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Benutzername: 
SusanK
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 239 Bewertungen
Bewertung vom 06.11.2022
Unter Verdacht
Prescher, Sören

Unter Verdacht


weniger gut

Kommissar Mark Richter muss vorzeitig aus seiner Elternzeit zurückkommen, denn sein Partner und Freund Dominik steht unter Mordverdacht. UNd selbst er fragt sich, ob sein Partner diesmal zu weit gegangen ist in seinen Verschwörungstheorien ...

"Unter Verdacht" ist der vierte Regional-Krimi des in Nürnberg lebenden Autors Sören Prescher um die "Kommissare Mark und Felix" , wobei darauf hinzuweisen ist, dass Felix Marks Hovawart und Polizeihund ist, der jedoch insgsamt keine nennenswerte Rolle in diesem Buch einnimmt. Obwohl es etliche Verweise auf die hervorgehenden Bände gibt, ist das Buch auch ohne Kenntnis der Vorgeschichte schlüssig.

Der Erzählstil des Autors ist flüssig und mit einer feinen Ironie ganz einem Regionalkrimi angemessen. Allerdings nervten die hanebüchenden Verschwörungstheorien des unter Mordverdacht stehenden Kollegens und die zahlreichen Figuren mit verzwickten Beziehungen untereinander mich zusehends und minderten den Lesegenuss. Diese und auch die lange Autofahrten des Kommissars mit einer langen Playlist sind hier einfach zu ausufernd.

Wirkliche Spannung kam leider für mich nicht auf und das Ende - mit einer durchaus interessanten Auflösung - war viel zu abrupt.

Schade, konnte mich einfach nicht mitreißen.

Bewertung vom 06.11.2022
Mord im Kurhotel
Grue, Anna

Mord im Kurhotel


weniger gut

Anne-Maj Mortensen landet nach einer Knie-OP in einem luxuriösen Kur-Hotel zur Reha, allerdings hat sie überhaupt keine Lust auf Krankengymnastik und ist von ihren Mitpatienten, aber vor allem der ihrer Meinung nach schlechten Küche einfach nur genervt. Doch dann findet ausgerechnet sie eine Mitpatientin tot im Schlammbad und stürzt sich - zum Missfallen der örtlichen Polizei - in die Aufklärung und begibt sich schließlich selbst in Gefahr.

"Mord im Kurhotel" ist der zweite Band um "die dänische Miss Marple" Anne-Maj Mortensen von einer der meistgelesenen dänischen Krimiautorinnen, Anna Grue, der sich ohne Vorkenntnis des ersten Bandes lesen lässt bzw. hören wie in meinem Fall.
Gelesen wird das ungekürzte Hörbuch von Sabine Fischer und ich muss zugeben, dass ich von ihrer pointierten Lese-Art schnell genervt war und gar nicht damit zurechtkam.

Genausowenig konnte ich mich der Titelheldin anfreunden: Anne-Maj Mortensen ist in meinen Augen eine überaus anstrengende ältere Dame, die ihre Ansichten gerne anderen aufdrängt und mit allem unzufrieden scheint. Auch ihr fortwährend beschriebener Schmerzmittel-Missbrauch stieß mir unangenehm auf, sowie ihr Unwillen, an ihrer Genesung mitzuarbeiten. Dagegen unterhielten mich die auf den Punkt gebrachten Neben-Figuren mit all ihren Ansichten und Unzulänglichkeiten recht gut. Vor allem die Darstellung der Polizisten und Anne-Majs patenter Enkelin war ansprechend.

Und weil die Autorin Anna Grue viel Wert auf das Drumherum legt, gibt es ausreichend weitschweifige Erzählungen, unter denen sich die Spannung dieses "Krimis" in Grenzen hält. Lediglich am Ende kommt es zu einem großen Show-Down, als der in die Enge getriebene Mörder aus der Deckung kommt.

