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Benutzername: 
Bartie
Wohnort: 
Hagen i.Bremischen

Bewertungen

Insgesamt 230 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2021
Betrachtungen einer Barbarin
Dardan, Asal

Betrachtungen einer Barbarin


gut

Das Leben in einem „fremden“ Land
Asals Eltern, die zur iranischen Elite gehörten und für den Schah gearbeitet haben, müssen nach der Islamischen Revolution das Land verlassen. Mit der damals einjährigen Asal fliehen sie nach Deutschland, wo sie in Köln eine Mietwohnung beziehen. Asal wächst in Deutschland auf, besucht deutsche Schulen, geht aufs Internat – die Kosten trägt oft das Jugendamt.
Obwohl Asal die Heimat ihrer Eltern nur aus den stark geschmückten Erzählungen ihrer Verwandtschaft kennt, spricht sie sehr oft über Heimweh und Sehnsucht nach Orten, die sie nie besucht hat. Dabei kann sie nicht mal richtig Persisch sprechen. Ich frage mich, wie kann man irgendwas, was man nicht kennt, vermissen? Oder Sehnsucht danach haben?
In Deutschland fühlt sie sich fremd. Es ist vor allem ihr Aussehen, das sie in der Gesellschaft als Fremde abstempelt. Asal setzt sich mit der deutschen Kultur und Vergangenheit auseinander und kritisiert scharf das Land, in dem sie aufgewachsen ist und lange gelebt hat. Ausführlich beschreibt sie den NSU-Prozess, kritisiert und warnt vor Pegida und AfD.
In dem Essay „Spaziergang durch die Grüne Stadt“ erzählt sie über die Opfer des Nazi-Regimes, nach deren Namen die Straßen des Ortsteils benannt wurden. Besonders angetan ist sie von der tragischen Lebensgeschichte der Widerstandskämpferin Olga Benario-Prestes, die im Alter von 34 Jahren in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet wurde.
Die Autorin, die sich selbst als Barbarin- eine Fremde, vor der man Angst habe- definiert, hat selbst Angst um ihre Familie, sorgt sich um die Zukunft ihrer Kinder. Das bringt sie zum Beispiel mit solchen Sätzen zum Ausdruck: „Das Hochhalten der geglückten Vergangenheitsbewältigung der Deutschen ist Augenwischerei. Dieses Land neigt noch immer zu extremer Politik.“ (143)
In den 10 Essays, die dieses Buch bilden, setzt sie sich mit Migration, Flucht, Exil, Sexismus und Mutterschaft auseinander. Sehr offen spricht sie über ihre persönlichen Erlebnisse, wie Schwangerschaft oder Abtreibung.
Das Buch weckt viele Emotionen und die Autorin kann leicht missverstanden werden. Ich konnte nicht alle Ansichten der Autorin teilen. Dies eine aber auf jeden Fall: „Aber wenn man mit Menschen auskommen möchte, dann muss man sich auf sie einlassen“. (132)

Bewertung vom 21.05.2021
Permanent Error (eBook, ePUB)
Land, Karl-Heinz; Schulze Bölling, Leonie

Permanent Error (eBook, ePUB)


gut

Interessant aber thematisch zu umfangreich

Michael Baker, ein geachteter Wirtschaftsjournalist wurde von seinem Freund, der bei VW in einer gehobenen Position tätig ist, um Hilfe gebeten. Es geht um den Abgasskandal und die weitreichenden Verwicklungen in dem Fall. Doch zu dem geplanten Treffen am Kunstmuseum in Wolfsburg kommt es nicht; denn Michael findet seinen Freund tot in einem Müllcontainer auf. Obwohl Michael selbst unter den Mordverdacht gerät, schwört er die versprochene Hilfe zu leisten und beginnt seine Recherchen.


Zugegeben, der an wahren Ereignissen basierende Fall, ist an sich selbst schon interessant genug. Diese Erkenntnis hat sofort mein Interesse an dem Buch geweckt. Aber vor allem die Buchbeschreibung, offensichtlich von den Buchautoren verfasst, war für mich der wahre Ansporn für diesen ungewöhnlichen Roman.

