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LichtundSchatten

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Insgesamt 313 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2023
Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen
Kermani, Navid

Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen


weniger gut

Religion sei nicht in Büros entstanden, es sei die Verbindung zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, erfahrbar in der Natur, in Dingen, in uns. So NK. Nun, wenn ich dem Buch von Barbara Köster, Der missverstandene Koran, Glauben schenke, dann wurde der Islam sehr wohl in Zimmern der damaligen Herrscher, der Abassiden, entwickelt.

Sie wollten mit dieser Religion das Christentum um-schreiben und gleichzeitig ein Instrument zur Unterwerfung der Untertanen schaffen. Islam heißt auf deutsch Unterwerfung. Weder Jesus noch Mohammed sind historisch eindeutig nachgewiesen, kein Wort dazu in diesem Buch, das eine Abhandlung für den Islam darstellt, ohne kritische Elemente zu nennen.

Im Christentum ist Gottes Wort Fleisch bzw. lebendig geworden, im Islam ein Buch. In Sure 97, einer mekkanischen, wird er (Jesus) in der Nacht der Bestimmung hinabgesandt. Der Islam deutet Jesus in den Koran um, wenn man aber die Syrisch-Aramäische Sprache zu Rate zieht, wird diese nach der inhaltlich-sprachlichen Bestimmung zum Geburtsstern und die Verbindung Matthäus 2,2 wird evident. Mit der Sure al-qadr ist mithin eine Schicksalbestimmung, eine Art Horoskop gemeint. In der laylat al-qadr, der Nacht der Bestimmung, halten die Muslime Vigilien, d.h. sie wachen. Der Brauch stammt aus dem Christentum, wo er aber natürlich mit Jesu Geburt zu tun hat und nicht mit der Niederkunft der Koran. Unwissentlich vollziehen die Muslime in der laylat al-qadr das Weihnachtsfest.

Vergleichende Religionswissenschaft sollte heute eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, denn die unterschiedlichen monotheistischen Religionen entwickelten sich sukzessive weiter von der/den vorhergehenden Glaubensauffassungen unter Einbezug auch anderer Elemente des davor herrschenden Mystik-/Volksglaubens. In den muslimischen Ländern wird die Beschäftigung mit dem Alten oder Neuen Testament als unter der Würde eines Muslims angesehen. Alles Alte ist durch das Neue getilgt, ältere Verlautbarungen Gottes sind Verfälschungen. So bleibt die nahe Verwandtschaft mit der Bibel völlig verborgen, eine Auseinandersetzung damit ist bei größten Strafen verboten, Zweifel daran sind nicht erlaubt.

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Bewertung vom 12.10.2023
Scharia und Smartphone
Noll, Chaim

Scharia und Smartphone


ausgezeichnet

Chaim Noll zog in die Negev-Wüste Israels und baute dort u.a. eine Universität mit auf. Er lebte zuvor in der DDR und verweigerte den Wehrdienst. Die Folge: Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken und Überwachung durch die Stasi. Schließlich Ausbürgerung und Aufenthalt in West-Berlin ab 1983, schließlich Auswanderung nach Israel Ende des 20. Jh.

Umgeben von muslimischen Beduinen und Palästinenser-Dörfern fing er in Israel an, sich mit dem Islam zu beschäftigen. Weil er einfach mehr wissen und die Grundlagen verstehen wollte. Dieses Buch umfasst 40 Artikel zu diesem Thema und vermittelt seine Sichtweisen im Lauf der Zeit von 1999 bis 2022. Ich kannte die meisten dieser Artikel und freue mich, sie alle in einem Buch versammelt zu haben.

Wer sich dafür interessiert, kann das (lange) Studium selbst beginnen, am besten mit diesem Video: „Warum wir ANGST haben und 1.400 Jahre der FURCHT und Tyrannei ertragen müssen? (Deutsche Untertitel)“ Die Artikel von Chaim Noll sind danach eine analytische Vertiefung des Themas, die ihresgleichen sucht. Motiviert durch Verständnis und Entgegenkommen für seine Nachbarn beleuchtet Chaim Noll das Thema aus allen denkbaren Blickwinkeln.

