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Juti
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Insgesamt 735 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2025
Studien zur Heidelberger Stadtgeschichte
Mumm, Hans-Martin

Studien zur Heidelberger Stadtgeschichte


ausgezeichnet

Perlen der Lokalgeschichte

Schon der Titel verrät, dass es sich bei diesem Werk um eine Aufsatzsammlung handelt, die neben dem Beitrag zur Heidelberger Lokalgeschichte auch noch den Autor ehren will. So ist die Frage, ob die geehrte Leserin dieses Buch tatsächlich von Anfang bis Ende lesen soll. Sie wird immer auch weniger Spannendes finden. Die Reihenfolge der Aufsätze ist chronologisch nach ihrem Inhalt:

Zunächst befasst sich Mumm mit dem Alter Heidelbergs und schränkt anhand des Patronats der Heiliggeistkirche den Zeitraum auf das frühe Mittelalter ein.
Dann begibt er sich auf den Plättelsweg, vor allem weil andere Autoren hier auf dem Holzweg waren. Mit Ludwig V. feiert er den Sieg über die Bauern 1525, nein, er nimmt nicht so Partei, aber in Heidelberg selbst fanden keine Kämpfe statt, wohl aber die Siegesfeier. Der nächste Held ist unser Brückenaffe und wird zum Primatologen: „Berühmt sind die Schach spielenden Affen im Naumburger Dom.“ (122) Ich würde so gerne sofort hinfahren. Den Bonner Brückenaffen scheint er nicht zu kennen, aber sonst lässt er keine Banane aus.

Auch beim Hotel Ritter zieht er erstaunliche Vergleiche bis hin zur Hofapotheke in Öhringen, die nach seiner Forschung ebenfalls von Flüchtlingen aus Tournai erbaut sein muss. Eine kleine Schwäche Mumms ist es, steile Thesen aufzustellen: Johann Casimir sei der historische „Jäger aus Kurpfalz“ (154) Aber war das nicht Carl Theodor? Mumm wird noch einen weiteren Aufsatz schreiben müssen.

Carl Theodor kommt gar nicht gut weg (Zitat Münter: „Es wird ein Glück seyn, wenn Carl Theodor einmal stirbt und der Herzog von Zweibrücken wird.“ 161) , wird doch im nächsten Aufsatz sein Nachnachfolger Carl Friedrich von Baden gelobt, der gerade beim Bürgertum für neue Freiheiten sorgte, die als „Toleranzpolitik“ bezeichnen wurde. Baden war durch die katholische Linie in Baden und die lutheranische in Karlsruhe ohnehin konfessionell geteilt. Die Verbesserung des Schulwesens kam meines Wissens aber erst später.

Ludwig Börne ist der längste Artikel gewidmet. Er kam als Louis Baruch nach Heidelberg, nachdem die Universität in Halle wegen Napoleon 1806 aufgelöst wurde, mit ihm die auch die Brüder Eichendorff. (Ich wusste gar nicht, dass sie zu zweit kamen). Wieder schreibt Mumm, dass sie von der „konfessionsübergreifende[n] Schulordnung“ profitierten. Na denn. Er wohnte in der Schiffgasse 6, David Zimmer (2 Aufsätze später) in der Haspelgasse 12 war mit seinen Eltern bekannt.

Der Aufsatz über den Karlsruher Jude Abraham Ettlinger, der für die Freiheit Griechenlands kömpfte und in osmanische Gefangenschaft geriet, passt kaum in dieses Buch. Heidelberg besitzt nur eines der wenigen Originalbü.cher seiner Geschichte.
Da von David Zimmer schon die Rede war, folgt der Artikel, wie aus dem Turnverein die freiwillige Feuerwehr entstand. Der Name Feuerwehr wurde erstmals 1847 in der Karlsruher Zeitung verwendet. (271) Wie schlecht der Brandschutz war, zeigt, dass bei einem Feuer in der Bauamtsgasse 4 Wasser aus dem Brunnen des Pfarrhauses in der Sandgasse 1 geholt werden musste. (277) Peter Desaga ist der Name, den man sich zur Feuerwehr merken muss. Er produzierte mit Erlaubnis von Bunsen übrigens auch einen neuen Gasbrenner. (287)

