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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 394 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2022
Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
Leo, Maxim

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße


ausgezeichnet

Die Geister, die ich rief
Kurz vor dem 30jährigen Jahrestags des Mauerfalls recherchiert der Hamburger Journalist Alexander Landmann in alten Stasi-Akten und gräbt eine abenteuerliche Geschichte aus: Michael Hartung, der damals bei der Deutschen Reichsbahn für die Weichenstellung der S-Bahnzüge am Stellwerk Friedrichstraße zuständig war, soll am 12. Juli 1983 durch das Freischalten einer Weiche allein dafür verantwortlich sein, dass in dieser Nacht ein mit 127 Personen besetzter S-Bahnzug ungehindert in den Westen durchfahren konnte. Landmann wittert die große Story und sucht Hartung auf, der mittlerweile Besitzer einer ziemlich heruntergekommenen Videothek in Ostberlin ist. Zunächst will Hartung nichts von ihm wissen, schon gar nicht davon, ein Held zu sein, denn in Wirklichkeit war in jener Nacht lediglich ein Bolzen beim Stellen der Weiche abgebrochen. Als Landmann ihn durch ein großzügiges Honorar für ein Interview lockt, beschließt Hartung mitzuspielen, doch bald nimmt die Geschichte vom Helden vom Bahnhof Friedrichstraße solche Ausmaße an, dass er sie nicht mehr steuern kann. Die Talkshows reißen sich um ihn, Buch und Film sind geplant und Hartung soll am Jahrestag des Mauerfalls eine Rede im deutschen Bundestag halten. Alles wächst ihm über den Kopf. Möglicherweise hätte er seinen Ruhm und den damit einhergehenden Geldfluss sogar genossen, wäre da nicht Paula, die ihn eines Tages anspricht und in die er sich umgehend verliebt. Paula war als Kind mit ihren Eltern in eben jener S-Bahn, die sie in den Westen brachte und somit ihr Leben veränderte. Hartung will sie nicht anlügen, doch für die Wahrheit scheint es längst zu spät…
Maxim Leo ist mit diesem humorvollen und satirischen Roman ein ganz wunderbares Buch über die deutsche Wiedervereinigung und die Vorurteile von Ossis und Wessis geschrieben. Was ist schon Geschichte? Hat nicht jeder ein eigenes Bild davon, was Geschichte (und Wahrheit) ist? Mit viel Humor und Sprachwitz widmet er sich fast schon philosophischen Themen, doch im Vordergrund steht immer der sympathische Michael Hartung, der niemals ein Held sein wollte und in diese Rolle hineingedrängt wurde. Das Buch hat mir kurzweilige und vergnügliche Lesestunden bereitet. 5 Sterne und absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.02.2022
Das Mädchen mit dem Drachen
Colombani, Laëtitia

Das Mädchen mit dem Drachen


ausgezeichnet

Drei Kämpferinnen, Überlebende, Kriegerinnen
Die französische Lehrerin Léna will nach einem Schicksalsschlag eine Auszeit nehmen. Sie fliegt nach Indien in eine Gegend, die ihr Partner immer besuchen wollte, sich diesen Traum jedoch nie erfüllen konnte.
Als sie eines Morgens beinahe im Meer ertrinkt und nur dank des beherzten Eingreifens eines kleinen Mädchens gerettet wird, ändert sich alles. Sie sucht nach der Kleinen, um ihr zu danken. Dabei erfährt sie, dass sie von Frauen der sogenannten Roten Brigade gerettet wurde, einer Gruppe von Frauen, die durch die Straßen patrouillieren, um andere Frauen vor Vergewaltigungen und anderer Gewalt zu schützen. Léna erhält Einblick in ein Indien, das vom touristischen Indien Lichtjahre entfernt ist und beschließt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas zu verändern. Ihr schwebt eine Schule für Dalits, die sogenannten „Unberührbaren“, vor, eine Kaste, die nur niedrige Arbeiten verrichtet und der keinerlei Bildung zuteil wird. Zusammen mit der lokalen Anführerin der Roten Brigade, Preeti, beginnt sie den langen und mühsamen Weg durch die Instanzen, bis es ihr tatsächlich gelingt, mithilfe von Spenden eine Schule für die Ärmsten der Armen zu eröffnen.
Das Buch spricht viele Missstände an, die selbst im 21. Jahrhundert noch in Indien herrschen: Kinderarbeit, Zwangsehen, Massenvergewaltigungen, um nur ein paar zu nennen. Dennoch ist das Buch keine ganz und gar bedrückende Lektüre, denn es gibt auch Hoffnungsschimmer und Menschen, die sich von den jahrhundertealten Traditionen und Zwängen befreien möchten. Beim Lesen dieses Buchs wird einem klar, in welch privilegierter Welt wir hier im Westen leben und auf welch hohem Niveau hier gejammert wird! „Das Mädchen mit dem Drachen“ ist auf jeden Fall ein sehr berührendes Buch, das viele wichtige Themen anspricht und aufzeigt, dass auch Einzelne etwas bewegen können.

