Durch stete Präsenz und Wiederholungen wird den Menschen eine falsche Wahrheit suggeriert, um nicht zu sagen eingebläut. Das Ergebnis ist die verzerrte Wahrnehmung, dass Kommunisten immer auch Juden sind, was die Rechtfertigung für Hitler ist, den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion zu beginnen.

Hellbeck beschreibt an Hand von bislang unbekannten Dokumenten die Gräueltaten der Deutschen während des Vernichtungskriegs gegen die Sowjetunion. Dabei kommen die Bevölkerung aus Russland, der Ukraine, des Baltikums und Weißrusslands, Juden wie Nichtjuden, sowie deutsche Soldaten zu Wort.

Das Buch ist ein Zeugnis darüber, welche archaischen Relikte in jedem Menschen wohnen, wenn sie von entsprechender Propaganda entfesselt werden. Deshalb blicke ich ein wenig mit Sorge in die Zukunft, wenn Politiker im Westen wie im Osten mit Urängsten der Bevölkerung, um ihrer persönlichen Eitelkeit und ihres Machtstrebens wegen, spielen. Ebenso unerklärlich ist es, wieso Millionen Wähler Parteien nachlaufen, die es weder mit der eigenen noch mit der fremden Wahrheit genau nehmen.

Aber Achtung, das Buch ist nichts für Zartbesaitete. Es ist nicht leicht zu lesen, da es die Gräuel des NS-Unrechtsregimes detailliert beschreibt. Einzelne davon sind auch mit eindringlichen Fotos belegt, die passend zum jeweiligen Text eingestreut sind.

Fazit:

Gerne gebe ich Jochen Hellbecks Sachbuch über einen Krieg, der so vorher noch nie da gewesen war, 5 Sterne.

Bewertung vom 02.03.2025
Stralsund ermittelt - Falsche Koffer lügen nicht (eBook, ePUB)
Raven, Annabel

Stralsund ermittelt - Falsche Koffer lügen nicht (eBook, ePUB)


gut

ufgeklärt.

Als dann Laura, Schauspielerin am Stralsunder Theater in der vermeintlichen Detektei um Hilfe sucht, von Nele abgewiesen und wenig später ermordet wird, fühlt sich Nele verpflichtet, Nachforschungen anzustellen.

Das Trio Nele, Fanny und Hektor beginnt im Theater zu schnüffeln, um herauszufinden, was es mit dem ominösen Koffer, der in Lauras Erzählung eine große Rolle spielt, auf sich hat. Dabei stoßen sie auf einen narzistischen Regisseur, eine umtriebige Requisiteurin und diverses Bühnenpersonal, das dem einen oder anderen Nebenjob unauffällig nachgeht. Und ja, Nele trifft einen Polizisten mit den schönsten blauen Augen der Welt, der weil in Stralsund eigentlich nichts los ist, im Café seines Freundes aushilft.

Meine Meinung:

Die Idee, den Schauplatz einer TV-Serie als Dreh- und Angelpunkt eines Krimis zu machen, hat mir gut gefallen. Die Umsetzung hat mir dann doch nicht ganz so gut gefallen. Man verrennt sich immer wieder in Nebensächlichkeiten. Manches wie die detaillierte Schilderung der Gartenpflege durch Hektor, füllt zwar die Seiten, bringt aber die Handlung nicht weiter. Auch die Sequenz, mit dem Nebengebäude, das die schrullige verstorbene Vorbesitzerin Hektor zu betreten verboten hat, weckt Interesse, das wenig später in einer Enttäuschung endet. Zwar entdeckt man zwei Oldtimer aus DDR-Zeiten, einen Barkas 1000 (VW-Bulli-Verschnitt) und einen, als Schwalbe bekannten Motorroller. Da hätte ich mir ein wenig mehr erwartet. Manches wirkt wie ein kurz eingeworfener Gedanke, der nicht zu Ende geführt wird.

Zwischendurch folgen wir Nele gedanklich wieder nach New York, erleben dort das Kennenlernen von David, das Gspusi mit ihm und ihre britische Mitbewohnerin Rosie. Diese Rückblenden sind meiner Ansicht nach viel zu ausführlich und unterbrechen den Lesefluss.

Der Einblick in das Verhältnis Peter und Friedhelm sowie der Auftritt von Friedhelms Mutter ist ebenfalls zu aufwändig beschrieben.

