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Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 238 Bewertungen
Bewertung vom 29.01.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


sehr gut

Der Roman ist die Fortsetzung von „Die Hochzeit der Chani Kaufman“, der bereits im Jahre 2015 erschienen ist, und den ich damals gelesen habe.
Die Handlung spielt im Jahr 2009 und 2010 in London und Jerusalem. Es geht um zwei Frauen und deren Familien, Chani Kaufman und Rivka Zilberman.
Chani ist seit knapp einem Jahr mit Baruch verheiratet. Die beiden leben in Jerusalem, wo Baruch eine Ausbildung zum Rabbi absolviert. Das junge Paar ist totunglücklich darüber, dass Chani noch nicht schwanger ist. Baruchs Mutter Mrs. Levy frohlockt, da sie mit der Brautwahl ihres Sohnes schon immer gehadert hatte. Die Kaufmans sind arm, die Levys reich. Da Baruch Mrs. Levy‘s Lieblingssohn ist, schlägt sie vor, Chani eine Untersuchung in einer renommierten Kinderwunschklinik in London zu bezahlen.
Als die Londoner Gynäkologin feststellt, dass Chani bereits am fünften Zyklustag ihren Eisprung hat, bricht für Chani und Baruch eine Welt zusammen. Nach einem jüdischen Gebot dürfen sie erst am zwölften Zyklustag miteinander schlafen, bis zum Tag 12 ist die Frau „nidda“, also unrein. Baruch als zukünftiger Rabbi hält sich streng an die Gesetze, die vor vielen Jahren von Rabbis erlassen wurden.
Rivka hat Mann und Kinder verlassen, da sie nicht mehr Teil der „Kehilla“, der jüdischen Gemeinde, sein will. Auch ihr Mann ist Rabbi, seine strenggläubigen Gemeindemitglieder haben kein Verständnis für Rivkas Verhalten hat. Ihr ältester Sohn Avromi lebt in Jerusalem und studiert an der Talmudschule „Jeshiwa“. Auch er ist nicht sicher, ob ein Leben als ultraorthodoxer Jude wirklich das ist, was er sich für seine Zukunft wünscht. Die Erfahrungen, die er bei einem spontanen Ausflug nach Tel Aviv macht, führen dazu, dass er sein Leben ändert.
Der Roman hat mir gut gefallen, ich bin gedanklich komplett in die ultraorthodoxe Welt in Jerusalem und London eingetaucht. Über die von Rabbis gemachten veralteten und frauenfeindlichen Gesetze kann ich nur den Kopf schütteln und mich wundern, dass sich Frauen im 21. Jahrhundert noch immer so von Männern und den von ihnen gemachten Gesetzen dominieren lassen.
Der Roman hat einige Längen, insbesondere den Teil der Kinderwunschbehandlung fand ich recht langatmig. Etwas gestört habe ich mich an den häufig eingestreuten hebräischen Begriffen, von denen ich nur diejenigen im Glossar nachgeschlagen habe, die mir für die Handlung relevant erschienen. Auf den Teil mit dem „Schidduch“, der Brautsuche, mit Hilfe von Mrs. Gelbmann hätte ich gänzlich verzichten können.
Am meisten gefiel mir Chanis Geschichte und die Art und Weise, wie sie ihr Problem gelöst hatte. Bei Rivka wiederum bin ich mir nicht sicher, ob ihre Entscheidung richtig war. Das Ende ist offen mit einem Cliffhanger, ich hoffe, dass es eine Fortsetzung geben wird und würde diese sehr gern lesen.

