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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

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Insgesamt 895 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2020
Du bist die Nächste
Dylan, Rachel

Du bist die Nächste


ausgezeichnet

Fulton County/Georgia. Staatsanwältin Sophie Dawson hat vor kurzem ihre neue Stelle in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Bezirksstaatsanwaltschaft angetreten. In ihrem neuesten Fall ermittelt sie gegen den Bankangestellten Glen Shelton, der Kunden betrogen haben soll.

Als Sophie sich nach einem anstrengenden Tag in einem Tankstellenshop Chips und Schokolade holen will, wird sie Zeugin eines Doppelmordes. Sie kann den Täter identifizieren und soll als Hauptzeugin vor Gericht gegen ihn aussagen. Da es sich bei dem Angeklagten um den Bruder des Anführers der größten Straßengang Atlantas handelt, hat Sophies Vater zu ihrer Sicherheit den Personenschützer Cooper Knight engagiert – zu Recht, wie sich schon nach kurzer Zeit herausstellt, denn es werden Anschläge auf Sophies Leben verübt…

„Du bist die Nächste“ ist bereits der zweite Band aus Rachel Dylans Atlanta-Justice-Reihe, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des vorherigen Bandes bestens verständlich.

Rachel Dylan hat einen sehr fesselnden Schreibstil und versteht es ganz ausgezeichnet, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Da sie jahrelang selbst als Prozessanwältin gearbeitet hat, kennt sie die Tricks und Kniffe, mit denen in der Gerichtswelt agiert wird und lässt dieses Wissen gekonnt in die Handlung einfließen.

Die Autorin schont ihre Protagonistin nicht und setzt Sophie im Verlauf der Handlung sowohl physisch wie auch emotional immer mehr unter Druck. Neben den verzwickten Nachforschungen in dem Betrugsfall, ihrer nervenaufreibenden Zeugenaussage und den immer bedrohlicher werdenden Anschlägen ringt Sophie auch mit ihrer wachsenden Zuneigung zu Cooper, da ihre Gefühle von ihm nicht so erwidert werden, wie sie es sich wünscht.

Die Krimihandlung ist knifflig und wird durch immer neue Hinweise, Indizien und Ereignisse lebendig gehalten. Geschickt lenkt Rachel Dylan den Blick des Lesers in unterschiedliche Richtungen, so dass man prima über Motive, Zusammenhänge, Hintergründe und Täter miträtseln und mitgrübeln kann. Überraschungen und Wendungen sorgen zudem dafür, dass die Sogwirkung des Krimis bis zur letzten Seite nicht abreißt.

„Du bist die Nächste“ hat mir sehr gut gefallen – ein mitreißender Krimi, der mir mit seiner fesselnden Handlung ein paar äußerst spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 18.02.2020
Der rote Judas / Paul Stainer Bd.1
Ziebula, Thomas

Der rote Judas / Paul Stainer Bd.1


ausgezeichnet

In seinem Kriminalroman „Der rote Judas“ nimmt Thomas Ziebula den Leser mit in das Jahr 1920 nach Leipzig und zeichnet ein facettenreiches und glaubwürdiges Bild von Zeit und Ort.

Paul Stainer hat Krieg und Gefangenschaft überstanden und versucht, wieder in sein altes Leben zurückzukehren. Gar nicht so einfach, denn neben den Albträumen, Gedächtnislücken und ständig wiederkehrenden Halluzinationen macht ihm die Tatsache, dass seine Frau Edith ihn für tot gehalten und mittlerweile einen neuen Lebenspartner an ihrer Seite hat, enorm zu schaffen. Ein Lichtblick erwartet Stainer dagegen auf seiner alten Dienststelle in der Wächterstraße, hier wird er nicht nur willkommen geheißen, sondern direkt befördert. Kaum hat der frischgebackene Kriminalinspektor seinen Dienst angetreten, hat er auch schon alle Hände voll zu tun, denn Leipzig wird von einer rätselhaften Mordserie heimgesucht…

Inspektor Stainer bekommt es in seinem ersten Fall mit der „Operation Judas“ zu tun. Eine Gruppe ehemaliger Offiziere hat es sich zur Aufgabe gemacht, die im August 1914 im belgischen Dinant geschehenen Kriegsverbrechen zu vertuschen, indem sie Mitwisser, die die Gräueltaten öffentlich machen wollen, aus dem Weg räumt.

