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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2108 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2024
Umlaufbahnen
Harvey, Samantha

Umlaufbahnen


sehr gut

Der Blick aus der Raumstation

Das Buch wurde eine Meditation genannt. Das ist sicher zutreffend.
6 Astronauten (Nell, Sauna, Chie, Roman, Pietro, Anton), Individeen, bilden sie doch auch ein Kollektiv.
Ihre Gedanken, Erinnerungen und Gespräche füllen den kurzen Roman.
Einige philosophische Fragestellungen wurden eingebracht, was weniger überzeugte.
Ich mag aber viele der kurzen Passagen, die eingestreut werden, z.B. das Treffen und die Freundschaft zwischen einem der Astronauten und einem Fischer, Chies Gespräche mit den Mäusen, Romans Gespräch mit einer Frau auf der Erde uva.

Man kann den Text wegen seiner Ruhe und Poesie bewundern.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2024
Der Kommandant des Flusses
Ali Farah, Ubah Cristina

Der Kommandant des Flusses


sehr gut

Yabar

Das Buch Der Kommandant des Flusses, Originaltitel ist Il comandante del fiume, übersetzt aus dem Italienischen von Henrieke Markert, ist beim Verlag Orlando erschienen.

Der Roman erzählt die Geschichte von Yabar, einem Jugendlichen in Rom, mit Wurzeln in Somalia.
Seine Mutter ist alleinerziehend, seinen Vater kennt er kaum, da dieser in Somalia ist. Und in Somalia herrscht Bürgerkrieg.

Die meiste Zeit ist Yabar aber bei der fürsorglichen Tante Rosa sowie deren Tochter Sissi, die ihm wie eine Schwester ist.

Man kann Yabar, den man als Leser eigentlich gleich mag, durch seine Gedankengänge kennenelernen.
Yabar ist unausgeglichen, manchmal wütend und unbeherrscht. Zum Glück hat er Tante Rosa und Sissi. Yabar fühlt sich als Römer, aber er ist sich auch bewusst, dass er als schwarzer Afrikaner anders wahrgenommen wird.

Hauptthema ist Yabars Suche nach seiner Identität, darüber hinaus aber auch allgemein die Situation von Migranten aus umkämpften afrikanischen Ländern. Die Autorin fügt der Handlung noch eine alte Legende hinzu, die auch den Romantitel liefert.

Yabar bleibt als sensibler Junge in Erinnerung.

Ein interessantes Buch, das ich empfehlen kann.

Bewertung vom 08.11.2024
Last Seen
Clarke, Lucy

Last Seen


ausgezeichnet

Spannendes Psychodrama

Last Seen von Lucy Clarke ist ein Psychodrama der klassischen Art, modern erzählt und wirklich spannend. Es gibt zwei wechselnde Erzählperspektiven der Freundinnen Sarah und Isla, wobei Sarahs Part klar im Vordergrund und ausführlicher ist. Dennoch funktioniert diese Erzählart.
Es geht um einen verschwundenen 17jährigen, Jacob, dem Sohn von Sarah.
Und es gibt eine Vorgeschichte. Als Jacob 10 Jahre alt war, waren er und Islas Sohn im Meer schwimmen. Nur Jacob überlebte. Natürlich ergeben sich daraus zahlreiche Spannungen und es gibt einige Geheimnisse.
Es ist spannend, die Wendungen in der Handlung mitzuverfolgen. Lucy Clarke versteht es, einen Plot zu gestalten.

Bewertung vom 07.11.2024
Das Igel-Tagebuch
Sands, Sarah

Das Igel-Tagebuch


sehr gut

Das Igel-Tagebuch beschreibt, wie eine Frau zusammen mit ihrem 2jährigen Enkel einen kranken Igel findet und ihn zur Pflege bringt. Sie nennen ihn erst Horace, doch es ist eine Dame und heißt daher dann Peggy.