Bewertung vom 28.01.2024
Von wegen Boomer
Samson, Tanja

Von wegen Boomer


ausgezeichnet

Ferdinand ist Abteilungsleiter in einer Bank, er hat zwei erwachsene Kinder, Tochter Flora macht gerade ihr Abitur, Sohn Raffi studiert.
Flora und Raffi finden, dass ihr Boomer-Vater aufgerüttelt werden sollte, raus aus der Komfortzone! Mutter Vera ist mit dem Zustand ihrer Ehe auch nicht glücklich. Ferdi verbringt seinen Feierabend mit einem Bier vor dem Fernseher. So kann es nicht weitergehen. Sie packt einen Koffer und zieht vorübergehend aus. Ferdi bekommt Vera erst wieder, wenn er einige Aufgaben erfolgreich gemeistert hatte. Jeden Tag steht eine neue Challenge an: Er soll in der Abteilungssitzung einige Jugendwörter benutzen, jedem, dem er begegnet, ein Kompliment machen, seine Kinder vor den Mitarbeitern loben und weitere.
Bei der Erfüllung der Aufgaben lernt er ganz nebenher seine MitarbeiterInnen näher kennen und merkt, welches Potential im Werksstudenten Julius steckt. Er bemüht sich um mehr Kontakt zu seinen Kindern und überdenkt seine Ernährung und die festgefahrenen und ungesunden Feierabendgewohnheiten.
So manche Situation kam mir bekannt vor. Wer ertappt sich nicht dabei, die eigenen Kinder und ihre schulischen Leistungen mit denen der Kinder von Bekannten zu vergleichen. Tanja Samson verdeutlicht, dass wir wie Ferdi dazu neigen, schulische Leistungen zu überbewerten und soziale Kompetenzen geringer zu schätzen.
Der Roman hat mir sehr gut gefallen, auch das Ende passt perfekt zu diesem Wohlfühlbuch. Natürlich ist er am besten für die Boomer-Generation geeignet. Lasst uns von der Frische und dem technischen Know-how der Jugend profitieren, wir können viel voneinander lernen!

Bewertung vom 25.01.2024
Was der Morgen bringt
Ibbotson, Eva

Was der Morgen bringt


ausgezeichnet

Es handelt sich um eine Neuauflage des 1994 erschienenen Titels „Die Morgengabe“ von Eva Ibbotson. Es freut mich, dass der Titel vom Schweizer Kampa Verlag neu aufgelegt wurde und ich ihn entdeckt habe. Die Liebesgeschichte zwischen der aus Wien stammenden Halbjüdin Ruth Berger und dem britischen Professor Quinton Somerville hat mir sehr gut gefallenen.
Wien 1930: Die 12jährige Ruth wächst glücklich und wohlbehütet auf, ihr Vater Kurt ist Professor für Wirbeltierkunde und Direktor des Naturhistorischen Museums. Sie besucht eine englische Schule, mit dem Ziel in England zu studieren.
Ruth liebt klassische Musik und verliert ihr Herz an den gleichaltrigen Klaviervirtuosen Heini Radek. Heini lebt seit dem Tod seiner Mutter bei Familie Berger, wo er sich auf sein Studium am Konservatorium vorbereitet.
Schon bei ihrer ersten Begegnung sind Ruth und Heini sicher, füreinander bestimmt zu sein. Heini bezeichnet Ruth als seinen Star: „Mozart hatte einen Star. Er hat ihn im Käfig in seinem Zimmer gehalten. Seinen Gesang hat er im Finale des Klavierkonzerts in G-Dur verwendet.“
Quinton Somerville ist Dozent für Paläontologie und der jüngste Professor der Universität Thameside. Auf Einladung von Kurt Berger besucht er die Familie in ihrem Haus am Grundlsee, wo er einige unbeschwerte Wochen in Gesellschaft von Kurt, seiner Frau Leonie, Tochter Ruth und Heini Radek verbringt.
1938: Erst acht Jahre später reist Quinton wieder nach Wien, wo ihm die Ehrendoktorwürde verliehen wird. Überrascht und besorgt muss er feststellen, dass Kurt Berger nicht länger Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät ist. In Wien sind nunmehr die Nazis an der Macht, und Kurt Berger darf seinen Beruf aufgrund seiner jüdischen Abstammung nicht länger ausüben. Kurt und Leonie schaffen es gemeinsam mit Kurts Schwester Hilda und Leonies Onkel Mishak nach England auszuwandern, nur Ruth bekommt keine Ausreiserlaubnis.
Nur als Ehefrau von Quin ist es Ruth möglich auszureisen. Aus Freundschaft zur Familie Berger lässt Quin sich auf eine Scheinehe ein, von der niemand erfahren darf. Direkt nach ihrer Ankunft in London soll die Ehe für nichtig erklärt werden.
In London lebt Ruth in der kleinen Wohnung ihrer Eltern in Belsize Park, in der auch Hilda und Mishak wohnen. Ruth nimmt ihr Studium der Paläontologie auf, Quin ist einer ihrer Professoren. Bald freundet sie sich mit ihren Mitstudenten an und wird deren Mittelpunkt. Derweil wartet Heini auf die Ausreisegenehmigung. Während der Monate des Wartens spart Ruth für ein Klavier, indem sie als Bedienung in einem Café arbeitet, das sich zum Treffpunkt für jüdische Flüchtlinge entwickelt.
Was für eine wunderschöne Geschichte! Ruth ist mir direkt ans Herz gewachsen, sie ist unheimlich liebenswert und sympathisch, wenn auch herrlich naiv und gutgläubig. Sie sieht in allen ihren Mitmenschen nur das Gute und traut niemandem etwas Böses zu, noch nicht einmal der intriganten Tochter des Vizekanzlers. Auch die anderen Flüchtlinge, die sich im Café von Miss Maud und Miss Violet treffen, sind liebenswerte Menschen, die versuchen, sich fern der Heimat ein neues Leben aufzubauen.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es bis zum Happy End fast schon zu viele Missverständnisse und Intrigen gab. Bis zum Schluss war nicht klar, ob Ruth und Quin zusammen glücklich werden. Ich empfehle diesen schönen Roman allen Leser*Innen von historischen und Liebesromanen.

