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EOS
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Siegen

Bewertungen

Insgesamt 226 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


ausgezeichnet

Gouvernante der Queen
Schon immer hat mich das englische Königshaus interessiert, vielleicht weil ich schon so oft in England war, vielleicht aber auch weil man so manches Drama mitverfolgen konnte, wobei ich hier in erster Linie an Lady Diana Spencer denke, die als Frau von Prince Charles so einiges ertragen musste, schließlich aus dem goldenen Käfig ausbrach, ihr neues Leben aber nicht lange genießen konnte. Diana hatte sich den royalen Regeln zu unterwerfen. Als sie es nicht mehr tat, wurde sie in ein schlechtes Licht gerückt und ausgeschlossen.
Ähnlich geht es der Protagonistin in diesem Buch, Marion Crawford, einer jungen emanzipierten Lehrerin, die die Erziehung der beiden Töchter des Herzogs von York übernimmt, Elisabeth und Margaret. Eigentlich hatte sie andere Pläne, sie wollte die Ärmsten der Armen unterrichten, um ihnen einen sozialen Aufstieg zu ermöglichen, aber alsbald findet sie ihre Berufung darin, die Prinzessinnen, die keine Schule besuchen, mit dem realen Leben bekannt zu machen. Sie findet schnell Zugang zu den beiden Kindern, und besonders Lilibet ist sehr anhänglich und lernfreudig. Sie fahren gemeinsam mit der U-Bahn, kaufen bei Woolworths ein oder besuchen Museen. Die Betreuung der Mädchen ist ein Fulltime Job, und so bleibt Marion nicht viel Zeit für ihr Privatleben. Sie ist in ihrer Rolle gefangen, versucht des öfteren auszubrechen, was aber durch royale Überredungskunst zerschlagen wird. So arbeitet sie 16 Jahre lang in diesem Beruf, erlebt die Prinzessinnen als Produkt ihrer Erziehung und sieht einen Familienersatz darin. In dieser Zeit schwebt Marion zwischen zwei sehr verschiedenen Welten, auf der einen Seite Dekadenz und Luxus, auf der anderen Seite präsentiert sich die Realität in Form von Hunger, Armut und Verzweiflung. Wohin gehört sie? Schon bald ist der Sog des royalen Umfeldes so stark, dass ihr eigenes Zuhause einengend erscheint.
Sehr interessant finde ich den Einblick in die politischen Geschehnisse in dieser Zeit, besonders im 2.Weltkrieg, als die Deutschen England immer wieder zu erobern versuchten. Diese entbehrungsreiche Zeit, die auch die Royals betraf, war mir in ihrer Härte nicht bekannt. Auch den Rücktritt Eduards VIII bekommen wir hautnah mit, sowie die Ächtung seiner Geliebten Wallis Simpson durch die Royals.
Als die Prinzessinnen älter werden und Beziehungen knüpfen, fühlt sich Marion überflüssig und sieht keine verantwortungsvollen Aufgaben mehr. Sie beendet das Dienstverhältnis, merkt aber, dass sie immer noch den Royals verpflichtet bleibt. Als sie ein Buch über ihre Zeit mit den Kindern schreibt, kommt es zum Bruch, denn sie hat gegen die royalen Regeln verstoßen.
Wendy Holdens Schreibstil ist gut zu lesen und beinhaltet Elemente des skurrilen englischen Humors, so manche Szene lässt den Leser grinsen.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, denn es beinhaltet zahlreiche Informationen über die Kindheit der Queen, ihre Vorlieben, ihre Ticks, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester, das Kennenlernen von Philip. Auch wenn Fiktion dabei ist, denke ich, dass die Grundsätze real sind. Ich habe das Buch genossen und empfehle es gern weiter. Ein Muss für alle England- und Royal Fans!