Großen Raum nimmt das (zur Zeit allgegenwärtige) Thema "Corona" ein: Auch die Patienten des Kurhotels haben unterschiedliche Ansichten zur Maskenpflicht und den vorgeschriebenen Maßnahmen; wer diesbezüglich der Realität entfliehen möchte, wird hier immer wieder darauf gestoßen.

Besonders gut gefallen hat mir die Thematisierung des Impfgegnertums; mit Interesse habe ich über ihre Einschätzungen, Maßnahmen und die Gefahren gelesen.

Diese "dänische Hygge" hatte ich mir als Unterhaltung in meiner eigenen Reha ausgesucht, allerdings quälte ich mich durch das Hörbuch mehr als durch anstrengende Therapien.

Mit etwas gutem Willen kann ich das Buch als Untermalung für kuschelige Lesetage empfehlen; ich habe allerdings keine Lust auf weitere Bände dieser Reihe.

Bewertung vom 06.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


ausgezeichnet

Nun, wer kennt Torsten Sträter, den Dortmunder Jung, Humorist, Kabarettist, Wortakrobat, Horror- und Comedy-Schriftsteller nicht?! Vom Poetry-Slammer auf die ganz großen Bühnen - nun auch wieder in Buchform. Und wer seinen besonderen Humor, seine abschweifenden Gedanken, liebt, kommt um sein neues Buch nicht herum. Hier hat er seine besten selbstgeschriebenen Geschichten der letzten drei Jahre zusammengestellt und der geneigte Leser kann in aller Ruhe seinen abzweigenden Gedankengängen folgen und sich dann in eigenen verlieren. Und wie immer schwankt Sträter zwischen witzigen Neuschöpfungen ("Schlabunsn"), aberwitzigen Verbindungen (wie auch dem kleinen König Kallewirsch, den Wildecker Herzbuben beim Superbowl und unglaublich vielen mehr) und bitter ernsten Themen. Natürlich kommt er - wie könnte es anders sein - um das Thema Corona nicht herum, und das, ohne sich zu beklagen. Noch wichtiger sind meiner Meinung nach aber die Passagen über Depressionen, über die er als langjährig Betroffener frei und sehr eindringlich spricht (obwohl er ausgiebig darüber schreibt, dass er nicht darüber schreiben will), und sogar über Suizid. ("Lass es! Sonst bist du tot und ärgerst dich anschließend drüber.")

Und bei allem ist er mitten in unserer Zeit, beobachtet und beschreibt seine Mitbürger pointiert und gekonnt, legt den Finger in die Wunden und schreckt vor nichts zurück.

Ich sag nur: Einfach selber lesen!
Und: Bitte mehr davon!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2022
Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4
Oswald, Susanne

Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4


gut

Nach dem Tod ihrer Mutter wird Amely von ihren Freunden in den schottischen Highlands aufgefangen. Besonders Peter, Inhaber einer Whiskey-Destillerie, umgarnt sie. Als er auf einem Reitunfall verunglückt, findet Amely auf der Suche nach Hilfe ein verlassenens Bauernhaus und verliebt sich in den Gedanken, hier eine Alpaka-Farm aufzubauen und nicht wieder nach Edinburgh zurückzukehren - und ihr Glück mit Peter zu finden.

Mit "Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands" legt Susanne Oswald nun schon den vierten Roman in der Reihe um den kleinen Strickladen vor; dieser lässt sich problemlos ohne Kenntnisse der vorherigen Bände lesen.

Heiter und romantisch erzählt die Autorin eine Wohlfühlgeschichte in einer zauberhaften Landschaft sowie von tiefer Freundschaft und viel Liebe. Und nicht alles geht reibungslos vonstatten; auch Tod, Trauer, Verletzungen und finanzielle Probleme spielen eine Rolle.

Die Figuren selbst sind schon nahezu poetisch; darüberhinaus wünscht man sich beim Lesen in die wunderschönen Highlands und in einen solch wunderbaren Freundeskreis.

Einen besonderen Mehrwert hat dieses Buch für alle Woll-LIebhaber und Strick-Freundinnen: Marken und Qualitäten werden immer wieder genau benannt und im Anhang gibt es sogar genau Anleitungen für die im Buch benannten Strickwaren.