Der Krimi wird fesselnd erzählt und besticht vor allen Dingen durch die gekonnte Verknüpfung von Realität und Fiktion - dass Thomas Ziebula die Hintergründe intensiv recherchiert hat und er über eine gute Kenntnis der lokalen und historischen Gegebenheiten verfügt, merkt man dem Roman auf jeder einzelnen Seiten an.

Außerdem beweist Thomas Ziebula einmal mehr, dass er ein ausgesprochen gutes Händchen für mitreißende Figuren hat. Alle Akteure sind detailliert beschrieben und bekommen schnell ein Gesicht, selbst Nebenfiguren werden lebendig und ausdrucksvoll dargestellt und wirken in ihrem Tun überzeugend.

Gut gefallen hat mir auch die stimmige Atmosphäre – die Trostlosigkeit der Zeit und die Unsicherheit der Menschen werden hervorgehoben. Die Einwohner Leipzigs kämpfen mit den Nachwehen des Krieges, man ist von Normalität und einfach nur Mensch sein noch meilenweit entfernt, aber man berappelt sich so langsam und bemüht sich, nach vorne zu schauen.

Neben der spannenden Krimhandlung und den Problemen und Sorgen des Alltags spielt auch die damalige Politik eine wichtige Rolle – die Veränderungen, die der Krieg mit sich gebracht hat, sind genauso Thema, wie das Gerangel um die politische Macht in der noch jungen Weimarer Republik.

„Der rote Judas“ hat mir sehr gut gefallen – die gut ausbalancierte Mischung aus Historie und Spannung wird anschaulich und lebendig erzählt und hat mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.02.2020
Die Schleusen des Himmels
Martin, Charles

Die Schleusen des Himmels


ausgezeichnet

Charles Martin beginnt „Die Schleusen des Himmels“ mit einem kurzen Prolog, ein Ausflug in das Jahr 1964 – Joseph und Bobby Brooks, 9 und 11 Jahre alt, wurden gerade von ihrem Vater verlassen und erleiden dadurch einen tiefen Schmerz, der sie noch jahrzehntelang begleiten wird…

Zeitsprung in die Gegenwart. Der Leser lernt Allie kennen, die am Telefon einen heftigen Streit mit ihrem Mann Jake hat; kurz darauf stirbt Jake bei einem schrecklichen Unfall. Außerdem trifft man Catalina und ihre Kinder Diego und Gabriela; die drei befinden sich seit Jahren in den Fängen des brutalen Drogenschmugglers Juan Pedro.
Und man begegnet Joseph wieder. Er ist mittlerweile 62 Jahre alt und lebt allein in einer Hütte in den Bergen North Carolinas. In einer verschneiten Nacht landen Catalina und ihre Kinder bei ihm. Sie sind auf der Flucht vor Juan Pedro. Joseph hilft der kleinen Familie und bringt sie nach Florida in Sicherheit. Auf dem Rückweg lässt eine Rauchsäule nahe Cape San Blas, dem Ort seiner Kindheit, ihn anhalten. Er erfährt, dass bei dem Unfall, der sich hier vor kurzem ereignet hat, der Mann seiner Jugendliebe Allie ums Leben gekommen ist. Joseph zögert nicht, sondern besucht Allie und kümmert sich um sie. Und damit beginnt die Aufarbeitung des Schmerzes, der sich 53 Jahre zuvor tief in Josephs Brust gefressen hat…

Charles Martin hat einen sehr fesselnden Schreibstil. Er erzählt Josephs Lebensgeschichte so spannend und mitreißend, als wäre sie ein Krimi. Schon nach wenigen Seiten entwickelt sich das Buch zu dem grandiosen Pageturner, den der Klappentext verspricht.

