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R. S.

Bewertungen

Insgesamt 182 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2022
Der Sturm
Harper, Jane

Der Sturm


sehr gut

Spannungsarmer aber atmosphärischer und psychologischer Krimi

In "Der Sturm" von Jane Harper geht es vor allem um Überlebende. Es geht um Katastrophen und die Menschen, die nach einer Tragödie zurückbleiben. Es handelt von Trauer, Schuld und Reue und darum, wie sich Familien und Freunde mit stillen Vorwürfen oder gar offener Feindseligkeit voneinander entfernen. Der Schwerpunkt liegt auf der Familie und darauf, wie sie einen näher an sich heranziehen und für Stabilität sorgen oder aber auch wegstoßen können.

In dem eher als Spannungsroman mit Krimielementen statt als spannenden Thriller anzusehenden Buch wird die Handlung aus Sicht der Hauptperson Kiernan erzählt.
Kiernan, seine Freundin Mia und ihre kleine Tochter kehren nach über einem Jahrzehnt in die Kleinstadt Evelyn Bay zurück, um seinen Eltern beim Packen des Familienhauses zu helfen. Als die Leiche einer jungen Frau unweit ihres Hauses am Strand gefunden wird, kommen alte Geheimnisse und Lügen an die Oberfläche. Und Fragen über ein anderes junges Mädchen, das während des großen Sturms vor 14 Jahren verschwunden ist, kommen auf.

Langsam wird nach und nach das Rätsel gelöst was vor 14 Jahren wirklich passiert ist. Die Handlung besticht hierbei besonders durch die tiefgehende Charakterzeichnung und dem atmosphärischen Schreibstil. Die Autorin schafft es genau die Stimmung in einer abgelegenen Kleinstadt in Tasmanien einzufangen und wie es sich in einer Kleinstadt lebt. Denn wenn man in einer Kleinstadt lebt, wird nichts jemals vergessen. Kleine Fehler verfolgen einen für immer, klammern sich fest und lassen einen nie mehr los. Es ist definitiv ein Slow-Burn-Krimi, der sich Zeit lässt und erst zum Ende hin richtig an Fahrt aufnimmt und dann etwas zu abrupt endet und manche Aspekte unbefriedigend auflöst.

Nichtsdestotrotz habe ich Gefallen an dem Buch gefunden, da der psychologische Aspekt der Handlung sowie die Themen Schuld, Trauer, Scham und wie sie - unverarbeitet - die Beziehungen beeinflussen können gut herausgearbeitet wurde.

Ein stimmungsvoller Krimi der ruhigen Art.

Bewertung vom 21.09.2022
Erste Hilfe für die Erde
Maslin, Mark

Erste Hilfe für die Erde


gut

Kurzes und informatives Klimawissen aber auch nicht mehr

"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass es Maslin gelungen ist, äußerst komplexe Sachverhalte auf leicht verständliche Informationen zu reduzieren. Das Sachbuch ist gut geeignet als Einführung in das Thema Klimawandel und richtet sich vor allem an all diejenigen, die bis jetzt noch wenig über das Thema wissen, noch skeptisch sind oder einfach eine kompakte Zusammenfassung dazu suchen.
Neben historischen Fakten und aktuellen Entwicklungen zeigt er auch Maßnahmen auf, die Einzelpersonen über Unternehmen bis hin zu Regierungen ergreifen können bzw. umsetzen sollten, um so gegen die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen vorzugehen.

Aber darüber hinaus hat es nicht viel mehr zu bieten. Es ist als eine bloße Darstellung von Informationen und/oder Fakten in gut zitierfähigen Sätzen geschrieben, die sich mehr wie eine PowerPoint-Präsentation lesen als ein gut verfasstes
sachliches Buch. Ein tieferes Verständnis und ein differenzierter Blick auf den Klimawandel, dessen Auswirkungen und Maßnahmen dagegen wird so nicht wirklich geschaffen, was jedoch in Bezug auf die Maßnahmen besonders wichtig wäre. So setzt er z. B. meiner Meinung nach zu viel Vertrauen in die Initiative des Einzelnen, der Unternehmen und der Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen.

Alles in allem stellt "Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" eine informative und grundlegende Zusammenfassung zum Thema Klimawandel und die Auswirkungen der Menschheit auf die Umwelt dar, aber für alle die schon ziemlich vertraut mit der Materie sind, für die ist das Buch ein wenig zu vereinfacht und zu wenig kritisch dargestellt. Außer ein paar wenig interessanten Punkten, ist nicht viel Neues dabei.

