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Benutzername: 
SusanK
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 218 Bewertungen
Bewertung vom 17.07.2022
Wenn das Meer spricht (eBook, ePUB)
F. Ingersson, Peter

Wenn das Meer spricht (eBook, ePUB)


sehr gut

Als der pensionierte Kapitän Jonny Naragossa die Journalistin Flanka um Unterschlupf bittet, weil sein Leben von einem Fluch bedroht sei, glaubt Flanka an Seemansgarn, doch schon bald gibt es einen Toten. Flanka und der Kapitän beginnen, gemeinsam mit Flankas bestem Freund Sokrates, zu ermitteln und stoßen bald auf die Nachfahren von Klaus Störtebeker und Somalische Piraten ....

Was zunächst wie ein Mysterie-Thriller beginnt, entwickelt sich bald zu einem spannenden Krimi mit einem durchaus aktuellen Thema: Den vor Somalia operierenden Piraten. Gerade auch die Sicht von eigentlich unschuldigen jungen Männern, die aus Not von skrupellosen Drahtziehern zu Terroraktionen missbraucht werden, hat mich sehr berührt. Peter F. Ingersson versteht es, ein wichtiges Thema, was schnell aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwand, auf spannende und menschliche Weise in eine spannende Geschichte einzubauen und verschiedene Genre zu verschmelzen.

Auf humorvolle Weise und immer wieder durch (mindestens) ein Schmunzeln unterbrochen, begleiten wir die drei Protagonisten bei ihren spannenden Ermittlungen durch halb Europa; nicht nur durch die dänische Journalistin Flanka, den deutschen Kapitän genannt "Rosi" und den griechischen Freund Sokrates ist die Reise international.

Die skurrilen Figuren haben alle ihre Ecken und Kanten und nicht nur Kapitän Naragossa, bei dem man nie ganz weiß, ob er Seemannsgarn spinnt oder bei der Wahrheit bleibt, sorgt für einige überraschende Wendungen, bis es zum großen Showdown am Ende und einem befriedigenden Happy End kommt. Die toughe Dänin, den weitgereisten Kapitän mit einer traurigen Vergangenheit und den kiffenden patenten Griechen musste man einfach mögen - nicht nur, wenn es um die weltbeste Fischsuppe geht. ;) Nicht zu vergessen ist auch der völlig von sich eingenommene Chefredakteur Flankas, der trotz seines klischeehaften Verhaltens für manches Augenverdrehen sorgte, aber die Ermittlungen immer unterstützte.

Mir hat dieser "Salzwasser-Krimi" der besonderen Art viel Vergnügen bereitet und ich vergebe 4,5 Sterne. Den Namen Peter F. Ingersson muss man sich merken!

Bewertung vom 04.07.2022
Wie man sich einen Lord angelt
Irwin, Sophie

Wie man sich einen Lord angelt


gut

Kittys verstorbene Eltern haben ihr einen Haufen Schulden, ein marodes Haus auf dem Land und die Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister hinterlassen. Die einzige Möglichkeit, ihre Familie zu retten, sieht Kitty darin, reich zu heiraten. So zieht sie vorübergehend zu einer alten Freundin ihrer Mutter nach London, um hier unter Zeitnot einen Heiratsantrag zu erlangen, wobei sie ihr Glück hinter das ihrer Schwestern stellt ....

Im Stil von Bridgerton und Jane Austen erzählt Sophie Irwin die Geschichte der findigen Kitty, die möglichst schnell einen vermögenden Ehemann fangen muss. Und auch, wenn Irwin hier mit der Qualität einer Jane Austen nicht mithalten muss, so ist ihr ein durchaus unterhaltsamer und vor allem amüsanter Roman aus der Feder geflossen.

Ohne den Anspruch auf geschichtliche Korrektheit, fühlt man sich beim Lesen zurückversetzt in die Zeit der großen Bälle, des Standesdünkels des Adels und der Heiratsplanungen zu Gunsten der Beteiligten. Die spritzigen Dialoge, der SArkasmus und die geschilderten Probleme auf der Männerjagd sorgen für eine gute Unterhaltung und machen einfach Spaß.