Es stimmt, dass diese Geschichte nicht nur ein Kriminalroman ist. In diesem Buch geht es nur am Rande um die Aufklärung des Mordes. Das wichtigste Thema dieses Buches ist, wie der Titel selbst sagt, der dauerhafte Fehler, der sich in unserem System eingenistet hat und unsere Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ständig manipuliert.
Detailliert beschreiben die Autoren die Ergebnisse von Michaels Recherchen; es folgen lange Beschreibungen der Ereignisse und der Studien im Abgasskandal, auch die Verknüpfungen mit der Politik und der weltweiten Wirtschaftskriminalität werden offengelegt. Aber der Abgasskandal betrifft nicht nur Deutschland, seine Fangarme umschlingen die ganze Welt. Auch die Corona-Pandemie gehört in dieser Geschichte irgendwie dazu.

Die Autoren behaupten, den besagten Fehler erkannt zu haben und schlagen sogar eine Lösung vor. „Es ist alles eine Frage der Anreizgestaltung, der Unternehmenskultur und ökologisch-sozialer Kreislaufwirtschaft“ heißt es in der Buchbeschreibung. Und weiter: diese Geschichte soll den Leser anregen „über die Zukunft nachzudenken“ und sie möglicherweise „neu zu gestalten.“

Mich hat diese Geschichte irgendwann ermüdet. Es war mir zu viel an technischen Details in der Diesel-Affäre, zu viel an Verwicklungen mit Bayer, Monsanto, Glyphosat und der brasilianischen Drogenmafia, bis hin zu Elektromobilität und Corona-Pandemie. Weniger von all dem wäre für mich viel mehr. So kann ich auch die zum Schluss von den Autoren vorgeschlagene Lösung der Probleme nicht richtig nachvollziehen.

Das Buch fand ich insgesamt sehr interessant und die Idee dazu großartig. Die in dem Roman behandelten Themen sind hochaktuell, jedoch ihre Umsetzung zu umfangreich und im Endeffekt ermüdend.

Bewertung vom 13.05.2021
Von allem nur das Beste / Wunderfrauen-Trilogie Bd.2 (eBook, ePUB)
Schuster, Stephanie

Von allem nur das Beste / Wunderfrauen-Trilogie Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Wunderfrauen gehen neue Wege

In dem zweiten Teil der Wunderfrauen-Trilogie mit dem Titel „Von allem nur das Beste“ setzt Stephanie Schuster die Geschichte über die vier Wunderfrauen: Luisa, Helga, Annabel und Marie, fort. In den kurzen Kapiteln - jedes mit dem Namen der jeweiligen Protagonistin versehen - schildert die Autorin die Ereignisse aus dem Leben jeder Wunderfrau.

Die Geschichte spielt jetzt in den sechziger Jahren; der Zeit der zahlreichen bedeutenden Ereignisse und Veränderungen. Dazu gehören sowohl der Mauerbau in Berlin, die schwere Sturmflut in Hamburg, neue Musikbands mit Beat und Rock`n`Roll wie auch der Frauenkampf um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Diese Themen wurden in dem Roman angesprochen; einige dieser Ereignisse beeinflussen und verändern das Leben der Wunderfrauen. Das macht diese Geschichte authentisch und lebendig.

Erzählt wurde sie in einer einfachen aber durchaus anschaulichen Sprache. Ich konnte mir die einzelnen Ereignisse bildhaft vorstellen und mit den Protagonistinnen mitfühlen.
Leider, wurde diese Geschichte an manchen Stellen sehr ausgedehnt, einige Details wiederholen sich, manche wurden nicht weiter ausgebaut. Insgesamt fand ich den zweiten Teil der Trilogie nicht so fesselnd, wie das erste Band. Trotzdem ist das Buch interessant und auf jeden Fall lesenswert!