Bewertung vom 22.12.2020
Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5
Born, Leo

Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5


ausgezeichnet

Späte Rache
Ein Serienmörder treibt in Frankfurt sein Unwesen, mehrere junge Leute werden brutal misshandelt und getötet, alle sind wohlbehütet aufgewachsen und haben eine erfolgsversprechende Zukunft vor sich. Was haben die Opfer gemeinsam? Was verbindet sie , so dass genau diese auserwählt wurden? Mara Billinsky ermittelt....
Seit ich Mara im ersten Band dieser Reihe kennenlernen durfte, bin ich ein Billinsky Fan. Sie ist eine außergewöhnliche Ermittlerin, was schon bei ihrem Outfit anfängt: alles schwarz, daher ihr Spitzname 'Krähe'. Aber auch ihre Fahndungsmethoden sind oftmals spektakulär, anfangs sogar gewöhnungsbedürftig. Sie liebt Alleingänge und ist deswegen schon mehrmals gerügt worden. Aber auf der anderen Seite hat ihr Instinkt oft die richtige Fährte aufgedeckt. Gut, viele Autoren versuchen, einzigartige Ermittler darzustellen, aber keine davon kann in meinen Augen Mara das Wasser reichen. Ihre Aktionen sind für mich nachvollziehbar und schlüssig. Sie geht auf sehr legere Weise mit ihrem Chef um, und dieser hat Mara schätzen gelernt.
Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich. Leo Born bedient sich des Perspektivenwechsels, so dass der Spannungsbogen hoch bleibt. Durch häufige Cliffhanger am Ende der Kapitel möchte man immer weiterlesen und das Buch nicht weglegen. Mir persönlich hat dies sehr gut gefallen.
In diesem Buch kommt außer der Spannungskomponente noch ein sehr emotionaler Aspekt hinzu, denn Mara, die früh ihre Mutter verlor und sich von ihrem Vater nicht verstanden und geliebt fühlte, nähert sich ihm an, da auch er das Bedürfnis verspürt, sich mit seiner Tochter auszusöhnen. Alles sehr bedeutungsvoll und ansprechend. Ich bin auf die weitere Entwicklung gespannt.
Bleibt noch, Maras Kollege Rosen zu erwähnen, der anfangs sehr unscheinbar und zurückhaltend war, vielleicht sogar ängstlich, und deshalb die Recherchearbeit den Ermittlungen vor Ort vorzog. Durch Maras Einfluss und Unterstützung hat er sich beachtlich gewandelt und tritt mehr in Aktion. Ich hoffe, dass die positive Entwicklung weiter anhält.
Alles in allem hatte ich eine wunderbare Thriller-Lesezeit und freue mich bereits jetzt auf den nächsten Band.

Bewertung vom 19.12.2020
Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3 (10 Audio-CDs)
Link, Charlotte

Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3 (10 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Auf zwei Frauen wird ein hinterhältiger Mordanschlag verübt, an verschiedenen Orten und auf verschiedene Weise. Es stellt sich jedoch durch kriminaltechnische Untersuchungen heraus, dass auf beide mit derselben Waffe geschossen wurde. Wo liegt die Überlappung zwischen den beiden Fällen? Beide Frauen scheinen denjenigen zu kennen, der ihnen nach dem Leben trachtet, aber sie schweigen....Kate Linville, die gerade die Stelle gewechselt hat und bei der Scarborough Police anfangen soll, beginnt mit ihren Ermittlungen, die sie vor große Herausforderungen stellen und sie auch in immense Gefahr bringen. Schließlich offenbart sich ein grausames Geheimnis, das seinen Ursprung vor mehr als 10 Jahren hatte.
Die Geschichte verläuft in verschiedenen Handlungsträngen, die Charlotte Link zum Ende hin perfekt verbindet. Für mich bleibt keine Frage offen. Man erkennt im Laufe der Kapitel die Zusammenhänge und ist bestürzt, zu welchen abstrusen Handlungen ein Mensch in der Lage ist. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass auch Jahre später kriminelle Zusammenhänge noch aufgedeckt werden können. Es gibt in diesem Kriminalroman kein erlösendes 'Happy End', aber das empfinde ich als realistisch, denn auch im realen Leben verläuft nicht alles nach Wunschdenken.
Spannung zieht sich durch das ganze Buch, teilweise auch auf psychologischer Ebene. Gegen Ende gibt es außerdem thrillerähnliche Szenen, die die aufreibende Jagd nach dem Täter begleiten.
Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich Die Szenerie wird ausführlich beschrieben, so dass man sich alles gut vorstellen kann, ohne sich dabei in unwichtigen Details zu verlieren. Aber auch die Gedankengänge der Protagonisten sind exzellent beschrieben
Das ist Charlotte Link - Krimikost, wie man sie kennt. Und ich spreche eine klare Lese-/Hörempfehlung aus.