In „Die Schleusen des Himmels“ geht es um Liebe und Loyalität, um Opferbereitschaft und Vergebung und um die Hoffnung auf eine zweite Chance.

Joseph und Bobby entwickeln sich nach dem prägenden Ereignis in ihrer Kindheit ganz unterschiedlich. Obwohl sich ihre Wege als Jugendliche trennen, verbindet die Brüder ein Geheimnis, das Josephs Lebensweg nachhaltig bestimmt. Physisch und vor allen Dingen psychisch versehrt aus dem Vietnamkrieg zurückgekehrt, hat er ganz unterschiedliche Phasen durchgemacht, aber nie in ein zufriedenstellendes Leben gefunden und sich deshalb schließlich in die Hütte in den Bergen zurückgezogen.

In geschickt eingeflochtenen Rückblenden kann der Leser an Josephs Werdegang teilhaben. Man erlebt die zahlreichen Höhen und Tiefen, die er über die Jahre hinweg durchgemacht hat, intensiv mit und erfährt so, wie er zu dem Mann wurde, der er heute ist.

Charles Martin wartet im Verlauf der Handlung mit einigen Wendungen und Überraschungen auf, die das Geschehen lebendig halten und die Sogwirkung bis zum Schluss nicht abreißen lassen.

„Die Schleusen des Himmels“ hat mich durchweg begeistert – ein abwechslungsreicher, tiefgründiger Roman, der mit ausdrucksstarken Charakteren und einer mitreißenden Handlung zu überzeugen weiß.

Bewertung vom 10.02.2020
Sonne, Mord und Sterne
Minck, Lotte

Sonne, Mord und Sterne


ausgezeichnet

Bochum. Der Astrologiekongress schließt seine Pforten und Astrologin Stella Albrecht möchte eigentlich nur noch nach Hause, doch um den Zirkuswagen ihrer Großmutter Maria alias Madame Pythia aus der Messehalle zu schaffen, benötigen sie den Hallenschlüssel, den Holger van Aalen, der Initiator der Veranstaltung, haben müsste. Stella macht sich auf die Suche, findet aber weder van Aalen noch den Schlüssel, sondern stolpert über die Leiche von Marlene Silberstein, dem Star der Astrologieszene…

„Sonne, Mord und Sterne“ ist bereits der dritte Fall für Stella Albrecht, ihre Oma Maria und Kommissar Arno Tillikowski, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Arno Tillikowski ist ein Kommissar, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht. Als er den Tatort in Augenschein nimmt und ihm klar wird, dass er zwischen Auralesern, Geistheilern und Hellsehern ermitteln muss, verflucht er als erstes seinen Bereitschaftsdienst. Übersinnliche Phänomene und kosmische Schwingungen sind nichts für Arno. Alles Humbug und esoterischer Firlefanz. Doch es hilft nichts – Arno muss ran. Schließlich wurde eine Frau erschlagen und ihr Mörder läuft frei herum.

Schnell steht fest, dass das Opfer eine knallharte Geschäftsfrau war, die wenig zimperlich mit ihren Mitmenschen umgegangen ist. Ein Strudel aus dreisten Lügen, Halbwahrheiten und Verdächtigungen droht Arno den Boden unter den Füßen wegzureißen – da ist es gut, dass Stella, Oma Maria, Journalist Ben Glaeser und auch Hackerin Ruby dem genervten Kommissar mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Lotte Minck kann auch in dieser Ruhrpott-Krimödie wieder mit einem frischen, lebendigen Schreibstil, außergewöhnlichen Charakteren und einer überaus humorvollen Handlung punkten. Es macht einfach Spaß, das Miteinander und Gegeneinander der Akteure zu beobachten, die spannenden Ermittlungen zu verfolgen und dem wahren Täter nach und nach auf die Spur zu kommen.

„Sonne, Mord und Sterne“ hat mir sehr gut gefallen – ein durchweg kurzweiliges Lesevergnügen.