Sarah Sands verbindet diese Begebenheit mit dem Ereignis ihres 92jährigen Vaters, der erkrankte und ins Krankenhaus kommt. Es ist die Zeit der Pandemie, also besonders für ältere Erkrankte eine schlimme Zeit.

Die Autorin setzt außerdem noch andere literarische Texte in den Kontext, zum Beispiel Texte von Ted Hughes und Marc Hamer über Igel oder Gedichte von Philip Larkin und Thomas Hardy sowie vielen anderen. Auch philosophische Zitate gibt es: Derrida und Heidegger.
Diese Verbindung zwischen Prosa, Philosophie, Sachbuch und Lyrik gibt dem Buch eine eigene Note mit.


Man erfährt etwas über Igel. Sie sind nachtaktiv und eher eigenbrötlerisch. Sie sind keine Haustiere und leider gelten sie inzwischen als gefährdete Tierart.
Mehr noch aber setzt die Autorin das Leben und die Zielstrebigkeit der Igel in Gegensatz zu den in Politik und Gesellschaft der Menschen stattfindenden Hektik und Chaos.

Das überwiegend sachlich gehaltene Buch liegt im Bereich Nature Writing und autobiografisch gefärbten Essay.
Und nicht missverstehen, sachlich heißt nicht, dass es keine Emotionen gibt. Man kann das Buch mit Anteilnahme lesen.

Bewertung vom 07.11.2024
Man kann auch in die Höhe fallen / Alle Toten fliegen hoch Bd.6
Meyerhoff, Joachim

Man kann auch in die Höhe fallen / Alle Toten fliegen hoch Bd.6


sehr gut

Mutter und Sohn

Das Buch ist der sechste Band der Reihe Alle Toten fliegen hoch, ist aber auch problemlos separat zu lesen.
Der Schauspieler Joachim Meyerhoff ist 56 und hat sich körperlich gut von einem Schlaganfall erholt. Aber seelisch ist er noch fahrig und angeschlagen.
Für eine Erholung fährt er zu Hof seiner patenten Mutter, die 86 Jahre alt ist, aber topfit und positiv zum Leben eingestellt.
Zwischen Mutter und Sohn gibt es witzige Dialoge. Meyerhoffs Selbstironie ist nicht gering einzuschätzen und verleiht dem Buch eine wichtige Komponente. Es ist auch ein sympathisches Mutterporträt. Ihr Schwung und ihr aktives Leben reisst mit.
In dieser ruhigen Umgebung denkt Meyerhoff viel über sich nach, zum Beispiel auch über seine Karriere.
Es gibt auch eine großartige Passage über eine ungewöhnliche Lesung.

Man kann auch in die Höhe fallen ist vielleicht der entspannteste Teil der Reihe! Es macht einfach Spaß, das Buch zu lesen.

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.11.2024
Russlands Krieg gegen die Ukraine
Sasse, Gwendolyn

Russlands Krieg gegen die Ukraine


sehr gut

Die Politikwissenschaftlerin Gwendolyn Sasse bietet, jedenfalls zum Teil, was der Untertitel benennt:
Hintergründe, Ereignisse, Folgen

Eine Frage steht zu Beginn: Warum dieser Krieg? Warum jetzt?

Das Buch ist kompakt gestaltet, zusammenfassend, etwas analysierend.

Themen sind unter anderen Krim-Annexion, Krieg im Donbas, schließlich Februar 2022 der Angriffskrieg. Die Folgen des Kriegs werden aufgezeigt.
Das Buch bietet viele Informationen. Es ist ein Sachbuch, d.h. sie sind nicht direkt erzählerisch aufbereitet. Dessen muss man sich bewusst sein.

Bewertung vom 01.11.2024
Das Versprechen eines Lebens - oder: Der Sommer des Raben (eBook, ePUB)
Detering, Monika

Das Versprechen eines Lebens - oder: Der Sommer des Raben (eBook, ePUB)


sehr gut

Unter dem Titel der Sommer des Raben ist der Roman bereits früher einmal erschienen,
Eine Frau namens Siri verliert ihren Lebensgefährten, mit dem sie 6 Jahren zusammen gelebt hat. Sie gibt sich eine Mitschuld an dem Unfall, der zu seinem Tod führte.
Für ein paar Tage Leben seine Eltern bei ihr, doch die Distanz bleibt.