Die Hauptfigur Kitty ist eine eher moderne selbstbewusste Frau, die nicht so recht in ihre Zeit passt, aber ich konnte mich schnell mit ihren Gedanken, Hoffnungen und Wünschen anfreunden und fieberte bei ihrer Suche nach dem willigen Heiratskandidaten mit. Die weiteren Figuren blieben überwiegend eindimensional in ihrer Rolle.

Spannung erhielt die Geschichte durch die Frage, ob es Kitty gelingen würde, rechtzeitig den Heiratsantrag und damit das nötige Kapital zu erhalten oder ob ihre Hochstapelei vorher aufgedeckt würde. Das Ende war, dem Genre geschuldet, recht vorhersehbar, aber dennoch zufriedenstellend. Und auf dem Weg dorthin gibt es doch einige überraschende Wendungen.

"Wie man sich einen Lord angelt" ist eine schöne leichte Unterhaltungslektüre für zwischendurch und macht einfach Spaß.

Bewertung vom 04.07.2022
Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7
Paulin, Claire

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7


ausgezeichnet

Blanche Hoschedé wächst behütet in vermögenden Verhältnissen in Montgeron auf; ihr Vater ist Kunstsammler und Förderer des jungen Claude Monets. Doch der Mäzen geht bankrott und Madame Hoschedé zieht mit allen Kindern zur Familie Monet. Während Blanche den innovativen Künstler beobachtet und selbst anfängt zu malen, zieht sich eine Reihe von Schicksalsschlägen durch das Leben aller....

"Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen" ist mittlerweile schon der sechste Band aus der Serie Ikonen ihrer Zeit / Starke Frauen der Geschichte.

Claire Paulin hat umfangreich recherchiert und gibt ihren Leser*Innen ein genaues und farbenprächtiges Bild der zumeist unbekannten Künstlerin Blanche Hoschedé, der späteren Schwiegertochter des großen Künstlers Claude Monet; doch auch der berühmte Impressionist Claude Monet spielt eine entscheidende Rolle in Blanches Leben und in diesem autobiografischen Roman.
Im Nachwort grenzt die Autorin sauber Fiktion und Wirklichkeit voneinander ab, was mir sehr gut gefällt; ebenso ist das Schaubild der Familie und ihrer Verflechtungen am Ende sehr hilfreich, das ich einige Male zu Rate zog.

Ich muss zugeben, dass mir die Künstlerin Blanche Hoschedé, die ihre Werke auch tatsächlich nur mit ihrem Mädchennamen signierte, bisher gänzlich unbekannt war und ich habe mit großem Interesse ihre wechselhafte Lebensgeschichte verfolgt. Was für eine unglaublich starke Frau, die Unmenschliches zu leisten hatte! Aber auch über den von mir sehr geschätzten Claude habe ich viel Neues erfahren und so einiges gelernt aus den vorliegenden 400 Seiten.

DIe Autorin schreibt mit leichter Hand und entwirft ein höchst lesenswertes Porträt, das getragen wird von den vielen Bildern, deren Entstehung nicht nur beschrieben werden, sondern die dem Leser auch im Kopf entstehen. Nicht nur der Garten Monets in Giverny mit seinen riesigen Seerosenteichen und der neu entwickelte Impressionismus mit seiner Kunst, das Licht einzufangen, wird wunderschön beschrieben.
Doch neben der Kunst spielen auch die widrigen Umstände eine große Rolle und Claire Paulin entwirft ein genaues Bild der Zeit und der Gesellschaft in den Jahren von 1876 bis 1946, wobei leider auch die Zeitsprünge immer größer werden. Paulin konzentriert sich in diesem autobiografischen Roman eben auf die wichtigen Ereignisse für die Personen!

Insgesamt hat mich dieser Roman ungemein gefesselt und ich habe begierig Kapitel um Kapitel gelesen.

