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Benutzername: 
Hennie
Wohnort: 
Chemnitz

Bewertungen

Insgesamt 275 Bewertungen
Bewertung vom 28.02.2020
Qube / Aus der Welt der Hologrammatica Bd.2
Hillenbrand, Tom

Qube / Aus der Welt der Hologrammatica Bd.2


sehr gut

Ist das unsere Zukunft?

Tom Hillenbrand - Qube
Thriller
Aus der Welt der Hologrammatica, Band 2

Um mir die Bewertung von „QUBE" etwas leichter zu machen und, um das komplexe Geschehen in dem Thriller besser einordnen zu können, habe ich mir vorher nochmals meine Rezension zu "Hologrammatica“ durchgelesen. Immerhin las ich den Vorgängerband bereits im Februar 2018. Er war mir nicht mehr so präsent.

Es sind drei Jahre vergangen, seitdem die KI der Menschheit entkommen konnte. Die KI befand sich damals in einem Quantencomputer, einem sogenannten Qube. Was geschah damit? Wo befindet sich diese? Gibt es mittlerweile sogar mehrere dieser Würfel?
Im London des Jahres 2091 wird dem Investigativjournalisten Calvary Doyle auf offener Straße in den Kopf geschossen. Er war in seinen Recherchen zum Thema Künstliche Intelligenz einer neuen Spur nachgegangen und mit großer Wahrscheinlichkeit fündig geworden. Sein Leben geht aber weiter als „Hohlkopf“, d. h. er wird zum „Quant“ mit digitalem Gehirn, wobei allerdings die entscheidenden Informationen seiner Arbeit verlorengingen. Die erfahrene UNO-Agentin Fran Bittner beginnt mit ihren Ermittlungen...

Mit scheinbar unerschöpflichen Phantasiereichtum, mit vor allem technischer Raffinesse, mit unvorhersehbaren Wendungen, führte mich der Autor durch sein neues Werk. Die zahlreichen Handlungsstränge mit verschiedenen Personen laufen parallel und führen in fremde Welten ein. Eine der Protagonisten ist erneut Fran Bittner, der in „Hologrammatica“ der Klimacomputer Æther entwischte. Für die Darstellung ihres Charakters verwendete der Autor viel Sorgfalt. Sie wechselt öfter den Körper als andere Menschen ihre Schuhe, auch das Geschlecht dank der neuartigen Techniken wie bspw. Holonet und Mind Uploading. Es scheint inzwischen alles möglich zu sein. Nur auf die Frage nach der Unsterblichkeit des Menschen gibt es noch keine Lösung. Oder doch? Und da kommt ein fieser Milliardär (Clifford Torus) in die Geschichte und es wird noch spannender. Durch seine Figur kam ich auf die Idee mir Infos zu „Descartes“ einzuholen. René Descartes war ein französischer Forscher (1596 – 1650), der zunächst alles in Frage stellte (Gibt es möglicherweise gar nichts wirklich?). Von ihm stammt der Spruch: „Cogito ergo sum: Ich denke, also bin ich!“
Für mich war es äußerst hilfreich, nicht über alles in dem Thriller zu intensiv nachzudenken. Der Handlungsstrang mit dem Jungen Franek, Marya, dem Gelben und dem Blauen Zauberer hat sich mir noch nicht erschlossen. Vielleicht sehe ich da im nächsten Band durch?
Die Darstellung des superintelligen Computers als menschlich fühlendes Etwas fand ich gut gelungen. Nur ein Zitat als Beispiel:

S. 345 „Ich mag keine Menschen sterben sehen,...“ Diese Aussage läßt mich für eine Welt mit KI hoffen!

Fazit:
Die gesamte Geschichte ist nicht einfach zu lesen, nicht zuletzt wegen der vielen technischen Begriffe, aber letztendlich hat es mich gut unterhalten. Ein Glossar befindet sich am Ende des Buches. Ich habe sie mir vorher schon mal angeschaut und wieder ins Gedächtnis gerufen.
„QUBE“ ist ein ideenreicher Sci/Fi-Thriller mit Geschehnissen, die mich manchmal überforderten.

Ich empfehle das Buch Fans des Genres und bewerte mit vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 20.02.2020
Abgefackelt / Paul Herzfeld Bd.2
Tsokos, Michael

Abgefackelt / Paul Herzfeld Bd.2


ausgezeichnet

Herzfeld erneut in Bedrängnis

Das ist der zweite Band aus einer Reihe um den Rechtsmediziner Paul Herzfeld.