Bewertung vom 10.02.2020
Dorthin, wo der Tag anbricht
Camen, Elizabeth

Dorthin, wo der Tag anbricht


ausgezeichnet

Pennsylvania, November 1897. Die Medizinstudentin Julia Broeder hat ein großes Herz für Tiere. Als sie einen übel zugerichteten Hund operiert und danach vor seinem Besitzer versteckt, weil dieser das Tier bei brutalen Hundekämpfen starten lässt, wird Julia vom College verwiesen und kann damit ihren Traum, als Missionsärztin zu arbeiten, ad acta legen. Da die reichen Vandermarks Julias Familie schon immer großzügig unterstützt haben, bittet Julia in ihrer Verzweiflung deren Anwalt um Hilfe, wird aber von dem geschniegelten Ashton Carlyle barsch abgewiesen. Als Nickolaas Vandermark davon erfährt, ist er erbost und fordert Ashton auf, alles daranzusetzen, dass Julia ihr Studium unverzüglich fortsetzen kann, doch das ist leichter gesagt als getan, denn Julia hat mittlerweile andere Pläne…

„Dorthin, wo der Tag anbricht“ ist in der Reihe „Kleine Auszeit“ des Verlags der Francke-Buchhandlung erschienen. Das Büchlein ist so etwas wie eine Vorgeschichte zu dem bereits 2018 erschienenen Roman „Das Anwesen“.

Elizabeth Camden hat einen angenehm zu lesenden Schreibstil und versteht es ganz ausgezeichnet, den Leser in den Bann ihrer Geschichte zu ziehen. Schon nach wenigen Seiten war ich mit den Akteuren vertraut und habe gespannt das Geschehen verfolgt.

Die Autorin hat ein ungewöhnliches Setting für ihre Protagonisten vorbereitet – während Julia und Ashton eine Woche lang gemeinsam einer Ziegenherde beim Ablammen helfen, lernen die beiden einander besser kennen, sprechen über Verantwortung, ihre Kindheitsträume und ihre Pläne für die Zukunft.

„Dorthin, wo der Tag anbricht“ hat mir sehr gut gefallen - ein unterhaltsamer Kurzroman, der mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert hat.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.02.2020
Kein schlechter Tausch
Witemeyer, Karen

Kein schlechter Tausch


ausgezeichnet

Texas, Oktober 1890. Die junge Witwe Ruth Fulbright hat sich den Kurort Hope Springs ausgesucht, um hier gemeinsam mit ihrer 7-jährigen Tochter Naomi einen Neuanfang zu wagen. Dafür hat sie einen Job als Köchin im Homespun Café angenommen. Ruths größtes Problem ist es, eine Unterkunft zu finden, denn sie ist nach der Zwangsversteigerung ihres bisherigen Zuhauses mittellos und kann sich die teuren Mieten in Hope Springs nicht leisten. In ihrer Verzweiflung bittet sie den reichen Vermieter Beauregard „Bo“ Azlin um einen besonderen Tauschhandel …

Bo ist reich aber einsam. Seit einem Unfall in seiner Kindheit hat er mit einer Lähmung von rechtem Unterarm und Handgelenk zu kämpfen und lebt deshalb sehr zurückgezogen. Es wird höchste Zeit, dass ihn jemand aus seinem Schneckenhaus befreit…

„Kein schlechter Tausch“ ist in der Reihe „Kleine Auszeit“ des Verlags der Francke-Buchhandlung erschienen und liest sich locker und angenehm zügig. Schon nach wenigen Seiten ist man mittendrin im Geschehen und kann ausgezeichnet mit den Akteuren mitfiebern und mitfühlen.

Karen Witemeyer hat einen frischen, lebendigen Schreibstil. Die Autorin erzählt die Geschichte im lockeren Wechsel mal aus Ruths, mal aus Bos Sicht, so dass man als Leser beide sehr gut kennenlernt und bestens verfolgen kann, was sie über den jeweils anderen denken.

