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Benutzername: 
MarcoL
Wohnort: 
Füssen

Bewertungen

Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 26.02.2022
Die Rebellin und der Dieb
Sendker, Jan-Philipp

Die Rebellin und der Dieb


ausgezeichnet

Die Eltern des 18-jährigen Niri halten Villa und Garten einer reichen Familie in Schuss, haben ein ausreichendes Einkommen und eine Unterkunft. Doch als die Pandemie in Südostasien zuschlägt, ändert sich das gesamte Leben. Die Familie wird mit sofortiger Wirkung entlassen, Job und Unterkunft sind weg. Von einem Tag auf den anderen sind sie auf der Straße. In den Slums, von Niri „Siedlung“ genannt, finden sie einen freien Wellblechverschlag. Arbeit ist allerdings keine mehr zu finden. Dem nicht genug, drohen Mutter und der kleinen Schwester krankheitsbedingt der Tod. Die Tante ist bereits am Virus verstorben.
Das Geld ist bald zu Ende, Rücklagen gibt es nicht - der Vater ist strenger Buddhist, gab alles was „übrig“ war immer dem Kloster.
Die Verzweiflung und der Wunsch zu helfen, nötigen Niri zu einem Einbruch im Haus des ehemaligen Arbeitgebers, um zumindest ein paar Lebensmittel zu ergattern. Er wird von Mary, der Tochter des Hauses erwischt. Doch sie hilft ihm, gibt ihm Lebensmittel und sogar Geld für die Behandlung seiner kranken Mutter.
Niri verteilt die Lebensmittel unter den anderen Slumbewohnern – denn er betrachtet das Leid anderer Menschen als sein eigenes.
Seine Tat bleibt kein Einzelfall – er macht weiter, Mary hilft ihm dabei. Sein hohes Empathieempfinden lässt ihn nicht kalt vor dem Schicksal anderer Menschen. Aber – auf Dauer kann es nicht gut gehen, in einem Land, in welchem Brecher der nächtlichen Ausgangssperre sofort erschossen werden.
Die Geschichte, aus Niris Sicht erzählt, ist zu tiefst berührend. Und auch beängstigend. Sie zeigt auf, zu was Menschen fähig sind, im Guten und Schlechten. Und sie zeigt auf, dass wir uns wirklich sehr glücklich schätzen können, in einem der reichsten Länder der Welt zu leben. Maske, Tests und die kostenlosen Impfungen sollten als Geschenk, und nicht als Bürde, betrachtet werden.

Das Buch ist mehr als nur ein Plädoyer für Empathie und Menschlichkeit. Der Autor versteht es in seiner zauberhaften Sprache, seinen Blick auf Menschen und deren Gefühle, sehr nahe zu bringen. Es ist für mich eine Parabel, Ängste zu überwinden und den Mut zu haben, anderen zu helfen. Sprachlich ein Hochgenuss, gebe ich hier die allerhöchste Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.02.2022
Der Prinz der Wüste / Dämonenzyklus Bd.7
Brett, Peter V.

Der Prinz der Wüste / Dämonenzyklus Bd.7


sehr gut

Die fulminante Dämonensaga des Autors geht weiter. Mit diesem Roman beginnt ein neuer Zyklus, angesiedelt 15 Jahre nachdem Arlen und Jardir die Dämonen besiegt haben. Seit dem sind Frieden und Ruhe in Thesa eingekehrt. Die Reiche konnten sich erholen und zu blühenden Städten und Gemeinden erstarken. Während Jardir es damals schaffte, aus dem Abgrund zurück zu kommen, blieb Arlen, der tätowierte Mann, verschollen. Doch ihre Zeit scheint vorbei zu sein, sie werden geehrt und gefeiert als die größten Helden der Geschichte.
Ihre 15 jährigen Kinder, Olives Eltern sind Jardir und Leesha, sowie Darin, Sohn von Reena und Arlen, wachsen heran und haben ihre eigenen kleinen Problemchen, welche das Erwachsenwerden so mitbringen. Zumal hütet Olive ein großes Geheimnis, das ungeahnte Konsequenzen haben könnte.
Der Schein der Ruhe trügt, ebenso der vermeintliche Frieden. Einige Dämonen haben damals überlebt, und ein Sturm beginnt … genug gespoilert.
Dieser neue Band ist die logische Fortsetzung, diesmal aus der Sicht von Olive und Darin, welche jeweils als Ich-Erzähler in Erscheinung treten. Spannend vom ersten bis zum letzten Buchstaben beweist auch der Autor, dass er sein Handwerk nicht verlernt hat. Abermals sind die großen Themen der Ehre, des Verrats, der Intrigen, der Macht und der Liebe Wegbegleiter durch das 1000 seitige Werk.
Der Band könnte ohne Vorkenntnisse der sechs Vorgängerbände gelesen werden. Es dürfte aus meiner Sicht dennoch für das Gesamtverständnis besser sein, die mehr als 5000 Seiten der ersten Bände zu kennen. Als Stand-alone gebe ich gerne 5 Sterne, doch als Fortsetzung bin ich gewillt, zumindest einen halben Punkt ab zu ziehen, denn so manche Szenen aus dem ersten Roman wiederholen sich ziemlich exakt, wenn auch mit anderen Protagonisten. Auch bietet dieser Band im Grunde nichts Neues. Es gibt keine weiteren Entwicklungen des Kontinents, die Kämpfe und Ränke gehen weiter. Dennoch, spannend ist es allemal, und am Ende bleiben genug ungelöste Fragen, die eine Fortsetzung prädestinieren. Somit gebe ich für alle Freunde der Saga und Fantasyfans sehr gerne eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.02.2022
Sitz!
Harvey, Matt;Schmid, Claudia