Weiter wird an Johann Lorenz Küchler erinnert. Der aufrechte Demokrat war im April 1832 an der Weinheimer Versammlung beteiligt, eine Vorstufe des Hambacher Festes am 27. Mai. Außerdem gründete er und war bis zum Tod Vorsitzender der Deutschkatholiken. Warum Mumm glaubt, dass sie bis heute noch existieren, wird er vielleicht später einmal darlegen. (301) Nach der Revolution 1848 verteidigte er die Demokraten vor Gericht und konnte einige Todesurteile abwenden, andere nicht. Besonders traurig ist die Geschichte Friedländers, dessen Todesurteil nicht vollstreckt wurde, weil er nach Amerika ins Exil gehen wollte, dann aber starb, weil sein Schiff unterging. (304)

Ein Höhepunkt ist Mumms Zusammenstellung über die Industrie in Heidelberg um 1900. Stefan George und Karl Lohmeyer sind auch interessant. Den Abschluss bildet ein Ausatz über Mumms Ende als Betriebsratsvorsitzender.

Wegen der kleineren Mängel müsste ich eigentlich 4 Sterne vergeben, es gibt aber noch einen Ehrenstern zum 75. Geburtstag von Hans-Martin Mumm, also volle 5 Sterne.

Zitate:
(Börne): Ich Louis Baruch sei in der ganzen Stadt als halber Narr, und in der halben Stadt als ganzer Narr bekannt. (198f)
Mit der Liebe zum Leben hört das Leben der Liebe auf. (209)
Erziehung ist Erziehung zur Freiheit. (209)

(Mumm): Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts zeugt die salomonisch-unpraktische Entscheidung, die Bahnverbindung nach Frankfurt in der Mitte bei Friedrichsfeld an das bestehende Netz anzubinden, von der Gleichrangigkeit Heidelbergs mit Mannheim. (246)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2025
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


gut

Heimatroman von Siebenbürgen

Kummer und Leid bin ich ja schon gewohnt bei meinem Plan, die ganze Shortlist zu lesen. Inzwischen werfe ich den Autorinnen und Autoren nichts mehr vor, sondern hege meinen Groll gegen die Jury des Jahres 2024, offenbar das zeitgenössische Schreiben von WhatsApp- Kommentaren höher bewertet als die feine, interessante, mitunter lustige herkömmliche Erzählweise.

Iris Wolff trägt dazu bei, in dem sie ihre Geschichte chronologisch rückwärts erzählt. Das hat schon Autorin Mahlke in ihrem Buch „Archipel“ gemacht, den Buchpreis 2018 gewonnen, aber – wenn wir den Kundenbewertungen dieser Seite Glauben schenken – nicht die Herzen der Leserinnen und Leser.

Auch ich brauchte einige Zeit, bis ich merkte, dass die Kapitel nicht blind zusammengewürfelt sind. (Vielleicht ist das der überzeugende Tipp, wie du den Buchpreis 2025 gewinnst: Einfach die Reihenfolge der Kapitel würfeln.)
Aber spätestens als Lev unbewegliche Beine hatte und ich nicht wusste warum, war mir klar, wie der Hase läuft.

Inhaltlich dagegen ist der Roman bieder. Würdest du einen Heimatroman über Oberbayern lesen? Wohl kaum. Die Geschichte lebt also von den Gräueltaten des Kommunismus, in Rumänien also das Ceaucescu-Regime (wenn sich der Herrscher denn so schrieb) und von den vielen Völkern in Siebenbürgen, also Rumänen, Deutsche und Ungarn. So darf auch die Ausreise der vielen deutschen, evangelischen Siebenbürgersachsen nicht fehlen.