„Kein schlechter Tausch“ hat mir sehr gut gefallen. Der unterhaltsame Kurzroman eignet sich hervorragend für einen gemütlichen Lesenachmittag.

Bewertung vom 06.02.2020
Tage des Lichts / Das Schicksal einer Familie Bd.3
Renk, Ulrike

Tage des Lichts / Das Schicksal einer Familie Bd.3


ausgezeichnet

In ihrer auf wahren Begebenheiten beruhenden Seidenstadt-Saga erzählt Ulrike Renk von den dramatischen Erlebnissen der jüdischen Familie Meyer während der NS-Zeit.

„Tage des Lichts“ ist der dritte Band der Saga und knüpft direkt an die Geschehnisse des zweiten Teils an. Ich halte es für ratsam, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da man so das Leben und das Schicksal der Meyers besser nachempfinden kann.

Die Handlung dieses Bandes beginnt im August 1939. Die 18-jährige Ruth ist seit einigen Monaten in England und arbeitet als Dienstmädchen auf dem Bauernhof der Familie Sanderson. Gerade noch rechtzeitig hat Ruth die nötigen Papiere eingereicht, die ihren Eltern und ihrer Schwester Ilse die Einreise nach England ermöglichen. Die Erleichterung nach Tagen der Ungewissheit währt allerdings nur kurz, denn der Krieg bricht aus und die Bedrohung durch die Nazis rückt wieder näher. Die Meyers wollen nach Amerika fliehen, doch das ist aufgrund der politischen Lage kaum noch möglich…

Ulrike Renk lässt den Leser intensiv an Ruths Schicksal teilhaben. Sehr mitreißend schildert die Autorin die Ängste und Sorgen der jungen Frau. Ruth hat sich zwar recht schnell an die überaus harte Arbeit auf dem Hof gewöhnt und erträgt die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ohne zu murren, jedoch belastet sie die Furcht, doch noch in die Fänge der Nazis zu geraten, mit jedem Tag mehr – man kann durchweg sehr gut nachvollziehen, wie die Angst an Ruth nagt und leidet Seite um Seite mit ihr mit.

Als besonders gut dargestellt habe ich Ruths Entwicklung in den Monaten bei den Sandersons empfunden. Nach und nach gewinnt sie ihr - durch die massiven Anfeindungen und Diskriminierungen der Nazis in den letzten Jahren geschrumpftes - Selbstvertrauen wieder zurück, indem sie beginnt, ihre Interessen gegenüber ihrer herrischen Arbeitgeberin durchzusetzen.

Gut gefallen hat mir auch, dass man neben dem Leben und den alltäglich anfallenden Arbeiten auf einem Bauernhof auch einiges über den Umgang der englischen Bevölkerung mit dem herannahenden Kriegsgeschehen und den damit verbundenen Herausforderungen und Einschränkungen erfährt.

„Tage des Lichts“ hat mir sehr gut gefallen – eine eindringlich erzählte Mischung aus realer Familiengeschichte und fiktiver Handlung, die den Leser intensiv am Leben einer jüdischen Familie zur Zeit des Nationalsozialismus teilhaben lässt.

Bewertung vom 03.02.2020
Long Bright River
Moore, Liz

Long Bright River


ausgezeichnet

In ihrem Roman „Long Bright River“ nimmt Liz Moore den Leser mit nach Kensington, einem Stadtteil der US-Metropole Philadelphia. Kensington ist ein Problembezirk. Die Kriminalitätsrate ist hoch, Drogenhandel und Prostitution sind hier Alltag und prägen das Stadtbild.

Hintergrund für diesen genauso bewegenden wie spannenden Roman ist die Opioidkrise in den USA – eine gesellschaftliche Tragödie, die mittlerweile ein solches Ausmaß angenommen hat, dass sie als medizinischer Notstand gilt.