Sitz!


ausgezeichnet

Des Menschen bester und treuester Freund! Die Fellnase namens Hund. Und das trotz all den Missverständnissen welche es gibt, da könnte man dann schon mal meinen, dass so ein liebes Hündchen mal die Schnauze voll hat. Da bemühen sie sich einen Wolf ab, und was machen Frauchen und Herrchen: genau – sie machen einfach ihr Ding. Viel zu kurze Streicheleinheiten, dauernd das falsche Futter, zu wenig Leckerlis, zu wenig Platz auf Sessel, Sofa, Bett, etc., beim falschen und, man glaube es kaum, bei JEDEM Wetter raus, ob Hündchen nun muss oder will oder nicht. Ein Hundeleben ist das … naja, wenigstens das mit den Häufchen …
In 26 heiteren Gedichten beschreibt das Autorenduo diese Problematik und setzt allen Hundefreunden einen Spiegel vor – den Hündchen natürlich auch.
Und wenn nun stolze Frauchen und Herrchen nach der Lektüre dieser Gedichte meinen, das kenne ich doch schon irgendwoher … stimmt, kommt mir irgendwie bekannt vor … quasi vom Hörensagen ...
Vielleicht noch ein kleines Wort zu den Gedichten selbst: Manchmal sind sie ein wenig holprig zu lesen, was dem ganzen Spaß aber keinen Abbruch tut. Die Zeichnungen sind, wie soll ich sagen: bezeichnend – für die jeweiligen Situationen und nett anzuschauen.
Alles in allem, ein liebevoll gestaltetes Büchlein, welches man gerne mal zwischendurch in die Hand nimmt um darin ein wenig zu schmökern. Somit gebe ich hier sehr gerne eine Leseempfehlung ab für alle Freund:innen, Häufchenentferner:innen von Hündchen, und solchen, die es noch werden möchten.

Bewertung vom 10.02.2022
Aber Makaber
Fröhlich, Udo

Aber Makaber


ausgezeichnet

Für alle Freunde von Kurzgeschichten, oder die es noch werden wollen. Oder sich gerne in ein paar schönen, makaberen Texten verlieren möchten um ein bisschen den Alltag zu entfliehen, sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt. Die Storys sind aus dem Leben gegriffen, unverblümt und direkt begegnen uns die verschiedensten Charaktere. Wie zum Beispiel ein Muttersöhnchen, voll vereinnahmt, kann nichts und darf nichts ohne seiner Mutter tun, und dann eben … (sag ich nicht, wäre ja gespoilert). Oder von dem Kind im Zoo. Oder was alles auf so einer Herrentoilette … da kann so allerhand geschehen … oder wenn es an der Supermarktkasse mal wieder zu langsam geht, kennen wir, oder? Fiktion und Wirklichkeit, die sind eng beieinander.
Und wer das Buch jetzt unbedingt lesen möchte (es lohnt sich allemal), vielleicht noch ein kleiner Tipp: von der Veranlagung her sollte man schon ein wenig schwarzen Humor vertragen, denn ab und zu wird es herrlich bitter böse.
Insofern gebe ich für diese Kurzgeschichtensammlung (inkl. eine etwas längere Bonusgeschichte am Schluss) sehr gerne eine Leseempfehlung , es war mir ein Vergnügen, danke

