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Benutzername: 
SusanK
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 218 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2022
Noctis / Oxen Bd.5
Jensen, Jens Henrik

Noctis / Oxen Bd.5


gut

Als aus dem Hinterhalt von einem Sniper erschossene Veteranen aufgefunden werden, übernimmt der Dänische Inlandsgeheimdienst (PET) die Ermittlungen in Person von Margrethe Franck. Und auch Niels Oxen wird von Ex-PET-Chef Mossmann um Unterstützung gebeten. Als Oxen sich die Informationen der Polizistin Sally Finnsen, die merkwürdigerweise an verschiedenen Tatorten auftaucht, anschaut, erkennt er plötzlich eine Spur, die ihn in die Abgründe menschlicher Grausamkeit zieht ....

"Oxen. Noctis" ist bereits der fünfte Band des dänischen Erfolgsautors Jens Henrik Jensen um den Kriegsveteranen und ehemaligen Soldaten der dänischen Spezialeinheit Jægerkorpset Niels Oxen, der an Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und wiederkehrenden Albträumen leidet. Dieser fünfte Band ist in sich abgeschlossen und kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden; allerdings gibt es allerhand Anspielungen auf die vorhergehenden Ereignisse, deren Kenntnis sicher hilfreich sein könnte.

Während sich der erste Teil des Thrillers - passend zu den nicht vorankommenden Ermittlungen - ein wenig zieht, nimmt die Handlung immer weiter an Fahrt auf und führt zu atemloser Spannung bis hin zu einem dramatischen Finale, das alle offenen Fragen schlüssig aufklärt.

Und diese Handlung hat es in sich und ist sicher nichts für schwache Nerven, denn zu lesen ist von menschenverachtender Grausamkeit, bizzarem Sex und Organisationen, deren Macht und Reichtum schier unermesslich sind. Und wenn Jensen den Ex-PET-Chef Axel Mossman am Ende des Buches sagen lässt: "Die Wirklichkeit übertrifft jegliche Fiktion" möchte ich mir das dann wirklich nicht mehr vorstellen, da hier sämtliche Grenzen überschritten wurden. (Und ich bin sicher nicht zartbesaitet!)

Dass in einem Mordfall nicht nur die Kriminalpolizei ermittelt, sondern auch der Politiets Efterretningstjeneste (PET), der dänische Inlandsnachrichten- und Sicherheitsdienst, ist nachvollziehbar und die Unterstützung Externer (Oxen) und der Fahndungsbehörde (Sally) wird schlüssig erklärt. Was für eine Anzahl weiterer internationaler Geheimdienste und (östlicher) Länder dann schließlich mit involviert sind und welche Grausamkeiten beschrieben wurden, war mir dann aber doch ein wenig "too much" und ich musste mich anstrengen, den Überblick zu behalten. Und dabei war jede einzelne Kleinigkeit auch wichtig und notwendig für die Handlung, so dass Aufmerksamkeit erforderlich ist!

Die Figuren sind allesamt gut entwickelt, mehrdimensional und nachvollziehbar in ihren Handlungen und auch negative Eigenschaften fügten sich harmonisch ins Bild ein, so dass ich mit ihnen mitfieberte und mir vor allem Niels Oxen, seine kongeniale Partnerin Margrethe Franck, die junge Überfliegerin Sally Finnsen und der so gut vernetzte Axel Mossman schnell ans Herz wuchsen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass der Text etliche Fehler aufweist, die möglicherweise nicht dem Autor, sondern der Übersetzerin Friederike Buchinger anzulasten sind. (Beispiele: Im letzten Teil tragen die Männer heimlich "Handfeuerwaffen" - wobei es sich per Definition um Gewehre handelt, gemeint sind aber sicherlich "Faustfeuerwaffen" = Pistolen/Revolver. Oder es findet sich "die Olympiade 1972", was richtigerweise "die Olympischen Spiele von 1972" und nicht der Verjahreszeitraum zwischen den Spielen ist. Auch das Personalpronomen "sie" ist groß geschrieben, wenn es sich ausdrücklich nicht um eine Höflichkeitsanrede handelt.) Meiner Meinung nach darf so etwas bei einem Paperback zum Preis von 16,95€ im dtv-Verlag nicht passieren.

Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten, ich folge jedoch nicht den Begeisterungsstürmen und vergebe ein "gut", also drei Sterne.

Bewertung vom 03.04.2022
Engel des Todes / Paul Stainer Bd.3
Ziebula, Thomas

Engel des Todes / Paul Stainer Bd.3


ausgezeichnet

1920. Ein schwer traumatisierter Ex-Soldat verübt Rache an seinen vermeintlichen Peinigern, die er gnadenlos jagt und brutal erwürgt. Kriminalinspektor Stainer ermittelt unter erschwerten Bedingungen, denn die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Leipzig nehmen seine Kollegen und ihn in Beschlag ....

Mit "Engel des Todes" legt Thomas Ziebula seinen dritten historischen Krimi um den charismatischen Kriegsveteran Paul Stainer vor, der nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg einen Neuanfang in der "Wächterburg" Leipzigs als Kriminalinspektor wagt.

Nicht nur, weil ich die beiden vorhergehenden Bände nicht kannte, hatte ich anfangs ein wenig Mühe, in die Handlung hineinzufinden und die Anspielungen auf Vorhergehendes einzuordnen. Doch es hat sich auf jeden Fall gelohnt, dranzubleiben und sich auf diese überaus lebendig erzählte Deutsche Geschichte einzulassen.

Überaus ergreifend schildert Thomas Ziebula die Stimmung in der frisch entstandenen Weimarer Republik, in der der Spartakusbund den proletarisch-internationalen Klassenkampf vorantrieb, während Angehörige der Reichswehr und ihr nahestehende Organisationen durch den Kapp-Putsch die junge Republik angriffen. MIsstrauen zwischen den Bürgern, Proteste und Aufmärsche bis hin zu scharfen Schüssen auf Demonstrierende und nicht selten Verletzte und Tote bestimmten das Straßenbild - und ich bin beeindruckt, wie es dem Autor gelingt, die komplizierten Verhältnisse nachvollziehbar zu schildern, die Düsternis und sogar Melancholie der Zeit zu transportieren und den Leser tief hineinzuziehen in das Geschehen. So manches Mal musste ich bestürzt nach Luft schnappen, zum Beispiel als die unschuldige Tochter eines Kollegen auf offener Straße angeschossen wird oder MIlitärs ohne Befehl auf Arbeiter schossen. Selten habe ich die Deutsche Geschichte so intensiv nacherleben können.

Ein wenig erinnerten mich die Geschehnisse an die so populäre Verfilmung Kutschers "Babylon Berlin", nur dass es hier um das ebenso betroffene Leipzig zu Republikzeiten geht; und ich muss sagen, dass Ziebulas Stainer seinem durch die Verfilmung populären Vorläufer in keinster Weise nachsteht.

Der eigentliche Kriminalfall, die Mordserie an Militärs, tritt hinter das Zeitgeschehen ein wenig zurück; nicht zuletzt, weil dem Leser der traumatisierte Mörder und seine Gedanken von Anfang an vertraut sind und es teilweise schon nicht mehr so wichtig scheint, ob und wie Stainer diesem auf die Schliche kommt.

Nach dem - wie gesagt - etwas schwierigen Einstieg entwickelte die Geschichte einen starken Sog und wies ihre ganz eigene Spannung auf, die sich in einer schönen Kurve von Anfang bis Ende durchzog und einen befriedigenden Abschluss fand.

Die Figuren sind authentisch und mehrdimensional entwickelt und man nimmt jeder einzelnen seine Facetten ab. MIr gefiel dabei auch sehr, wie deutlich die Kriegserlebnisse, Traumata und das Erlebte Einfluss auf die Protagonisten haben, ihre Seele beschädigten und ihre Handlungen bestimmten, so dass der Krieg auch noch mal zu einem anderen Bewusstsein beim Leser kommt sowie die Ecken und Kanten der Handelnden gut nachvollziehbar sind.

Der gute, flüssige Schreibstil rundete das Leseerlebnis ab.