Zur FAZ möchte ich noch anmerken, dass „Lichtung“ im Singular noch zweimal vorkommt. Einmal auf S.132: „Vor ihm lag eine Lichtung. Zwei Wölfe kämpften ohne ein Laut.“ … und auf S.133 nochmal: „Zwei Wölfe auf einer Lichtung.“

Ich habe dieses Buch emotionslos gelesen, weil die Autorin es nicht geschafft hat, mich für das Thema zu begeistern. Aber es liest sich gut und schnell. 3 Sterne, auch weil ich nicht wieder eine schlechte Note verteilen will.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.06.2025
Burgen der Kurpfalz. Bergstrasse und Neckartal
Bühler, Christoph

Burgen der Kurpfalz. Bergstrasse und Neckartal


sehr gut

geschichtsträchtige Sammlung

Nach einer allgemeinen Einleitung, die die Begriffe Herrschaft und Lehen klärt, wird die Geschichte des Burgenbaus erklärt, inklusive der Doppelburgen, wie Burg Eltz in Moselnähe. Mit Modeänderung wurde auch die Burgen vom Gipfel eines Berges in Stadtnähe verlegt. Ebenso zeigt die unterschiedliche Mauerdicke wie wichtig die Verteidigung war und wie weit die Baukunst vorangeschritten war.

Der Hauptteil geht aber auf die einzelnen Burgen ein, wobei auch hier der Schwerpunkt auf der geschichtlichen Darstellung liegt. Die Burgen sind im einzelnen:

1. Burg Windeck: Diese Burg war umkämpft zwischen dem Kloster Lorsch und dem Pfalzgrafen. 1264 einigten sich dann das Erzbistum Mainz als Nachfolger des Klosters Lorsch und der Pfalzgraf das letzteren die Neustadt, inklusive Burg, Mainz aber die Altstadt zustand.
2. Burg Hirschberg (Leutershausen): Schenkung des Liuther 877 an Lorsch, Burg ab 1142 mit Konrad ganz oben, heute nicht einmal mehr Ruinen
3. Strahlenburg wohl vom Sohn des Konrad v. Hirschberg. Seit Corona ist aber die Burgschenke geschlossen.
4. Schauenburg: nicht abhängig von Lorsch. 1320 vom Pfalzgraf an Mainz verkauft.
5. Handschuhsheimer Tiefburg: Besitz von Lorsch
6. Die Neckarsteinacher Burgen: 4 Burgen, die alle wie der Autor glaubhaft belegt von der Hinterburg besiedelt wurden. Und die Sage vom Bligger, der als hartherzig galt, dann aber während eines Kreuzzugs maskiert den Anführer des Feindes tötete und vom Kaiser geadelt wurde.
7. Hirschhorn: Die Herren von Hirschhorn stammen vom Bligger von Steinach ab.
8. Dilsberg :Hier waren die Herren von Lauffen (am Neckar)
9. Neidenstein: Diese Burg in dieser Liste bewundere ich sehr. Bis heute ist sie in Familienbesitz von Venningen und ist nicht zu besichtigen. Aber das Burgdorf lohnt einen Besuch.
10. Burg Steinsberg: Wegen seines achteckigen Turms geht man von einer Staufergründung aus. Höchster Turm im Kraichgau 355m. 1972 von der Stadt Sinsheim übernommen, bis dahin Ruine.

Zu allen Burgen gibt es detaillierte Beschreibungen. Dank des geschichtlichen Schwerpunkt ist das Alter des Buches zu verkraften. Insbesondere für Neidenstein bin ich dankbar. 4 Sterne

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2025
Himmelfahrt
Dibdin, Michael

Himmelfahrt


gut

Heute ist wie gemacht für diesen Krimi. Und dann auch noch in Rom, der Stadt mit Vergangenheit, der Ewigen Stadt.
Ich bin gerne dort und lese immer gerne über diese jung gebliebene Mittelmeermetropole.

Bewertung vom 28.05.2025
Mark Twain am Neckar
Fuchs, Thomas

Mark Twain am Neckar


weniger gut

Abklatsch einer Biografie

Dieses Buch bietet nicht, was der Titel verspricht, sondern bringt nur wenig Neues für den Neckar, wenn das Buch „Ein Amerikaner in Heidelberg“ schon gelesen wurde.

Auf Seite 13 lesen wir, dass Mark Twain Schriftsetzer, deswegen viel las. Auf Ähnlichkeiten mit Nikodemus Dodge in Kapitel XXIII im Bummel durch Europa wird aber nicht hingewiesen.