Bewertung vom 29.04.2021
Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden (eBook, ePUB)
Suiter Clarke, Amy

Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Emotionaler Thriller

Elle Castillo betreibt ein True-Crime-Podcast, in dem sie alte ungelöste Kriminalfälle neu aufrollt. Sie will Gerechtigkeit für die Opfer des Verbrechens und sucht nach den Tätern. Dabei hofft sie auf die Aufmerksamkeit und Hilfe ihrer Zuhörer.
Ihr aktueller Fall ist der sogenannte Countdown-Killer, der immer im Abstand von drei Tagen drei junge Frauen entführt hat. Jedes Mal wurde das nächste Opfer ein Jahr jünger als das vorherige. Jede entführte Frau wurde am siebten Tag tot aufgefunden. Der Killer plante all seine Taten perfekt, trotzdem gelang es dem zehnten Opfer zu fliehen. Der Countdown wurde unterbrochen, der Täter aber nie identifiziert, geschweige denn gefasst.
Obwohl inzwischen mehr als zwanzig Jahre vergangen sind, erregt Elles aktuelle Staffel enorme Aufmerksamkeit und sorgt für viele Emotionen. Die Resonanz fällt aber nicht immer positiv aus; es hagelt auch von Hass- und Drohnachrichten. Und bald gibt es sogar neue Opfer, und Elle gerät in Schwierigkeiten. Hat sie mit ihren Veröffentlichungen den Killer herausgefordert?

„Der Countdown-Killer“ ist ein sehr spannender Thriller, der mich von Anfang an in Atem gehalten hat. Dazu hat - ohne Zweifel - die Erzählweise dieser Geschichte viel beigetragen. Das Buch beginnt mit einem Kapitel aus Elles Justice Delayed- Podcast, in dem die Podcasterin über ihre Sendung und ihren aktuellen Ermittlungsfall spricht. Sie lässt auch die damaligen Tatzeugen zu Wort kommen; auf diese Weise konnte ich die relevanten Details des bisher ungeklärten Ermittlungsfalles erfahren. Später folgen weitere Podcast-Kapitel mit den Aufzeichnungen der Staffel, die immer mehr Informationen über das begangene Verbrechen, ihre Opfer und den Täter liefern.

Zwischendurch lässt die Autorin ihre Protagonistin Elle über ihren Alltag erzählen. Der ist vor allem von Elles Ermittlungen bestimmt, denn sie will um jeden Preis den Countdown-Killer finden und ihn zu Rechenschaft ziehen. Elle ist keine professionelle Ermittlerin, trotzdem macht sie ihren Job sehr gut. Ihre Gespräche mit den damaligen Zeugen und Hinterbliebenen der Opfer wirken realistisch und gehen oft tief unter die Haut.

Neue Wendungen in dem Fall, überraschende Enthüllungen und Erkenntnisse, und nicht zuletzt neue Opfer sorgen in diesem Thriller für enorme Spannung. Das Buch ist ein wahrer Pageturner, ich konnte es kaum aus der Hand legen.

„Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden“ ist der Debütroman von Amy Suiter Clarke. Auf die nächsten Bücher der Autorin freue ich mich jetzt schon.

Bewertung vom 24.04.2021
Hannahs Gefühl für Glück
Kimmel, Fran

Hannahs Gefühl für Glück


ausgezeichnet

Hannahs bewegende Geschichte lässt keinen kalt

Hannahs Gefühl für Glück – ein modernes Wintermärchen über ein elfjähriges Mädchen, das allein auf der Welt ist.
Hannah irrt durch die winterliche Kälte, unpassend angezogen, mit Tränen in den Augen, sichtlich verstört. So findet sie der Ex-Polizist Eric Nyland und schon kurze Zeit später bleibt Hannah über die Weihnachtstage bei seiner Familie.
Eric riskiert damit einiges, denn seine Frau Ellie ist bereits mit ihren zwei Söhnen: dem Teenager Dan und dem autistisch veranlagten fünfjährigen Sammy, sowie dem dementen Schwiegervater total überfordert. Und Eric widmet sich gerne seinen beruflichen Pflichten, ist bereit bei jeder Krise außerhalb des eigenen Hauses zu helfen.
In diesem chaotischen Durcheinander der Familie Nyland soll Hannah zuerst Zuflucht finden, ihre seelischen Wunden heilen lassen, an eine bessere Zukunft glauben. Aber dann ist es gerade Hannah - tapfer und warmherzig - die in dieser kurzen Zeit die Familie Nyland zusammenbringt und die Herzen der Familienmitglieder erobert. Sogar der Hund Thorn trottet Hannah ständig hinterher und lässt sie keinen Augenblick allein.