Nicht nur, weil ich Romane über starke Frauen liebe, bin ich begeistert von diesem Buch, für das ich fünf Sterne vergebe. Ich freue mich sehr, die bemerkenswerte Blanche entdeckt zu haben und möchte nun auch die weiteren Romane der Serie "Ikonen ihrer Zeit" lesen! Auch hoffe ich auf weitere Bücher der Autorin Claire Paulin, deren wunderbarer Schreibstil mir sehr gefallen hat.

Bewertung vom 16.06.2022
Schatten über Saint-Tropez / Conny von Klarg Bd.1
Vöhringer, Sabine

Schatten über Saint-Tropez / Conny von Klarg Bd.1


sehr gut

Die Journalistin Conny von Klarg hat eine neue Stelle bei einem Reisemagazin angetreten und ihr erster Auftrag führt sie ins mondäne Saint-Tropez, wo sie über das illustre Hotel ihrer mütterlichen Freundin Simonette Bandelieu schreiben möchte. Doch statt Pastis und Südfrankreichflair erwarten sie eine unter Mordanklage stehende und inhaftierte Simonette, schweigende Vertraute und viele Geheimnisse....

Nach ihrer erfolgreichen und sehr lesenswerten Reihe um den Kriminalisten Tom Perlinger, der mit seinem Team unterwegs auf den schönsten Plätzen und in den geheimsten Ecken Münchens ist, startet die Autorin Sabine Vöhringer nun eine neue Reihe, die ihre Leser zusammen mit der Reise-Journalistin ins mondäne Südfrankreich führt; "Schatten über Saint-Tropez" ist der Auftaktband hierzu.

Im Mittelpunkt steht nun natürlich der exklusive Ort Saint-Tropez und die stimmungsvollen Ortsbeschreibungen und zahlreichen französischen Ausdrücke schicken den Leser auf eine gedankliche Urlaubsreise nach Südfrankreich.

Sabine Vöhringer lässt ihre Protagonistin Conny eine große Anzahl an Puzzlestückchen sammeln, die lange Zeit scheinbar überhaupt nicht zusammenzupassen scheinen und nur durch die Frage um das große Geheimnis Simonettes zusammengehalten werden. Erst im letzten Drittel steigt die Spannung rasant, bevor alle offenen Fragen schlüssig und befriedigend aufgeklärt werden. Selten hatte ich so spät erst eine Idee, wie sich das Rätsel lösen könnte.

Die Figuren um Conny von Klarg sind geheimnisvoll und nicht besonders sympathisch geschildert, was den Vermutungen Vorschub leistet.
Die Themen reichen von Mord über Kunstraub, Drogen, und Vergewaltigung bis hin zu düsteren Familiengeheimnissen.

Alles in allem ist Sabine Vöhringer ein durchaus außergewöhnlicher Krimi gelungen, der seinen Leser*Innen einiges abverlangt. Ich bin gespannt auf die nächsten Erlebnisse der Journalistin in Südfrankreich.

Bewertung vom 06.06.2022
Der Strom des Lebens
Dorra, Simone;Zellner, Ingrid

Der Strom des Lebens


ausgezeichnet

Vikram Sandeep hat die Leitung seines Waisenhauses, dem "Haus des Friedens" in die Hände eines seiner Zöglinge gelegt und möchte nun seinen Lebensabend zusammen mit seiner Familie und seinem Nenn-Bruder Raja Sharma genießen, doch das Leben im krisengeschüttelten Kashmir lassen die Familie nicht zur Ruhe kommen ....

Mit der "Der Strom des Lebens" , dem siebten und finalen Band findet die Kashmir-Saga um zwei befreundete Familien und ein außergewöhnliches Waisenhaus, das "Haus des Friedens" seinen krönenden Abschluss. Der Satz "Der Fluss setzte seinen Weg zum Meer fort, ob das Rad der Mühle gebrochen ist oder nicht.." gibt eigentlich auch die Essenz dieser bemerkenswerte Reihe wieder, in dem der Strom des Lebens von keinem Ereignis, sei es noch so schön oder furchtbar, unterbrochen wird - es geht immer weiter!