Bewertung vom 05.12.2020
Die Hornisse / Tom Babylon Bd.3
Raabe, Marc

Die Hornisse / Tom Babylon Bd.3


ausgezeichnet

Von der Vergangenheit eingeholt
Dies ist der dritte Teil der Tom Babylon Reihe, aber ich denke, man kann dem Thriller auch folgen, ohne die beiden vorherigen Bände zu kennen. Es gibt zwar immer wieder mal Anspielungen auf die ersten beiden, aber nicht so intensiv, dass man näheres wissen müsste. Trotzdem kann ich die ersten beiden Bände empfehlen. Sie stehen diesem Buch in Spannung und Thrill nicht nach.
Brad Galoway ist ein gefeierter Rockstar, viele Fans verehren ihn regelrecht. Nach einem Konzert in der Berliner Waldbühne überreicht ihm eine zunächst unbekannte Frau einen geheimnisvollen Umschlag. Am nächsten Tag wird Galloways Leiche im Gästehaus der Polizei gefunden, grausam gequält und ausgeblutet. Tom und Sita suchen nach der unbekannten Frau und erleben eine üble Überraschung....Was nun folgt ist eine Hetzjagd auf den Mörder, wobei Tom eine sehr unglückliche Position inne hat.
In einem weiteren Handlungsstrang geht es 30 Jahre zurück, und wir erleben Inge, die es in der DDR nicht mehr aushält und mit ihren Kindern über Ungarn fliehen möchte.
Man fragt sich zunächst, was beides miteinander zu tun hat, aber erst so ganz allmählich verweben sich die beiden Zeitebenen miteinander, und man erlebt so manche Überraschung. Das macht das Buch wahnsinnig spannend, zweimal habe ich bis in die Nacht hinein gelesen, weil ich einfach nicht aufhören konnte. Ich habe mitgerätselt, meine Theorien aufgestellt, wieder verworfen, weil ich neuen Input bekam usw. Herrlich!!! Das nenne ich einen wahren Thriller.
Marc Raabes Schreibstil ist flüssig und anschaulich. Durch häufige Cliffhanger am Ende eines Abschnitts und oftmaligem Perspektivenwechsel baut er eine Spannung auf, die den Leser dazu zwingt, weiter zu lesen. Mir persönlich hat dies sehr gut gefallen.
Auch finde ich sehr interessant, wie Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwoben sind. Die Machenschaften in der DDR waren offensichtlich sehr rücksichtslos und berechnend, sie wirken bis in die Gegenwart hinein.
Es gibt eine Sache, die mich stört, und dies ist die sporadische Kommunikation Toms mit seiner verschwundenen Schwester Viola. Das wirkt auf mich wie eine unbehandelte Psychose und passt irgendwie nicht zu dessen Erscheinungsbild. Das hat er schon in den beiden ersten Bänden getan, jetzt reicht es....
Ich bin gespannt auf den nächsten Band, der sicherlich folgen wird, da wir im letzten Satz etwas erfahren, das eine Fortsetzung unbedingt erfordert. Ich freue mich jetzt bereits darauf.....