Der Roman ist eine wunderschöne Geschichte, die mich von Anfang an in ihren Bann gezogen hat. Sie wurde aus verschiedenen Sichten erzählt; dadurch wurde das Verhalten der Protagonisten für mich als Leserin leicht verständlich und nachvollziehbar. Die einzige Ausnahme bildet hier die Ehefrau und Mutter Ellie, ständig unzufrieden und wechselhaft, deren Handlungen und Reaktionen mich oft verwundert haben.

Sehr spannend sind die meisterhaft skizzierten Porträts der Romanfiguren sowie die ausdruckstarken Bilder des Lebens einer ungewöhnlichen Familie. Ich habe das Gefühl gehabt selbst mittendrin im Geschehen zu sein.
Hannahs dramatisches Schicksal, ihr Mut und die Charakterstärke, haben mich tief berührt. Bei ihrer Geschichte musste ich immer wieder die eine oder andere Träne wegdrücken. Ein herzbewegender Roman, der an das Gute in Menschen glauben lässt und lange in Erinnerung bleibt.

Eine märchenhafte Geschichte, die die Seele der Leser*innen erwärmt.

Bewertung vom 13.04.2021
Der Kryptologe
Haller, Elias

Der Kryptologe


ausgezeichnet

Spannender Auftakt der Reihe mit Arne Stiller

An dem Abend wollte der Journalist Holger Winzer die neue Aufführung in der Semperoper mit seiner Frau Annalena genießen. Stattdessen muss er eine Vermisstenanzeige bei der Polizei erstatten, denn Annalena und die Tochter Liliana spurlos verschwunden sind. Der Fall landet bei dem Kriminaloberkommissar Arne Stiller, der - nach der Suspendierung vor einem Jahr - den Dienst bei der Dresdner Mordkommission wieder aufgenommen hat.
Noch am gleichen Abend findet die Polizei in der Nähe der Semperoper Annalenas Leiche, in einem Abendkleid, an Händen und Füßen in die Haut eingeritzte Zahlen. Die einzige Hoffnung besteht noch darin, dass der erfahrene Kryptologe Arne die Zahlen entschlüsseln kann, und dass man mit Hilfe dieser Botschaft die immer noch vermisste Liliana schnell finden kann.

„Der Kryptologe“ von Elias Haller ist das erste Buch aus der Reihe mit dem Ermittler Arne Stiller. Der Kriminaloberkommissar ist ein erfahrener Beamte, der bei den Ermittlungen ungewöhnliche Wege geht. Vielleicht haben ihn die persönlichen Erfahrungen, die zu seiner Suspendierung geführt haben, so geprägt, aber man muss ihn wahrscheinlich entweder lieben oder hassen.

Ich konnte ihn zuerst schlecht einschätzen; den mal war er sehr formell, wortkarg, ironisch oder sogar sarkastisch, dann wieder zeigte er viel Herz. Auch sein Umgang mit der Kollegin Inge, die ihn bei den Ermittlungen tatkräftig unterstützt, lässt viel zu wünschen übrig.

Trotzdem überzeugt mich dieses Ermittler-Team. Die Sturheit und die Kratzbürstigkeit der beiden haben mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Mit großem Interesse habe ich die Arbeit der beiden Kommissare verfolgt.

Präzise, mit Angabe des Wochentags und der Uhrzeit, dokumentiert der Autor das dramatische Geschehen. Die aktuellen Ereignisse wurden mehrmals mit den „Rückblicken“ unterbrochen, in denen der Autor die Einblicke in die Vergangenheit des Täters gewährt, ohne jedoch seine Identität preiszugeben. Der Leser darf fleißig miträtseln.

Der Thriller ist sehr spannend. Von Anfang an hat er mich in seinen Bann gezogen, die kurzen fesselnden Kapitel und der lebendige, anschauliche Schreibstil zu weiterlesen verleitet.