Da auch dieser Band anfangs wieder eine geschickte kurze Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse in die aktuelle Handlung beinhaltet und es ein umfassendes Personenverzeichnis am Ende gibt, können auch Neueinstieger in die Serie mit diesem siebten Band der Saga etwas anfangen, doch sie verpassen die wunderbaren Geschichten aus den vorherigen Bänden.

Der flüssige Schreibstil und die hoch emotionale Geschichte zieht die Leser*Innen in ihren Bann und so sind die knapp 600 Seiten eines ungewöhnlichen Formates auch schneller gelesen, als einem lieb sein kann! Auch dieser Band strotzt nur wieder von Schönem: Liebe, Beziehungen, Freundschaften, Vertrauen und Zusammenhalt, aber auch Grausamen: Terror und Tod, Korruption und Hinterhältigkeit in der Region des Himalyas, die vor allem durch ihre Vielfältigkeit und Schönheit und leider auch Unruhen ausgezeichnet ist. Die beiden Autorinnen Simone Dorra und Ingrid Zellner scheuen sich nicht, die Probleme Kashmirs und ihre Auswirkungen auf die Bewohner zu benennen und so ist natürlich manches Drama vorprogrammiert. Trotz allem gelingt es ihnen, dabei nie ins Kitschige abzugleiten und die großen Bollywood-Schinken begegnen uns Lesern nur in den Filmen und Liedern, die die Waisenhaus-Bewohner zitieren. Die zahlreich verwendeten Bezeichnungen in den verschiedenen in Kashmir genutzten Sprachen sind in einem Anhang erklärt, so dass einiges Blättern erforderlich ist.

Im Roman wechseln sich hochspannende Passagen mit eher ruhigen, aber sehr informativen und anschaulich beschriebenen Ereignissen ab und ich bin immer wieder aufs Neue überrascht, wie die einzelnen Dramen ihre Auflösung finden - authentisch, leider nicht immer positiv.

Besonders berührt hat mich diesmal die Beschreibung der Frauenschicksale in Indien, die oftmals ausschließlich zur Produktion eines männlichen Erbens benutzt werden und unter furchtbaren Bedingungen nicht selten in den Selbstmord getrieben werden.

Die mehrdimensional angelegten Figuren lösen in den Leser*innen starke Emotionen aus und schnell hat man das Gefühl, alle persönlich zu kennen, entwickelt Vorlieben und Abneigungen. Und immer liegen Freud und Leid dicht beieinander.

Ich kann einfach nur fünf Sterne vergeben und empfehle jede*r Leser*In , sich einfach die gesamte Kashmir-Saga zu gönnen. Und ich hoffe darauf, dass dieses tolle Autorinnen Duo uns bald wieder mit einer neuen Geschichte aus fremden Landen überrascht!

Bewertung vom 06.06.2022
Der Plan - Zwei Frauen. Ein Ziel. Ein gefährliches Spiel.
Clark, Julie

Der Plan - Zwei Frauen. Ein Ziel. Ein gefährliches Spiel.


ausgezeichnet

Nachdem Megs Mutter die Villa, die sich seit Generationen im Familienbesitz befand, an einen widerlichen Betrüger verloren hat, muss Meg ums Überleben kämpfen. Durch einen Zufall erkennt sie, dass sie dabei auch Rache an den Männern ausüben kann, die arglose Frauen ausbeuten und ausnehmen - und schließlich nimmt sie denjenigen ins Visier, der ihr Leben so entscheidend beeinflusst hat. Doch dann tritt Kat in ihr Leben, die Meg für das Drama in ihrem Leben verantwortlich macht. Die Journalistin plant eine Enthüllungsstory über Megs Betrügereien - und gerät selbst in Schwierigkeiten...