Bewertung vom 11.02.2022
Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht / Jahn und Krammer ermitteln Bd.2
Schneider, Anna

Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht / Jahn und Krammer ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Ein Fall, der's in sich hat
Im dichten Schneegestöber wird in der Jachenau eine junge Frau vermisst. Sie war auf dem Heimweg zu ihren Eltern, um mit ihnen Geburtstag zu feiern, doch sie kommt nie zuhause an. Kurz darauf verschwinden zwei weitere junge Menschen aus der Gegend.
Beinahe zeitgleich verschwinden aus einem Innsbrucker Studentenwohnheim zwei junge Frauen. Alles nur Zufall? Oder stecken dieselben Täter dahinter? Allerdings könnte in Innsbruck Fremdenfeindlichkeit das Motiv sein, denn eine der beiden Frauen stammt aus Syrien.
Es ist der zweite Fall der „Grenzfall“-Reihe von Anna Schneider, in denen auf der österreichischen Seite der 60jährige Bernhard Krammer gemeinsam mit Rosa Szabo vom LKA Tirol und auf der deutschen Seite die 32jährige Alexa Jahn mit ihrem Kollegen Huber ermitteln. Den ersten Band kannte ich nicht, trotzdem fiel es mir nicht schwer, in die Geschichte reinzukommen. Zu Beginn des Buches erhält der Leser einen kurzen Steckbrief der beiden Kommissare Jahn und Krammer sowie eine Landkarte der Gegend des Geschehens, was äußerst hilfreich ist.
Jahn und Krammer haben auch im ersten Fall (der im übrigen erst eine Woche zurückliegt) grenzüberschreitend miteinander gearbeitet. Bald stellt sich heraus, dass sie mehr als der Beruf verbindet.
Die Geschichte wird abwechselnd aus Jahns und Krammers Perspektive erzählt, dazwischen erfährt man immer wieder Einzelheiten aus der Sicht der Opfer sowie kursiv geschriebene Gedanken, vermutlich des Täters. Anna Schneider erzählt in kurzen Kapiteln, ihr Schreibstil ist flüssig und spannend, man mag das Buch gar nicht aus der Hand legen. Was der Leser ganz am Schluss über die Täter erfährt, ist sowohl perfide als auch äußerst gruslig, besonders da eine gewisse Gruppierung keineswegs der Fantasie der Autorin entspringt, sondern tatsächlich existiert. Ich werde diese Reihe mit Sicherheit weiterverfolgen und freue mich schon auf den angekündigten 3. Band!

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Bewertung vom 08.02.2022
Ein Grab für zwei
Holt, Anne