Bewertung vom 14.09.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


ausgezeichnet

Ein Jahr, ein Leben - fesselnd und bewegend erzählt

In „Die Mauersegler“ von Fernando Aramburo führt der Ich-Erzähler Toni die Leser*innen Monat für Monat durch das letzte Jahr seines Lebens. Der Grund hierfür ist das Toni, 54-jähriger Philosophielehrer, beschlossen hat, am 31. Juli 2019 sein Leben zu beenden. Auf über 800 fesselnd geschriebenen Seiten wird jeden der 365 Tage bis zu seinem geplanten Suizid ein Kapitel gewidmet, die entweder von seinem gegenwärtigen oder vergangenen Lebensereignissen berichten. Die Erzählform des Romans erinnert dabei an ein Tagebuch, in dem Toni über seine Kindheit, seinen Beruf als Lehrer, die Beziehung zu seinen Eltern und seinen Bruder Raulito, sein Liebesleben, seinen Freund Humpel, seinen Hund Pepa, seine gescheiterte Ehe mit Amalia, seinen Sohn Nikita und seine jetzt demente Mutter reflektiert.

Mit einem klaren und direkten Schreibstil zeichnet der Autor ein berührendes, realistisches und teils wenig sympathisches Bild von Toni und seinen Ansichten, seinen Handlungen und den Beziehungen, die er zu den ihm Nahestehenden Personen unterhält, die einen tieferen Einblick in seine Persönlichkeit geben und seine Gründe für seine Entscheidung liefern, ohne dabei darüber zu urteilen. Letztendlich sind Tonis philosophische und teils auch sehr körperlich betonte Reflexionen über sein Leben Spiegelbild eines Menschen, der das Leben aufgegeben hat, der sich nicht mehr um die öffentliche Meinung schert und der es sich leisten kann, zu sagen, was er denkt und tut.
Auch wenn es eine lange Reise ist, die man Toni auf seinen vermeintlichen letzten Tagen begleitet, bei der nicht jeder Abschnitt gleich interessant ist, so kann man trotzdem nicht aufhören zu lesen und taucht gerne in das Leben von Toni ein.

Das Buch wird nicht jeden ansprechen, die Länge des Romans, der realistische Schreibstil, das Thema und der teils zynische und leicht obszöne Inhalt werden auf manchen schon auf den ersten Seiten abschreckend wirken aber diejenigen, die sich auf die Geschichte einlassen, werden mit einem ausdrucksstarken, tiefgehenden und bewegenden Roman belohnt, der einem auch nach dem Lesen der mehr als 800 Seiten nicht so schnell loslässt.

Bewertung vom 10.09.2022
Die Buchhändlerin von Paris
Maher, Kerri

Die Buchhändlerin von Paris


weniger gut

Spannungsarmer und detailverliebter Roman über Sylvia Beach

„Die Buchhändlerin von Paris“ von Kerri Maher liest sich eher wie eine ausführliche Biografie anstatt als ein historischen Romanes über Sylvia Beach und ihrer englischsprachigen Pariser Buchhandlung "Shakespeare and Company", in der viele bekannte Schriftsteller und Denker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie z. B. Joyce oder Hemingway.
Berühmt wurde Sylvia durch die Veröffentlichung von James Joyces Ulysses, als niemand sonst es veröffentlichen wollte. In Amerika wurde das Buch als pornografisch eingestuft, wodurch es dort weder veröffentlicht noch verkauft werden konnte. Weiteres Thema ist ihre Beziehung zu Adrienne Monnier, ebenfalls Inhaberin einer Buchhandlung in Paris und wie Sylvia, eine Förderin amerikanischer, französischer und britischer Schriftsteller.

Der Roman ist gut recherchiert und lässt sich auch leicht lesen, aber inhaltlich fokussiert er sich meiner Meinung nach zu sehr auf die Veröffentlichung von Ulysses und Sylvias Kampf diesen zu veröffentlichen. Als Folge dessen blieb die Charakterzeichnung abgesehen von Sylvia ziemlich schwach, so hatte ich mir z. B. einen tieferen Einblick in ihre Beziehung mit Adrienne Monnier gewünscht. Auch der eher nüchterne Schreibstil führt dazu, dass man wenig emotionale Nähe zur Handlung und den Charakteren aufbaut, worunter die Spannung des Romans deutlich leidet. Zudem nahm mit fortschreitender Seitenzahl Sylvias Besessenheit mit Joyce und Ulysses mir regelrecht die Lust am Weiterlesen.