Nach ihrem großartigen Debütroman legt die US-Amerikanerin Julie Clark nun ihren zweiten Spannungsroman vor, der meiner Meinung nach locker an ihr erstes Werk heranreicht!

Die Geschichte wird abswechselnd erzählt aus der Sicht der beiden Frauen Meg und Kat - und der Leser kann sich gut in ihre jeweiligen Gefühlswelten einfinden. Dabei sind beide Frauen vielseitig und durchaus authentisch ausgearbeitet, so dass es mir leicht fiel, mich mit ihnen und ihren Handlungen anzufreunden.

Durch die lebendige Schreibweise fühlte ich mich tief in die Handlung hineingezogen und konnte nicht mehr aufhören zu lesen, so dass das Buch zu einem waren Page-Turner für mich wurde.
Auch, wenn quasi von Beginn an alles auf den großen Plan hinauslief und eigentlich eindeutig war, wer hinters Licht geführt werden soll und warum, war die Handlung zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar oder langatmig. Darüber hinaus war der große Showdown durchaus amüsant und überaus befriedigend, da nur die "Bösen" ihr Fett weg bekamen. ;)

Auf unterhaltsame Weise zeigt Julie Clark in "Der Plan" aber auch auf, wie leicht wir Menschen zu betrügen sind und welche Rolle die sozialen Medien dabei spielen - und zeigt somit auch einen gewissen Lerneffekt!

Insgesamt hat mir dieser Thriller über zwei starke Frauen, die sich gegen die Intrigen der Männerwelt - wenn auch nach einigen Umwegen - zu behaupten wissen, viel Vergnügen bereitet.

In meinen Augen ein großartiges Buch, für das ich volle fünf Sterne vergebe!

Bewertung vom 31.05.2022
Die Sammlerin der verlorenen Wörter
Williams, Pip

Die Sammlerin der verlorenen Wörter


ausgezeichnet

34 Jahre arbeitete der schottische Gelehrte James Murray im 19. und frühen 20. Jahrhundert an einem Wörterbuch, das auch heute noch alle Welt kennt: am Oxford English Dictionary. Bei ihm angestellt ist Esmes Vater, der seine kleine Tochter ohne Mutter aufziehen muss und sie deshalb stets mit in die Gartenlaube nimmt, wo er als Lexikograph Zitate überprüft. Während es zunächst die heruntergefallenen Belegzettel sind, die ihr Interesse wecken, sammelt Esme bald Wörter in einem großen Koffer, die von den gebildeten Männern nicht aufgenommen werden und stellt fest, dass es insbesondere "Frauen-Wörter" sind. Viele Wörter sammelt sie auch auf dem Markt, den sie immer öfter mit dem Dienstmädchen Lizzie zusammen besucht - und hier trifft sie auch auf Frauen, die sich Emmeline Pankhurst angeschlossen haben, um für das Wahlrecht der Frauen zu kämpfen, die Suffragetten.....

Ihre Recherchen in den Archiven des Oxford English Dictionarys inspirierten die australische Sozialwissenschaftlerin Pip Williams zu ihrem ersten Roman - und ihr ist damit ein außergewöhnliches Buch gelungen über die Liebe zu Wörtern, ihren Bedeutungen und den Umgang mit Sprache im allgemeinen und Auswirkungen auf ganze Bevölkerungsschichten im besonderen.

Dabei hat die Autorin sorgfältig recherchiert und viele Details fließen in dieses Werk mit ein, in dem sie - neben der fiktiven Figur der Esme - auch zahlreichen historischen Persönlichkeiten ein Denkmal setzt. Informationen über diese (einschließlich von Bildern von James Murray und seinem Umfeld) sowie eine Zeittafel grenzen Fiktion von Realität ab.

Doch Pip Williams beschränkt sich nicht auf das Thema der "Wörter" und des berühmten Wörterbuches, sondernthematisiert auch die Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Ansichten der Suffragetten, die teils mit Worten und teils mit Gewalt für die Einführung des Wahlrechts kämpften, werden anschaulich geschildert. Dazu kommt der Einfluss des Ersten Weltkrieges auf das Wörterbuch, aber vor allem auch auf die Menschen sehr plastisch zum Ausdruck.
Neben guter Unterhaltung habe ich auch viel Wissen mit dem Lesen dieses Buches erhalten!