Von den Charakteren finde ich Rosie, die britische Mitbewohnerin in New York noch am interessantesten. Nele scheint zwar beruflich erfolgreich zu sein und für ihre Klienten die richtige Therapie zu haben. Bei sich selbst versagen aber Intuition und Ausbildung. Nebenbei, wie kann eine beruflich offensichtlich bestens etablierte Frau, sich wie ein kleines, unerfahrenes Mädchen auf einen Mann einlassen, den sie kaum kennt? Auch die ständige Frage, ob Nele in Stralsund bleiben oder wieder nach New York zurückgehen soll, nervt ein wenig. Eine toughe Frau, die es in New York geschafft hat, sieht anders aus. Eine Jugendstilvilla in Stralsund wird auch nicht gerade billig sein und diese dann auch noch online zu kaufen, erscheint mir ein wenig weit hergeholt.

Es scheint, als wäre die Autorin nicht sicher, ob sie eine Geschichte einer von der Liebe gleich zwei Mal enttäuschten jungen Frau erzählen wollte, oder einen Krimi. Irgendwie ist das Buch nicht Fisch und Fleisch. Das ist ziemlich schade, denn die Idee mit der Villa als Schauplatz hat mir ja, wie schon erwähnt, gut gefallen. Schmunzeln musste ich vor allem, mit welchen Vorstellungen die Fans hier auftauchen. Die Beteuerungen Neles, kein Detektivbüro zu betreiben, dringen bei den Besuchern nicht durch. Dieser Aspekt hätte ein wenig mehr herausgearbeitet werden können.

Letztlich wird nach einigem hin- und her das Rätsel um den Koffer sowie dessen Inhalt gelöst. Annabel Raven hat sowohl das Trio Weingold als auch mich als Leserin ein wenig an der Nase herumgeführt. Wenn die Autorin also das ganze (Liebes)Klimbim weggelassen und das Buch ein wenig gestrafft hätte, wäre ein durchaus fesselnder Krimi herausgekommen. So plätschert die Handlung ein wenig unstet vor sich hin.

Fazit:

Dieser Stralsund-Krimi hat noch Luft nach oben, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 01.03.2025
Revolutionärinnen. Frauen, die Geschichte schrieben
Bleyer, Alexandra

Revolutionärinnen. Frauen, die Geschichte schrieben


ausgezeichnet

Historikerin Alexandra Bleyer, die sich neben ihrem Lieblingsthema Propaganda, den Biografien von Kämpferinnen für Frauenrechte verschrieben hat, erzählt in diesem Buch von 20 Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens, dafür eingetreten sind. Sie legt den Fokus auf Frauen des 19. und 20. Jahrhunderts. Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Frauen, die für ihre Überzeugung, Frauen müssen Männern gleich gestellt sein, mit Repressalien wie Gefängnis, behördliche Abnahme der Kinder oder gar einer Hinrichtung ausgesetzt waren. Nicht alle können in diesem Buch Aufnahme finden. Wie ich die Autorin kenne, ist ihr die Wahl sehr schwer gefallen.

Einige, wie Olympe de Gouges, Bertha von Suttner, Louise Otto-Peters, Rosa Luxemburg, George Sand oder Alexandra Kollontai sind durchaus bekannt. Andere wiederum kennen nur Insiderinnen. Zum einem, weil sie auf einem anderen Kontinent oder wie Sojouner Truth (USA) zusätzlich noch von schwarzen Sklaven abstammten. Namen von Feministinnen wie Pandita Ramabai (Indien), Kishida Toshiko (Japan) oder Emine Semiye (Türkei) sind hier Mitteleuropa kaum bekannt.

Natürlich können in einem rund 300 Seiten umfassenden Buch keine ausführlichen Biografien dargestellt werden. Sie machen allerdings Lust, sich mit den Frauen näher zu beschäftigen. Alexandra Bleyer ist bekannt dafür, das Wesentliche auf nur wenigen Seiten anschaulich ihrer Leserschaft näherzubringen. So ist es ihr gelungen, Aufstieg und Fall von Napoleon Bonaparte in der Reclam-Reihe „100 Seiten“ auf ebenso viele zusammenzufassen.

Wer mehr über Revolutionen, vor allem über jene von 1848/49 lesen möchte, dem sei Alexandra Bleyer Buch „1848. Eine gescheiterte Revolution“ ebenfalls im Reclam-Verlag erschienen, empfohlen. Hier geht die Autorin ebenfalls auf die weibliche Sicht der Revolutionen ein.