Das erste Buch mit Arne Stiller hat mir sehr gefallen. Auf die Fortsetzung der Reihe bin ich sehr gespannt. Meine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.04.2021
Klaras Schweigen
Storks, Bettina

Klaras Schweigen


ausgezeichnet

Familiengeheimnisse und ein Recht auf Schweigen

Miriam sorgt sich um ihre Großmutter Klara, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitten hat. Denn seitdem konnte die 89-jährige Dame nicht mehr sprechen. Miriams Freude ist dementsprechend groß, als sie erfährt, dass die Großmutter nach 6 Wochen Reha-Klinik wieder einzelne Wörter sprechen kann. Verwirrend ist es aber, dass Klara plötzlich Französisch spricht.
Seit langem besteht eine besondere Beziehung zwischen Klara und ihrer Enkelin. Denn im Alter von 2 Jahren hat Miriam ihre Eltern verloren und wuchs seitdem bei den Großeltern auf. Miriam hilft der Großmutter bei den Sprachübungen und erfährt nach und nach Einzelheiten über Klaras Vergangenheit. Auf Wunsch der Großmutter beginnt Miriam mit der Suche nach Klaras ersten großen Liebe. So kommen lange verschwiegene Familiengeheimnisse ans Tageslicht und dabei viele alte Wunden aufgerissen wurden.

_„Unsere Mütter und Väter, Großväter und Großmütter haben ein Recht auf die Lücken in ihren Biografien. Sie schulden uns keine Auskunft.“_ (107)
Sehr emotional ist der neueste Roman von Bettina Storks. Die Autorin erzählt hier die Geschichte einer sehr starken Frau, die ziemlich früh Verantwortung für ihr Leben übernehmen musste. Um ihre Familie finanziell zu unterstützen unterbrach Klara ihre Schneiderlehre und begann im Herbst 1948 in einem französischen Laden zu arbeiten. Dort traf sie ihre erste Liebe, einen in Freiburg stationierten Französen Pascal. Doch diese Liebe war von Anfang an zum Scheitern verurteilt; den weder das Gesetz noch ihre Familie haben solche Beziehungen erlaubt.
Kurze Zeit später ist Klara gezwungen Freiburg zu verlassen. Sie bekommt Unterstützung ihres Patenonkels in Konstanz, kann ihre Schneiderlehre beenden und heiratet – gegen den Willen ihrer Familie - den Justizschreiber Eduard. Klara hatte viel Glück im Leben, aber sie musste auch viele Schicksalsschläge annehmen, an denen sie leicht zerbrechen könnte. Sie war bestimmt ein gutes Vorbild für ihre Enkelin Miriam, die ihr jetzt treu zu Seite steht.
Auf Klaras Wunsch begibt sich Miriam auf Spuren der Vergangenheit, doch ihre Großtante Lotte reagiert mit Ärger:
_„Nichts war…. Jedenfalls nichts, was für deine Ohren bestimmt wäre. Es ist einfach geschehen. Und nach all den Jahren kommst du mit deinen Fragen. Lass es gut sein, Miriam, lass es gut sein. Ich warne dich – du bringst sie ins Grab – das schwöre ich dir! Es hängt zu viel dran.“_ (106)
Bei ihrer Recherche stößt Miriam auf Lügen, die vor fast siebzig Jahren gesponnen wurden und das Leben der ganzen Familie verändert haben. Auch Miriam muss die entdeckten Wahrheiten verkraften.
Bettina Storks platziert die Geschichte mit Miriam ins Jahr 2018, Klaras Geschichte erfasst die Nachkriegsjahre bis Jahr 2018. Beide Geschichten wurden abwechselnd erzählt und beide sind unheimlich spannend.
Bildhaft hat die Autorin das Leben der deutschen Familien in der Nachkriegszeit, insbesondere in der französischen Besatzungszone, dargestellt. Interessant und authentisch hat sie über die Rolle der Frau in der Familie und in der Gesellschaft geschrieben.
Der Erzählstil ist sehr ansprechend, extrem anschaulich, emotional und tiefgehend.
„Klaras Schweigen“ ist eine berührende Geschichte, die ich regelrecht verschlungen habe.
Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 06.04.2021
Geiger / Geiger-Reihe Bd.1 (eBook, ePUB)
Skördeman, Gustaf

Geiger / Geiger-Reihe Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Ein Politthriller mit zu wenig Spannung

Agneta und Stellan Bromann verabschieden sich von ihren Enkelkindern, die ihre Sommerferien bei ihnen verbracht haben. Stellan hat sich bereits zurückgezogen und hört Musik, als das Telefon klingelt. Agneta nimmt den Anruf an und als sie das einzige Wort „Geiger“ hört, weiß sie sofort, was sie zu tun hat. Ohne lange zu überlegen nimmt sie ihre Waffe aus dem Versteck und erschießt ihren Mann. Dann verlässt sie das Haus.
Sara Nowak wurde von dem Mord an Stellan Broman von ihrer Kollegin Anna vom Dezernat für Gewaltverbrechen unterrichtet. Anna führt die Ermittlungen in dem Fall, rechnet aber mit Saras Hilfe, weil Sara die Familie Bromann seit ihrer Kindheit kennt.