Die Erzählweise ist sehr ruhig, detailliert und wortgewaltig und es braucht anfangs ein wenig Zeit, sich auf diesen ungewöhnlichen Schreibstil einzulassen., der sehr atmosphärisch bleibt. Dies geht zu Lasten von Spannung, die erst gegen Ende ein wenig aufkommt; so ist dieser Roman nicht geeignet für Leser, die einen Thrill in ihrer Lektüre erwarten.

Die Figuren sind mit großer Liebe gezeichnet, und mir sind neben Esme und ihrem - oft mit ihrer Erziehung überfordertem Vater - auch das Dienstmädchen oder auch "bondmaid" Lizzie und vor allem Tante Ditte mit ihrer liebevollen Fürsorge, aber auch ihrem ungewöhnlichen Lebensstil, sehr ans Herz gewachsen. Ich liebe einfach Geschichten über starke Frauen!

Ein Kompliment geht auch an die Übersetzerin Christiane Burkhardt, die Esmes gesammelte Wörter und die zugehörigen Zitate in Englisch beibehalten hat (zusätzlich ins Deutsche übersetzt, so dass es keine Sprachbarriere gibt), so dass der besondere Zauber von Esmes Wörterbuch für Frauen bestehen bleibt.

Alles in allem ein wirklich herausragendes Buch nicht nur für starke Frauen, für das ich fünf Sterne vergebe - mit einem kleinen Abzug aufgrund des nicht ganz einfachen Einstiegs.

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Bewertung vom 08.05.2022
Verhängnisvolle Lügen an der Côte d'Azur / Kommissar Duval Bd.9
Cazon, Christine

Verhängnisvolle Lügen an der Côte d'Azur / Kommissar Duval Bd.9


gut

Richter Dussolier wird auf den Stufen des Amtsgerichts in Grasse erschossen und zunächst sieht alles nach einer Racheaktion wegen der Inhaftierung des Gangsterkönigs Cosenzas aus bzw. einem eskalierenden Bandenkrieg um die Vorherrschaft in der Unterwelt. Doch schnell stößt Kommissar Léon Duval auf ein interessantes Detail: Dussolier recherchierte über eine der schlimmsten Katastrophen des 20. Jahrhunderts, als die Talsperre von Malpasset am 2. Dezember 1959, fünf Jahre nach ihrer Fertigstellung, unter einer Flutwelle einstürzte und 423 Menschen den Tod fanden. Duval stößt auf ein Netz von Lügen und Geheimnissen und gerät bald selbst mit seiner Familie in Gefahr ....

Christine Cazon legt mit "Verhängnisvolle Lügen an der Cote d´Azu"r ihren neunten Fall aus der Reihe um die Ermittlungen des smarten Kommissars Duval an der französischen Mittelmeerküste vor. Und da ich bereits einige der Bände gelesen hatte, freute ich mich auf die Fortsetzung.

Leider enttäuschten mich - nicht nur - die Figuren in diesem Band. Der sympathische Kommissar erscheint recht eindimensional und aus seiner toughen Partnerin, der erfolgreichen Journalistin Annie, wird eine ewig unzufriedene, quengelnde und nervende überforderte Mutter.

Und auch das Setting tritt in diesem Band leider in den Hintergrund und wir erfahren kaum etwas über den Flair der Cote d`Azur.

Normalerweise schätze ich es überaus, wenn ich aus Büchern etwas lernen kann und so habe ich gerne über den Staudammbruch von Malpasset aus dem Jahre 1959 gelesen, von der ich zuvor nichts wusste. Bedauerlicherweise sind diese Ereignisse jedoch nicht harmonisch in den Krimi eingebunden und die schon fast sterilen Informationen stehen isoliert, genau wie die Zusammenhänge in der französischen Vergangenheit mit Algerien, die Pieds-Noirs usw.