„...weit weg von diesen ganzen Irren, die du ja scheinbar anziehst wie ein Kuhfladen die Fliegen,...“ [S. 319] – diese Worte sprach Herzfelds Lebensgefährtin zu ihm, nachdem er den Anschlag auf sein Leben so gerade überstanden hatte. Das waren auch meine Gedanken, die mir beim Lesen dieses Thrillers öfter in den Sinn kamen.

Kurz zum Inhalt:
Eigentlich sollte sich Paul von den Strapazen des letzten Falles erholen. Deshalb versetzte ihn sein Chef auf den vermeintlich ruhigen Posten in der Pathologie, von Kiel nach Itzehoe. Doch weit gefehlt! Auch da warten auf ihn unerklärliche Vorgänge. Sein Vorgänger verstarb unter sehr mysteriösen Umständen. Er verbrannte im Archivgebäude des Klinikums mit samt den Akten und den Gewebeproben. Herzfeld beginnt mit seinen Nachforschungen, macht sich bei mehreren Leuten unbeliebt und bringt sich in den Fokus einer skrupellosen Killerin...

Meine Meinung:
Das alles liest sich sehr spannend und unterhaltend. Herzfeld ist ein sehr aktiver, scharfsinniger Rechtsmediziner, der ungeklärten, zweifelhaften Dingen sofort auf den Grund gehen muss und dabei wiederholt in prekäre, lebensgefährliche Situationen gerät.
Dem Autor Michael Tsokos gelingt es hervorragend kriminalistische Tathergänge und medizinische Beschreibungen in einen ansprechenden Kontext zu bringen. Obwohl Fachtermini Anwendung finden, konnte er mir grundlegende Einblicke in die Arbeit eines Rechtsmediziners/Pathologen vermitteln. Die Erklärungen erfolgten verständlich, obwohl detailreich und wie nebenher in der Handlung. Für mich wirkte es nicht aufgesetzt oder dozierend. Der klare, schnörkellose Schreibstil, die kurzen Kapitel, die mit Datum, Uhrzeit, Ort gekennzeichnet sind, machten es möglich, dass ich sehr schnell mit dem Lesen fertig war.
„Abgefackelt“ bringt alle Elemente des Thrillers ins Geschehen ein. Die Charaktere der einzelnen Personen gefallen mir gut, auch wenn z. B. der Kriminalkommissar Dennecke und die Auftragskillerin ab und an leicht überzogen auf mich wirkten. Ich finde, das darf in dem Genre so sein!
Der aus einem Wort bestehende Titel wurde gut gewählt, fügt sich sinnentsprechend ins Geschehen ein.
Am Ende des Buches kommt ein fieser alter Bekannter aus der Versenkung und Michael Tsokos verspricht: "Im nächsten Buch muss Herzfeld das Unvermeidliche erleben...“
Ich kann die Fortsetzung kaum erwarten.

Fazit:
Die Handlung bleibt Fiktion, wenn sie auch sehr glaubwürdig und wissenschaftlich fundiert daherkommt. Es ist eine Geschichte, die aus realen Vorkommnissen mit verschiedenen Sachverhalten verflochten wird. Dazu sollte man die aufschlussreichen Bemerkungen des Autors im Anhang aufmerksam lesen und eigene Schlüsse ziehen.

Michael Tsokos als Profi der Rechtsmedizin bekommt von mir die Höchstbewertung und ich empfehle diesen Thriller sehr gern!

Bewertung vom 17.02.2020
Die Bagage
Helfer, Monika

Die Bagage


sehr gut

SCHÖNHEIT - FLUCH UND SEGEN
Auf nur 159 Seiten präsentiert Monika Helfer die einzigartige, ungewöhnliche Lebensgeschichte ihrer Familie mütterlicherseits. Die Hauptperson ist ihre Großmutter Maria, die permanent über ihre große Schönheit definiert wird und die ihr mehr Fluch als Segen ist.