Eine an den Verlag gerichtete Anmerkung möchte ich auch noch anbringen: Die Schriftgröße im gedruckten Buch ist unglücklich gewählt, weil sie für ein angenehmes Lesen viel zu klein ist. Ursprünglich war das Buch ja mit 400 Seiten ne gekündigt worden. Geht das Schonen von Ressourcen nun auf Kosten der Lesefreundlichkeit?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Überblick über revolutionäre Frauen, der zahlreiche Anregungen bietet, sich mit einer der genannten Frauen näher zu beschäftigen, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.02.2025
True Crime in Nature
Graßmann, Farina

True Crime in Nature


sehr gut

Dieses Kosmos-Buch führt uns, wie alle Bücher des Verlages in die Welt des Staunens und des Wissens. Diesmal dürfen wir zahlreichen Tieren und Pflanzen bei ihren kriminellen Machenschaften zusehen.

Dass das Kuckucksweibchen ihr Ei in ein fremdes Nest legt und das getäuschten Brutpaar das Ausbrüten und die anschließende Brutpflege übernimmt, ist ja wohl hinlänglich bekannt. Darüber hinaus erfahren wir einiges über andere Tiere und Pflanzen, die sich krimineller Machenschaften bedienen, um ihre Art zu erhalten. Ja selbst ein kurzer Ausflug ins Reich der Viren lässt uns staunen.

Die Kapitel sind nicht allzu lang, so dass man das eine oder andere auch mit Kindern lesen kann. Witzig sind die Illustrationen, die den bitterbösen Geschichten eine gewisse Leichtigkeit verleihen.

Fazit:
Lehrreich und regt zum Schmunzeln, daher gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 27.02.2025
Wohnverwandtschaften (eBook, ePUB)
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften (eBook, ePUB)


gut

Murat, Jörg und Anke wohnen schon eine Weile gemeinsam in der Hamburger WG, als Zahnärztin Constanze, nach der Trennung von ihrem Mann einzieht. Für Constanze soll die WG nur ein Provisiorium sein. Zunächst sind die vier eher eine Zweckgemeinschaft. Sie sind unterschiedlichen Alters und befinden sich in völlig grundverschiedenen Lebensphasen. Allerdings scheint genau deswegen zwischen ihnen eine Freundschaft mit all ihren Höhen und Tiefen entstanden zu sein. Die schleichend beginnende Demenz von Wohnungseigentümer Jörg stellt die WG zunehmend vor Probleme.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht der vier WG-BewohnerInnen erzählt. Das macht den Charme dieses Romans aus. Geschickt und einfühlsam geht Autorin Isabel Bogdan mit dem Thema Demenz um. Allerdings fehlt mir das gewisse Etwas. In Österreich heißt es, ein Provisorium hielte 100 Jahre. Das sehe ich nicht ganz.

Ich habe von Isabel Bogdan vor einiger Zeit „Mein Helgoland“ gelesen, das mir wesentlich besser gefallen hat. Allerdings ist diese Hommage an Helgoland natürlich ein anderes Genre.

Fazit:

Ein netter Roman für Zwischendurch, der die Vorteile einer Wohnverwandtschaft gegenüber einer richtigen Verwandtschaft aufzeigt. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 27.02.2025
Weinstraßenbetrug
Guthmann, Markus

Weinstraßenbetrug


ausgezeichnet

Einige Jahre sind nun ins Land, genauer in die Pfalz, gezogen- Sowohl Staatsanwalt Benjamin Röder als auch KHK Gerald Steiner rücken dem Pensionsalter immer näher. Man könnte glauben, dass sie nun ein wenig gesetzter agieren würden. Doch nein, die Kameradschaft aus den Zeiten der Bundeswehrzeit hat sichtlich alle Stürme überdauert.

Als Röders Jugendfreund und Schwerenöter, der Starwinzer Achim Hellinger, verdächtigt wird, der Kopf einer internationalen Weinfälscherbande zu sein, dürfen die beiden wegen Befangenheit nicht ermitteln.

Doch KHK Gelderer, der beauftragte Ermittler, gilt als schlampig, aber karrieregeil und ist ausgerechnet ein Freund eines bekannten Politikers. Ein Schelm, der sich hierbei nichts oder doch etwas denkt. Dass hat Achim blöderweise mit der Politiker-Ehefrau gerade ein Pantscherl hat, ist der Sache auch nicht wirklich dienlich.