Während der Fall sehr spannend beginnt und man sofort in das Geschehen hineingezogen wird, tritt die Aufklärung des Falles hinter viele Fakten zurück und der rote Faden franst aus. Auch das Ende bleibt unbefriedigend und lässt mich ratlos zurück.

Da ich weiß, dass Christine Cazon es besser kann, hoffe ich natürlich, dass dieser Fall eine Ausnahme bleibt. DIeser Band lässt mich allerdings enttäuscht zurück und ich bleibe bei 2,5 Sternen.

Bewertung vom 02.05.2022
Der Weg der Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.2
Popp, Susanne

Der Weg der Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.2


sehr gut

Wir schreiben das Jahr 1853 und die Kinder von Friederike und dem inzwischen verstorbenen Tobias Ronnefeldt, Gründer des Teehandels, sind erwachsen. Friederike als Inhaberin schlägt sich mit ihrem konservativen Geschäftsführer herum, der ihre Ideen ablehnt und sehnt sich danach, das Unternehmen in die Hände ihrer KInder zu legen und ihre Töchter gut zu verheiraten. Doch diese haben ihren eigenen Kopf: Carl genießt das Leben in Hamburg, wo er seine Ausbildung fortsetzt, Elise möchte lieber Lehrerin werden anstatt zu heiraten, Wilhelm entdeckt sein künstlerisches Talent und Minchen verlobt sich heimlich mit einem Schauspieler....

Mit "Der Weg der Teehändlerin" legt die Biografin und Autorin Susanne Popp den zweiten Band ihrer Saga um das bekannte Teehaus Ronnefeldt vor, zu dem sie wieder hervorragend recherchiert hat. Nach Auswertung vieler Briefe aus dem Besitz der Familie Ronnefeldt und weiteren zeitgeschichtlichen Dokumenten ergänzt sie die Geschichte mit fiktiven Personen und spinnt einen fesselnden Roman. Dabei lässt das Personenverzeichnis zu Anfang des Buches erkennen, welche der Charaktere tatsächlich existiert haben und welche der Fantasie der Autorin entspringen.

Alle Figuren sind liebevoll gezeichnet, authentisch und lassen durch ihr Handeln ein Sittengemälde des ausklingenden 19. Jahrhunderts vor den Augen der Leser entstehen. Insbesondere die Rolle der Frau ist der Autorin dabei wichtig - und so sind die starke Friederike Ronnefeldt, die weiterhin ihren Mann stehen muss und die ich im ersten Teil bereits ins Herz geschlossen habe, und ihre Tochter Elise, die lieber einen Beruf ergreifen möchte denn einen für sie ausgesuchten Mann heiraten, die Kernfiguren, die sich vor rund 170 Jahren den gar nicht emanzipierten Ansichten der Männerwelt unterwerfen mussten. Damit konnte ich beim Lesen so manches Mal ein Stoßgebet zum HImmel schicken, als Frau in der heutigen Zeit leben zu dürfen!

Ein jedes der vier Ronnefeldt-Kinder hat seine eigenen Wünsche und Ziele, und so vermag Susanne Popp uns Leser*Innen ein buntes Geschichtsbild zu vorzuführen. In vielen Details ist lebendiges Geschichtswissen verborgen; so erfahren wir etwas über die Lehrerinnen-Ausbildung der damaligen Zeit, die Panoramen-Malerei von Enslen, den Höhepunkt der Auswanderungswelle nach Amerika, die Badische Revolution und vieles mehr.

Nicht zuletzt ist natürlich der Tee ein Thema, über das es eine Menge zu erfahren gibt, sowie die Schwierigkeiten bei Import und Handel mit ihm, was mir als passionierter Teetrinkerin selbstredend besonders gefällt.

Das Setting liegt in Frankfurt am Main, dem Stammsitz des Hauses Ronnefeldt und wir erfahren einiges über diese Stadt; aber auch das quirlige und gefährliche Hamburg mit seinem Überseehafen und buntem Volk spielt eine größere Rolle.