Ein Grab für zwei


ausgezeichnet

Anne Holt enttäuscht mich nie
Selma Falck, einstige Spitzensportlerin und danach erfolgreiche Anwältin, ist tief gefallen. Um ihrer Spielsucht zu frönen, hat sie in großem Stil Geld eines Klienten veruntreut, bekommt von ihm allerdings die Chance, eine Anzeige abzuwenden: Selma soll die Tochter des Geschäftsmanns Jan Morell, Hege Chin Morell, vom Vorwurf des Dopings freiwaschen. Hege ist die erfolgreichste norwegische Langläuferin. Sie kann sich keinen Reim darauf machen, weshalb sie positiv getestet wurde, denn sie hat nie wissentlich verbotene Substanzen zu sich genommen. Selma ist zwar der Meinung, in diesem Fall wenig ausrichten zu können, findet dann aber doch Indizien, die darauf hinweisen, dass das Mittel Hege ohne ihr Wissen verabreicht wurde. Dann geschieht ein schrecklicher Unfall, bei dem Norwegens bester männlicher Langläufer, Selmas Patensohn, ums Leben kommt. Auch bei ihm werden verbotene Substanzen nachgewiesen. Hängen die beiden Fälle zusammen und wenn ja, wie? Selma stellt sich die Frage „cui bono?“ – wem nützt es – bzw. wem soll geschadet werden?
Neben diesem Haupthandlungsstrang gibt es noch eine Art Drehbuch sowie die Gedanken eines Mannes, der in einer immer kleiner werdenden Zelle gefangen gehalten wird. Was es hiermit auf sich hat, erfährt man erst nach und nach.
Selma, die aufgrund ihrer Spielsucht aus dem Haus der Familie ausgezogen ist, haust nun mehr schlecht als recht in einer heruntergekommenen Wohnung. Ihr Leben ist ein einziger Trümmerhaufen, doch es gibt ihr Auftrieb, als sie immer mehr Einzelheiten ans Licht bringt, was im norwegischen Spitzensport, vor allem im Langlaufverband, alles im Argen liegt.
Ich fand das Hörbuch ausgesprochen fesselnd. Abgesehen von der spannenden Handlung
gefiel mir auch die Sprecherin Katja Bürkle ganz hervorragend (und ich bin bei Hörbuchsprechern sehr wählerisch).
Ich kann nicht behaupten, dass mir die Protagonistin Selma sympathisch war, aber sie ist eine definitiv interessante Person. Ich freue mich, dass „Ein Grab für zwei“ den Auftakt zu einer neuen Serie darstellt und werde mit Sicherheit Selmas weiteren Weg verfolgen. Von mir 5 Sterne und eine klare Lese- bzw. Hörempfehlung!

Bewertung vom 30.01.2022
Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2
Osman, Richard

Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Äußerst unterhaltsam
Douglas, Ex-Ehemann von Elizabeth und ehemaliger Kollege beim britischen Geheimdienst, MI5 hat ein Problem: bei der Durchsuchung der Villa eines Kriminellen konnte er der Versuchung nicht widerstehen und ließ Diamanten im Wert von 20 Millionen Pfund mitgehen. Nur dumm, dass sie eigentlich der Mafia gehören und diese sie gerne wiederhätte. Also versteckt er das Diebesgut und quartiert sich in der Seniorenresidenz ein, in der Elizabeth und die anderen Mitglieder des Donnerstagsmordclub wohnen, in der Hoffnung, dass er dort nicht aufgespürt wird. Außerdem: Wenn ihn jemand aus diesem Schlamassel befreien kann, dann Elizabeth!
Doch nicht nur dieser Fall beschäftigt die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs: Ibrahim, einer der Ihren, ist bei einem Ausflug in die Stadt von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen und ausgeraubt worden. Er landet traumatisiert im Krankenhaus und seine Freunde sinnen auf Rache.
Es gibt also genug zu tun für Elizabeth, Joyce, Ron und ihren Helfer Bogdan. Richard Osman ist mit „Der Mann, der zweimal starb“ wieder ein ausgesprochen kurzweiliger und humorvoller Roman gelungen, ein Vergnügen für Freunde des britischen Humors. Ich habe mich sehr darüber amüsiert, wenn sich Joyce beispielsweise darauf freut, in ihrem kommenden Weihnachtsbrief an Freunde und Bekannte erwähnen zu können, dass ihr Name in MI5-Kreisen ein Begriff ist! Wie schon beim ersten Band sind es der Humor und der Schreibstil des Autors, die für mich den Reiz ausmachen, der Kriminalfall selbst wird eher mit einem Augenzwinkern präsentiert und würde sich so mit Sicherheit nicht abspielen. Aber das ist völlig zweitrangig bei diesem äußerst unterhaltsamen Roman, der mir vergnügliche Lesestunden beschert hat!