Bewertung vom 01.12.2020
Wittgensteiner Schatten
Halbe, Sandra

Wittgensteiner Schatten


ausgezeichnet

Sehnsucht nach der Wahrheit
Robert Hellmar ist ein verurteilter Mörder, er hat vier Frauen getötet und sitzt bereits jahrelang im Gefängnis, ohne dass jemand etwas über seine Motive weiß. Da er nun unheilbar erkrankt ist, möchte er endlich Klarheit schaffen und die Motive klarlegen.
Caroline König, eine Polizeibeamtin, wurde vom Dienst beim BKA suspendiert, nachdem sie einen dienstlichen Fehltritt begangen hat. Sie hofft, in ihrer Heimatstadt Bad Laasphe Zerstreuung zu finden und diese Lebenskrise zu bewältigen. Sie zieht bei ihrer Mutter ein, und kurze Zeit später wird sie gebeten, mit Robert Hellmar über seine Motive zu sprechen und damit den Fall neu aufzurollen. Dieser Mann möchte, dass Caro selbst den Motiven auf die Spur kommt und gibt deshalb nur Hinweise, die letztendlich zur Wahrheit führen.
Das Besondere an diesem Kriminalroman ist, dass er sozusagen von hinten aufgerollt wird. Die Taten haben bereits stattgefunden, ein Mann wurde verurteilt, und nun, 10 Jahre später, beginnt die nervenaufreibende Recherche nach den Motiven. Und hier öffnet sich ein nicht erwarteter gefühlsmäßiger Abgrund, der den Leser erschaudern lässt. Immer mehr Hintergründe werden aufgedeckt und bilden ein schlüssiges Ganzes, wobei mir besonders die psychischen Verwicklungen gefallen haben, auch diejenigen von Caroline.
Sandra Halbes Schreibstil ist flüssig und gut verständlich, es gibt keine unklaren Aussagen. Sie schreibt aus wechselnden Perspektiven (früher und heute) und führt diese am Ende so zusammen, dass keine Fragen offen bleiben. Das hat mir gut gefallen.
Der Roman ist hier ein Regionalkrimi rund ums Wittgensteiner Land, aber ich denke, dass er als regionunabhängiger Roman, vielleicht mit fiktiven Orten, ebenso überzeugen könnte.
Nebenbei geht es auch um Caros borstigen Charakter, dessen Ursachen aufgedeckt werden und die ein Umdenken bewirken, von psychologischer Sicht sehr interessant.
Alles in allem hat dieser Kriminalroman eine starke Tendenz zum Psychokrimi, den ich gerne als sehr lesenswert empfehle, nicht nur für Wittgenstein-Fans!

Bewertung vom 26.11.2020
Dornteufel
Almstädt, Eva

Dornteufel


weniger gut

Dieses Buch ist eine Neuauflage eines Buches, das bereits 2013 erschienen ist.
Kurz gesagt geht es in diesem Roman um eine korrupte Kosmetikfirma, die auf der Suche nach der alles revolutionierenden Verjüngungscreme rücksichtslos auch über Leichen geht. Die Firma hat ihren Sitz in Indien, wohin die Hauptakteurin Julia Bruck als Ingenieurin für Klimatechnik geschickt wird. Schon bald entdeckt sie Ungereimtheiten in dieser Firma, und sie beschließt, diesen auf den Grund zu gehen.
In zwei weiteren Erzählsträngen geht es um einen Suizid in New York und um das Schicksal zweier Flüchtlinge, die als blinde Passagiere auf einem Schiff entdeckt wurden. Es dauert nicht sehr lange, die Verbindung zwischen den Geschichten zu erkennen.
Überhaupt ist sehr vieles in diesem Buch vorausschaubar oder aber so abstrus, dass es nicht mehr nachvollziehbar ist. Julia Bruck als 'Superheldin' durchlebt alle gefährlichen Situationen meisterhaft, so das man niemals um ihr Leben bangen muss. Ihr gelingt einfach alles, obwohl sie sich durch Blauäugigkeit und mangelnde Vorsicht auszeichnet. Das hat das Buch für mich langweilig gemacht. Zwar gibt es auch spannende Szenen, aber diese sind so realitätsfern, dass kein Gänsehautfeeling entsteht.
Die einzige glaubwürdige Person war für mich der Polizist Ferland, der den Suizid in New York ernst nimmt und mutig weitere Ermittlungen einleitet. Aber leider kommt er dann sehr schnell ums Leben. Zu allen anderen Protagonisten kann ich nicht wirklich Sympathie aufbauen, und das hat mir irgendwie gefehlt.
Der Schreibstil liest sich schnell und einfach, man kann sich die einzelnen Situationen bildlich vorstellen. Die Aufgliederung in verschiedene Perspektiven ist vielversprechend und macht einen Thriller interessanter, hier allerdings ist der Zusammenhang sehr schnell klar.
Auch fehlt weitgehend der Bezug zum Titel, der Dornteufel spielt nur eine Nebenrolle. Schade!
Alles in allem bin ich eher enttäuscht und hatte nach der Leseprobe deutlich mehr erwartet. Ich kenne andere Bücher der Autorin, die mir bei weitem besser gefallen haben.