Die Schreibweise ist leicht und flüssig, die Handlung fesselnd und die kleinen und größeren Dramen passen perfekt in die Zeit, so dass das Buch ein echter Pageturner ist. Am Ende finden alle losen Fäden eine Verbindung und das letzte Kapitel gibt bereits einen kurzen Ausblick auf den im Frühjahr 2023 erwarteten abschließenden Band der Trilogie.

Ich vergebe 4,5 Sterne (da mir der erste Band - den man definitv kennen sollte, da die Geschicke der Familie Ronnefeldt nun weitergeführt werden und es einige Entwicklungen und Anspielungen auf Vergangenes gibt, aber nicht gelesen haben muss - eine kleine Spur besser gefallen hat) und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 16.04.2022
Stille Befreiung
Hammesfahr, Petra

Stille Befreiung


sehr gut

Als die behütet aufgewachsene Sandra 18jährig Ronnie kennenlernt, verliebt sie sich Hals über Kopf in den Gedanken, mit ihm eine Beziehung aufzubauen. Als sie schon bald schwanger wird, schlägt sie alle Warnungen in den Wind und das Paar heiratet und zieht in das Haus von Ronnies Mutter. Akute Geldnot, eine übergriffige bis verrückte Schwiegermutter und ein mit seiner Arbeit verheirateter Ehemann setzen Sandra zu, bis sie die Stelle einer Pflegerin für die schwerst behinderte Rebekka annimmt. Wird sich nun das Blatt für Sandra und ihre Tochter Josie zum Besseren wenden?

Petra Hammesfahr lässt in "Stille Befreiung" die albtraumhafte Geschichte von dem Opfer Sandra in der Ich-Perspektive erzählen; eine Erzählperspektive, mit der ich mich insgesamt ein wenig schwer tue.
Unterteilt ist die Handlung nicht nur in die beiden Teile "Ronnie" und "Rebecca", den Figuren, die Sandras Leben bestimmen, sondern der eigentliche Erzählfluss wird immer wieder unterbrochen von Einschüben aus dem (späteren) "Sommernachtsalbtraum", der zwar die Klimax vorwegnimmt, aber damit die Frage, wie es dazu kommen konnte und wer der Schuldige ist, schon früh verdeutlicht.

Die Spannung baut sich nur langsam auf, bevor sie im letzten Teil exponentiell ansteigt und in einem überraschenden Schluss endet. Trotzdem haben mich die fein ausgearbeiteten psychologisch komplexen Figuren und eine Handlung, die mich zwar immer wieder den Kopf schütteln ließ, jedoch absolut authentisch erzählt wurde, von Beginn an in ihren Bann gezogen., so dass mich dieser Thriller absolut fesselte.

Die von der Autorin erdachten Figuren waren allesamt recht extrem in ihrem Verhalten und in der Mehrheit dadurch nicht gerade sympathisch, so dass manches Mal gerne eingegriffen und Sandra oder auch Ronnie, Carina und ihrer Schwiegermutter den Kopf zurecht gerückt hätte; allerdings habe ich ihnen ihr Benehmen durchaus abgekauft, erschien es doch jederzeit authentisch und entwickelte sich im Laufe der Handlung fort.

Begeistert hat mich, wie scheinbar bedeutungslose Hinweise Fragen aufwarfen oder dern Leser zum Miträtseln animierten, bis sich am Ende alles zu einem schlüssigen Ganzen verband und dennoch weitere Überraschungen bereithielt.

Die verarbeiteten Themen verdienen meiner Meinung eine Triggerwarnung (Missbrauch, Übergriffigkeiten, Abhängigkeit, Schwerbehinderung, Pflege, Armut, Unselbständigkeit....) und haben mich emotional sehr berührt, so dass ich einige Male selbst Albträume nach der Lektüre hatte.

Für mich ein sehr guter Thriller, also vier Sterne.