Was will mir das Geschehen sagen? Über 100 Jahre ist das her. Da ereignen sich die Dinge um die „Bagage“. Maria und Josef (wie aus der Bibel!) leben mit ihren noch vier Kindern außerhalb eines Bergdorfes in ärmlichen Verhältnissen. Sie werden gemieden, fast geächtet von den Bewohnern. Die Eltern indes scheinen sich selbst genug, obwohl von Liebe nie die Rede ist. Josef ist ein wortkarger Mann, kann gut mit Zahlen umgehen und macht sich beim Bürgermeister nützlich.
Man schreibt das Jahr 1914, der erste Weltkrieg beginnt, und Josef Moosbrugger als alleiniger Ernährer der Familie wird in die Armee einberufen. Das ist der alles entscheidende Ausgangspunkt für die darauf folgenden Situationen. Maria bleibt mit ihren Kindern allein zurück. Sie sollen auf Josefs ausdrücklichem Wunsch vom Bürgermeister beschützt werden. Dann kommt ein gutaussehender, charismatischer Deutscher ins Dorf und mit Maria und ihrer Bagage in Kontakt. Wie alles in dem Büchlein werden die Begebenheiten sehr komprimiert erzählt. Die zeitlichen Abfolgen zwischen Josefs Fronturlaub, die Besuche von Georg legen Vermutungen nahe. Maria wird schwanger mit Grete, der Mutter der Autorin. Die Gerüchte kochen hoch und das Leben für die Familie wird noch härter.

Erzählt wird skizzenhaft, auch mal zwischen den Zeilen, verschwommen wie das Cover, dass ein Gemälde des bekannten Malers Gerhard Richter zeigt. Nur in Andeutungen werden immer wieder die gleichen Aspekte der Familienmitglieder beleuchtet und doch ist es sehr komplex, was die Autorin über ihre Ahnen preisgibt. Von den Geschwistern ihrer Mutter erzählt sie, aber die Grete bleibt wie ein Phantom. Doch ist das weiter nicht verwunderlich, da sowohl sie als auch schon Mutter Maria jung sterben. Josef ebenso.
Aus der Ich-Perspektive und im auktorialen Stil erfolgen die Abläufe in der Geschichte, wobei die Erzählstile auch des öfteren innerhalb eines Satzes wechseln. Das erforderte Aufmerksamkeit beim Lesen.

Monika Helfer erzählt sehr speziell von ihrer eigenen Herkunft und führt den Leser von 1914 bis in die Gegenwart.

Ich empfehle „Die Bagage“ und bewerte mit vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 16.02.2020
Tiefer Fall / Doggerland Bd.2
Adolfsson, Maria

Tiefer Fall / Doggerland Bd.2


sehr gut

Mordermittlung zwischen Weihnachten und Dreikönigstag

„Doggerland - Tiefer Fall“ ist der zweite Band zu einer Krimi-Trilogie von Maria Adolfsson.

Karen Eiken Hornby ist noch nicht vollständig genesen, als sie von ihrem Chef gebeten wird, die Ermittlungen eines Todesfalls auf Noorö, der nördlichsten Insel von Doggerland, aufzunehmen. Obwohl Weihnachten ist, begibt sie sich umgehend dorthin, stürzt sich in die Arbeit. Bald stellt sich heraus, dass der Tote, ein pensionierter Hochschullehrer, ermordet wurde. Mitten in den Untersuchungen passiert ein weiterer Mord in der Nähe einer Whiskybrennerei. Karen steht vor großen Herausforderungen. Auf dieser Insel lebt ein Teil ihrer Familie. Sie schwelgt in Kindheitserinnerungen und gleichzeitig muss sie zur Kenntnis nehmen, dass gewisse Verwicklungen bestehen...

Im Verlaufe der 415 Textseiten mit 86 Kapiteln, dem Pro- und Epilog wurde ich solide in einem angenehmen Erzählstil unterhalten. Wie schon im vorigen Band ist die gründliche Charakterzeichnung der Personen der Autorin sehr wichtig. Die Charaktere sind ausgefeilt bis hin zu den Nebenfiguren. Der Autorin sind ebenfalls die Lebensumstände der Menschen sehr wichtig. Deshalb erfährt der Leser eine Menge von Karens Umfeld, ihren Befindlichkeiten, ihrer Haltung zu anderen Personen. Das nimmt einen breiten Raum ein und wird ausführlich erzählt. Die Morde erscheinen aus diesem Aspekt gesehen beinahe wie Nebensache. Aus diesem Grunde ist das Buch für mich weniger ein Krimi als ein Spannungsroman. Am packendsten fand ich die Nebenhandlung um Aylin, der Freundin von Karen. Da kam richtig Gruselstimmung auf. Trotzdem fühlte ich mich insgesamt gut unterhalten.