Bewertung vom 30.12.2021
Feuerbach
Markus Flexeder

Feuerbach


sehr gut

München in den Jahren 1922/23. Die Stadt ist nach wie vor gebeutelt von den Folgen des Ersten Weltkrieges. Der Wiederaufbau gestaltet sich mühsam, die sehr hohe Inflation trägt das ihre dazu bei, dass es den Menschen sehr schlecht geht, Hunger und Armut prägen das Stadtbild. Nebenbei streben die Nazis auf, kriechen aus ihren Löchern, ein vereitelter Putschversuch, an welchem auch OberNazi Hitler beteiligt war, schürt nebenbei Angst und Elend.
Den jungen Berchtesgadner Leopold Krüger zieht es dennoch in die Stadt. Er möchte unbedingt Schriftsteller werden, und so kehrt er mit dem Segen seiner Mutter dem elterlichen Hof den Rücken und findet bei seinem Onkel Unterschlupf – Carl Feuerbach. Der ist ein Kriegsveteran, wordkarg, mürrisch, stark traumatisiert vom Krieg. Aber er hat ein gutes Herz, hilft wo und wie er kann, und arbeitet an sich selbst, mit diesen Traumata leben zu können.
Just in dieser Zeit treibt ein Massenmörder sein Unwesen, die Opfer weisen Bissspuren auf und lassen an den Film „Nosferatu“ denken, welcher in jener Zeit gefeiert wird. Leopold und Carl schlittern mitten hinein in die Ermittlungen, die Kriminalpolizei scheint mit ihrer Weisheit am Ende zu sein, zu raffiniert geht der Mörder um … ist er doch … (genug gespoilert)
Das Buch liest sich leicht, ist interessant, sehr gut recherchiert – alle historischen Begebenheiten sind wahr. Das Besondere: Die Erzählung erfolgt in Form von Tagebüchern von Leopold und!!!! dem Mörder!! - Der Leser ist somit immer up to date mit den Informationen – nur am Schluss gibt es dann einen Stilbruch, und die Erzählweise wird in der dritten Person weitergeführt (kann man jetzt darüber streiten, ob es so nötig war, oder das Ende auch anders hätte geschrieben werden können).
Nichts desto trotz: Es war eine angenehme, spannende Lektüre mit sehr viel Hintergrundwissen (inkl. einem kleinen Glossar am Ende) – für Freunde von historischen Krimis gebe ich sehr gerne eine Leseempfehlung – und in Summe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 19.12.2021
Von Füchsen und Menschen
Kimmig, Sophia

Von Füchsen und Menschen


ausgezeichnet

Hazel, Gerlinde und Q sind Füchse – mit ihrem eigenen Revier und ihrer eigenen Geschichte. Sie sind Teil einer Forschungsarbeit, und wir dürfen sie ein wenig begleiten auf ihren Streifzügen. Das Besondere daran: Es ist nicht auf dem Land oder im Wald, sondern mitten in der Großstadt Berlin. Dort ist die Dichte an Füchsen weit aus größer als im ländlichen Gebiet, was dem Umstand geschuldet ist, dass der Mensch nicht nur den ursprünglichen Lebensraum tagtäglich dezimiert, sondern auch, dass der Mensch nun mal viel Essbares weg wirft. Essensreste, ein Stück Brot welches auf dem Weg ins Büro hastig verschlungen wird, um dann doch noch das letzte Stück unachtsam weg zu werfen, etc.
Das Buch ist wunderbar, sehr liebevoll geschrieben. Wir erfahren sehr viel über diese tollen Tiere. Aber nicht nur das. Das Hauptaugenmerk liegt in der Arbeit der Wildbiologin. Akribisch und spannend beschreibt sie uns ihre Arbeit, ihre Suche nach den Füchsen und entführt uns in eine Welt, unsichtbar, und dennoch vor unseren Augen. Einfühlsam und spannend – was Füchse so alles machen und können. Die allgemeine Forschungsarbeit an sich, auch im historischen Kontext, wird erläutert. Und mit so manchem Vorurteil wird aufgeräumt.
Absolute Leseempfehlung, für alle Natur- und Tierbegeisterten im Allgemeinen, Füchseliebhaber:Innen im Speziellen.