Wer sich auf das zugegebenermaßen nicht ganz leichte Thema und die Anfangshürde einlässt, findet in "Engel des Todes" ein hervorragendes Buch über ein wichtiges Stück Deutsche Geschichte, unterhaltsam aufbereitet als Kriminalfall von einem Autor, dessen Name man sich merken sollte!
Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 22.03.2022
Gezeitenmord / Teit und Lehmann ermitteln Bd.1
Jürgensen, Dennis

Gezeitenmord / Teit und Lehmann ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Direkt im Dänisch-Deutschen Grenzgebiet im Wattenmeer wird die Leiche des Kriminellen Bjarke Laumann gefunden; gleichzeitig wird der elfjährige Villard vermisst. Während die lokale Polizei die Entführung aufklären soll, wird die Kriminalassistentin Lykke Teits zur Aufklärung ihres ersten Mordes nach Melum geschickt, ihr zur Seite steht der erfahrene Ermittler Rudi Lehmann aus Flensburg. Schnell stoßen die Kriminalisten auf weitere Rätsel im gar nicht so beschaulichen Melum und es stellt sich die Frage, ob und wie die Vermisstenfälle und Morde zusammenhängen ...

Dennis Jürgensen, einer der beliebtesten dänischen Autoren, legt mit "Gezeitenmord" den Beginn einer neuen Reihe um das dänisch-deutsche Ermittlerteam Lykke Teits und Rudi Lehmann vor und endlich sein erstes Buch, das im deutschen Sprachraum veröffentlicht wird.

Hierbei liegt neben dem eigentlichen Kriminalfall ein weiterer Schwerpunkt auf der Einführung der Hauptprotagonisten Lykke und Rudi, die authentisch und mehrdimensional auch mit ihren persönlichen Abgründen, Ecken und Kanten beschrieben werden. Zu Beiden konnte ich schnell eine Beziehung aufbauen und mich gut in ihre Gedankengänge hineinversetzen. Positiv empfand ich auch, dass sie nicht dem Klischee des rauchenden, trinkenden Einzelgängers entsprachen, das so oft in skandinavischen Kriminalromanen zu finden ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht zuletzt dem Übersetzer Ulrich Sonnenberg ein Lob aussprechen, dem es gelungen ist, den feinen Wortwitz in der deutschen Übersetzung zu erhalten. Oftmals musste ich vor allem bei Rudis Einwürfen zumindest schmunzeln und so entstand ein angenehmer Kontrast zu den sehr brutalen Mordfällen.

Der Krimi ist von der ersten Seite an spannend und spitzt sich durch zahlreiche neue Informationen und überraschende Wendungen immer weiter zu bis zu einem großen Showdown am Ende, in dem sich alle losen Fäden verbanden und es nachvollziehbare, schlüssige Aufklärungen gab.

Und auch Jürgensens Schreibstil gefällt mir gut; flüssig führt er uns durch die Ermittlungen und ich wurde perfekt unterhalten.

Mein einziger Kritikpunkt gilt der Tatsache, dass wieder einmal mehr eine Nazi-Vergangenheit beschrieben wird, was im Ausland ja immer wieder mit Deutschland in Verbindung gebracht wird und das auch nicht einmal mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat, doch glücklicherweise ist dieses Thema auf ein Kapitel beschränkt.

Insgesamt hat mich dieser Krimi begeistert und ich vergebe 4,5 Sterne - und freue mich schon auf neue Fälle dieses harmonischen ErmittlerDuos.

Allerdings möchte ich abschließend noch eine Triggerwarnung aussprechen, da die Themen "Pädophilie" und "Kindesentführungen" sowie die brutal ausgeführten Morde den ein oder anderen Leser negativ berühren könnte.