Schön finde ich die Karte im Umschlag des Buches, die die Lage des fiktiven Doggerlandes sehr schön nachvollziehbar macht. Dazu noch der vergrößerte Auszug des Inselstaates mit seiner Hauptstadt Dunker und den anderen Handlungsorten.
Gelernt habe ich, was man sich unter Schiffssetzung vorzustellen hat. Das hörte ich noch nie. Laut Wikipedia ist das eine bootumrissförmige Steinsetzung, die primär im skandinavischen Ostseeraum vorkommt und Brand- oder Urnengräber markiert.

Fazit:
Der Krimi verfügt über einen abwechslungsreichen Plot mit sehr gut ausgearbeiteten Charakteren. Den meisten Personen möchte ich im Teil 3 wiederbegegnen. Verzichten kann ich auf den fiesen Chef Karens, aber vielleicht erlebt man da noch eine Überraschung!?

Meine Bewertung: Vier von fünf Sternen! Ich empfehle das Buch als unterhaltsame Lektüre.

Bewertung vom 12.02.2020
Die Prüfung / Das Internat der bösen Tiere Bd.1
Mayer, Gina

Die Prüfung / Das Internat der bösen Tiere Bd.1


ausgezeichnet

DER LEOPARD MIT DEN EISBLAUEN AUGEN
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Noël, der zum großen Teil unverschuldet von einem Schlamassel ins nächste gerät und von seiner Adoptivmutter schließlich keinerlei Unterstützung mehr erhält und sie sich von ihm abwendet. Seine Lage erscheint ihm aussichtslos. Der Junge ist verzweifelt. So nimmt er das Angebot einer sprechenden Ratte an, die ihn auf ein Containerschiff lockt mit einem sonderbaren Versprechen. Das Ende seiner Reise sollen die Inseln der bösen Tiere sein, wo immer die sein mögen.

Im besonderen Maße fällt das wunderschöne Cover ins Auge. Das ist ein absoluter Eyecatcher und zieht sofort die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Es wird den Kindern gefallen! Ein blauäugiger Leopard schaut aus dem Buchdeckel und gleichzeitig aus einer kaputten Mauer auf den Betrachter. Schlägt man das Buch auf, sieht man das schöne Tier in grüner Natur, umgeben von dichtem Blattwerk und Paradiesvogelblumen.
Die fantastische Geschichte um Noël ist spannend und abwechslungsreich. Sie steigert sich immer weiter über die drei Teile. Gemeinsam mit ihm wird der Leser in eine Welt hineingezogen, die seltsam, fremd und sehr exotisch ist. Die Tiere auf den sechs Inseln bedienen sich alle einer Gedankensprache und kommunizieren problemlos miteinander. Sie haben das im „Internat der bösen Tiere" gelernt. Der Junge ist auserwählt und soll das auch lernen, bevor er sich einer gefährlichen Prüfung unterziehen muss. Die Prüfung wird hier im ersten Teil (Untertitel „Die Prüfung“) vollzogen und der kleine Leser darf gespannt sein, welchen Gefahren er sich aussetzen muss und wie es für ihn ausgehen wird.

Als Erwachsene empfand ich die Tiere, mit denen Noël auf der Insel zu tun hatte, nicht als böse. Gefährlichkeit und Bösartigkeit liegen im Fokus des Lesenden, finde ich. Spielerisch leicht werden die Rollen der unterschiedlichsten Spezies vorgestellt, z. B. Mrs. Moa eine Riesenschlange als Schuldirektorin oder die Krankenschwester Liubu, eine Gorilladame. Haie werden als Retter dargestellt und Delphine sind angriffslustig – entgegen ihrer tatsächlichen Erscheinungsform und unserer Wahrnehmung in der Natur.

Ich bin mir sicher, dass meiner Enkelin dieses Buch gefallen wird und sie recht schnell die Fortsetzung lesen möchte. Allerdings ist sie gerade acht Jahre alt geworden und vielleicht noch etwas zu jung für diese Geschichte. Das Lesealter wird mit 10 Jahren empfohlen. Dem stimme ich zu. Vielleicht wird der zweite Band zum Ende des Jahres erscheinen, so dass ich dann beide Bücher zum Weihnachtsfest an sie verschenken kann.