Bewertung vom 18.01.2024
Wohin gehst du, wenn ich bleibe
Sperling, Lucia

Wohin gehst du, wenn ich bleibe


gut

Von Lucia Sperling habe ich noch nichts gelesen, das Cover und der Klappentext haben mich neugierig gemacht.
Laut Klappentext geht es darum, dass Olivias Mann Philip aufs Land ziehen will, sie aber in ihrem Haus in der Stadt wohnen bleiben möchte. Darum geht es aber nur marginal, hauptsächlich geht es um Olivias Umgang mit der Trennung von ihrem Mann, der sie nach einer langen gemeinsamen Zeit verlassen hat.
In der ersten Trennungsphase betrinkt sie sich sinnlos, bis ihre Freundin Babette bei ihr klingelt, mit ihr ausgeht und sie zu einer Party einlädt. Von da an geht es aufwärts. Es mangelt ihr nicht an Verehrern, jeder Mann, den sie nach der Trennung kennenlernt, ist an ihr interessiert, inklusive des Tennislehrers ihres Sohnes, für den sie schon immer geschwärmt hatte.
Als sie auf Babettes Party die alleinerziehende Ari kennenlernt, darf diese samt Tochter May vom Fleck weg in das leerstehende Zimmer ihres Sohnes einziehen, der in England studiert.
Die Autorin teilt uns auf den Danke-Seiten mit, dass sie mit dem Buch ihre eigene Trennungsgeschichte verarbeitet hat. Es wäre schön, wenn jede Trennung so ablaufen würde, dass die Frau sich neu erfindet bzw. sich, um Olivia zu zitieren „wieder findet“. Das scheint mir aber doch recht unrealistisch, wobei ich da zum Glück nicht aus Erfahrung spreche.
Leider konnte mich das Buch nicht fesseln, ich habe es oft wieder zur Seite gelegt, um ein spannenderes Buch zu lesen. Seitenlang geht es um Olivias Gedanken rund um ihre Ehe, Philip und seine Neue, was ich sehr langatmig fand. Hinzu kommt, dass Olivia in der Welt der oberen Zehntausend lebt, sie ist Dozentin der Kunstgeschichte, er ein Stararchitekt. Eine Welt, in die ich mich nicht hineinversetzen kann.
Das Ende hat mir gut gefallen, auch wenn es ebenfalls unrealistisch ist. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm, und auch wenn mich das Buch nicht abholen konnte, bin ich sicher, dass es Leserinnen gibt, die es mögen werden.