Besonders interessant im Wiederlesen war für mich jetzt der Essay „Kommunismus, Islam und ihre Wirkungen auf Europa“, geschrieben 2007. Dort lesen wir: „Islamismus ist der dritte Totalitarismus, er wurde in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geboren und war von Kommunismus und Faschismus inspiriert.“ (Daniel Pipes). Und Chaim Noll ergänzt: „Kommunismus wie Islamismus sind darauf orientiert, neue Reiche zu errichten. Hier klassenlose Gesellschaft, dort Dar al islam.“

Der Unterschied zwischen Islam und Islamismus wäre so eine moderate, offene, anpassungsfähige Version und eine strenge, wortbezogene im Islamismus, gültig für alle Ewigkeit. Ob diese Unterscheidung Sinn macht, halte ich für fragwürdig. Für mich bleibt der Koran eine zeitlos gültige Anweisung, die nicht hinterfragt werden darf. Muss man unter Ungläubigen leben, darf man die strengen Rituale etwas aufweichen bzw. vergessen, sich aber niemals anpassen.

Das Konzept und die Diskussion über den Islam hat viele Fallstricke, Untiefen und Probleme. Auch, weil bei uns nicht mehr darüber geredet werden darf. Dieses Buch aber legt offen und diskutiert ein Thema auf allen Ebenen, dessen Auswirkungen schon jetzt bei uns in Deutschland deutlich spürbar sind, auf zu vielen Ebenen.

Der letzte Artikel „Super Stimmung in Kreuzberg und Neukölln“ passt zur aktuellen Lage in diesen Berliner Bezirken, wo sich nach den unfasslichen Anschlägen der Hamas die Unterstützer sammeln und etwas mit Aussagen bejubeln, zu dem man keine Worte mehr findet.

Bewertung vom 04.10.2023
Montaigne
Reinhardt, Volker

Montaigne


ausgezeichnet

Jeder Tag am Schreibtisch in seiner Bibliothek konnte der letzte sein. Montaigne schrieb in Zeiten des Bürgerkrieges zwischen Katholiken und Calvinisten, man hasste und befehdete sich, der Riss ging quer zu allen Bereichen, er trennte Obrigkeit, Nachbarn, Verwandte und auch Familien.

Wurde man überfallen, was Montaigne auch geschah, war am Ende das größte Geschenk die Freiheit, die Abkehr von äußerem Zufall und Willkür hin zum inneren Gleichmaß. „Verteidigung zieht den Angriff auf sich. Angst erzeugt Aggression“, so Montaigne. Wenn jeder gegen jeden kämpft und keine Frontlinien sichtbar werden, ist Überleben das Maß aller Dinge und höchst schwierig.

Montaigne verlässt sich auf den klugen, gewaltlosen, offenen Weg, er brüskiert andere mit seiner Hilfe und einer radikalen Offenheit, die ihm überraschenderweise verblüffende Erfolge bringt. Moralpredigten mit erhobenem Zeigefinger stoßen ab, wirkungsvolle Überzeugungsarbeit wird am besten im lockeren Plauderton geleistet, dies war didaktisches Prinzip seiner berühmten Essays.

Montaigne ging jeden Tag hoch zu seinem Turmzimmer, der Bibliothek, die Treppen schon Meditation und Genuss. Er hat gelernt, auf die Feinde zu hören, ihnen mit anderen Mitteln zu begegnen als Hass. „Wenn man mir widerspricht, weckt man meine Aufmerksamkeit, nicht meinen Zorn. Ich gehe auf denjenigen zu, der anderer Meinung ist als ich, denn er bereichert mich.“

Volker Reinhard, der Autor dieser hervorragenden Biografie bemerkt, dass Montaigne für das 21. Jahrhundert höchst aktuell sei, sind in diesen Jahren doch die unduldsame Korrektheit und Ausblendung unliebsamer Meinungen ähnlich virulent wie damals, im 16. Jahrhundert in Frankreich.

Ich habe nahezu alle Bücher über Montaigne gelesen, hier liegt etwas ganz Besonderes vor, spannend zu lesen, für mich mit vielen neuen Einsichten, am Ende mit einer biografischen Zeittafel.

Bewertung vom 04.10.2023
Die Asyl-Lotterie
Koopmans, Ruud

Die Asyl-Lotterie


ausgezeichnet

Koopmans begleitet mich schon seit vielen Jahren in seiner sachlichen, klaren Herangehensweise an ein Problem, das in zu vielen moralischen Spähren gefangen scheint.

Am Beispiel Chemnitz zeigt Koopmans, dass bei der Verteilung von Flüchtlingen auch die bisherigen Erfahrungen berücksichtigt werden müssen. Wird zu schnell in bisher relativ homogene Gruppen mit Fremden aufgefüllt, entstehen Probleme, auch weil für die Neuen keine Anlaufstellen vorhanden sind.