Folglich konnte „Die Buchhändlerin von Paris“ mich nicht wirklich begeistern, nach Lesen des Klappentextes hatte ich mir einen spannenderen Roman über Sylvia Beach vorgestellt. Die Liebesbeziehung zu einer Frau, ihre Leidenschaft für Literatur und ihr Kampf Ulysses veröffentlichen zu können, hatten als Themen an sich auf jeden Fall das Potenzial dazu. Doch die Umsetzung konnte dem nicht gerecht werden. Ein zu sachlicher und wenig emotionaler Schreibstil gepaart mit zu vielen Details in Bezug auf Joyce als Person und sein Werk machen es zu einer interessanten Biografie über Sylvia Beach aber auch nicht mehr.

Bewertung vom 10.09.2022
Das siebte Mädchen
Willingham, Stacy

Das siebte Mädchen


gut

Wenn die Vergangenheit dich einholt - stimmungsvoll aber mit inhaltlichen Schwächen

Was mein Interesse an „Das siebte Mädchen“ von Stacy Willingham gleich als Erstes geweckt hat, war, das die Geschichte aus der Sicht der Tochter eines Mörders erzählt wird, was ich so bis jetzt noch nicht gelesen habe.

Als Chloe zwölf Jahre alt war, verschwanden in ihrer Heimatstadt sechs Mädchen im Teenageralter, eines nach dem anderen. Der Albtraum endete schließlich, als ihr eigener Vater die Morde gestand und damit ihre Kindheit zerstörte und ihre Familie in Trümmern zurückließ. Jetzt, 20 Jahre später, werden wieder Mädchen vermisst. Und Chloe wird das Gefühl nicht los, dass es eine Verbindung zwischen den aktuellen Ereignissen und den Geschehnissen vor 20 Jahren gibt. Chloe leidet immer noch unter den Nachwirkungen ihrer Kindheit, so ist ihr Leben sehr von Angst geprägt, was sich auch in der düsteren und teils beklemmenden Stimmung im Thriller widerspiegelt.

Die Idee war gut, doch leider konnte die Umsetzung mich nicht vollständig überzeugen. Zum einen nahm der Thriller erst zum Ende hin richtig an Fahrt auf. So verbringt man anfangs viel Zeit in Chloes Kopf, wird Zeuge ihrer Ängste und paranoiden Gedanken und wie sie versucht, diese mithilfe von Alkohol und verschreibungspflichtigen Medikamenten Herr zu werden und wie sie beim Versuch mehr darüber zu erfahren, was vor 20 Jahren passiert, ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts oder nur wenig angehen. Zum anderen war mir ziemlich schnell klar, wer für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich war.

Wenn man seine Erwartungen nicht zu hoch setzt, kann man mit dem Thriller dennoch gute Lesestunden verbringen. Die Handlung wartet mit ein paar Überraschungen und Spannung besonders zum Ende hin auf, sodass sich zusammen mit dem atmosphärischen Schreibstil das Buch angenehm und schnell liest.

Bewertung vom 10.09.2022
Die Vergessene
Slaughter, Karin

Die Vergessene


gut

Langatmiger Blick in die Vergangenheit

Karin Slaughters neuer Thriller „Die Vergessene“ ist der zweite Teil der Andrea-Oliver-Serie, in dem es hauptsächlich darum geht, herauszufinden, wer die schwanger Emily Vaughn getötet hat. Erzählt in zwei Handlungssträngen folgt man Emily in den 1980er-Jahren und Andrea Oliver in der Gegenwart.

Emily war die Tochter der Bundesrichterin in Longbill Beach, die jetzt Morddrohungen erhält und die gemeinsam mit ihrem Mann nun von Andrea und ihrem neuen Partner Leonard Bible beschützt wird. Doch zusätzlich zu ihrem eigentlichen Auftrag als US-Marshalin, ermittelt Andrea heimlich im Mordfall Emily, der nie aufgeklärt wurde, auch aus persönlichen Gründen. Denn ihr Vater Clayton Marrow, der wegen mehrerer Verbrechen im Gefängnis sitzt, könnte mit dem Mord an Emily etwas zu tun haben.