Bewertung vom 09.12.2021
Im Winter Schnee, nachts Sterne. Geschichte einer Heimkehr
Geda, Fabio;Akbari, Enaiatollah

Im Winter Schnee, nachts Sterne. Geschichte einer Heimkehr


ausgezeichnet

Eni setzt hier mit seiner Erzählung fort, welche sich im ersten Teil: „Im Meer schwimmen Krokodile“ mit seiner Flucht aus Afghanistan nach Italien befasste.
Er beschreibt sein Leben in Italien, wie er ankommt in der Gesellschaft, natürlich auch Glück hat, aber mit starken Willen arbeitet und sich integriert. Sein altes, hartes Leben vergisst er dabei nicht, sein Herz hängt immer noch an seiner Heimat. Von seiner Familie weiß er acht Jahre lang nichts, welche im vom Krieg gebeutelten Land zurückblieb. Auf eigene Initiative beschließt er, Kontakt mit seiner Mutter aufzunehmen – was natürlich sehr schwer ist. Aber auch hier war ihm das Glück hold, und ein pakistanischer Freund macht sich sogar auf den gefährlichen Weg, um seine Familie zu finden.
Und so erzählt das Autorenduo in leichter, ruhiger Weise all das, was Eni über seine Familie (Mutter, Schwester, Bruder) erfährt, wie es ihnen geht, über lokale Fluchten, Krieg, Armut.
Doch dem ist nicht genug, Eni will mehr, er will seine nahen Verwandten wieder sehen. Als anerkannter Flüchtling darf er allerdings nicht nach Afghanistan zurück. Eine Schreckensmeldung von seinem alten zu Hause erreicht ihn, und eine neue Odyssee beginnt. Wie sie ausgeht: selber lesen.
Geda schreibt mit Akbari zusammen diesen Roman, der sehr tiefe Einblicke in das Schicksal von Vertriebenen gewährt. Die Sprache ist einfühlsam, sanft, trotz all der Problematik, aber auch manchmal verständlicherweise für den Ich-Erzähler sehr aufbrausend. Was mir auch gut gefallen hat ist der kleine Exkurs in die afghanische Geschichte. Man bekommt Einblick in das ferne Land, welches wir so gut wie nur mit Krieg und Elend verbinden..

Bewertung vom 17.11.2021
Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7
Hillenbrand, Tom

Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7


sehr gut

Xavier Kieffer, Koch und Gastronom in Luxemburg, darf (endlich) wieder ermitteln. Zusammen mit seiner Freundin Valerie Gabin stoßen sie zufällig auf dunkle Machenschaften hinter der Honigindustrie.
Valerie stolpert auf einer Reise in den USA auf ungewöhnliche Machenschaften rund um den Verleih von Bienenvölker, während Zeitgleich in Luxemburg der Stadt-Imker tot aufgefunden wurde (und dieser noch kurz zuvor von Kieffer kontaktiert wurde). Während ihren Nachforschungen dringen sie immer weiter in das System der Honigpantscherei, Genmanipulation, und mafiösen Verstrickungen ein. Die Polizei wollen sie, wie immer, vorerst nicht informieren – die tun ja eh zu wenig und stellen die falschen Fragen. Teilweise hat der Autor die Hintergründe gut recherchiert, mir kommt aber vor, dass ihm dies in vergangenen Romanen besser gelungen ist (rein subjektives Empfinden meinerseits).
Der Plot ist spannend wie eh und eh, nur manchmal wird den Protagonisten zu viel Heldenmut zugetraut, besonders dann im Showdown. Nichts desto trotz war der #Krimi ein feines Lesevergnügen, eine angenehme Ablenkung, die 470 Seiten rutschten an zwei Abenden durch.
Die ganze Serie zeichnet sich aus durch gute Beschreibungen der Stadt Luxemburg (macht Lust, dort mal einen Städtetrip zu machen), sowie durch wichtige, teils unbekannte Themen rund um Lebensmittel – und wie die Industrie damit umgeht. Hier wird gefälscht und manipuliert dass sich die Balken biegen.
So gesehen sind die Bücher ein guter Mix aus Hintergrundinfos und spannendem Krimi rund um die Gastronomie.