Bewertung vom 21.11.2020
Frostgrab
Reynolds, Allie

Frostgrab


ausgezeichnet

Hier geht es um fünf junge Leute, eine Snowboardclique, die sich nach 10 Jahren in einem kleinen Skigebiet der Alpen wieder treffen. Damals war die Clique größer, aber es sind schlimme Dinge passiert, eine von ihnen ist spurlos verschwunden und wurde mittlerweile für tot erklärt, und eine andere erlitt einen schweren Unfall, der sie an den Rollstuhl fesselte.
Das Buch wechselt nun ständig zwischen damals und heute, auf diese Weise wird die beklemmende Situation immer mehr offenbar.
Das aktuelle Treffen stellt sich nämlich als sehr mysteriös heraus, denn man weiß nicht, wer eigentlich eingeladen hat und warum. Die Kernfrage, die sich durch den Handlungsstrang zieht, betrifft die Geschehnisse vor 10 Jahren, war es Mord, war es ein Unfall, was ist denn überhaupt passiert? Nach und nach erfährt man als Leser immer mehr, so dass man sich allmählich die Geschehnisse zusammenpuzzeln kann. Allerdings gerät dann wieder alles in Bewegung, wenn man plötzlich die Dinge aus anderer Sicht geschildert bekommt. Es ist ein ständiges Miträtseln, und die Spannung steigt enorm. Das letzte Drittel habe ich in einem Rutsch gelesen, weil ich nun unbedingt Bescheid wissen wollte.
Es passieren immer mehr mysteriöse Dinge: die Handys verschwinden, Strom und Wasser fallen sporadisch aus, der Skipass der Toten findet sich in einem Reisegepäck usw., so dass die Stimmung immer gereizter wird - Psychoterror pur! Misstrauen macht sich breit und setzt eine gewaltige Gruppendynamik in Gang. Gegenseitige Verdächtigungen und Unterstellungen sorgen dafür, dass die Situation immer gereizter wird.
Die Autorin schafft es mit starken atmosphärischen Beschreibungen, dass man sich in der eiskalten Bergwelt gedanklich wiederfindet und mitbibbert....Keine Angst, es wird nicht zu viel über das Snowboarden gefachsimpelt, ich fand es interessant, ein wenig Einblick zu bekommen.
Mich hat dieser Thriller fasziniert, er hat alles, was man von einem Thriller erwartet. Am Ende bleiben für mich keine Fragen offen, alles wird geklärt und ist nachvollziehbar. Eine eindeutige Leseempfehlung!

Bewertung vom 18.10.2020
Miss Guggenheim / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.15
Hayden, Leah