Bewertung vom 16.03.2022
Die Schokoladenfabrik - Das Geheimnis der Erfinderin / Die Stollwerck-Saga Bd.2
Eder, Rebekka

Die Schokoladenfabrik - Das Geheimnis der Erfinderin / Die Stollwerck-Saga Bd.2


sehr gut

Dies ist der zweite Teil der Stollwerck-Saga, jedoch kann er auch unabhängig vom ersten Teil gelesen werden. Vorwissen kann jedoch nicht schaden

Bewertung vom 16.03.2022
Der dreizehnte Mann / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)
Schwiecker, Florian; Tsokos, Michael

Der dreizehnte Mann / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Rahmen eines Experimentes eines Sozialpädagogen wurden über 30 Jahre lang Jugendliche und Pflegekinder aus zerrütteten Familien von Berliner Jugendämtern in die Obhut von pädophilen Männern gegeben. Dazu gehörten auch Timo Krampe und Jörg Grünwald, die nach mehreren erfolglosen Versuchen, ihre Geschichte öffentlich zu machen und Wiedergutmachung zu erlangen, sich an die Journalistin Anja Liebig wenden. Doch Jörg Grünwald verschwindet spurlos - und taucht nach einigen Tagen als Wasserleiche wieder auf. Liebig und Krampe wenden sich an den Rechtsanwalt Rocco Eberhardt, der zusammen mit seinen Freunden, dem Rechtsmediziner Justus Jarmer und dem Privatermittler Tobias Baumann schon bald zahlreiche Hinweise finden, dass der hochrangige Politiker Markus Palme dieses Experiemt gefördert hatte und es stellt sich die Frage, ob er auch bei dem Mord an Grünwald seine Hände im Spiel hatte .... Eine aufsehenerregende Gerichtsverhandlung bringt Überraschendes zu Tage.

Mit "Der dreizehnte Mann" legen der Berliner Strafverteidiger Florian Schwieker und der Professor für Rechtsmedizin Michael Tsokos bereits ihren zweiten Titel um - Achtung: Duplizität! - den Rechtsanwalt Rocco Eberhardt und den Rechtsmediziner Justus Jarmer vor. Es ist für das Verständnis dieses Falles nicht zwingend nötig, den ersten Band zu kennen; da es jedoch zahlreiche Anspielungen und Verweise gibt, könnte es hilfreich sein.

Die Schreibweise ist geprägt von der Sachkenntnis und dem juristischen Stil der Autoren. Die Kapitel sind allesamt sehr kurz und jeweils überschrieben mit Ort und Zeit der Handlung, was meiner Meinung nach insgesamt etwas zu genau ist. Und auch die Schreibweise ist kurz und knapp und auf das Wesentliche beschränkt, was gut zum Thema passt, manche Fragen für mich jedoch offen ließ.

Anfangs hatte ich ein wenig Mühe, mich in den Stil hineinzufinden, wurde aber mehr und mehr von der Geschichte gepackt und diese wurde doch noch spannend. Obwohl von Anfang an eigentlich kein Geheimnis um den wahren Schuldigen an den widerlichen Experimenten gemacht wurde, gab es dennoch eine einigermaßen überraschende Wendung im Prozess am Ende.

Mit dem Wissen, dass es dieses unfassbare Experiement tatsächlich gegeben hat und so vielen Kindern von Jugendämtern dadurch schwerstes Leid zugefügt wurde, ging mir dieser Krimi besonders unter die Haut und ich denke, dass mich diese Geschichte noch lange beschäftigen wird, auch wenn die (fiktiven) Figuren dieses True-Crime Buches ein wenig blass blieben hinter dem Fall.

Und wer sich nun fragt, was der Titel zu bedeuten hat:
Dies ist der Fall des dreizehnten Mannes - denn nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation ist jeder 13. Junge und jedes 5. Mädchen weltweit von Missbrauch betroffen!

Trotz einiger Kritikpunkte vergebe ich 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung. Das unerträgliche Handeln der Jugendämter verdient, in die Öffentlichkeit getragen und Kinder geschützt zu werden.

Bewertung vom 15.02.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


sehr gut

In dem hessischen Ort Mainheim, der von der Schokoladenfabrik Cassada und der nahen Ruberus AG beherrscht wird, wachsen in den 70er und 80er Jahren die besten Freundinnen Caro, Tochter des Firmenchefs der Cassada und die Bürgermeister-Tochter Minka auf, die sich zunehmend für den Umweltschutz engagieren. Ergänzt wird das Duo durch die gleichalte Claire, die aus dem kriegsverwüsteten Vietnam nach Deutschland in ein Kinderheim kommt, wo an den Kindern Medikamententests durchgeführt werden....