Bewertung vom 13.01.2024
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


sehr gut

Ruth Ware gehört zu meinen Lieblingskrimiautorinnen, auf ihren neuen Thriller habe ich mich sehr gefreut, da „Das College“ und „Hinter diesen Türen“ mir sehr gut gefallen haben.
Den Begriff Zero Day kannte ich nicht, hier die Definition: Der Begriff „Zero Day Exploit“ bezeichnet das Ausnutzen einer Schwachstelle in einer Software oder Hardware, die bis dato nur dem Entdecker bekannt ist.
Jacintha (genannt Jack) ist Penetration Testerin, das heißt, sie überprüft die Sicherheitsvorkehrungen in Firmen und öffentlichen Einrichtungen, sie ist für das Testen der äußerlichen Hürden wie Türen und Fenster zuständig, ihr Mann Gabe ist professioneller Hacker, der für das Eindringen in fremde Sicherheitssysteme bezahlt wird.
Eines Nachts kehrt sie von einem Auftrag nach Hause und findet Gabe ermordet vor. Ihm wurde die Kehle durchgeschnitten, kurz nachdem der gemeinsame Auftrag abgeschlossen war, bei dem er ihr wie üblich über Kopfhörer Anweisungen erteilt hatte.
Für die Polizei ist Jack die Hauptverdächtige. Als sie sich dessen bewusst wird, beschließt sie, selbst Gabes Mörder zu suchen. Was folgt ist ein actionreicher Roadmovie, Jack auf der Flucht vor der Polizei, die ihr immer dicht auf den Fersen ist. Schon bald wird ihr klar, wer die Schuld an Gabes Ermordung trägt.
Der Thriller war spannend und actionreich, für einen IT-Laien wie mich aber zu technisch. Einiges habe ich nicht verstanden, zum Beispiel wie Jack an Gabes Handy gekommen ist, das bei der Polizei in der Asservatenkammer verwahrt wurde.
Ich fand es unwahrscheinlich, dass sie ihre Stunts wie das Springen aus einem fahrenden Zug und das Abseilen vom Dach auf einen Balkon überlebt hat, und das Ganze mit einer stark entzündeten Wunde am Bauch und einem prall gefüllten Rucksack, der ein Notebook, einen Schlafsack, Wechselkleidung und Einbruchswerkzeuge enthalten hatte.
Das Ende war sehr konstruiert und meiner Meinung nach unrealistisch, gekrönt von der Wandlung der Polizistin, von der sie tagelang gejagt wurde, von Feindin zu Freundin.
Mein Fazit: Ein spannender Thriller, mit einem Thema, für das sich Computerfreaks begeistern können, bei dem jedoch einiges fern der Realität war. Es eignet sich hervorragend für eine Verfilmung, wer Actionfilme mag, wird auch dieses Buch mögen. Da mich der Schreibstil der Autorin und die actionreiche Geschichte durchaus gepackt haben, vergebe ich gute vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 08.01.2024
Weil du meine Tochter bist
Kelly, Julia