Leider muss ich sagen, dass der Thriller mich nicht so sehr fesseln konnte, wie ich mir erhofft habe. Er ist zwar gut geschrieben, wie man es von der Autorin gewohnt ist, aber ich habe eine Weile gebraucht, um in dieses Buch hineinzukommen.
Emilys Geschichte beginnt zwar mit einem Paukenschlag, aber danach plätschert sie vor sich hin. Ebenso ist das Tempo für einen Thriller vergleichsweise langsam, der Wechsel zwischen den zwei Zeitebenen trug anfangs auch nicht dazu bei, den Spannungsbogen kontant hochzuhalten. Als die Handlungsstränge ab etwa der Hälfte des Buches begannen, sich miteinander zu verbinden, nahm dann endlich die Geschichte an Fahrt auf, was für einen Thriller mit fast 600 Seiten Länge meiner Meinung nach aber etwas spät ist. Auch wenn die Handlung zum Ende hin spannender wurde und zusätzlich noch ein paar Wendungen eingebaut wurden und Emilys Fall gelöst wurde, blieben jedoch für mich noch ein paar Fragen unbeantwortet.

Insgesamt ein eher unbefriedigendes Leseerlebnis für mich, da ist man besseres von Slaughter gewohnt.

Bewertung vom 07.09.2022
People Person
Carty-Williams, Candice

People Person


gut

Chaotisches Buch über eine chaotische Familie

Cyril Pennington hat fünf Kinder (von, denen er weiß) von vier verschiedenen Frauen, aber er hat nie eine aktive Rolle in ihrem Leben gespielt. Eines Tages beschließt er, dass es seine Pflicht ist, sie einander vorzustellen. Er besucht sie bei ihnen Zuhause und holt die fünf Kinder ab, geht mit ihnen Eis essen, setzt sie wieder ab und sie hören nie wieder etwas von ihm. Bevor die Geschwister abreisen, sagt die älteste Nikisha ihnen, dass sie sich, auch wenn sie sich nicht nahe stehen, in allen Angelegenheiten an sie wenden können, weil sie blutsverwandt sind. 10 Jahre später klingelt Nikishas Telefon, und es ist ihre Halbschwester, Dimple, die auf ihr Hilfsangebot eingeht ... Nikisha ruft daraufhin die anderen drei Geschwister an, um Dimple zu helfen und die Hilfe, die sie benötigt, hat es in sich und wird ihr ganzes Leben verändern.

Die Geschichte der fünf Halbgeschwister, die sich durch ungewöhnliche Umstände kennenlernen, wird auf ziemlich unterhaltsame Weise erzählt, verfolgt dabei aber keiner geradlinigen Erzählung. Es fühlt sich beim Lesen ziemlich anekdotisch an. Hat man am Anfang noch das Gefühl, eine konkrete Handlung zu verfolgen, geht dieses Gefühl ab der Hälfte des Buches verloren. Stattdessen steht Dimple im Mittelpunkt sowie ihre gemeinsame Zeit mit ihren Halbgeschwistern anstatt des außergewöhnlichen Ereignisses, das sie alle nach 10 Jahren erneut zusammengebracht hat. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn der Fokus daraufgelegt worden wäre und nicht so sehr auf Dimple, da sie als Charakter für mich nicht wirklich interessant war. Auch hätte ich gern mehr über die anderen Geschwister und Cyril erfahren.

Gut gefallen hat mir, wie die Autorin das Thema Familie behandelt hat, was es bedeutet, eine Familie zu sein und dazuzugehören. Wie sich das Fehlen eines Vaters im Leben eines Kindes darauf auswirkt, wie es die Welt sieht und wie es schwierige Situationen meistert. Ebenso konnte man gut sehen, wie alle fünf unterschiedlich mit dem abwesenden Vater in ihrer Kindheit umgegangen sind.

Leider konnte mich jedoch „People Person“ von Candice Carty-Williams nicht wirklich begeistern. Trotz der tollen Idee des Buches fiel die Umsetzung ziemlich oberflächlich und insgesamt schwach aus. Die Charaktere, ihr Handeln und vor allem die Handlung an sich waren mir teilweise zu unglaubwürdig und unrealistisch, angefangen mit dem Grund, wieso die Halbgeschwister erneut zusammenkommen und wie sie das Problem dann versuchen zu lösen.