Bewertung vom 10.11.2021
Faszination Krake
Stavaric, Michael

Faszination Krake


ausgezeichnet

Diese schöne Sachbuch, vornehmlich geschrieben und gedacht für Kinder ab der 5.,6. Schulstufe ist ein wunderbarer Streifzug durch die Welt der Tintenfische. Es gibt viel Wissenswertes darin über diese tollen Geschöpfe, ein paar kleine Anekdoten des Autors runden das Buch ab. Ich für meinen Teil hätte im Text allerdings noch mehr über die Kraken erfahren, und weniger Einblicke über den Ich-Erzähler/Schreiber.
Die Sprache, so finde ich, ist sehr gut an die Zielgruppe angepasst.
Die Zeichnungen und Illustrationen von Michele Ganser sind liebevoll gestaltet und passen perfekt dazu, regen die Fantasie an. Ein paar wenige Suchbilder, machen das Sachbuch interaktiv – auch davon dürfte es ruhig mehr geben für meinen Geschmack.
Trotz dieser „Mini-Beanstandungen“ meinerseits ist es ein sehr gelungenes Kinderbuch – und auch Erwachsene können sich darin verlieren und viel Wissen mitnehmen.
Die Aufmachung ist wirklich liebevoll gestaltet – das Buch eignet sich sehr gut als Geschenk für alle jungen Forscher und Entdecker.

Bewertung vom 17.10.2021
Wolkenkuckucksland
Doerr, Anthony

Wolkenkuckucksland


ausgezeichnet

Wow! Was für ein Buch!! Es ist sehr vielschichtig, und dennoch einfach, kommt im Prinzip mit fünf handelnden Personen aus, überspannt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und ist vor allem eins: Eine Liebeserklärung an das geschriebene Wort, an Bücher und Bibliotheken. Dies ist dem Autor eindrucksvoll gelungen.
Allen drei Handlungssträngen sind zwei Dinge gemeinsam: Zum ersten ist es ein antikes Werk mit dem Namen „Wolkenkuckucksland“ (eine mysteriöse Stadt in den Wolken), verfasst von Antonios Diogenes auf 24 Tafeln, gemäß dem damaligen altgriechischen Alphabet. Zum zweiten sehen sich die Handlungsträger mit den Auswirkungen einer zerstörten Welt konfrontiert.
Die 24 Abschnitte des Romans beginnen jeweils mit einer Tafel des Diogenes – welche immer wieder zentraler Punkt der Erzählung wird rund um die Personen.
Konstantinopel steht im Jahr 1453 kurz vor dem Fall an die Sarazenen, mitten drinnen die junge, streng christlich (mit allen Anbiederungen, Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten) erzogene Anna, und Omeir, Muslim, geboren mit einem Wolfsrachen, welcher ihm kein einfaches Leben beschert.
Beide kommen mit dem Kodex in Verbindung, beide sind involviert in den drohenden Krieg, und beide versuchen das beste aus ihrem auferlegten Schicksal zu machen.
In der gegenwärtigen Zeit kämpft sich Seymour mühsam gegen die Welt an. Er ist ein Außenseiter, hypersensibel. Er findet seine Ruhe nur in der Natur, freundet sich mit einer Eule an, und zerbricht an der fortlaufenden Zerstörung der Welt. Er trifft in gewisser Weise auf Zeno, der ebenfalls in eine Welt geworfen wurde, mit der er schwer klar kommt. Traumatisiert vom Korea-Krieg dümpelt er sein Dasein in der gleichen Stadt wie Seymour. Letztendlich treffen sie aufeinander, und …
Konstance, ein junges Mädchen, befindet sich in einem futuristischen Raumschiff, welche ein paar auserwählte Menschen in einem über mehrere Generationen übergreifenden Flug zum nächst möglichen Exoplaneten bringt. Eine KI steuert das Schiff, wird zum Versorger und Wärter der Passagiere, bis das eintritt, was als unmöglich eingestuft wurde …
Der erwähnte Kodex ist stets eine Art Bindeglied zu den verschiedenen Ebenen – welche die Zerstörung der Welt als Gemeinsamkeit haben.
Das Buch, so einfühlsam es auch ist, so wunderbar die einzelnen Abschnitte erzählt werden, ist für mich ein gewaltiges Mahnmal an die Kraft der Liebe und Bücher, an die Wunder der Natur, an die Schönheiten unseres Planeten und ein gehöriger Fingerzeit gegen die allgegenwärtige Zerstörung unserer Umwelt und Lebensbereiches! Es mag ganz leicht dystopisch angehaucht sein – doch in solchen Szenarien bewegen wir uns leider schon – die Menschheit hat den Ast, auf welchem sie sitzt, zu 99,9% schon durchgesägt.