Miss Guggenheim / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.15


sehr gut

Peggy Guggenheim - ein Leben fernab der Konventionen ihrer Zeit
Leider handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine Biographie, sondern nur um ein paar besonders turbulente Jahre im Leben dieser Kunstliebhaberin, die das Herz am rechten Fleck hat und mit ihrem Vermögen nicht nur Bilder kauft und ein Museum errichtet, sondern auch ihren Zeitgenossen finanziell unter die Arme greift.
Viel Leid entstand dadurch, dass sie sich in Max Ernst verliebte, der aber ihre Gefühle nicht so erwiderte, wie sie es sich erhofft hatte. Irgendwann holt diese Einsicht sie ein, aber bis dahin muss sie einige Enttäuschungen ertragen.
Das Hörbuch wird abwechslungsreich vorgetragen und bietet ein interessantes und amüsantes Hörerlebnis. Allerdings schleichen sich bisweilen ein paar Längen ein, die die Autorin hätte vermeiden können, z.B. belanglose Plaudereien oder die ständige Wetterbeschreibung (es war Winter und sehr kalt.....).
Peggy ist eine Frau, die sich nicht an Konventionen festhält, sie liebt Grenzüberschreitungen. Sie mag das freie Leben in New York, liebt Bars und Theater, und natürlich die zahlreichen Treffen mit der Künstlerelite. Hier ist so mancher Name zu lesen, den ich nicht erwartet hätte, z.B. André Breton oder Marcel Duchamp, und ich fand es interessant, hier einen Einblick in die Charaktere dieser bekannten Künstler zu bekommen, wenn auch nur flüchtig. Besonders beachtlich finde ich, dass Miss Guggenheim, obwohl sie mit so vielen Künstlern befreundet ist, in ihrer Galerie auch bislang unbekannte Maler fördert, und dies lässt sie sich einiges kosten. Sie erntet dafür hohe Anerkennung von Seiten der Kunstkritiker. Außerdem fördert sie die weiblichen Künstlerinnen, die bislang i.A. keine große Rolle spielten. Ich denke, man kann Peggy in die Riege der 'starken Frauen' einordnen, denn sie war mutig und hatte Durchsetzungsvermögen, auch in der Männerwelt der New Yorker Bohème.
Was mir nicht verständlich wird, sind die Abschweifungen nach Venedig (1958). Sie haben mit der Haupthandlung nichts zu tun. Aber wahrscheinlich war Venedig Peggys Ruheort, wo sie sich vom turbulenten Leben in NY erholen konnte. Darüber erfahren wir leider nichts Näheres.
Ein hörenswertes und informatives Hörbuch!

Bewertung vom 17.10.2020
Die zitternde Welt
Paar, Tanja

Die zitternde Welt


sehr gut

Das große Glück in Anatolien und sein drastisches Ende
Maria ist schwanger und möchte sich nicht den Erniedrigungen aussetzen, die in ihrem kleinen Heimatdorf auf sie warten, denn der Vater des Kindes hat sich überraschend nach Anatolien begeben, um am Bau der Bagdadbahn mitzuwirken. Ausgestattet mit einem starken Willen und einer gehörigen Portion Mut beschließt die Hochschwangere, Wilhelm in Anatolien zu suchen und ihn mit der Situation zu konfrontieren. Hier findet diese Frau meinen höchsten Respekt, denn wir befinden uns in der Zeit um 1900, als Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zugewiesen bekamen und sich zu fügen hatten.
Maria erreicht ihr Ziel, ein kleines Dorf in Anatolien, und eine traumhafte Zeit beginnt: ein großes Haus, Bedienstete, ein schöner Garten, Kindersegen, ein eigenes Pferd usw. Wilhelm hat es zwar nicht leicht mit dieser rebellischen Frau, aber er liebt sie und sorgt für sie und die Kinder. Maria ist klug und stark, sie agiert in Ruhe, um ihre Ziele zu erreichen. In ihrer Ruhe liegt die Kraft!
Der erste Teil des Buches beschreibt dieses herrliche Leben in Anatolien, in dem es Höhen und Tiefen gibt, wo aber die Lebensfreude Marias deutlich spürbar ist.
Alles gerät jedoch ins Wanken, als der erste Weltkrieg ausbricht und das Verbleiben im osmanischen Reich unmöglich wird. Maria und Wilhelm haben Angst um die Zukunft ihrer wehrpflichtigen Söhne und verschaffen ihnen eine neue Identität, wodurch der Fortbestand der Familie zu zittern beginnt. Es wird viel schlimmer als erwartet....die beiden Söhne erleiden einen totalen Identitätsverlust. Türke? Franzose? Deutscher? Erich und Hans haben keine Wurzeln mehr und verlieren sich selbst. Hans überlebt den Krieg nicht, Erich bleibt körperlich unversehrt, ist aber ein seelisches Wrack.
Der ganze zweite Teil des Buches dreht sich überwiegend um Erich und seine Versuche, im Leben wieder Fuß zu fassen. Hier hätte ich gern noch mehr Informationen zu Marias Entwicklung gelesen, denn sie entwickelt sich zu einer gehässigen, tyrannischen und lethargischen Frau. Gern hätte ich mehr darüber erfahren, wie es dazu kommen konnte. Dazu werden leider nur Andeutungen gemacht.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend und flüssig, die Charaktere der einzelnen Protagonisten sind präzise gezeichnet, so dass man sie leibhaftig vor Augen und im Kopf hat. Sehr informativ fand ich den historischen Hintergrund, denn über diese Zeit und die politischen Entwicklungen, besonders im Nahen Osten, wusste ich nicht viel. Hier hat die Autorin intensive Recherchearbeit geleistet.
Alles in allem: Eine Familiensaga der etwas anderen Art, sehr lesenswert und informativ, auch wenn es nicht um den Zusammenhalt der Familie geht, sondern um ihr Zerbrechen!