Ein echtes Wohlfühl-Buch (nahe am Kitsch, aber keinesfalls schmierig) für zwischendurch, um sich vom grauen Herbst und den Alltagssorgen abzulenken.

Bewertung vom 15.10.2022
Die blinde Zeugin (eBook, ePUB)
Dützer, Volker

Die blinde Zeugin (eBook, ePUB)


gut

Sammy schlägt sich als Trickdiebin durchs Leben - bis sie Zeugin eines Mordes wird und zum Spielball und ZIel skrupelloser Männer wird. Stettner wird von seinem korrupten Chef bei der Polizei kaltgestellt und sieht seine Zukunft als Privatdetektiv. Gemeinsam versuchen sie zu überleben und gegen das Böse anzugehen....

Mit "Die blinde Zeugin" wird ein älterer Krimi von Volker Dützer im Verlag "digital publishers" neu aufgelegt, der vor etlichen Jahren bereits unter dem Titel "Treibsand. Stettner & Moretti" erschienen ist.

Geschickt hat der Autor Theorien aus der schauerlichen Richtstättenarchäologie eingearbeitet (die auch im Nachwort erläutert wird), und so ist die Stimmung überwiegend düster und recht brutal. Die meist kurzen Kapitel werden flüssig aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt.

Während ich die Grundidee spannend finde, war ich mit der Umsetzung nicht gänzlich zufrieden; einige Fehlerchen und Längen trübten stellenweise den Lesegenuss, manches wurde nicht aufgeklärt. Dützer hielt die Spannung hoch durch etliche unerwartete Wendungen, und da nach und nach immer mehr Details hinzugefügt wurden, war lange nicht klar, wer lügt und wieso, und der Leser tappte zusammen mit Stettner im Dunkeln. Leider waren die Figuren recht eindimensional und voller Klischees, die Handlung oftmals nicht gerade authentisch bis unrealistisch. Teilweise muteten die Figuren und ihre Taten an wie eine Persiflage.

Das doch befriedigende Ende schließlich macht Lust, noch mehr über den polizeilichen Ermittler Moretti und den privaten Schnüffler Stettner zu lesen!

Bewertung vom 08.10.2022
Netz des Verrats
Dylan, Rachel

Netz des Verrats


gut

Nachdem eine verdeckte Operation gegen das Kartell erfolgreich abgeschlossen ist, finden sich die Freundinnen Bailey und Viv sowie Layla als auch die Agenten Cass und Zane plötzlich verfolgt und in Lebensgefahr. Zusätzlich steht Layla auch noch im Zentrum interner Ermittlungen, weil sie eine Affäre mit einem hochrangigen Kartell-Mitglied haben soll. Privatdetektiv Hunter wird angeheuert, um Layla zu schützen, doch sie hadert immer noch mit seiner Untreue, die einst ihre Beziehung beendete. Und auch Izzy gerät unter Mord-Verdacht. ... Wer steckt hinter allem und wie viele Tote wird es noch geben?

Mit "Netz des Verrats" legt die US-amerikanische Prozessanwältin und Justiziarin Rachel Dylan nach "Labyrinth der Angst" den zweiten Band der "Capital Intrigue Buchserie" vor. Sicher lässt sich dieser Band auch lesen, wenn man den ersten Band nicht kennt; die Handlung ist in sich abgeschlossen. Ich muss aber zugeben, dass ich ein wenig Mühe hatte, die vielen beteiligten Figuren, ihre Beziehungen untereinander und zu den zahlreichen amerikanischen Behörden zu entflechten und den Überblick zu behalten, was zu Lasten der Spannung ging.

Dabei tappt der Leser - gemeinsam mit der Hauptfigur Layla und ihren Kolleg*Innen - absolut im Dunklen, wer der Drahtzieher der Mordanschläge ist und wieso das Kartell sich derart unbarmherzig auf diese Agenten eingeschossen hat. Mit Spannung fieberte ich der Auflösung entgegen, die meiner Meinung nach etwas überraschend und völlig unspektakulär das Buch beendete.