Weil du meine Tochter bist


ausgezeichnet

Weil du meine Tochter bist ist mein erstes Buch der Autorin, gerne möchte ich weitere historische Romane von ihr lesen. Das Cover gefällt mir gut, und es passt perfekt zum Inhalt.
Liverpool, 1935: Viv kommt aus einem strenggläubigen katholischen Haus, als junges Mädchen lernt sie den jüdisch stämmigen Musiker Joshua kennen. Bereits zu Beginn der Bekanntschaft wird Viv schwanger. Ihre Eltern bestehen auf einer Heirat und bieten am Tag der Trauung Joshua Geld an, damit er Viv verlässt. Joshua muss sich entscheiden: Wird er nach New York gehen und dort seinen Traum von einer Musikerkarriere verwirklichen oder zu Viv stehen und mit ihr eine Familie gründen?
Als er sich für New York entscheidet, untersagt Viv ihm jeglichen Kontakt zu ihr oder ihrem Kind.
1939: Joshua kehrt aus New York nach England zurück, um für sein Land zu kämpfen. Er geht zur Royal Air Force, und wir erfahren einiges über seine Erlebnisse in Kampfflugzeugen.
Viv lebt mit ihrer knapp 5jährigen Tochter Maggie nach wie vor bei ihren Eltern. Um Kinder vor möglichen Bombenanschlägen zu schützen, sollen sie aufs Land evakuiert werden. Viv möchte Maggie am liebsten bei sich behalten, doch ihre Mutter und der Pfarrer der Gemeinde reden so lange auf sie ein, bis sie Maggie schweren Herzens aufs Land schickt. Sie erkämpft sich Besuchszeiten bei ihrer Tochter und nimmt regelmäßig eine weite Zugfahrt auf sich, um Maggie bei den Thompsons zu besuchen.
Familie Thompson bietet Maggie alle materiellen Annehmlichkeiten, die Viv ihr nicht bieten kann und Maggie lebt sich gut ein. Dann wird das Dorf der Thompsons bombardiert und ihr Haus bis zur Unkenntlichkeit zerstört, Viv muss davon ausgehen, dass Maggie umgekommen ist. Erst fünf Jahre später entdeckt sie per Zufall, dass Maggie noch lebt und macht sich auf die Suche nach ihr.
Es war spannend, die Suche nach Maggie zu verfolgen und es hat mich gefreut, dass auch Joshua seine Hilfe angeboten hat. Die Charaktere sind sehr vielschichtig. Vivs Vater und Mr. Thompson haben keinen eigenen Willen, sie sind wie Marionetten in den Händen ihrer Frauen, Vivs Mutter ist eine bigotte und gefühlskalte Person, Mrs. Thompson will Maggie nicht wieder abgeben, da sie sich immer Kinder gewünscht hat, aber keine bekommen konnte. Joshua ist jung und unerfahren, er hatte sich in Amerika die Verwirklichung seiner Träume erhofft, mit Viv verband ihn bis zur Heirat nur eine kurze Bekanntschaft.
Vom Antisemitismus in England wusste ich bis dato nichts. Joshua wurde aufgrund seiner Religionszugehörigkeit nicht nur von Vivs Familie, sondern auch von anderen abgelehnt, ja während des Krieges sogar von nicht-jüdischen Soldaten.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und authentisch. Ich konnte mich gut in Viv hineinversetzen, ich weiß nicht, welche Entscheidung ich getroffen hätte, wenn es heißen würde, dass das Leben meines Kindes in Gefahr ist, wenn ich es nicht fortschicke. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle Leser*Innen von historischen Romanen, insbesondere für diejenigen, die sich für die Zeit des 2. Weltkriegs in Großbritannien interessieren.