Gleich die ersten Kapitel des Thrillers erzeugen enorme Spannung. Der Autor schockiert mit der Schilderung des unfassbaren Mordes und erlaubt dem Leser, die Täterin auf ihrem weiteren Weg zu begleiten. Dazu kommen weitere bedeutende Ereignisse mit vielen neuen Charakteren, welche die gesamte Handlung ergänzen und bereichern. All das warf bei mir tausende Fragen auf, auf die Antworten darauf war ich sehr gespannt.
Zwei Protagonistinnen spielen eine besondere Rolle in dem Roman: Agneta Bromann und die Kommissarin Sara Nowak vom Sittendezernat.
Agneta ist eine bemerkenswerte Protagonistin; mutig, stark, entschlossen, risikobereit. Lange konnte ich ihr Handeln, vor allem den Mord an Stellan, nicht begreifen, trotzdem war ich überzeugt, dass ihre Vorgehensweise unvermeidlich war. Erst nachdem ihre bewegte Lebensgeschichte vollständig enthüllt war, konnte ich ihr gewagtes Handeln nachvollziehen.
Sara Nowak dagegen kämpft entschieden gegen das Verbrechen. Als die offiziellen Ermittlungen im Falle Bromann in falsche Richtung laufen, beginnt sie selbst zu recherchieren. Dabei geht sie ungewöhnliche Wege, sammelt Beweise und nimmt Kontakte zu diversen Personen auf. Bei der Spurensuche stößt sie auf Fakten, die ihre eigene Vergangenheit betreffen.
Der Thriller „Geiger“ ist aber viel mehr als nur eine Mordgeschichte mit den dazugehörigen Ermittlungen. Ausführlich beschreibt der Autor viele bedeutende Ereignisse aus der jüngsten Geschichte Europas. Es fallen unzählige Namen der Akteure jener Zeit. So gut die Geschichte vom Autor recherchiert wurde, so ermüdend sind auch die unzähligen Seiten darüber. Hier wäre weniger viel mehr gewesen. Denn diese Ausführungen unterbrechen die eigentliche Handlung und schwächen deutlich die Spannung ab.
Den teilweise langatmigen Teil des Buches gleicht der spannungsgeladene Abschluss aus. In rasantem Tempo überschlagen sich die Ereignisse, die für einige Überraschungen sorgen und dabei zur Aufklärung des Falles herbeiführen.
FAZIT: ein komplexer Politthriller mit vielen spannenden Handlungen und historisch belegten Fakten. Interessant, abwechslungsreich, jedoch mit zu wenig Spannung.

Bewertung vom 27.03.2021
Der große Sommer
Arenz, Ewald

Der große Sommer


ausgezeichnet

So schön wie die erste Liebe

Diesmal kann sich Frieder auf die Sommerferien nicht freuen. Statt mit der ganzen Familie in Urlaub zu fahren, muss er sechs Wochen bei seinen Großeltern verbringen und für die Nachprüfungen in Mathe und Latein lernen. Obwohl der Großvater sehr streng ist, kann Frieder unerwartet seine Freizeit nachmittags genießen. Und die verbringt er meistens im Schwimmbad, wo er seine erste große Liebe trifft. Es ist Beate, das Mädchen mit grünen Augen, die keine Angst vom Sprungturm ins Wasser zu springen hat. Zusammen mit Beate, seiner Schwester Alma und seinem besten Freund Johann verbringt Frieder den bisher schönsten Sommer seines Lebens, einen Sommer, der sein Leben für immer prägt.