Leider bekam ich auch nicht wirklichen Zugang zu den Figuren, die ich erst neu kennenlernen musste und die von Beginn an alle unter Generalverdacht standen. Die "großen LIebesgeschichten" dabei zwischen Layla und Hunter und Cass und Zane störten mich ein wenig in einem Krimi.

Obwohl ich bereits mehrere Bücher mit Genuss gelesen habe, in denen das Thema "Glauben" enthalten war, störten mich hier auch ein wenig die langen Vorträge, die Layla über ihren Glauben an Gott hielt und mit denen sie andere bekehren wollte. Das war mir einfach zu stark aufgetragen - ist aber sicher Geschmackssache.

Den Geheimdienstkräften durch Freundschaft verbunden ist Izzy, vor der viele Details verborgen werden. Sie gerät unschuldig unter Mordverdacht, also ähnlich wie Layla - allerdings steht dieser Handlungsstrang ein wenig abseits des "Netz des Verrates" und dem Kartell und gehört nicht wirklich zu der eigentlichen Handlung, so dass ich lange Zeit den ZUsammenhang suchte (den es nicht gab).

Alles in allem gelang es mir nicht in Gänze, Zugang zu finden; ich kann mir aber vorstellen, dass das Lesevergnügen größer ist, wenn man den ersten Teil der Trilogie kennt. So vergebe ich drei Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2022
Das Lächeln der Imperia
Windgassen, Antje

Das Lächeln der Imperia


sehr gut

Gabriella verdient in Venedig als Dirne ihr tägliches Brot. Als sie aus Hunger mit den KIrchengesetzen in Konflikt kommt, flieht sie. IHr Ziel: Gemeinsam mit den Huren Guilia und Sofia im fernen Konstanz, wo ein Kirchenkonzil stattfindet und sich die Reichen und Mächtigen der westlichen Welt treffen, zu Reichtum zu kommen und ein besseres Leben zu führen. Fortan nennt sie sich IMperia und wird die Geliebte des (späteren) Papstes und König Sigismunds.....

Jeder Besucher und Einwohner KOnstanz´ kennt sie: Die steinerne Imperia, beliebtes Fotomotiv und Wahrzeichen der Stadt Konstanz, aber wohl auch eines der umstrittensten Kunstwerke im öffentlichen Raum. Im Prolog des Buches "Das Lächeln der Imperia" erinnert die Autorin Antje Windgassen an den großen Skandal aufgrund der Aufstellung dieser Statue und bringt den Leser*Innen das Aussehen und die Hintergründe näher.

Antje Windgassen hat nun das Leben dieser Kurtisane neu interpretiert, wohl wissend, dass das Kurtisanenwesen zur Zeit des Konstanzer Konzils zur Beendung des Schismas eine historische Tatsache ist. Vielleicht nicht gerade mit größter Spannung, aber höchst unterhaltsam und bildgewaltig, erzählt die Autorin vom (fiktiven) Leben der fabelhaften Imperia, zu deren festen Freiern der Kardinal und spätere Papst Oddo die Colonna und der römisch-deutsche König Sigismund gehören und die mit ihrer Schönheit und Klugheit die Männerwelt dirigiert. Viele historische Details sind geschickt in die Geschichte eingewoben, so dass es auch nebenbei einiges zu lernen und begreifen gibt.ZUgunsten der Unterhaltung verzichtet die Autorin auf große Dramen und beschönigt das harte Leben insbesondere der Huren im 15. Jahrhundert, was mich nicht großartig gestört hat.

Die Figuren sind meist ein wenig eindimensional dargestellt, nichtsdestotrotz waren mir die Frauen und ihre Verbündeten sympathisch und ich fieberte mit ihnen mit.