Bewertung vom 05.01.2024
Die Melodie der neuen Zeit
Daniel, Sibel

Die Melodie der neuen Zeit


ausgezeichnet

Es handelt sich um den zweiten Band der Trilogie „Fremde Heimat“, die an die Geschichte der Familie der Autorin angelehnt ist. Obwohl ich den ersten Band, der in Bessarabien spielt, nicht gelesen habe, bin ich zügig in die Geschichte eingetaucht.
1942: Nach einem längeren Aufenthalt in einem Umsiedlungslager in Österreich kommt Alma mit ihrer Familie in ein Lager in Litzmannstadt in Polen. Dort wird ihnen als Entschädigung für ihren Besitz in Bessarabien ein Gutshof zugewiesen. Der polnische Gutsherr arbeitet von nun an als ihr Knecht. Almas kleine Geschwister freunden sich mit den polnischen Kindern an, doch das vermeintliche kleine Glück hält nicht lange an. Der Gutshof wird von Partisanen überfallen, die Familie zieht weiter.
Währenddessen arbeitet Alma als Krankenschwester an der Ostfront in der Ukraine. Dort trifft sie Emma und Gregor wieder, ihre Freunde aus Bessarabien. Emma ist ebenfalls Krankenschwester geworden. Beide verlieben sich in den Ungarn Janos. Gregor ist bei der Waffen-SS, und Alma zweifelt immer mehr daran, ob sie wirklich seine Frau werden will.
Am meisten hat mich die ausführliche und authentische Beschreibung der Flucht in den Westen berührt. Wochenlang waren Alma, ihr Vater, ihre Stiefmutter, ihre Schwägerin und deren drei Kinder im Flüchtlingstreck unterwegs, die Rote Armee im Nacken. Die Erlebnisse auf der Flucht haben mir Schauer über den Rücken gejagt, ein Kind ist unterwegs erfroren, eins ist beinahe ertrunken, als der Pferdewagen ins Eis eingebrochen ist. Es ist ein Wunder, dass die Vertriebenen nicht an Hunger oder Kälte gestorben sind, beides stellte eine genauso große Gefahr dar wie die Rote Armee.
Eine neue Heimat findet die Familie zunächst in Süddeutschland, Almas drei Brüder gelten als vermisst. Erst in den 1950er Jahren wandert ein Teil der Familie nach Argentinien aus. Die Geschichte der Auswanderung wird im dritten Band erzählt, den ich bereits mit Spannung erwarte.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und konnte es insbesondere ab der Hälfte kaum noch aus der Hand legen. Die Trilogie „Fremde Heimat“ empfehle ich allen Leser*Innen von historischen Romanen, insbesondere denjenigen, die sich für die Zeit des II. Weltkriegs und die Flucht aus den Ostgebieten interessieren.

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Bewertung vom 05.01.2024
Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto
Klasen, Jörn

Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto


ausgezeichnet

Etwa fünf bis acht Prozent der Weltbevölkerung leiden an einer Autoimmunerkrankung, besonders viele davon an Hashimoto- Thyreoiditis und Diabetes Typ 1. Oft werden Autoimmunerkrankungen durch hormonelle Veränderungen wie eine Schwangerschaft oder Wechseljahre ausgelöst.
In dem Ratgeber von Dr. Klasen erfahren wir wie Hashimoto entsteht, welche Faktoren die Erkrankung auslösen, die wichtigsten Symptome und welche Untersuchungen für die Erstellung einer Diagnose nötig sind, inklusive eines Selbsttests.
Da die Schilddrüse auch als „Sitz der Seele“ bezeichnet wird, enthält der Ratgeber ebenfalls Tipps und Übungen für das seelische Gleichgewicht.
Die Einnahme von Schilddrüsenhormonen ist notwendig, um die fehlenden körpereigenen Hormone zu ersetzen. Doch auch die richtige Ernährung hilft dabei, die Entzündungen im Körper zu bekämpfen.
Es gibt einen Überblick über empfehlenswerte Lebensmittel und solche, die Hashimoto-Patienten meiden sollten sowie Tipps zum erfolgreichen Abnehmen.
Im Kapitel „Hilfe aus der anthroposophischen Medizin“ sind Präparate aufgelistet, die z.B. in depressiven Phasen oder bei Eisenmangel eingenommen oder äußerlich aufgetragen werden sollten. Es gibt auch eine Auflistung von Antioxidanzien, die wichtiger Bestandteil einer antientzündlichen Ernährung sind.
Der Ratgeber enthält auch viele Rezepte, die nach Empfehlungen fürs Frühstück, warmen Mahlzeiten und Snacks aufgeteilt sind, abgerundet durch einen Wochenplan.
Die fünfzig enthaltenen Rezepte sind leicht zum Nachkochen, und die Zutaten bekommt man in fast jedem Supermarkt oder Discounter.
Ich finde den Ratgeber äußerst informativ und habe bereits einige der Rezepte nachgekocht, besonders lecker finde ich das Möhrenbrot und die Paprika-Frittata. Ich werde meine Ernährung entsprechend umstellen und freue mich schon auf die leckeren Gerichte. Interessant fand ich auch die Kapitel über die Funktionsweise der Schilddrüse und ihren Einfluss auf den gesamten Organismus. Natürlich ist das Buch insbesondere für diejenigen empfehlenswert, bei denen der Verdacht auf Hashimoto oder eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt oder Patienten, bei denen Hashimoto bereits diagnostiziert wurde.