Schon bekannt ist, dass Twain bevor er nach Europa kam, in Amerika Probleme hatte. Das Ziel Deutschland wählte er, weil er Katholiken nicht traute, Franzosen nicht mochte und Skandinavien und Benelux nicht kannte.(35)

Die Anekdote von Bayards Bedienstesten auf dem Atlantik kann gefallen, die Art der Schilderung von Heidelberg ist dagegen sehr schwach und gibt die heutige Situation gar nicht wieder. Die Fotos im Buch sind noch unpassender als Twains Zeichnungen im Original.

Kurios ist, wie der Autor das deutsche Gewitter schildert: Erst folgt der Blitz, dann der Donner. (64) Ist das nicht immer so? Was der Autor gut kann sind kleine Bonmots: „Die Musik von Wagner ist besser, als sie klingt.“ (64) könnte von Twain sein, ist es aber nicht.

Von ihm stammt: „Musik ohne Worte macht traurig, aber Musik ohne Musik kann noch schlimmer sein.“ (65) Von Fuchs selbst stammt wahrscheinlich: „ Durch [Wien] zu laufen und keine Musik zu hören, das hatte bislang nur Beethoven geschafft.“ (67) Weitere Beispiele: „Seitdem ich wusste, wie man Vorträge hält, musste ich nie wieder arbeiten.“ (84) „Als ich 17 war, war mein Vater so dumm, dass ich mich mit ihm nirgendwo blicken lassen konnte. Aber als ich 24 wurde, bemerkte ich mit Erstaunen, wie viel der alte Mann in den letzten Jahren dazugelernt hatte.“ (103) „Die Meldung von meinem Tod war übertrieben.“ (122)

Auf Seite 78 schreibt Fuchs: „Als Mark Twain in Heidelberg weilte, wurde er mittelbarer Zeuge von zwei Attentatsversuchen auf Wilhelm I.“ Das hätte gerne noch entfaltet.

Fuchs erkennt, dass Reisen witziger werden, wenn man dauernd das Verkehrsmittel wechselt. Als Vorbild diente Laurence Sterne „Empfindsame Reise durch Frankreich und Italien.“ Italien wird gar nicht erreicht. (113) Für die Schwarzwaldreise diente Berthold Auerbach „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ als Anregung.


Der Autor hat seine Twain-Biografie, die ich sicher nicht lesen werden, zum Anlass eines neuen Buches genommen. Aber nicht einmal zur Wiederentdeckung des Brunnenstollen zum Neckar sagt er ein Wort. 2 Sterne für ein nicht eingelöstes Thema

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.05.2025
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


gut

Traumabewältigung

„22 Bahnen“ gab Hoffnung, Hoffnung sich mit Tilda, der Mathematikerin zu identifizieren.
Nun ist die jüngere Schwester Ida die Protagonistin. Und die alkoholabhängige Mutter ist tot. Gestorben an einer Überdosis Medikamente.
Das muss man verraten, weil es eher rückblickend erzählt wird von Ida im inneren Monolog, weil sie es nicht einmal schaffte zur Beerdigung zu gehen. Sie fühlt sich schuldig, vermutlich zu Unrecht, aber als die Mutter starb war sie nicht daheim.

Tilda auch nicht. Längst in Berlin, längst mit Viktor und zwei Kindern, aber immer noch als Retterin zur Stelle.
Ida will ihr eigenes Leben leben, obwohl sie in der Ostsee weit, gefährlich weit rausschwimmt. Sie steht nicht auf der Glücksseite des Lebens, an der Uni Leipzig wird sie nicht genommen. Aber sie kellnert. Und findet ein Zimmer bei Knut und Marianne und mit Leif einen richtig guten Freund.
Dann trifft aber Marianne ein Schicksalsschlag und Ida wird gebraucht.