Im Epilog lernen wir dann abschließend auch die göttliche Imperia kennen, eine berühmte italienische Kurtisane, die zwar tatsächlich rund 100 Jahre nach dem Konstanzer Konzil gelebt hat und der von Künstlern wie Raffael und Schriftstellern wie Honoré de Balsac ein Denkmal gesetzt wurde. Und auch, wenn diese in Rom gelebt und geliebt hat und mit dem Konzil nichts zu tun hatte, so wird doch die Verbindung zum Konstanzer Wahrzeichen deutlich.

Diese drei miteinander verbundenen Darstellungen einer bemerkenswerten Imperia-Persönlichkeit werden abgerundet durch ein Personenverzeichnis und ein Glossar sowie Literaturangaben und Quellennachweise im Anhang.

Für mich war "Das Lächeln der Imperia" eine höchst unterhaltsame und gleichzeitig lehrreiche Lektüre, die mir neuen Input zu Konstanz und seiner Statue gegeben hat. Und auch, wenn ich für den etwas zu schöngefärbten umfangreichen Mittelteil über das Leben der Imperia einen Stern abziehe, verbleiben dennoch sehr gute vier Sterne für ein außergewöhnliches Buch, dass ich nicht nur Konstanz-Besuchern ans Herz legen möchte!

Bewertung vom 08.10.2022
Mademoiselle Oppenheim - Sie liebte das Leben und erfand die moderne Kunst
König, Mina

Mademoiselle Oppenheim - Sie liebte das Leben und erfand die moderne Kunst


ausgezeichnet

Die 1913 als Kind eines deutsch-jüdischen Vaters und einer schweizer Mutter geborene Meret Oppenheim hat schon in früher Kindheit den Wunsch, Künstlerin zu werden und wird dabei von ihrer Schweizer Großmutter unterstützt. Sie geht nach Paris, wo sie schnell Anschluss an einen Künstler-Stammtisch um die bedeutenden Vertreter der zeitgenössischen Kunst findet und ihren eigenen Weg sucht. Als sie für Aktfotos des dadaistischen Fotografen Man Ray posiert, bricht ihr konservativer Vater den Kontakt ab und unterstützt sie nicht weiter und sie muss auch außerhalb ihrer Kunstwelt für ihren Unterhalt sorgen. Eine stürmische Beziehung zu dem berühmten Max Ernst verdeutlicht ihr, dass sie unabhängig und frei bleiben muss und ausschließlich für die Kunst leben will.....

Inspiriert von Fotografien aus den 30er Jahren und persönlichen Briefen aus dem Nachlass der 1985 verstorbenen Meret Oppenheim trug die österreichische Autorin unter dem Psyeudonym Mina König Daten und Fakten über die Künstlerin der Moderne zusammen. Ergänzt durch ihre eigenen Fantasien, Dialoge und weitere Details, um die Leerstellen zu füllen, entstand schließlich eine wunderbare Romanbiografie über eine wichtige Persönlichkeit, die die Moderne Kunst entscheidend mit beeinflusste und vielen überhaupt nicht (mehr) bekannt ist: Mademoiselle Oppenheim.

Dass Meret Oppenheim eine oft unangepasste, freiheitsliebende und äußerst kreative Frau gewesen ist, liegt auf der Hand. Diese Romanbiografie steht ganz unter einem Motto, dem berühmten Ausspruch Oppenheims: "Freiheit wird einem nicht gegeben. Man muss sie sich nehmen.". Mina König zeigt aber auch ihre Zweifel und Sorgen auf sowie ihr Leiden durch den Bruch mit ihrem Vater, die knappen Finanzen und vor allem auch die Gedanken zum Faschismus in Deutschland und ihre Besorgnis zu den Judenverfolgungen der Nazis. Mina König gelingt es (über die Biografie hinaus) überaus einfühlsam, ein authentisches Bild der Zeit zu zeichnen. Mit großem Interesse habe ich diese Geschichte einer sehr starken ungewöhnlichen Frau gelesen, die ihren eigenen Weg gegangen ist und trotz aller Selbstzweifel enormen Einfluss auf die Kunst hatte.