Bewertung vom 04.01.2024
Spiel der Lügner / Ffion Morgan Bd.2 (eBook, ePUB)
Mackintosh, Clare

Spiel der Lügner / Ffion Morgan Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es handelt sich um den zweiten Band der Reihe um die walisische Kommissarin Ffion Morgan und den englischen Ermittler Leo Brady. Ich empfehle, den ersten Band „Die letzte Party“ zuerst zu lesen, um Ffion und Leo bei ihrer ersten gemeinsamen Ermittlung kennenzulernen.
In Ffions Heimatort Cwm Coed in Nordwales wird auf dem Berg Pen y Ddraig, der von Nicht-Walisern Drachenberg genannt wird, die Reality Show „Exposure“ gedreht.
Es gab Tausende von Bewerbern, die am vermeintlichen Survival Camp teilnehmen wollten. In der ersten Folge wird bekanntgegeben, dass es sich keineswegs um ein Überlebenstraining handelt, sondern Geheimnisse der Teilnehmer*Innen in der Show enthüllt werden. Die Überraschung und das Entsetzen sind groß, einer der Teilnehmer verlässt sogar fluchtartig das Camp. Es dauert nicht mehr lange, bis ein Mitglied der Filmcrew ermordet aufgefunden wird.
Zur Unterstützung der walisischen Polizei wird der englische Ermittler Leo Brady angefordert, den Ffion bereits von einer früheren Ermittlung eineinhalb Jahre zuvor kennt. Ffion sieht Leos Kommen mit gemischten Gefühlen entgegen, da sie ihn seit der letzten Ermittlung nicht gesehen hatte, und die beiden damals beinahe ein Liebespaar geworden wären.
Anfangs fiel es mir schwer, die vielen Charaktere auseinanderzuhalten: das Ermitlerteam (Ffion, Leo, George, Malik und Alun), die sieben Teilnehmer*Innen der Show und die aus vier Personen bestehende Filmcrew, so dass ich öfter mal zurückblättern musste, um nachzulesen, wer nochmal wer war. Die Teilnehmer und ihre Geheimnisse wurden im Laufe der Handlung aber alle ausführlich vorgestellt.
Ffions Mutter Elen und ihre Tochter Seren kannte ich bereits aus dem ersten Band. Serens Freund Caleb verrichtet Aushilfstätigkeiten für den Produzenten der Show und ist deswegen mitten oft im Camp.
Dave, der Hund, den Ffion aus einem Tierheim hat, spielt eine große Rolle bei den Ermittlungen. Dave ist 40 kg schwer und kann nicht allein zuhause bleiben, da sich die Nachbarn über sein Geheule beschweren. Da er schon einige Hundesitter an den Rand der Verzweiflung gebracht hatte, überlegt Ffion schweren Herzens, ihn ins Tierheim zurückzubringen.
Auch der zweite Fall für Ffion und Leo hat mir sehr gut gefallen, nicht so sehr wegen der Spannung oder der atemberaubenden Enthüllungen bzw. Geheimnisse, sondern hauptsächlich wegen der sympathischen Protagonist*Innen und der Nebenhandlung. Bis zum Schluss habe ich gerätselt, ob Ffion und Leo zusammenkommen. Auch die walisische Sprache, das Setting in den walisischen Bergen und das Lokalkolorit haben es mir angetan. Ich freue mich schon jetzt auf weitere Fälle für Ffion und Leo.