Die 33-jährige Streifenpolizistin Mickey ist in Kensington aufgewachsen. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Kacey wurde sie von ihrer Großmutter aufgezogen, einer verbitterten Frau, die nie über den Drogentod ihrer Tochter hinweggekommen ist und deshalb weder die Kraft noch den Willen hatte, ihren Enkelinnen die Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, die sie gebraucht hätten. Während die stille, fast schüchterne Mickey die Kurve kriegt, gerät die wilde, unternehmungslustige Kacey auf die schiefe Bahn. Sie nimmt Drogen, dealt und prostituiert sich.

Als Kinder und Jugendliche haben die Schwestern sich gegenseitig beschützt. Obwohl der Lebensweg der beiden so gänzlich unterschiedliche Richtungen eingeschlagen hat und sie seit Jahren nicht mehr miteinander reden, hat Mickey auch heute noch immer ein Auge auf Kacey, wenn sie auf Streife durch den Bezirk fährt. Als ein Serienmörder, der es auf Prostituierte abgesehen hat, in den Straßen Kensingtons sein Unwesen treibt und Kacey zeitgleich spurlos verschwindet, macht Mickey sich auf eine nicht ungefährliche Suche nach ihrer Schwester…

Liz Moore gewährt dem Leser durch die Augen der Streifenpolizistin und alleinerziehenden Mutter Mickey Einblick in eine Welt, die mit den verheerenden Auswirkungen von Drogenhandel und -konsum zu kämpfen hat und die Probleme nicht in den Griff kriegt. Die Autorin schildert dabei nicht nur die Trostlosigkeit des Viertels und die Perspektivlosigkeit und Resignation der Bevölkerung, sie vermittelt auch, woher die Probleme kommen und warum es für den Einzelnen so schwer ist, die ständige Abwärtsspirale zu stoppen und dem Elend zu entkommen.

Der Roman ist aber nicht nur ein mitreißendes Gesellschaftsporträt, sondern wird durch die verzweifelte Suche nach Kacey, den aufschlussreichen Rückblenden in die Kindheit und Jugend der Schwestern sowie Mickeys Spagat zwischen Berufsleben und dem Wunsch, ihrem kleinen Sohn ein liebevolles Zuhause zu bieten, gleichzeitig zu einer dramatischen Familiengeschichte.

Obwohl es sich bei diesem Roman nicht um einen Krimi handelt und die Ermittlungen in den Mordfällen nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist für reichlich Spannung gesorgt, weil es Liz Moore gelingt, beim Leser den Eindruck zu erwecken, dass der Täter aus Mickeys Umfeld stammt und sie sich deshalb in ständiger Gefahr befindet.

„Long Bright River“ hat mir sehr gut gefallen – ein fesselnder, sehr tiefgründiger Roman, der mich auch nach dem Lesen noch lange beschäftigt hat. Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.01.2020
Reliquiae - Die Konstantinopel-Mission - Mittelalter-Roman über eine Reise quer durch Europa im Jahr 1193. Nachfolgeband von
Görg, Christoph

Reliquiae - Die Konstantinopel-Mission - Mittelalter-Roman über eine Reise quer durch Europa im Jahr 1193. Nachfolgeband von "Der Troubadour"


sehr gut

Burg Dürnstein im Sommer 1193. Niki Wolff wurde vor einigen Monaten durch den Sturz von einer Mauer der Burgruine Dürnstein aus dem Jahr 2017 ins Mittelalter katapultiert und fühlt sich mittlerweile in seinem neuen Leben als Troubadour sehr wohl.

Als Herzog Leopold und Ritter Hadmar von Kuenring von Papst Coelestin exkommuniziert werden, weil sie gegen den Befehl des Papstes Richard Löwenherz auf dessen Rückweg vom Kreuzzug aus dem Heiligen Land gefangen gehalten hatten, macht Niki den Vorschlag, den Papst mit einer besonders seltenen Reliquie gnädig zu stimmen, so dass er den Bann gegen Hadmar und Leopold wieder aufhebt. Nikis Idee findet Anklang und ehe der junge Mann sich’s versieht, befindet er sich mit neun Gefährten auf dem gefahrenvollen Weg nach Konstantinopel…

„Reliquiae – Die Konstantinopel-Mission“ ist der zweite Band rund um die Erlebnisse des Zeitreisenden Nikolaus „Niki“ Wolff. Obwohl ich den ersten Teil nicht gelesen habe, war ich ruckzuck mittendrin im Geschehen und hatte schon nach wenigen Seiten das Gefühl, mit den Akteuren gut vertraut zu sein.