Bewertung vom 12.02.2020
Schweige still / Cyrus Haven Bd.1
Robotham, Michael

Schweige still / Cyrus Haven Bd.1


ausgezeichnet

LÜGEN UND GEHEIMNISSE
„Schweige still" ist meine erste literarische Begegnung mit dem australischen Autor Michael Robotham. Mein Einstieg in die neue Reihe um den forensischen Psychologen Cyrus Haven und dem rätselhaften, gleichwohl verstörten wie ebenso verstörenden Teenager Evie Cormac konnte nicht passender sein.

Mit den beiden Protagonisten schuf der Autor zwei starke Charaktere, die beide eine schlimme Vergangenheit zu bewältigen haben. Der Psychothriller spielt in Großbritannien und erzählt ihreLebensgeschichten. Diese allein sind schon sehr komplex. Cyrus wird durch die Polizei mit einbezogen in einen aktuellen Fall, bei dem eine junge Eiskunstläuferin ermordet wurde. Mit Evie kommt er in Kontakt durch einen Freund. Das junge Mädchen ist beschädigt, selbstzerstörerisch durch ihr Erleben und doch selbstbewußt, mit einer Gabe gesegnet (Cyrus über Evie: Sie ist ein „truth wizard").

Ich bin sehr angetan vom Schreibstil Robothams und vom gesamten, behutsamen Aufbau des Auftaktromans. Es gibt viele schöne, ausdrucksvolle, empfindsame Sätze bei ihm. Ich war ein über das andere Mal erstaunt diese in einem Thriller zu lesen. Der Fokus liegt bei den vielseitigen, detailreichen, teilweise ziemlich intensiven Handlungsebenen in der Hauptsache auf Evie und Cyrus, wobei sehr viel Raum für die weitere Entwicklung des Geschehens bleibt.
„Schweige still“ entwickelt sich spannungsreich über 507 Textseiten. In 72 kurzen Kapiteln wechseln sich die Berichte aus Cyrus und Evies (Angel Face) Sicht ab. Sie sind meiner Meinung nach sehr gut gelungen.
Es wird in diesem Band nicht aufgedeckt, was dem jungen, ziemlich komplizierten Mädchen widerfahren ist und warum sie diese Fähigkeit, Lügen zu erkennen, entwickelte. Vieles bleibt noch im Dunklen. Auch über den sympathischen Cyrus gibt es noch einiges zu erfahren und über verschiedene andere Personen ebenfalls. Ich denke da an die Polizistin Lenny oder an den undurchsichtigen Councillor (Stadtrat/Bürgermeister) Jimmy Verbic. Das läßt mich ungeduldig und sehr neugierig auf den Folgeband warten, hoffentlich in baldiger Zukunft!

Die Story wird zum Ende hin mit vielen aktionsreichen Szenen gut aufgelöst.

Fazit:
Der Auftaktband zur neuen Reihe von Robotham bescherte mir unterhaltsame Lesestunden. Es ist eine spannende Lektüre mit starken Protagonisten und einer Handlung, die gekennzeichnet wird von sehr vielen Lügen, familiären Geheimnissen, kriminellen Machenschaften und tiefgreifenden menschlichen Tragödien in Vergangenheit und Gegenwart.
Der Titel „Schweige still" bezieht sich sicher auf Evie, die nichts über ihre Vergangenheit aussagt, nicht einmal wer sie ist, wo sie herkommt...

Meine Bewertung: Eindeutig fünf von fünf Sternen und meine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.02.2020
Der Gesang der Flusskrebse (eBook, ePUB)
Owens, Delia

Der Gesang der Flusskrebse (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

LEBEN IM EINKLANG MIT DER NATUR
“Ein schmerzlich schönes Debüt, das eine Kriminalgeschichte mit der Erzählung eines Erwachsenwerdens verbindet und die Natur feiert.” The New York Times

Dieser Aussage möchte ich mich anschließen. Delia Owens erzählt in ihrem Debüt eine berührende, eindrucksvolle Geschichte vom besonderen Schicksal des "Marschmädchens“.
Catherine Danielle Clark, genannt Kya, das Marschmädchen, lebt im Marschland (daher auch der Name) an der Küste von North Carolina. Ihr Lebensraum ist voller seltener Tier- und Pflanzenarten, die sie ein Leben lang begleiten und beschäftigen werden.
Bereits mit 6 Jahren wird sie nach und nach von allen verlassen, von der Mutter und ihren vier älteren Geschwistern. Nur der gewalttätige, heruntergekommene Vater bleibt zurück, der allerdings ein verwahrlostes Alkoholikerleben führt. So ist die Kleine auf sich allein gestellt, mit 10 Jahren vollkommen nach dem endgültigen Verschwinden des Vaters.