Bewertung vom 07.10.2020
Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2
Stern, Anne

Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2


ausgezeichnet

Fräulein Golds Einsatz für die Scheunenkinder
In diesem Buch erfahren wir mehr über Hulda Gold, eine mobile Hebamme mitten im Berlin der 20er Jahre, die bei ihren Patientinnen sehr beliebt ist, denn sie ist zuverlässig zur Stelle, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Außerdem weiß Huld immer Rat, wenn Probleme auftreten, und betreut die jungen Mütter auch nach der Geburt mit guten Tipps.
Hulda wird zu einer schwangeren Frau gerufen. Dazu muss sie ihr Stammgebiet verlassen, denn die Frau wohnt im berüchtigten Scheunenviertel, wo die Armut unter der Bevölkerung besonders groß ist und wo besonders viele Juden wohnen. Die jüdische Familie, der die schwangere Frau angehört, ist zerstritten, und schon bald gerät Hulda in einen Kriminalfall, denn das neugeborene Baby verschwindet kurz nach seiner Geburt....Treffenderweise ermittelt auch Huldas Freund Karl, ein Kriminalkommissar, in einem ähnlich gelagerten Fall. Gibt es da eine Verbindung? Wer Hulda kennt, weiß, dass sie der Angelegenheit auf den Grund gehen wird. Hulda ermittelt sehr resolut und unerschrocken. Sie geht so manches Risiko ein, auch wenn es gefährlich wird.
Gleichzeitig wird die politische Situation immer bedrohlicher, denn die Zeit nach dem ersten Weltkrieg ist die Zeit der Inflation und der knappen Lebensmittel. Da gewisse Vereinigungen den Juden die Schuld daran geben, werden diese öffentlich gejagt und angegriffen. Mit Entsetzen erkennt man, wie aufgebracht die Bevölkerung war und wie leicht es zum Tumult kam, dass aber die Polizei kaum etwas dagegen unternimmt. Ich mag diese Blicke hinter die historischen Kulissen, denn die Ausmaße des Judenhasses in dieser Zeit waren mir nicht bekannt. Die Autorin hat intensive Recherchen betrieben.
Ich habe den Roman genossen und freue mich jetzt schon auf den 3.Teil, denn Hulda ist sympathisch, hat das Herz am rechten Fleck und irgendwie wünscht man sich, mit dieser Person bekannt zu sein. Hulda ist als alleinstehende Frau in dieser Zeit erstaunlich emanzipiert und eigenständig. Sie setzt sich auch über bestehende Regeln einfach hinweg und wirkt so etwas rebellisch, was ihren Charakter wunderbar abrundet.
Aber auch andere Charaktere in diesem Roman sind sehr einfühlsam und überzeugend beschrieben und ausgearbeitet, so z.B. auch der Rabbi, der Hulda unterstützt, oder auch Felix, Huldas alte große Liebe, dem sie immer wieder über den Weg läuft und der in seiner Ehe sehr unglücklich ist.
Alles in allem kann ich den Roman wärmstens empfehlen, denn auch der zweite Teil hat mich gefesselt und hinterließ keine Spur von Langatmigkeit.