Nach wie vor stört mich die Art ihrer Dialog, auch wenn jetzt in kurzen Ansätzen Besserungen zu erkennen sind. Ich gebe zu, dass ich mit Ida nicht wirklich mitfiebern konnte und mich aufs Ende gefreut habe. Deswegen kann ich nicht mehr als 3 Sterne verantworten. Ich bin aber überzeugt, dass Wahls nächstes Buch wieder besser wird.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2025
Casanovas Heimfahrt (Großdruck)
Schnitzler, Arthur

Casanovas Heimfahrt (Großdruck)


gut

flotte Novelle

300 Jahre wäre er dieses Jahr geworden, der Frauenheld. Anlass der Uni Heidelberg für eine Ringvorlesung und gestern ein langweiliger Vortrag über Arthur Schnitzler.

Neu für mich, dass Schnitzler auch ein zweites Werk, ein Drama über Casanova schrieb: „Die Schwestern oder Casanova in Spa“ und Anlass für mich noch einmal „Casanovas Heimfahrt“ zu lesen.
Was die Professorin an interessanten Vergleichen gefunden hat, konnte ich nicht wiederentdecken. Aber doch so manches aus seinen Erinnerungen kam mir bekannt vor.

Und während es richtige Casanovaforscher gibt, die in seinem Werk Dichtung und Wahrheit auseinanderklamüsern, schreibt Schnitzlers selbst, dass seine Handlung frei erfunden ist:
Der alte Casanova will nach Venedig heimkehren, wird aber von seinem alten Arzt Olivo in Mantua entdeckt und zu seinem Anwesen geführt. Während seine Ehefrau Amalia am liebsten mit Casanova gleich losknattern will, egal was der Ehemann denkt, steht letztere mehr auf die junge Mathematikerin Marcelina, die ihm aber einen Korb gibt. Dass die Familie noch drei Töchter hat, dreizehn zehn und acht, wird ihn auch heiß gemacht haben. Und in der Tat wird die älteste kurz vor dem Abendessen einmal vernascht, für Casanova ist es auch kein Problem wenn er der Vater wäre.

In Wahrheit dreht sich sein Begehren aber um die unerreichbare Marcelina, die noch zudem mit einem anderen Jüngling das Bett teilt. Casanova wäre nicht Casanova, wenn er nicht trotzdem an sein Ziel kommt.

Der Ruf, den sich Casanova durch seine Memoiren selbst geschaffen hat, wird hier satirisch gespiegelt. Da ich nicht alle Bezüge erkannt habe und den Mehrwert für begrenzt halte, kann ich dieser flotten Novelle nicht mehr als 3 Sterne geben.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.05.2025
Ich lebe und ihr seid tot
Carrère, Emmanuel

Ich lebe und ihr seid tot


schlecht

schwieriges Buch

Meine Motivation für dieses Buch war, dass ich Carrère als erzählenden Sachbuchautor schätze. Seine Bücher „Das Reich Gottes“ und auch „V13“ habe ich sehr gerne gelesen. Dieses Buch jedoch ist eine Biografie über Philip Dick, den ich weder kenne noch bin ich ein Fan von Science-Fiction Literatur.

Als das Buch im literarischen Quartett besprochen wurde, gab es ein großes Chaos der Uneinigkeit. Mag ja sein, dass in diesem Werk von 1993, also über 30 Jahre alt, schon die Sinnsuche Carrères angelegt ist, aber dann lese ich doch lieber Reich Gottes. Mag auch sein, dass es für dieses Buch egal ist, ob Philip Dick je gelebt hat, aber dann muss ich dieses Buch nicht lesen.

Und so bin ich auf Seite 36 des klein und dicht beschriebenen Lesestoffs zu dem Ergebnis gekommen, dass es für mich besser ist, es beiseitezu­legen. Auf S.22 hatte ich mir noch notiert, dass Dick wegen einer Panikattacke nicht studieren konnte. Ein seltsames Leben, von dem ich kaum etwas erfahren werde. 1 Stern

Abschließend bemerke ich, dass ich es bedauere, dass Verlage lieber alte Kamelle alter Autoren publizieren als mit neuen Gesichter Neues zu wagen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2025
Halbinsel
Bilkau, Kristine

Halbinsel


sehr gut

alternativer Heimatroman

Das Schicksal wollte es , dass ich nach der Gewinnerin der Frankfurter Buchmesse nun direkt die Gewinnerin der Leipziger Buchmesse gelesen habe und dazwischen liegen Welten.