Mit großen Erwartungen, da auch ich zur gleichen Zeit aufgewachsen bin wir die Hauptfiguren dieses Buches, habe ich dieses Buch begonnen und konnte zunächst nur schwer Zugang zu der erzählten Geschichte finden. Die Autorin Katharina Fuchs hat - neben ihren beiden angeprangerten Leitgedanken der "Umweltzerstörung" und der "Psychopharmakatests" - ein großes Aufgebot an Details aus dieser Zeit aufgefahren, die die Sätze manchmal etwas sperrig wirken ließen und die Handlung bremsten. Auf der anderen Seite boten die vielen Themen aber auch Anlass zu einer Fülle an Erinnerungen und mehr und mehr wurde ich in dieses außergewöhnliche Buch und unsere Deutsche Geschichte hineingezogen. Und ich bin sicher, dass Nachgeborene aus der Lektüre ein gutes Bild dieser Epoche erhalten können, ist doch die Nachlässigkeit, mit der Chemieabfälle in die Umwelt geblasen werden und giftiger Regen in dieser Form kaum noch vorstellbar. So ist es spannend, die Proteste gegen die Taunusautobahn, die Entstehung des Ersten Hüttendorfes und die Kinderschuhe der Partei "Die Grünen" nachzulesen und tief in die Welt und die Gedanken der damaligen Zeit einzutauchen. Insbesondere die geschilderten Arzneimittelstudien, die tatsächlich noch bis in die 70er Jahre vor allem an Heimkindern erlaubt waren und durchgeführt wurden (und nicht zuletzt gravierende Auswirkungen und Abhängigkeiten für die Menschen hatten), haben mich emotional aufgewühlt.

Die Figuren sind mehrdimensional beschrieben und ihre Handlungen bleiben authentisch und zeitgemäß, wenn auch nicht wirklich sympathisch. Leider fehlte mir hier an bisschen die Emotionalität und dass sich eine Beziehung zu den Figuren aufbaute, die mir allesamt seltsam fremd blieben.

Hinter den Beschreibungen der MIsstände und der Rebellion der Mädchen stand die Spannung in der Handlung etwas zurück; auch gibt es kein Happy-End und einige Fragen blieben für mich offen, insbesondere was den vietnamesischen Jungen Guy betrifft. Aber trotz allem bot Katharina Fuchs tiefgehende Unterhaltung und regte zum Erinnern und Nachdenken an.

Insgesamt vergebe ich mit einigen Abstrichen vier Sterne.

Bewertung vom 27.01.2022
Schicksalszeit / Die Chronik der Familie Laverne Bd.1
Maybach, Katja

Schicksalszeit / Die Chronik der Familie Laverne Bd.1


sehr gut

In dem mondänen Kurort Bad Lichtenberg führt die vermögende Familie Laverne das gesellschaftliche Leben an und steht im Mittelpunkt des öffetliches Interesses. Die Kinder Franz, Louise und Viktoria versuchen, aus den gewohnten Bahnen auszubrechen und ihren eigenen Weg zu finden. Während der Erste Weltkrieg zunächst zu euphorischer Begeisterung führt, kippt die Stimmung in der Bevölkerung immer mehr und bald bleibt kein Stein auf dem anderen.

Mit "Schicksalszeit" legt die erfolgreiche Autorin Katja Maybach den ersten Band ihrer neuen Familiensaga, "die Chronik der Familie Laverne" vor. Die Idee dazu kam ihr bei Nachforschungen zu ihrem Großonkel Franz Leiling, dem sie hier in der Figur des ältesten Sohnes der Hoteliersfamilie ein Denkmal setzt. Als Hauptmann im Ersten Weltkrieg ließ er an der Westfront einen drei Stockwerke tiefen Schutzschacht bauen, der auch Zivilisten das Leben rettete und später zum Kulturerbe ernannt wurde. Die gesamte (fiktive) Erzählung ist absolut authentisch und lässt den/die Leser*In tief eintauchen in die Jahre 1914-1918 und macht deutsche Geschichte lebendig und nachvollziehbar.