Dass Meret in all ihrer Komplexität geschildert wird, macht sie nicht unbedingt zu einer uneingeschränkt sympathischen Frau, zeigt aber, wie umfassend und mehrdimensional MIna König sie entwirft und macht sie nachvollziehbar und authentisch.

Die Autorin erweckt auch viele berühmte Künstler der Zeit zu neuem Leben und wir lesen u. a. über Pablo Picasso, Joan Miró, Alberto Giacometti und André Breton, Man Ray, sowie Max Ernst und Marcel Duchamp, die beiden Beziehungen Merets. Insbesondere der Surrealismus, der Dadaismus, die Readymades und die Moderne Kunst im Allgemeinen werden dem Leser sehr viel näher gebracht auf höchst unterhaltsame Weise. Oftmals wollte ich dringend die Kunstwerke dazu sehen und googelte diese zusätzlich; insbesondere die Aktfotografien von Meret mit der Druckerpresse beeindruckten mich und ich las mit Begeisterung von ihrer Entstehung.
Wie Schade, dass dieses wundervolle Buch schließlich mit dem "Frühstück im Pelz", dem wohl bekanntesten Kunstwerk Oppenheims und einem Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts, mit dessen Ausstellung ihr schließlich der Durchbruch gelang, endet - wie gerne hätte ich noch so viel mehr erfahren!

Alles in allem ein äußerst gelungenes Buch über eine starke Frau, die die Kunstwelt nachhaltig bereichert hat. Ich gebe eine absolute Leseempfehlung und fünf Sterne.

Bewertung vom 24.09.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1 (eBook, ePUB)
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

1943, im von Deutschen besetzten Paris gehen die Nazis zur Bilderverbrennung über und raffgierige Männer unter ihnen haben eigene Interessen und rauben wertvolle Gemälde.
1966, im Rheingau gelangt ein ehemaliger Soldat zufällig an einen der Männer, die seinerzeit an dem Kunstraub beteiligt waren und macht unerwartet Karriere in der Deutschen Politik.
Als der Bonner Kunstexperte und Fachmann für Beutekunst einen mysteriösen Anruf erhält, hat er zunächst nur wenig Interesse, sich bei der Rückführung eines verschollenen Gemäldes zu engagieren. Doch als der Anrufer kurze Zeit später ermordet in seinem Hotelzimmer aufgefunden wird und Lomberg ins Visier der Ermittlerin Sina Röhm gerät, beginnt er eigene Nachforschungen und erkennt schon bald, wie seine eigene Familie in diese explosive Geschichte verwickelt ist und welche kunsthirstorische Sensation ans Tageslicht gelangt.

"Das neunte Gemälde" ist das erste Buch des Autors Andreas STorm und zugleich der Auftakt einer Reihe um den renommierten Kunsthistoriker Lennard Lomberg. Wenngleich sich dadurch der Verdacht aufdrängt, dass dies eine Reihe ähnlich der Robert-Langdon Thriller von Dan Brown werden könne, sieht sich jedoch schnell getäuscht, denn die Herangehensweise ist völlig unterschiedlich.
Genaugenommen "ermittelt" Lomberg auch nicht wirklich und es handelt sich nicht um einen klassischen Whodunnit-Krimi, denn Storm erzählt eine weitaus differenziertere Geschichte, in deren Umfang Lomberg nur einen kleinen Teil einnimmt.

Andreas Storm führt seine Leser*Innen von dem Bonn des Jahres 2016 zurück in das Kriegsjahr 1943, als im besetzten Paris die Nazis ihr Unwesen trieben und - neben dem ohnehin schon grausamen und Menschen- und Kunst-verachtenden Verhalten auch immer Individuen an ihren eigenen Vorteil dachten. Zur Zeit der Kriegsfolgen und des Wirtschaftswunders erfahren wir dann mehr über das weitere Schicksal der Beteiligten und verfolgen den unaufhaltsamen Aufstiegs des früheren Soldaten Lombergs bis hin zum Generalbundesanwalt. Die ständig wechselnden Orte und drei verschiedenen Zeitebenenen sind dabei gut gekennzeichnet.