Vom ersten Moment an war ich von der unglaublichen Persönlichkeit Kyas in den Bann gezogen. Es ist erstaunlich wie weit es dieses naturverbundene Mädchen gänzlich ohne Schulbildung bringt, wie sie sich ihre Welt erobert, zum Teil der sie umgebenden Natur wird.
Sie liebt diese Marschlandschaft mit ganzer Kraft und, nachdem sie von ihrem Kindheitsfreund Tate lesen und schreiben gelernt hatte, auch Gedichte. Kya lebt ihr Leben in Einsamkeit, sie meidet den Kontakt mit den Bewohnern von Barkley Cove, nachdem sie unliebsame Erlebnisse erdulden musste. Ihre einzigen Verbündeten sind Jumpin und Mabel, die selbst am Rande der Gesellschaft, in der Schwarzensiedlung, leben.
Kya wird enttäuscht von Menschen, denen sie sich geöffnet hatte, wird verspottet, diskriminiert, in ihren intimsten Gefühlen verletzt, verraten und betrogen. Sie zieht sich im Laufe der Jahre immer mehr zurück. In eine sehr prekäre Lage gerät Kya, als die Leiche eines jungen Mannes in der Marsch gefunden wird. Die junge Frau kommt vor Gericht und der Prozeß vor einem voreingenommenen Publikum beginnt. Wie Delia Owens die Geschichte um Kya weitererzählt, war für mich ergreifend zu lesen. Die Auflösung gefiel mir sehr. Die Beschreibung der Handlung erfolgt in zwei Zeitebenen, 1952 und 1969. Die beiden Handlungsstränge fügen sich fabelhaft und gut nachvollziehbar ineinander.

Fazit:
Ich habe „Der Gesang der Flusskrebse" als ebook gelesen.

Die Hauptperson Kya ist eine starke, ungewöhnliche Figur in extremer Einsamkeit, die die Natur als Ersatz für menschliche Bindungen erfährt. Sie hat ihre eigene Lebensrealität fernab von einer snobistischen, kaltherzigen Gesellschaft in der kleinen Stadt, die das Mädchen verachten. Ich empfand ihre Lage nie als zu traurig, beileibe nicht als zu melancholisch, obwohl sie sehr oft allein ist. Das alles hat Delia Owens zusammen mit wunderbaren Naturbeschreibungen in einen sprachlich gewandten Kontext gebracht. Sie fügte mehreres (Krimi, Liebesgeschichte, Gerichtsschauspiel) zu einem glaubhaften, wenn auch manchmal etwas zu idealisiertem Ganzen zusammen. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten, vermute allerdings, dass dieses Buch eher die weibliche Leserschaft begeistern wird.

Das mich emotional stark berührende Werk bereitete mir viel Freude und spannende Lesestunden.
Es war für mich ein Lesehighlight 2019!
Deshalb bewerte ich mit fünf von fünf Sternen und gebe gern die Lese- und Kaufempfehlung.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2020
1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2
Natt och Dag, Niklas

1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Stockholm: Ende des 18. Jh.
„Schreckliches ist geschehen, doch es wird noch grausamer."

Rund ein Dreivierteljahr nach „1793" habe ich nun den Folgeband gelesen. Niklas Natt och Dag gelang es nach seinem hervorragenden Debüt, mit „1794“ eine weitere hochbrisante Geschichte zu erzählen. Hier wie da überzeugte mich der 40jährige Autor.