In Kapitel 1 wird anhand von 10 Punkten erklärt, warum das europäische Asylsystem todkrank ist. Es fordert mehr Menschenleben als es rettet und lässt die Schwächsten außen vor. Der Rechtspopulismus wächst immer stärker, solange der weiße Elefant nicht angesprochen wird. Und man ist erpressbar Autokraten wie Erdogan gegenüber.

Mit diesem Buch legt er einen Standard zur Lösung der Asylkrise: „Das bestehende Europäsche Asylregime erfüllt seine humanitären Zielsetzungen nicht, weder in Bezug auf die Schutzsuchenden noch in Bezug auf die Erstaufnahmeländer. Es zwingt Menschen, die Schutz suchen, ihr Leben zu riskieren. Es führt zu schwerwiegenden Sicherheitsrisiken und Integrationsproblemen.“

Das Problem ist sein Jahrzehnten bekannt, nichts aber wurde gelöst, im Gegenteil. Alles wurde noch verwirrender, komplizierter. Koopmans plädiert für die Abkehr aus einem undurchschaubaren Dickicht hin zu humanitären Kontinenten. Und nein: wir können nicht allen helfen, ohne uns selbst zu gefährden.

Ein aufwühlendes, nachdenklich stimmendes Buch, das den weiteren Anstieg des Rechtspopulismus befürchten lässt, wenn nicht schnell etwas geschieht.

Bewertung vom 01.10.2023
Das Alphabet bis S
Kermani, Navid

Das Alphabet bis S


weniger gut

Kermani sei ein anerkannter Dichter, der schon im Bundestag gesprochen und gebetet habe. So habe ich es irgendwo gelesen. Nun, er meint auch, dass die literarische Welt (vgl. Buch: "Eine andere Welt, Bücher, die in die Zukunft weisen") von heute, damit auch er?, keinesfalls so gut sei wie vor dem Untergang des Abendlandes. Möglicherweise sieht er sich aber doch eher als neuen literarischen Fixstern des Morgenlandes.

In diesem schwer lesbaren Buch werden Buchbetrachtungen, Aphorismen, Zitate, Skizzen, Erlebnisse, Gedanken, alltägliche Dinge und Kommentare at random verbunden mit einer kleinen, schwer zu identifizierenden Handlung. Kermani mutiert zu einer namenlosen, erfolgreichen Schriftstellerin, die trauert.

Lesen Sie selbst eine Weisheit mit: “Nicht das Alter, sondern der Tod ist die größte Überraschung im Leben.“

Mich ließ das alles eher verwirrt und fragend zurück. Und traurig. Vielleicht ist es das Beste, was ein Buch erreichen kann. War es die Axt für das gefrorene Meer in mir, frei nach Kafka? Wohl eher nicht.

Erklärungen über die getroffenen Aussagen in ihrem möglichen psychotherapeutischen Kontext finde ich allerdings in einem Buch von Dr. Burkhard Hofmann: „Und Gott schuf die Angst“. Dieses Buch hätte bei der namenlosen Dichterin ja dabei sein können, die vergessene Bücher bis S liest, um endlich Trost zu finden.

Bewertung vom 28.09.2023
Armageddon
Matussek, Matthias

Armageddon


ausgezeichnet

Eine Art Roman-Autobiografie und zutreffende Beschreibung der aktuell schiefen Ebene Deutschlands.

Matthias Matussek polarisiert, er hat sich vom Linksaußen- zum Vernunfts-Standpunkt gewandelt, dabei ist er gläubiger Katholik. Seine Fabulierkunst ist ungebrochen, sie richtet sich jetzt gegen seine früheren, immer noch im linken Schlamm suhlenden Kollegen.

Man erfährt sehr viel über den inneren Zustand der Medien (Struckrad-Barre, Spiegel, Diekmann, Döpfner, Böhmermann, Fleiischhauer etc.) Matussek ist eine daraus erwachsene Pflanze, die ihr Aufblühen heute schöner denn je zelebriert, wortgewaltiger und standfest.

Ein von ihm ausgebildeter Praktikant, Malte Henk, schleicht sich wieder in sein Vertrauen ein und formuliert damit einen Artikel im Blatt des ach so sanften di Lorzeni, in der Zeit. Man spürt die Betroffenheit und kann ob dieses grausamen Verrats der regierungstreuen Medien nur noch erkennen, dass die Relotius-Presse zu den allerletzten Mitteln greift. Nun, Henk wird mit Sicherheit Preise der Rechtgläubigen ernten.

Über die Medienbranche schreibt Matussek: "Der Verrat ist so etwas wie ihre Betriebstemperatur."