Der Roman zeigt den Prozess der Trauer und Verarbeitung der Schuldgefühle.
Ein leicht melancholischer Ton durchzieht das Buch.

Hinzu kommt der leicht konstruierte Plot um Marionetten und der Suche nach einer Rabenfigur, die Siri nach Prag und Hiddensee führt. Es wird geheimnisvolles hinzugefügt.
Das gibt dem Buch noch eine andere Note bei.

Bewertung vom 31.10.2024
Das Geschenk des Kolibris
Montgomery, Sy

Das Geschenk des Kolibris


sehr gut

Das Geschenk des Kolibris hat zwar nichts direkt romanhaftes, ist aber dennoch ein bemerkenswertes Stück Nature Writing.
Und es gelingt dem Buch, bei dem Leser eine Empathie und Begeisterung für diese Vögel in all ihrer Zartheit zu finden.
Sy Montgomery ist hauptsächlich in der Rolle der Beobachterin. So ist es die Vogelexpertin Brenda, die aktiv dabei wird, junge und schwache verwaiste Kolibris zu pflegen.
Viel Illustrationen der Kolibris durchziehen den Text und verleihen dem Buch etwas stimmungsvolles.

Bewertung vom 30.10.2024
Eine feine Linie
Madjidi, Maryam

Eine feine Linie


ausgezeichnet

Wie schon ihr erster, preisgekrönter Roman Du springst, ich falle ist auch Eine feine Linie ein starkes Buch. Es ist offensichtlich stark autobiografisch gefärbt.
Seine Stärke nimmt der Roman aus der Erzählstimme. Maryam erzählt von ihrem Leben und Empfindungen als 13jährige in Drancy. Sie und ihre Familie stammen aus dem Iran. Sie ist eigentlich inzwischen eine normale, französische Schülerin, und doch gehört sie manchmal irgendwie nicht ganz dazu. Es ist eine feine Linie, die sie trennt. Sie erzählt intensiv. Als Leser kann man sich dem nicht entziehen und ist nah an der Figur dran.
Bei all der Wut, die die Jugendliche manchmal in sich hat, gibt es auch eine Spur Ironie, auch Selbstironie. Daher ist es kein hoffnungsloser oder humorloser Roman.
Maryam Madjidis erzählerische Stärke umfasst auch kleine Porträts von ihren Mitschülern und Verwandten. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Ein Buch, das man unbedingt empfehlen kann.

Bewertung vom 29.10.2024
Meinetwegen
Schifferli, Dagmar

Meinetwegen


sehr gut

Die 17jährige Katharina wurde straffällig, befindet sich in einer geschlossenen Einrichtung für Jugendliche und muss sich jetzt regelmäßig zu einem Gespräch mit einem Psychiater einfinden.

Der Roman hat eine ungewöhnliche Erzählperspektive. Es erzählt ausschließlich Katharina in all den Kapiteln, dennoch ist es kein Monolog. Sie tritt schon in Dialog mit ihrem Psychiater.
Mit der Zeit erfährt man mehr Hintergründe, auch wieso Katharina in der Geschlossenen gelandet ist und was sie getan hat.

Mit der Zeit bekommt man als Leser aber so seine Zweifel. Stimmen Katharinas Behauptungen oder ist sie manipulativ? Eine richtig glaubwürdige Erzählerin ist sie jedenfalls nicht. Dieses Spiel mit Katharinas Rolle ist der Clou des Romans und als Leser ist man selbst gefordert, seine Schlüsse zu ziehen.

Dennoch zweifle ich nicht an Katharinas seelischen Qualen, die sie durchmachen musste. Interessanterweise wird es einen weiteren Roman von Dagmar Schifferli über Katharina geben. D darf man gespannt sein.