Gleichzeitig kommen mehrere Winzer bei Arbeitsunfällen zu Tode, die sich recht bald als vorgetäuscht herausstellen.

Um Achim aus der Patsche zu helfen, aktivieren Röder und Steiner ihre Beziehungen zu ihren Kollegen in anderen Dienststellen und können ein mehrdimensionales kriminelles Netzwerk enttarnen.

Meine Meinung:

Ich habe ja in letzter Zeit mehrere Krimis aus dieser Pfalz-Krimi-Reihe gelesen. War in den früheren Bänden der Pfälzer Dialekt sparsam eingesetzt, so ist er diesmal für mich persönlich ein wenig zu oft verwendet worden. Andere Leser mögen das vielleicht recht gerne.

Interessant, weil nicht so präsent, ist die Produktpiraterie, die auch vor Wein nicht Halt macht. Dabei sind es nicht nur die exklusiven Rothschild-Weine, die hurtig ge- und verfälscht werden, sondern auch das mittelpreisige Segment im gut sortierten Supermarkt oder Fachhandel. Hier sind zwar die Margen pro Flasche geringer, aber die Menge bringt ordentlich Gewinn. Die Moral von der Geschichte: Kaufe deinen Wein nur beim Winzer deines Vertrauens direkt ab Hof. Dieser Einblick in das Weinpantsch-Business hat mir gut gefallen!

Wieder siegt das Gute über das Böse und das mit dem Ruhestand müssen sich Röder und Steiner noch einmal überlegen. Die beiden feiern ohnehin erst ihren 60iger.

Fazit:

Ein typischer Krimi mit viel Lokalkolorit und viel Interessantes über das Weinbusiness. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 25.02.2025
Der Teufel von Luzern (eBook, ePUB)
Greiner, Patrick

Der Teufel von Luzern (eBook, ePUB)


sehr gut

Als Lisa, die in Australien lebende Schweizerin, nach Luzern zurückkommt, um das Erbe ihre Tante Vera anzutreten, weiß sie noch nicht, was sie genau erwartet. Denn neben einem Haus in bester Lage, einem Sparbuch und Goldmünzen, entdeckt sie in einer alten Waschmaschine 2 Millionen Franken mit der kryptischen Nachricht „An diesem Geld klebt Blut“. Paavo Baumgartner, ein Polizist kann hier nicht helfen und verweist sie an den Privatermittler Armand Godel.

Gemeinsam versuchen sie dem Ursprung des Geldes auf die Spur zu kommen und Lisa kommt dabei nicht nur ihrer eigenen dunklen Familiengeschichte nahe, sondern auch einer Gruppe einflussreicher wie skrupelloser Männer und ihren kriminellen Machenschaften.

Meine Meinung:

Dieser Krimi gewährt uns Einblicke in die Geschäfte der Geldwäsche, in der auch zahlreiche (Privat)Banken der Schweiz verwickelt sind. Es wimmelt von Strohmännern, die wie die Marionetten auf dem Filmplakat des „Paten“ an den Fäden ihrer Hintermänner zappeln.

Die Handlung ist interessant, aber es dauert ein wenig, bis sie so richtig in Gang kommt. Beinahe wäre der Krimi ohne Leichen ausgekommen. Letztendlich gibt es dann doch zwei Tote.

Die Charaktere wie oder Armand haben so manche Ecke und Kante, die sie interessant und sympathisch machen. Das schweizerische Flair wird durch Streifzüge in der Stadt Luzern und die typischen Schweizer Ausdrücke wie parkieren und Gipfeli vermittelt- Schmunzeln musste ich über Armand Godel Auto, den Oldtimer De Soto, den er vor Jahren aus Kuba importiert hat.

Patrick Greiner räumt mit der Mär der ach so sauberen und gesetzestreuen Schweiz ziemlich auf. Überall dort, wo viel Geld zu lukrieren ist, ist das Verbrechen nicht weit. Der Autor weiß, worüber er schreibt, ist er doch Jurist und hat Erfahrung sowohl als Anwalt, Notar und Berater in der Finanzindustrie als auch als Untersuchungsrichter bei der Staatsanwaltschaft in Luzern.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi 4 Sterne.