Gleich die erste Textseite zog mich in den Bann. Das Kleinkind Linn will alleine die Stufen hochsteigen, keinesfalls hochgetragen werden. Und dann folgt unmittelbar die Nachricht von Linns Schwächeanfall bei einem Vortrag in einem Hotel.

Beides erzählt die Mutter, deren Gedanken wir in diesem Roman sehr gut nachvollziehen können. Wir erleben, wie der Vortrag im Hotel sich weniger als Firmenfortbildung, sondern mehr als Protest gegen unsinnige Zertifizierung unsinniger Umweltfreundlichkeit erweist. Diese Botschaft klingt nach, auch nach Ende des Buches.

Wir erleben ferner, wie junge Menschen neue Nachbarn im Dorf werden, die das Prinzip der Nachhaltigkeit verwirklichen. Wir erfahren vom plötzlichen Tod von Linns Vater, der Einsamkeit der Mutter und ihr Ausgleich mit der vorherigen Nachbarin.
Alles hat Hand und Fuß, die Geschichte mit der Versicherung wirkt am meisten konstruiert, aber ich spoiler nicht.


Leider lebt das Buch etwas aus der Spannung, die daraus entsteht, dass Linn ihre Mutter nicht alles erzählt, obwohl niemals von etwaigen Spannungen zwischen Mutter und Tochter die Rede ist. Eigentlich hätte Linn ihre Mutter schon im Krankenhaus von ihre Motivation ihres Vortags erzählen müssen, die Mutter wäre einverstanden gewesen. Dann aber wäre das ganze Buch hinfällig. Also 4 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2025
Hey guten Morgen, wie geht es dir?
Hefter, Martina

Hey guten Morgen, wie geht es dir?


schlecht

Buchpreis für Grundschulniveau

Wenn ich nicht die Bewertungen meiner Vorhergehenden gelesenen hätte, würde ich ja an meinem Literaturverständnis zweifeln. Von den sechs Büchern der Shortlist habe ich jetzt vier gelesen, nur Othmann „Vierundsiebzig“ hat mich überzeugt. Maren Kames „Hasenprosa“ und Clemens Meyer „Die Projektoren“ haben mir missfallen und auch dieser Siegertitel kann wirklich nicht überzeugen. Ich fordere den Videobeweis für Literatur, so viele kritische Bewertungen können doch nicht irren.

Übrigens auf der Longlist haben mir einige Bücher gut bis sehr gut gefallen: Nora Bossong „Reichskanzlerplatz“, Zora del Buono „Seinetwegen“,Michael Köhlmeier „Das Philosophenschiff“, Daniela Krien „Mein drittes Leben“ und Stefanie Sargnagel „Iowa“.

Als das Buch von del Buono im literarischen Quartett besprochen wurde, fragte Thea Dorn, ob die Beschreibung der Schweizer Stadt Glarus noch Literatur sei. Immerhin lernt die Leserin etwas.
Bei Hefter klingt der kluge Teil so: „Sternbilder waren eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Mythologie. Sie zeigen die rührende Phantasie der Menschen genauso wie ihr enormes Wissen. Man nutzte die Sternbilder zur Navigation und erforschte ihre einzelnen Sterne, manche waren noch ganz jung, manche uralt.“ (33) Wenn ich jetzt sage, dass dieses Grundschulniveau der Astronomie ein Höhepunkt des Buches war, wird jeder verstehen, dass es mir missfallen hat.

Peter Handke hat einmal die Startaufstellung des 1.FC Nürnberg in sein Buch aufgenommen, Literatur ist also alles Schriftliche. Aber sind Chats lesenswert und fast die Hälfte des Buches besteht daraus. Erst erhöhe ich das Lesetempo.
Als ich aber auf Seite 61 folgendes gelesen habe, dachte ich es wird Zeit die Segel zu streichen:
„Ich rauch Gras, das entspannt.
Du solltest auch Gras rauchen.“

Bis zum Ende des Kapitels auf S.63 habe ich noch durchgehalten, weiter nicht. 1 Stern.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.