Bildgewaltig und einfühlsam erzählt Katja Maybach von ihren Figuren und es gelingt ihr, den Leser schnell in ihren Bann zu ziehen und ihn teilhaben zu lassen an den Schicksalen der Menschen. Von der ersten Seite an war das Buch ein echter Page-Turner - bis hin zu einem dramatischen Finale, das mich in großer Erwartung des zweiten Bandes zurücklässt, da viele Schicksale offen bleiben und neue Fragen aufgeworfen werden.

Auch, wenn der elegante Kurort "Bad Lichtenberg" ein fiktiver ist, hatte ich sofort das Fünf-Sterne-Hotel "Deutscher Kaiser", den Kurbrunnen und den Palmengarten vor Augen.

Die Autorin wechselt häufig die Perspektive und lässt uns den Gedanken und Gefühlen einer ganzen Anzahl von Figuren beiwohnen, so dass der der/die Leser*in einen weitumfassenden Einblick erhält. Auch die Figuren selbst sind wunderbar authentisch und nachvollziehbar beschrieben, so dass jede, bis hin zur meistgehassten, obsessiven Gerda wichtig und passend ist. Dabei sind alle mehrdimensional gezeichnet und entwickeln sich mit den veränderten Umständen weiter; sie ließen mich mitfiebern und auch miträtseln bei ihrem Schicksal.

Wer mehr über die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts lernen und sich dabei auch noch hervorragend unterhalten lassen möchte, kommt an diesem Roman nicht vorbei!

Ich vergebe gute 4,5 Sterne.

Bewertung vom 25.01.2022
Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1
Hector, Wolf

Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1


sehr gut

Als in einer Gewitternacht die steinerne Judithbrücke in Prag durch die aufgepeitschte Moldau zerstört wird, schwört der halbwüchsige Jan Otlin, als Erwachsener eine unzerstörbare Brücke zu bauen, sofern seine Mutter die Katastrophe überlebt, was durch ein Wunder passiert. Als Kaiser Karl IV tatsächlich eine "Brücke für die Ewigkeit " in Prag erbauen lassen will, bewirbt sich Jan als Baumeister, nichtsahnend, dass er in dem ehrgeizigen und missgünstigen Rudolph von Straßburg einen erbitterten Gegner hat.
Zur gleichen Zeit versucht die von ihrem Vater getrennte Halbwaise Maria Magdalena, als Junge Max verkleidet, in Prag zu überleben - und wird zum Spielball mächtiger Feinde....

Der mehrfach preisgekrönte Autor legt hier unter dem Pseudonym "Wolf Hector" einen historischen Prag-Roman vor, der sich ohne weiteres an den Großen seiner Zunft messen lassen kann. Angelehnt an wahre historische Vorkommnisse und Personen, spinnt Hector eine spannende Geschichte über den Bau der berühmten seteinernen Karlsbrücke, die heute noch ein Anziehungspunkt für viele Touristen ist.

Der Roman ist unterteilt in vier "Bücher", die ungewöhnlicherweise jeweils mit "Das Ende" beginnen, bevor die Ereignisse erzählt werden, die zu diesem Ende führen. Dabei fokussiert sich der Autor auf wechselnde Sichtweisen, so dass der Leser einen umfassenden Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelten der einzelnen Figuren erhält. Da lange offen bleibt, wer der wahre Verantwortliche der sich abspielenden Dramen ist und was letztlich die Motive und ZUsammenhänge für die Verurteilung Maria Magdalenas sind, kreiert der Autor eine unglaubliche Spannung. UNd während anfangs verschiedene Handlungsstränge nebeneinander herlaufen, verbinden sich diese immer mehr zu einem harmonischen Ganzen; am Ende wird alles schlüssig und nachvollziehbar aufgelöst und es kommt zu einem absolut befriedigenden Ende. Ich fand dieses zwar nicht wirklich durchdacht, sondern zugunsten der Dramatik gewählt, doch letztlich zufriedenstellend im Ergebnis..

Der Schreibstil ist flüssig, keinesfalls platt und der Zeit des Hochmittelalters angemessen. Sehr gut gelingt es Hector, den Leser mitzunehmen in die Zeit des ausklingenden 14. Jahrhunderts und beeindruckt mit viel Geschichtswissen, das harmonisch in die Handlung eingebettet ist. Zum Beispiel kommt auch die derzeit bereits schwierige Situation der Juden in Prag zur Sprache.