Bewertung vom 29.12.2023
Der Schacherzähler
Pinnow, Judith

Der Schacherzähler


sehr gut

Optik und Haptik des Buches finde ich wunderschön, das Cover ist umwerfend. Ich habe noch kein Buch von Judith Pinnow gelesen und habe mich nach der Leseprobe sehr auf das Buch gefreut.
Zum Inhalt: Walter ist verwitwet und verbringt seine Tage allein mit Schachspielen im Park, seine verstorbene Frau ist seine imaginäre Schachgegnerin.
Malu ist alleinerziehende Mutter des 9jährigen Janne. Sie arbeitet im Blue Hour, dem einzigen Coffee Shop in dem kleinen Ort Bad Altbach. Mit Hinnerk, dem Inhaber des Cafés, ist sie gut befreundet.
Malu und Janne gehen fast täglich in den Park, wo Janne sich auf der Rampe mit seinem Scooter auspowert. Eines Tages spricht Janne Walter an, der sich als Oldman vorstellt. Oldman bringt Janne das Schachspielen bei, Janne erweist sich als Naturtalent. Malu ist angesichts der Bekanntschaft des ungleichen Paares erst skeptisch, nach und nach lernt sie Walter aber näher kennen, und die drei verbringen immer mehr Zeit miteinander.
Neben der sich allmählich entwickelnden Freundschaft der drei gibt es einen weiteren Handlungsstrang, in dem es um die Zukunft des Blue Hour geht. Das Café ist in den roten Zahlen und Malu überlegt, wie es gerettet werden kann.
Dann gibt es da noch Liv, Malus beste Freundin. Sie ist Künstlerin und lebt mit ihrem Mann Alex und Tochter Allegra zusammen, Sohn Vincent ist bereits ausgezogen, um zu studieren.
Alle Handlungsstränge drehen sich um das Thema Vaterschaft und die Frage, welche Rolle der biologische Vater im Leben eines Kindes spielt.
Den Aufbau und den Schreibstil fand ich etwas gewöhnungsbedürftig. Die kurzen Kapitel sind aus der Sicht der wichtigsten Charaktere geschrieben, wobei oft innerhalb des Kapitels die Personen wechseln, und auf einmal die Sicht eines anderen Charakters folgt. Beim Hörbuch würde ich durcheinanderkommen, es sei denn, es würden mehrere SprecherInnen vorlesen: Malu, Janne, Oldman, Liv und Hinnerk. Verwirrend fand ich, dass bei allen außer Oldman die Ich-Perspektive verwendet wird.
Sehr gut gefallen haben mir die kleinen Skizzen, von denen hätte es gerne noch mehr geben können. Berührt haben mich die Rückblenden aus Walters Vergangenheit, das Kennenlernen von Walter und Lieschen, ihre lange und glückliche Ehe. Malus und Jannes Beziehung wird als sehr liebevoll beschrieben, Malu ist eine tolle Mutter, die sich oft über Jannes Lehrerin aufregen muss, die kein Verständnis für den lebhaften Jungen aufbringt und ihn sogar für eine Zeit lang von der Schule suspendiert.
Das Ende ist schön, aber nicht sehr überraschend. Es kommt wenig bis gar keine Spannung auf, die Handlung ist vorhersehbar.
Bis auf die von mir erwähnten Kritikpunkte hat mir das Buch gut gefallen, ich empfehle es allen, die gerne ruhige Wohlfühlbücher lesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.