Bewertung vom 21.01.2022
Ende in Sicht
Rönne, Ronja von

Ende in Sicht


gut

Zwei Frauen mit Todeswunsch
Als die 69jährige Hella Licht losfährt, ist sie fest entschlossen, in einem Sterbehospiz in der Schweiz ihrem Leben ein Ende zu setzen. Ihre Karriere ist am Ende, die finanziellen Reserven sind aufgebraucht und es scheint niemanden in ihrem Leben zu geben, der ihr nahesteht. Unterwegs auf der Autobahn fällt plötzlich ein Körper auf die Fahrbahn vor ihr (und nicht auf ihre Motorhaube, wie im Klappentext fälschlicherweise behauptet). Die 15jährige Juli wollte ihrem Leben ein Ende setzen und ist von einer Autobahnbrücke gesprungen, doch sie ist nur leicht verletzt. Hella, die keine Ahnung hat, wie sie sich in der Situation verhalten soll, nimmt Juli mit und fährt sie ins nächste Krankenhaus. So beginnt ein verrückter Roadtrip zweier unterschiedlicher Frauen mit Todeswunsch.
Was sehr vielversprechend anfängt und von der Thematik her sicher einiges hergegeben hätte, hat meine Erwartungen allerdings nicht erfüllt. Hella und Juli sind total überzeichnet, ich konnte weder Empathie noch Sympathie für die beiden empfinden. Juli ist rotzfrech und respektlos, die Tatsache, dass sie im Kindesalter von ihrer Mutter verlassen wurde, hat sie depressiv gemacht. Ihren Vater, der sich redlich bemühte, sie zu erziehen und ihr ein schönes Leben zu bieten, lehnt sie ab und Freunde hat sie keine. Die ehemals erfolgreiche Schlagersängerin Hella wiederum hat schon längst den Zenit ihres Erfolgs überschritten, ihre letzten Auftritte waren nur noch peinlich. Dies scheint ihr Grund genug, um sterben zu wollen. Die beiden kutschieren quer durch Deutschland, erleben skurrile Situationen und lernen sich gegenseitig ein bisschen kennen. Manche Passagen sind ganz interessant oder amüsant, andere so überzogen, dass es nur noch genervt hat. Die Sprache der Autorin ist stellenweise bemüht originell, beispielsweise, wenn sich Hella „in den Bademantel schält“. Ich hatte mich sehr auf diese Lektüre gefreut, aber leider konnte sie mich nicht erreichen.

Bewertung vom 16.01.2022
Bei den Tannen / Commissario Grauner Bd.7
Koppelstätter, Lenz

Bei den Tannen / Commissario Grauner Bd.7


ausgezeichnet

Tod im Sternerestaurant
Im beschaulichen Sarnertal bei Bozen bricht eine berühmt-berüchtigte Restaurantkritikerin während eines Restaurantbesuchs tot zusammen. Da ihre beiden Hunde ebenfalls vom Essen gekostet haben und sterben, liegt der Verdacht nahe, dass das Essen vergiftet gewesen sein muss. Doch wer hätte ein Interesse daran, Carla Manfredi zu töten? Die Sterneköchin Hedwig Jöchler doch sicher nicht, bescherte ihr Carla Manfredi doch einen steten Zufluss von Gästen aus aller Welt. Und doch ist für die Dorfbewohner klar, dass Hedwig die Schuldige sein muss, immerhin ist sie mit ihren beiden Schwestern im Dorf als Hexe verschrien. Oder sollte durch den Mord etwa Hedwig Jöchler selbst geschadet werden?
Commissario Grauner, der neben seinem Beruf als Kriminalkommissar noch als Landwirt arbeitet und sich am liebsten auf seinem Hof mit seinen Kühen umgibt, beginnt sich gemeinsam mit seiner Assistentin Tappeiner im Dorf umzuhören. Dabei erfahren sie von jahrhundertealten Fehden und tauchen tief in die Geschichte der Hexenverfolgung in dieser Gegend ein.
Für mich war dies das erste Buch aus der Reihe um Commissario Grauner und es hat eine Weile gedauert, bis ich mich mit den Namen und Vorkommnissen aus früheren Bänden vertraut gemacht hatte. Doch kann dieses Buch durchaus unabhängig von den Vorgängerbänden gelesen werden. Mir gefiel die ruhige und oft schon philosophische Art des Johann Grauner, seine Heimatverbundenheit und sein Humor. Man erfährt viel über Land und Leute in Südtirol. Besonders schön fand ich auch, dass das Titelbild perfekt zur Geschichte passt, zeigt es doch die sogenannten „Stoanernen Mandl“, die auch im Roman eine Rolle spielen. Die Stärke dieses Romans liegt für mich nicht so sehr im eigentlichen Kriminalfall und dessen Auflösung, sondern vielmehr in der Beschreibung von Land und Leuten. Ich habe bei der Lektüre große Lust bekommen, diese Gegend einmal selbst zu besuchen. Ein kurzweiliger Roman, der mich gut unterhalten hat. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 28.12.2021
Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6
Holbe, Daniel;Tomasson, Ben

Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6


gut

Atomkraft, nein danke
Im hessischen Knüllwald soll eine alte Bahnstrecke, die Kanonenbahn, wieder aktiviert werden, damit auf ihr Atommüll transportiert werden kann, der aus den Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague zurück nach Deutschland kommt. Bei einer Demonstration gegen das geplante Projekt explodiert ein alter VW Camper. Ermittler Ralph Angersbach ist entsetzt, als er vor Ort eintrifft, denn genau so ein Fahrzeug gehört seinem Vater. Ist die verkohlte Leiche am Steuer des Fahrzeugs tatsächlich sein Vater?
Da kurz zuvor Ralphs Halbschwester Janine überfallen wurde, kann Angersbach nicht an Zufall glauben. Ihm kommt es vor, als ob jemand sich an ihm rächen will, indem er Leute, die ihm nahestehen, angreift bzw. tötet.
Kurz danach geschieht ein weiterer Mord. Auch dieses Mal kennt Angersbach das Opfer: es handelt sich um jemanden, mit dem er vor Jahren bei einem Fall zusammengearbeitet hat. Auch damals ging es um Atommüll und die Castortransporte. Ein Demonstrant verletzte einen Polizisten durch einen Steinwurf so stark am Kopf, dass dieser starb.
Ralph Angersbach und seine Kollegin Sabine Kaufmann, die schon in früheren Fällen zusammengearbeitet haben, ermitteln in alle Richtungen. Sind militante Atomkraftgegener für die Morde verantwortlich oder ist der Mörder eher im privaten Umfeld der Opfer zu suchen?
Für mich war dies das erste Buch aus der Reihe, daher war mir auch nicht klar, dass zwischen den beiden Ermittlern in der Vergangenheit mehr als nur ein kollegiales Verhältnis bestand. Allerdings wurde nie etwas Ernstes daraus, was beide ein wenig zu bedauern scheinen. Sabine Kaufmann hat jedoch gerade ein Verhältnis mit einem anderen Kollegen begonnen und ist sich ihrer Gefühle nicht sicher. Immer wieder führt sie sich die Vor- und Nachteile der beiden Männer vor Augen, was in meinen Augen ziemlich ermüdend war. Diesen ganzen Handlungsstrang hätten die Autoren meiner Meinung nach gerne weglassen oder zumindest kürzen können.
Die Geschichte insgesamt war nur mäßig spannend. Die Ermittler, die mir beide nicht besonders sympathisch sind, stochern im Nebel und decken dabei so manches auf, was nicht zur Lösung der Fälle beiträgt, einiges davon ziemlich haarsträubend. Den eigentlichen Täter hatte ich schon lange vor den beiden auf dem Schirm.
Der Schreibstil hat mir nicht sonderlich gefallen. Was mich sehr irritiert hat, war dieser ständige Wechsel zwischen Vor- und Nachnamen. Im einen Satz ist von Sabine die Rede, im nächsten von Kaufmann, und genauso verhält es sich mit den anderen Personen. Insgesamt wirkt die Story auf mich sehr konstruiert und unrealistisch. Ich glaube nicht, dass ich den weiteren Werdegang der Protagonisten weiterverfolgen werde.