Die Figuren sind authentisch und mehrdimensional gezeichnet und keinesfalls nur "schwarz/weiß" beschrieben. Schnell fühlte ich mich auf die Seite von Jan Otlin und vor allem Maria Magdalena / Max gezogen, die heimliche Hauptrolle nimmt jedoch der schweigsame Mönch Rübelrap ein, der erstaunliche Kampf-Fähigkeiten hat und der zum Spielball böser Intrigen gewordenen Maria Magdalena liebevoll beisteht. Eine überaus interessante Figur ist auch die "edle Frau Ricarda", deren Heilkunst und vor allem Sterndeuterei nicht nur entscheidenen Einfluss auf den Fortgang der Geschichte nehmen, sondern auch spannendes Wissen über Astrologie vermittelt.

Eine Karte der Stadt Prag, ein Verzeichnis der Personen, das auch die historischen und fiktiven voneinander abgrenzt, eine Zeittafel und ein Glossar runden den Roman perfekt ab.

Ich vergebe für diesen spannenden historischen Roman, der sich zweifelsohne mit Ken Follett und Rebecca Gablé vergleichen lässt, 4,5 Sterne und kann ihn allen Freundes des Genres nur empfehlen!
Nach der Lektüre kann ich es kaum erwarten, Prag und die älteste Steinbrücke Europas in natura kennenzulernen.

Bewertung vom 23.01.2022
Auf verlorenen Wegen
Hartung, Alexander

Auf verlorenen Wegen


sehr gut

Der It-Spezialist Max einer Berliner Ermittlungsgruppe versucht, während seines Urlaubs auf Rügen einen ungelösten Fall aufzuklären, doch plötzlich wird nach ihm selbst gefahndet. Offensichtlich versucht der frühere Täter, ihm etwas anzuhängen. Und so unternehmen seine Berliner Freunde um den Kommissar Jan Tommen alles, um Max von jedem Verdacht zu befreien und die wahren Täter zu finden....

"Auf verlorenen Wegen" ist bereits der achte Thriller um den Berliner Ermittler Jan Tommen, der zusammen mit einem wild zusammengewürfelten "Team" ermittelt. Da ich die vorhergehenden Bücher nicht kenne, musste ich mich erst mit den ungewöhnlichen Figuren und ihrer jeweiligen Stellung im Team anfreunden, doch nachdem ich mich eingelesen hatte, konnte ich mich gut in den Fall einfinden.

Diesmal ermittelt Jan Tommen nicht in seiner Heimatstadt Berlin, sondern auf Rügen - und kooperiert hier unkonventionell mit der dortigen Polizei. Mir gefiel hier das Setting und die Zusammenarbeit sehr!

Die Figuren dieser Reihe, die ich hier kennenlernen durfte, also den Kommissar Jan und seine Freunde, den Geldeintreiber Chandu, den Hacker Max und die Rechtsmedizinerin Zoe, fand ich überaus interessant und hatte viel Spaß mit dem ungewöhnlichen Freundes-Quartett. Aber auch die Stralsunder Kommissarin war mir gleich sympathisch und steht in einem schönen Gegensatz zu den individuellen Berlinern.

Alexander Hartung schreibt flüssig und gut verständlich und legt in seinem Thriller ein rasantes Tempo vor. Dabei gibt es ständig neue Wendungen und nichts ist, wie es scheint, so dass ich durch das Buch durchgepeitscht wurde und die Spannung überaus hoch blieb. Überhaupt scheint Hartung einen Faible für die Außenseiter des Lebens zu haben, denn auch der Verdächtige mit seinen gezeichneten Comics war skurril, aber nachvollziehbar geschildert. Überraschend dann auch die Auflösung des Falles; wobei alles nachvollziehbar und realistisch geschildert war.

Mir gefiel dieser achte Band der Reihe sehr gut, so dass ich unbedingt die weiteren Bände kennenlernen möchte und mir bereits einige gekauft habe! Eine klare Leseempfehlung für Freunde spannender Unterhaltung ohne viel Schnickschnack und Freunde ungewöhnlicher Ermittler.