Nachdem Jean Michael Cardell (genannt Mickel) im Jahr zuvor durch die Ermittlungen zu dem männlichen Torso einer sinnvollen Tätigkeit nachging, ist er nun wieder ganz unten. Der einarmige Stadtknecht und Häscher hat resigniert bis zu dem Tag, als ihn eine Frau aufsucht. Sie wendet sich an ihn, da die Tochter in ihrer Hochzeitsnacht auf bestialischste Art und Weise ums Leben kam, angeblich von Wölfen so zugerichtet, die aber in der Gegend gar nicht heimisch sind. Von der Schuld des frisch angetrauten, jungen Ehemanns, der im Tollhaus sein Dasein fristet, ist sie in keinster Weise überzeugt. Und wieder geht ein Duo Cardell/Winge auf Spurensuche. Dieses Mal ist es nicht Cecil, der inzwischen der Tuberkulose erlag, sondern sein verstörter Bruder Emil Winge.
Stockholms knallharte, rücksichtslose Realität im Machtvakuum Schwedens geht weiter. Es herrschen anarchische Zustände in einer vor stinkendem Unrat strotzenden Stadt! Viele Menschen leben in unbeschreiblicher Armut, in unhygienischen Verhältnissen mit Ungeziefer aller Art. Krankheiten, Siechtum, Tod sind an der Tagesordnung, ebenso wie Trunksucht, Hurerei, rohe Gewalt bis hin zu Totschlag und Mord...

In vier Teilen folgen die Begebenheiten den Jahreszeiten, allerdings auch hier wieder wie im vorigen Band nicht in ihrer natürlichen Abfolge. In kurzen Kapiteln zeichnet Natt och Dag ein dichtes, kompakt erzähltes Sittengemälde, das mir ab und zu wegen der unvorstellbaren Grausamkeiten und der allgemein herrschenden, unmenschlichen und gesetzlosen Zustände den Atem raubte. Die Atmosphäre ist vorherrschend düster und zumeist äußerst brutal. Und trotzdem wirken die Szenarien und die Charaktere so realistisch, so greifbar. Die Geschichte der Anna Stina Knapp wird weitererzählt und bringt damit eine weibliche Note ins Bild samt der Rolle der Frau Ende des 18. Jahrhunderts. Nicht vorstellbar, was dieses junge Mädchen durchmacht.

[S. 95] „Der Mensch ist dazu gedacht, frei zu sein, und doch liegt er in Ketten, wo immer man hinsieht.“ Es sind Sätze wie dieser, ausgesprochen von einem Sklavenhalter, die mich immer mal wieder verwirrten. Am Ende sind sie bezeichnend für die abgrundtiefe Bosheit, Verdorbenheit, Unmenschlichkeit der betreffenden Person.

Zum Finale hin eskaliert es nochmal, obwohl das kaum möglich erschien. Der letzte Teil ist mit „Minotaurus“ untertitelt und ich meinte wirklich, dass ein Ungeheuer die bösartigen Taten auslöste. Die Menschen wurden zu seinem Opfer und verfielen zum Schluß der (vorläufigen) Orientierungslosigkeit. Ich bin nun sehr gespannt auf „1795“! Kann es noch grausamer werden?

Fazit:
Das Buch ließ sich hervorragend lesen. Der Sprachstil des Autors scheint durch die Übersetzerin Leena Flegler exzellent ins Deutsche übertragen worden zu sein.
Allerdings warne ich zartbesaitete, sehr empfindliche Menschen vor der Lektüre!

Ich vergebe fünf von fünf Sternen und meine Lese-/Kaufempfehlung.

Bewertung vom 04.01.2020
Zauberschön
Matt, Irene

Zauberschön


ausgezeichnet

FLORAPIS - WELT DER PFLANZEN UND BIENEN
Dieses als Märchenroman deklarierte Kinderbuch war für mich auch als erwachsene Person, als Mutter und Großmutter, eine vergnügliche und lehrreiche Lektüre.

In einem wunderschönen fiktiven Land, das sich Florapis nennt, regiert Florobert der 7. Die Bewohner sind heiter und glücklich unter seiner Regentschaft. Alles grünt und blüht. Jeder geht zufrieden seiner Arbeit nach. Sie leben in Wohlstand.