Storm zeigt eine herausragende Kenntnis der Historie, aber auch der Themen Kunsthistorie und Beutekunst, und arbeitet die Deutsche Geschichte und Politik auf faszinierende Weise in den Kriminalroman ein. Dieser wird dabei unglaublich komplex, entfaltet mit der Zeit ein immer größeres Panaroma und erlebt zahlreiche Wendungen, so dass die volle Konzentration des Lesers gefordert ist.

Die Figuren sind großartig authentisch und viel dimensional gezeichnet und ich hatte Freude daran, sie im Laufe der Zeit genauer kennenzulernen, wenngleich es auch keine überaus sympathischen Charaktere dabei gab.

Der Schreibstil ist gehoben und dem künstlerischen Niveau angepasst. Das Gemälde bildet den roten Faden ab, der sich durch viele einzelne Teile zieht, bis es ein großartiges Showdown gibt. Die Spannungskurve stellte sich mir nicht übermäßig hoch vor, doch mit großem Interesse habe ich das Geflecht aus Kunstkrimi, Geschichtsroman und Politthriller verfolgt.

Dem Autor ist mit seinem Erstlingswerk ein nicht ganz einfaches, aber sehr ungewöhnliches Werk gelungen, das Vorfreude auf die Fortsetzung weckt.

Bewertung vom 24.09.2022
Der Märchenkönig
Vöhringer, Sabine

Der Märchenkönig


sehr gut

Im Münchner Köglmühlbach treibt vor der Staatskanzlei ein lebloser Körper, wenig später wird eine zweite LEiche gefunden vor dem Japanischen Teehaus im Englischen Garten. Da es keinerlei Anzeichen von Gewalteinwirkung gibt, ist zunächst fraglich, ob dies ein Fall für die Mordkommission ist. Doch nicht nur dem Hauptkommissar Tom Perlinger, der nach dem großen Brand mit seiner Freundin Christl inzwischen im Hotel wohnt, fallen die Parallelen zu, Tod des Märchenkönigs Ludwig II und seinem Psychiater auf......

Mit "Der Märchenkönig" legt die in ihrer Wahlheimat München lebende Autorin Sabine Vöhringer bereits den vierten Fall um Hauptkommissar Tom Perlinger vor, der sich auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände lesen lässt. Allerdings empfiehlt es sich, diese zu kennen, denn insbesondere die private Geschichten um den Hauptkommissar und seine Familie und Freunde bauen aufeinander auf und bieten großen Lesegenuss. Und auch ein alter Fall spielt im Hintergrund eine wichtige Rolle.

Die Autorin legt einen Schwerpunkt auf das Setting: Tom Perlinger ermittelt in der Münchner Altstadt und hat ein Faible für die bayerische Lebensart, die dem geneigten Leser auf angenehme Art näher gebracht wird. Und so hat auch dieser Fall wieder einen besonderen Bezug dazu: Der historische Bezug ergibt sich diesmal zu dem geschichtlichen Märchenkönig Ludwig II, dessen Tod große Ähnlichkeiten aufweist zu dem hier getöteten exzentrischen Louis von Schönfeld, der auch der "Märchenkönig" genannt wurde.

Sabine Vöhringer schreibt in locker-leichtem Stil und sehr bildhaft, ohne dabei ins Triviale abzugleiten. Der Krimi selbst nahm erst in der zweiten Hälfte des Buches Fahrt auf - bis hin zu einem überraschenden Ende.

Die bekannten Figuren sind mir inzwischen richig ans Herz gewachsen und ich freute mich über ein Wiedersehen. Ich mag es, dass die Familie um den Hauptkommissar einfach ganz normale Menschen mit ganz gewöhnlichen Zweifeln und Problemen sind.

Wer Lust auf einen stimmungsvollen Krimi mit viel "Nebenher" hat und die bayerische Metropole liebt, wird dieser Krimi gefallen. Ich vergebe vier Sterne.