Zudem wurde in das Buch ein weiteres spannendes Thema eingeflochten: Sterbehilfe. Mich beschäftigt dieses Thema seit ich das Gespräch zwischen dem unsäglichen Müntefering und Prof. Dr. Udo Reiter gesehen habe. Der ehemalige Intendant des MDR und BR hat sich kurz danach mit 70 auf seiner Terrasse erschossen - nach einem langen Leben im Rollstuhl. Die Arroganz der Müntefering Aussagen ist mir noch heute im Ohr. Matussek ist als Katholik gegen selbstbestimmtes Sterben seine Freundin dafür, eine schauerlich gute Geschichte, die alle Argumente pro und contra auffächert.

Das Kennenlernen seiner Frau und die andauernde Liebe: Matussek kann auch Romantik, ein L(i)ebensmensch durch und durch. Mich hat diese Passage tief berührt.

Zur Endzeit und wie man sie erkennt: "Frauen nannten sich Männer, und geschminkte Männer behaupteten, sie seien Frauen und könnten Kinder gebären...Alles stand Kopf wie in Orwells 1984...Denken Sie an die Kriegsbegeisterung ...Habeck war unter ihnen, seine Hörner wurden nun sichtbar...Stuckrad-Bahre versuchte den Hashtag Metoo zu singen...Diekmann skandierte Wulff Wulff..."

Ein riesengroßer dunkler Spaß könnte man meinen, aber es ist Ernst, wirklich ernst, denn die Antifa und ihre Hammer-Truppen stehen Gewehr bei Fuß.

Spannend, intelligent, herausfordernd, hell auflodernd im Wahnsinn der Zeit.

Bewertung vom 22.09.2023
I Do It Mai Way
Mai, Vanessa

I Do It Mai Way


gut

Sie stand früh auf den Brettern, war mit ihrem Vater, einem Berufsmusiker, unterwegs und kannte das Musiker-Leben. Ihr Geschenk aus den Sternen besteht aus einem wirklich sympathischen Äußeren, einem natürlichen Lächeln und gewachsener Klugheit bzw. Zielstrebigkeit.

Nicht ohne Grund ist aus Vanessa Mai ein Star geworden, auch ohne Florian Silbereisen, aber mit der Management Power ihres Mannes bzw. der Familie Berg-Ferber. Sie ist bei all dem ein wirklich sympathischer Mensch geblieben, der fröhlich Schlager singt. Warum auch nicht! Ich höre ab und an diese Lieder gerne und erinnere mich dabei an meine Jugend mit Jukeboxen und Vicky Leandros, Roy Black, Roland Kaiser und den Ferienlieben.

Das Buch gendert, schluckt und hickst. Es denglisht, es spricht eine merkwürdig aufgesetzte, zu schnelle Sprache aus positiver Psychologie und Management Weisheiten, die oft aufgesetzt wirken. Ich bin Teil einer Crowd, die vor mir steht, performe einfach und so weiter…krass anzuhören bzw. zu lesen.

Trotzdem, wer hat schon mit 30 eine Biografie verfasst? Diese ist lesenswert, ein Status quo Bericht und der Ausgangspunkt, um bei der nächsten besser zu werden.

Vanessa Mai hat eine sehr positive Ausstrahlung und mit diesem Pfund aus dem wolkenfreien Gen-Sternen-Himmel wuchert sie bestens, mündlich ist sie allemal besser als schriftlich, eine selbstbewusste Person, die sich kein X für ein U vormachen lässt. Man muss sich um sie keine Sorgen machen, ihr Erfolg wird weiter gehen und lange bestehen bleiben.

Bewertung vom 19.09.2023
Mitte / Rechts
Biebricher, Thomas

Mitte / Rechts


weniger gut

Ein langatmiges Buch, das man mit der Einleitung und der Zusammenfassung ausreichend begreifen kann. Länge muss nicht notwendigerweise Präzision beinhalten.

Das Buch fußt auf einer mMn fragwürdigen Definition von Konservatismus, dem man unterstellt, nicht veränderungswillig zu sein.

Konservativ zu sein, bedeutet für mich aber, das Gesetz der praktischen Vernunft anzuwenden. Neuem gegenüber ist man aufgeschlossen, man begleitet alles kritisch und ist offen und optimistisch. Zu den Besonderheiten des Konservatismus gehört, dass er keine geschlossene Theorie hat. Er ist praktisch veranlagt und schafft ein Gegengewicht zum blinden oder zu moralischen Fortschrittsglauben, dem er sich keinesfalls entzieht, den er aber skeptisch und verantwortungsethisch begleitet und auf ein menschliches, unideologisches Maß korrigiert.

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