Christoph Görg erzählt sehr unterhaltsam. Die Beschreibungen und Schilderungen sind detailreich und farbenfroh, jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd - ich konnte mir die Schauplätze bestens vorstellen und zudem prima mit den Gefährten mitfiebern.

Der Autor hat zahlreiche historische Fakten und Gegebenheiten mit einer spannenden fiktiven Handlung verwoben. Er geizt nicht mit Humor und lässt seine Protagonisten auch mal an ihre physischen und psychischen Grenzen kommen. Die Figuren wirken dabei allesamt echt und glaubwürdig, sie haben Ausstrahlung, zeigen Emotionen und handeln entsprechend ihren Eigenarten – es hat großen Spaß gemacht, Niki und seine Weggefährten auf dieser abenteuerlichen Mission zu begleiten und ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten. Besonders gut gefallen hat mir, dass aus einen bunt zusammengewürfelten Haufen nach und nach eine eingeschworene Gemeinschaft wird.

„Reliquiae – Die Konstantinopel-Mission“ hat mir sehr gut gefallen - ein unterhaltsamer Zeitreiseroman, der mit faszinierender Historie, Abenteuer und Humor punkten kann und mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 06.01.2020
Todesfrist / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.1
Gruber, Andreas

Todesfrist / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.1


ausgezeichnet

München. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen. Als Vorlage für seine grausamen Taten dienen ihm die Geschichten des Kinderbuchs „Der Struwwelpeter“. Als auch die Mutter der 26-jährigen Sabine Nemez Opfer des brutalen Täters wird und ihr Vater als Verdächtiger in das Visier ihrer Kollegen von der Kripo gerät, setzt die junge Kommissarin vom Kriminaldauerdienst alles daran, den wahren Täter dingfest zu machen…

„Todesfrist“ ist der Auftaktband zu einer spannenden Thrillerreihe mit dem niederländischen Profiler Maarten S. Sneijder und der Münchner Kommissarin Sabine Nemez als Ermittlerduo.

Andreas Gruber hat mir mit „Todesfrist“ alles geboten, was für mich zu einem fesselnden Thriller dazugehört - eine mitreißend erzählte Geschichte, die schon nach wenigen Seiten einen Sog entwickelt, dem man sich als Leser nicht entziehen kann, deren Spannungskurve durch eine vielschichtige und abwechslungsreiche Handlung durchweg auf einem hohen Niveau bleibt, die schlüssig aufgebaut ist und die mir durch zahlreiche offene Fragen und unerwartete Wendungen viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Zusammenhänge, Motive und Täter gegeben hat.

Andreas Gruber schickt mit dem Ermittler Maarten S. Sneijder eine sehr interessante Figur ins Rennen. Der Fallanalytiker ist ein Meister seines Fachs. Ein Genie, wenn es darum geht, einem Täter auf die Spur zu kommen. Sneijder ist allerdings auch jemand, der mit seinen Eigenarten aneckt. Er will nicht gemocht werden und kommt bestens ohne die Sympathien seiner Mitmenschen aus. Auch Sabine versucht er zu vergraulen, doch diese lässt sich nicht ausbooten und bietet ihm Paroli, indem sie ihn mit ihren Ermittlungsansätzen und Überlegungen beeindruckt. Das Zusammenspiel dieser ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten hat mir sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf die weiteren Fälle der beiden.

„Todesfrist“ hat mich durchweg begeistert – ein abwechslungsreicher, gut durchdachter Thriller, der mir mit seiner fesselnden Handlung ein paar äußerst spannende Lesestunden beschert hat.