S. 30 „Es entsprach der Natur der Bürger von Florapis, sich nicht zu sorgen.“

Das ändert sich schlagartig als der König beschließt, seinem Sohn die Amtsgeschäfte zu überlassen. Da der Prinz als Kind von einer Biene gestochen wurde, entwickelte er im Laufe der Zeit eine krankhafte Angst vor allem und jedem. Er war sehr wunderlich geworden. Inzwischen hatte er Angst vor der Angst. Als er die Regierungsgeschäfte übernimmt, verlangt er den Bau einer Mauer um das gesamte Reich. Das bis dahin so friedliche, ruhige Land wird durch die lärmenden, dreckverursachenden Arbeiten empfindlich in seinen Grundfesten gestört. Das Getöse lockt Pankratz, einen Tatzelwurm an. Er sieht aus wie ein Drache, kann sich unsichtbar machen durch Ideenklau – Ideen sind seine liebste Nahrung. Sie schmecken ihm besonders gut. Von nun an geht es mit Florapis bergab. Die einzigste, die die Zusammenhänge erkennt, ist die hübsche Ava, die Tochter des Imkers...

„Zauberschön“ wurde fabelhaft und kindgerecht von Irene Matt erzählt und durch die farbig angenehm gestalteten teilweise ganzseitigen Zeichnungen von Silvia Paparella unterstützt.

Ich bewerte mit funkelnden fünf von fünf Sternen und empfehle das Buch für Groß und Klein!


Zusammenfassung:

179 Textseiten (gesamt 184)

7 Kapitel mit passenden Überschriften

Märchenroman

Hardcover

Illustrationen von Silvia Paparella

Bewertung vom 28.12.2019
Draußen
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Draußen


gut

BITTE WEITER MIT KLUFTINGER!
Um es ganz kurz und schmerzlos zu formulieren: „Draussen“ hat mich enttäuscht. Ich las den ersten Thriller von Klüpfel/Kobr zunächst mit voller Wissbegierde und einer gewissen Erwartungshaltung. Mein Interesse ließ aber leider schnell nach. Die Geschichte des Hauptcharakters Stephan hat ihren Ursprung in dessen Vergangenheit, ist auf seine Zeit in der Fremdenlegion beschränkt. Darauf bezieht sich die ganze Story mit ihren Charakteren.
Hier nur ein Zitat:

S. 125 „...Gewalt ist die Währung, mit der an diesem Ort bezahlt wird.“

Was für eine Aussage! Das gab mir sehr zu denken. Die Konflikte, die Zustände, der Alltag sind einfach nur furchtbar und menschenunwürdig. Es scheint nur harte, regelrecht entmenschte, emotionslose Männer dort zu geben.
Was vorher war und wie er dahin kam, wird nicht thematisiert. Ich empfand Stephan als äußerst seltsamen, lebensfernen, überdrehten Typ. Für mich ergründete sich nicht, warum er die beiden Jugendlichen, Joshua (15) und Cayenne (17), einem dermaßen kompakten, überaus harten, isolierten Überlebenstraining in den deutschen Wäldern unterzieht. Auch zu Ende des Buches nicht. War er auf persönlichem Rachefeldzug? Wenn es so sein sollte, warum zog er die Kinder da mit rein? Vollkommen unnötig! Die Gründe, die letztendlich angeführt werden, können dafür nicht herhalten. Um das darzulegen, müßte ich spoilern. Meine Begründung hat mit Stephans Fremdenlegionärszeit zu tun und den schrecklichen Geschehnissen dort. Diese lag aber schon einige Zeit zurück.
Ich habe die ganze Geschichte als nicht schlüssig empfunden. Es wird eine Menge angedeutet, vor allem aus der Ich-Perspektive aus der Zeit in der Fremdenlegion. Mehrere Erzählstränge werden eingeführt, die dann am Ende zwar zusammenführen, aber für mich in ihrer brutalen Härte nicht logisch und nachvollziehbar sind. Den Blackout (Stromausfall) in weiten Teilen Deutschlands fand ich für den Fortgang ebenfalls unnötig.

Die Auflösung war am Schluss spannend gestaltet, aber auch da wurde überspitzt gehandelt. Die Geschichte an sich mit ihren profillosen, klischeehaften Charakteren, teilweise langatmig erzählt, überzeugte mich nicht. Mir fehlte der Thrill. Unglaubwürdig, konstruiert, too much.

„Draussen“ ist kein herausragendes Werk von Klüpfel und Kobr. Sie sollten bei ihrem humorigen Kluftinger weitermachen!
Ich bewerte mit 2,5 Sternen, die sich auf den meisten Portalen als drei Sterne darstellen. Empfehlen kann ich die Geschichte als begeisterte Thrillerleserin leider nicht!