Der Erzähler dieser wunderschönen Sommergeschichte ist ein Erwachsener, der auf dem Friedhof nach einem bestimmten Grab sucht. Es ist Frieder, der in seinen Erinnerungen an die unbeschwerte und gleichzeitig lehrreiche Jugendzeit schwelgt. Er denkt an den einmaligen Sommer, an dem so viel geschah, an den Sommer als er erwachsen wurde. Er konnte damals die Zeit voller Freiheit, Glück und Freude genießen. Und er musste oft, ähnlich wie bei einem Sprung von Sprungturm im Freibad, die Entscheidungen treffen und die Verantwortung übernehmen.

Mit viel Feingefühl und unkompliziert erzählt Ewald Arenz die Geschichte über das Verliebtsein, vermittelt meisterhaft die Atmosphäre der fröhlichen und unbeschwerten Tage, spricht über die Freundschaft und die Verantwortung, die daraus resultiert. Auch die Familienzugehörigkeit spielt eine große Rolle in diesem gefühlvollen Roman; die Verpflichtungen und Sorgen, die man miteinander teilen muss, die gemeinsame Geschichte, die verbindet und zusammenschweißt.

Mit dem Roman und mit seiner malerischen und lebhaften Schreibweise, hier und da mit einer Prise Humor gewürzt, hat mich der Autor verzaubert und in die Zeit der eigenen Jugend versetzt. Mit großer Begeisterung habe ich diesen Roman gelesen.

„Der große Sommer“ ist ein Roman voller lebendiger Bilder eines ungewöhnlichen Sommers, so schön und berührend wie die erste Liebe selbst.

Bewertung vom 25.03.2021
Montecrypto
Hillenbrand, Tom

Montecrypto


sehr gut

Abenteuerliche Ermittlung in Sache Kryptowährung

Die Nachricht über den Flugzeugabsturz, in dem der kalifornische Start-up-Unternehmer Gregory Hollister ums Leben kommt, verbreitet sich schnell. Es wurde vermutet, dass Hollister ein enormes Vermögen in Kryptowährung besaß und es versteckt hat. Jackie Martel, die Schwester des Verstorbenen, beauftragt den Privatdetektiv Ed Dante mit der Suche nach dem verstecken Schatz. Nach diesem suchen bereits unzählige Personen, und das sind nicht nur Hobbyschatzsucher. Auch FBI und ausländische Geheimdienste, sogar Mafia, mischen sich in Dantes Ermittlungen ein. Aber Dante will unbedingt den erhaltenen Auftrag erfüllen.

Der Thriller beginnt sehr spannend. Zu einem der mysteriöse Flugzeugabsturz, der gleich mehrere Fragen aufwirft. Was es wirklich ein Unfall oder steckt womöglich mehr dahinter? Dann der Auftrag von Jackie Martel – wusste sie als Schwester wirklich nichts über den angeblich verborgenen Schatz? Und dann der Ermittler Dante selbst, der nach Kryptowährung suchen soll, obwohl er sich mit dem Digitalgeld überhaupt nicht auskennt. Seine Suche nach dem digitalen Schatz ist mehr als abenteuerlich.

Außerdem ist Dante ein ungewöhnlicher Ermittler. Als ehemaliger Banker kann er Bilanzen lesen und versteht die Finanzwelt gut. Ich habe aber gleich gemerkt, dass die übliche Detektivarbeit ihm fremd ist. Er merkt nicht mal, dass er beschattet wurde und die Einbruchsspuren in seiner Wohnung ignoriert er einfach. Aber er war mir von Anfang an sympathisch. Zwar machte er Fehler und hat sich manchmal unmöglich benommen, aber ich konnte darüber hinwegschauen.

Ich habe mich bisher für Kryptowährung nicht interessiert. Umso mehr war ich auf dieses Buch neugierig, obwohl ich auch ein bisschen befürchtet habe, dass dieses Thema mich langweilen könnte. Gleich am Anfang habe ich aber festgestellt, dass der Autor sehr gut die Kryptowährung und das Funktionieren der digitalen Finanzwelt erklären kann. Seine Erklärungen haben mir sehr bei der Verfolgung der Geschichte geholfen. Das Lesen hat mir Spaß gemacht. Dazu hat übrigens auch der dynamische und durchaus lebendige Schreibstil beigetragen.

Das abenteuerliche Finale dagegen und die Auflösung des Falles haben mich nicht richtig überzeugt. Insgesamt aber fand ich den Thriller interessant und unterhaltsam.

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