Bewertung vom 07.09.2022
Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1
Yokomizo, Seishi

Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1


sehr gut

Klassischer Kriminalroman über einem Mord in einem verschlossenen Raum

3.5/5

„Die rätselhaften Honjin-Morde“ spielt 1937 in einem ländlichen japanischen Dorf namens Okamura, wo nach der Hochzeit des ältesten Sohnes der wohlhabenden Familie Ichiyanagi ein grausamer Mord geschieht. In der Hochzeitsnacht hört die Familie schreckliche Schreie aus dem Schlafzimmer des frisch vermählten Paares. Kurz darauf wird das Brautpaar ermordet aufgefunden. Das Mysteriöse daran ist, dass die Tür und die Fenster des Schlafzimmers verschlossen waren und somit der Mord in einem geschlossenen Raum stattgefunden hat.
Warum musste das Brautpaar sterben? War der ominöse Mann mit drei Fingern, der durch das Dorf streifte und der von den Dorfbewohnern gesehen wurde, der Mörder? Und was hat es mit der mysteriösen Koto-Musik auf sich, die man in der Nacht vernehmen konnte? Um den Fall zu lösen, bittet der trauernde Onkel der ermordeten Braut den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi um Hilfe.

Bei „Die rätselhaften Honjin-Morde“ handelt es sich um einen klassischen Kriminalroman über einen Mord in einem verschlossenen Raum. Es ist der erste Teil einer Serie, in der der junge, zerzauste und stotternde Detektiv Kosuke Kindaichi die Hauptrolle spielt.

Was mir gut gefallen hat, war der flüssige und kurzweilige Schreibstil, die Anspielungen auf klassische Kriminalautoren wie Agathe Christie, die ebenfalls Krimis über Mordfälle in verschlossenen Räumen geschrieben haben und der Einblick in die japanische Kultur.
Als Fan klassischer Detektivgeschichten und Kriminalromane sprach mich auch die Wahl der Erzählperspektive an. Wer hierbei jedoch einen spannenden und wendungsreichen Krimi erwartet, wird eher enttäuscht sein, geht es doch mehr um das Wie und weniger um das Wer und Warum. Dadurch das ein namenloser Erzähler die Ereignisse Jahre nach dem Fall rekonstruiert und sich auf das stützt, was ihm von Personen aus dem Umfeld des Verbrechens berichtet wurde, fehlt der es der Geschichte an Dringlichkeit, vieles wird schon ziemlich früh angedeutet, und die Handlung an sich ist ziemlich Meta-lastig.

Alles in allem ein gut konstruierter Krimi, der ohne unnötige Beschreibungen auskommt und mit einer guten Charakterzeichnung aufwartet. Für Fans klassischer Detektivgeschichten zu empfehlen.

Bewertung vom 04.09.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


sehr gut

Fesselndes Buch über Tennis und Frauen in der Sportwelt

Wir schreiben das Jahr 1994 und Carrie Soto, eine der größten Tennisspielerin aller Zeiten, muss mit ansehen, wie ihr Rekord von der sehr talentierten Nikki Chan bei den US-Open gebrochen wird. Daraufhin beschließt Carrie, mit 37 Jahren ihren Ruhestand als Tennisspielerin aufzugeben, um ihren Rekord zurückzuerobern, und zwar mit ihrem Vater an ihrer Seite. Als ihr Trainer hat ihr Vater sie immer dazu gedrängt, das Beste aus sich herauszuholen, und Carrie hat diese Einstellung ihr ganzes Leben lang mit sich herumgetragen: Sie muss die Größte sein und darf nicht versagen. Deshalb nennen die Medien sie auch die "Kampfmaschine“. Carrie will sich und allen beweisen, dass sie es noch draufhat, aber um in der Rangliste aufzusteigen und Titel zu gewinnen, muss sie sich deutlich verbessern. Dafür braucht sie die Hilfe von Bowe Huntley, der als Tennisspieler auch noch letzte Erfolge erzielen will, bevor er aufgibt. Bald geht es nicht nur um Titel und Rekorde, sondern um viel mehr für Carrie.

Taylor Jenkins Reid hat mit „Carrie Soto is Back“ eine eindrucksvolle und kurzweilige Geschichte über Tennis, Ehrgeiz und Tatkraft geschrieben, in der es auch darum geht, was es bedeutet, eine Frau zu sein, die alles will, während die ganze Welt ihr dabei zusieht. Carrie ist eigen, abgehärtet und manchmal auch ziemlich egoistisch. Zusammen mit ihrem eisernen Willen und unbarmherzigen Ehrgeiz hat sie sich so nicht nur Freunde beim Publikum und in den Medien gemacht. Doch genau diese Charaktereigenschaften sowie ihre Hingabe an den Tennissport und an die, die sie liebt, machen sie insgesamt zu einer faszinierenden Persönlichkeit, der man gerne folgt und der man beim Lesen die Daumen drückt, als handelte es sich um ein echtes Tennismatch.