Bewertung vom 13.12.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


gut

Heike Wersch, bis vor kurzem Programmleiterin im renommierten Winterscheid-Verlag, wird von ihrer Freundin Maria Hauschild als vermisst gemeldet. Da Hauschild die Agentin des inzwischen unter die Krimiautoren gegangenen Henning Kirchhoff ist (dem Leiter der Frankfurter Rechtsmedizin und Ex-Ehemann von Pia Sander), wendet sie sich direkt an ihn. In Werschs Haus treffen die Beamten nur den dementen Vater von Heike Wersch an, von ihr selbst fehlt jede Spur. Kurz darauf wird ihre Leiche im Wald gefunden. Offensichtlich starb sie durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand. Das wahrscheinliche Tatwerkzeug wird gefunden, doch Bodenstein und Sander können den Verdächtigen nicht mehr vernehmen, da inzwischen auch er das Zeitliche gesegnet hat. Wie sich herausstellt, starb er ebenfalls eines unnatürlichen Todes.
Die beiden Toten gehörten einer alten Clique an, die sich bereits seit Jahrzehnten kennt und deren Mitglieder größtenteils im Verlagswesen tätig sind. Oliver von Bodenstein und Pia Sander vernehmen die alten Freunde und es stellt sich heraus, dass die Beziehungen untereinander längst nicht so harmonisch sind wie es zunächst den Anschein hatte.
Derweil liegt in Bodensteins Privatleben einiges im Argen. Die Tochter seiner Ehefrau macht ihm das Leben zur Hölle und seine Ex-Frau Cosima liegt mit Lungenkrebs in der Klinik. Da Bodenstein als Spender infrage kommt, hat er beschlossen, Cosima einen Teil seiner Lunge zu spenden.
Den Anfang des Buchs fand ich sehr amüsant. Vor allem die Tatsache, dass Kirchhoff als Autor von Nele Neuhaus‘ Bestsellern vorgestellt wird, war witzig. Ziemlich nervig fand ich allerdings, dass die alten Fälle aus früheren Büchern viel zu häufig erwähnt wurden. Obwohl ich sämtliche Bücher der Reihe gelesen habe, konnte ich mich an die allerwenigsten erinnern und sie haben mich auch nicht mehr interessiert. Normalerweise mag ich es auch, wenn man aus dem Privatleben der Kommissare etwas erfährt, aber auch das war hier zu viel des Guten. Die Ermittlungen zogen sich in die Länge, die vielen Personen wurden zwar in einem Personenregister erklärt, aber wer will schon beim Lesen eines Buchs ständig nachschlagen, wer wer ist? Ich jedenfalls nicht.
Ich hatte mich wirklich sehr auf den neuen Fall gefreut, wurde aber enttäuscht. Am Schluss war es mir schon fast egal, wer die Morde begangen hatte. Normalerweise lese ich dicke Schmöker wie diesen in wenigen Tagen, hier habe ich Wochen gebraucht, da mich die Handlung einfach nicht fesseln konnte. Deshalb von mir 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 25.11.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


gut

Kathrin und Klaus sind sehr erstaunt, als ihr früherer Freund Peter, der seit 4 Jahren Witwer ist, sie einlädt, Weihnachten mit ihm zu feiern. Früher hatten sie viel miteinander unternommen, doch jetzt haben sie sich schon lange aus den Augen verloren. Um dem armen, traurigen Witwer Weihnachten einfacher zu machen, sagen sie zu, obwohl sie eigentlich ganz andere Pläne für die Weihnachtstage hatten. Umso größer ist die Überraschung, als ihnen eine junge Frau die Tür öffnet, Peters „Neue“, wie sich herausstellt. Sharon ist nicht nur viel jünger als die anderen drei, sie könnte sich von Peters verstorbener Frau Almut auch nicht mehr unterscheiden. Der erste Eindruck ist der einer ziemlich naiven und prolligen jungen Frau mit Plüschpelz, kleinem Schoßhündchen und rosa Strähnen im blond gefärbten Haar. Als sich dann noch herausstellt, dass Sharon Krankenschwester in dem Krankenhaus ist, in dem Almut starb, sind Kathrin und Peter hellauf entsetzt. Eine Affaire mit der Krankenschwester anfangen, während die eigene Frau im Sterben liegt, wie fies ist das denn?
Dass vieles von dem, was sie annehmen, sich als falsch herausstellt, zeigt sich erst im Verlauf der Geschichte. Ebenso wie die Tatsache, dass in ihrer eigenen Ehe auch nicht alles so ist, wie es nach außen scheint…
Mir hat der erste Teil der Geschichte deutlich besser gefallen als der Schluss. Nicht nur Kathrin und Klaus, sondern auch den Lesern wird der Spiegel vorgehalten, wie schnell man sich von Äußerlichkeiten täuschen lässt. Klaus wird mir mit der Zeit immer unsympathischer, allerdings konnte ich mich mit keiner der doch ziemlich klischeehaft dargestellten Personen identifizieren. Das Ende lässt mich einigermaßen ratlos zurück. Was will uns die Autorin mit diesem Büchlein sagen, außer, dass man sich nicht vom ersten Eindruck leiten lassen soll?
Die Geschichte ist teilweise ganz amüsant zu lesen, das auf dem Klappentext angekündigte „Feuerwerk voller Wortwitz“ habe ich allerdings vermisst.