Wenn man sich an die Tennisbegriffe und dem eingestreuten Spanisch gewöhnt hat, fliegt man dann sehr schnell nur so durch die Seiten und folgt gebannt Carrie auf und abseits des Tennisplatzes. Besonders die kurzen Kapitel, die eingestreuten Zeitungsartikel und Spielkommentare sorgen für schnelles und unterhaltsames Lesen. Obwohl das Buch über Tennis handelt, muss man hierbei kein Tennisfan sein, um das Buch genießen zu können. Auch hat das Buch eine gewisse Tiefe. Die Charaktere sind gut gezeichnet und Carries Beziehungen, Gefühle und Charaktereigenschaften sowie das Thema Frauen im Sport werden gut durchleuchtet und beschrieben und machen das Buch insgesamt lesenswert.

Wer auf der Suche nach einem fesselnden, leicht zu lesenden und unterhaltsamen Buch mit Tiefe ist, macht mit „Carrie Soto is Back“ nichts falsch.

Bewertung vom 01.09.2022
Wer mit den Toten spricht / Raven & Flyte ermitteln Bd.2
Turner, A. K.

Wer mit den Toten spricht / Raven & Flyte ermitteln Bd.2


gut

Cassie überzeugt, die Handlung eher nicht

3.5/5

Cassie hatte immer geglaubt, dass ihre Eltern bei einem tragischen Autounfall ums Leben kamen. Wie sich herausstellte, saß ihr Vater über ein Jahrzehnt im Gefängnis, weil er ihre Mutter in einem betrunkenen Wutanfall zu Tode geprügelt hatte. Erst nach einem Schlaganfall enthüllte ihre Großmutter der erwachsenen Cassie schließlich die Wahrheit. Sie hat gute Erinnerungen an ihre Eltern. Vor allem an ihren Vater. Deshalb ist die wahre Geschichte hinter dem Tod ihrer Mutter und der Inhaftierung ihres Vaters ein großer Schock für sie und löst sehr gemischte Gefühle bei ihr aus. Und in all der Zeit, seit ihr Vater entlassen wurde, hat er sich nie bei ihr gemeldet. Bis jetzt. Er hat immer seine Unschuld beteuert. Aber jetzt liegt es an Cassie, ob sie auf ihn hören will oder nicht.

Die Prämisse des Thrillers klang vielversprechend, doch leider konnte mich das Buch nicht restlos begeistern. Die Stärke des Buches sind auf jeden Fall der gute und eingängige Schreibstil, man fliegt förmlich durch die Seiten sowie die gut gezeichneten Charaktere, besonders die Protagonistin Cassie gefiel mir gut. Obwohl sie in keiner Weise typisch ist, ist sie durch ihre Freundlichkeit und ihren Respekt vor den Toten wirklich liebenswert. Mir gefällt auch die Tatsache, dass sie die Gedanken der Toten hören kann, auch wenn ich beim Lesen das Gefühl hatte, dass das Potenzial hier nicht vollständig ausgeschöpft wird. Positiv ist auch die Liebe zum Detail bei Beschreibung von Cassies Arbeit in der Gerichtsmedizin anzumerken. Die Fülle anschaulicher Leichenbeschreibungen und anatomischer Details zeugt von der umfassenden Recherche der Autorin.

Probleme habe ich vor allem mit der Handlung. Zu Beginn kommt nur wenig Spannung auf und die Geschichte zieht sich etwas, auch wird viel Nebensächliches zu ausführlich behandelt, was dann aber immerhin zum Schluss besser wird. Außerdem gibt es inhaltlich einige Stellen, bei denen ich beim Lesen mit den Augen rollen musste, da durch sie meiner Meinung nach die Geschichte nur unnötig dramatisiert wird, wodurch ihr etwas von ihrer Glaubwürdigkeit genommen wird. Auch konnte ich nie wirklich eine emotionale Nähe zu den Charakteren aufbauen.

Insgesamt ist „Wer mit den Toten spricht“ ein kurzweiliger Thriller mit einer außergewöhnlichen Protagonistin und interessanter Prämisse, jedoch inhaltlich etwas langatmig und teils mit Schwächen.
Da dieses Buch so viel mit Cassies Familie zu tun hat, funktioniert es auch gut als Standalone und es ist einfach als Neuling in die Serie und in das Buch einzutauchen.