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Miro76
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 07.10.2024
Okaye Tage
Mustard, Jenny

Okaye Tage


sehr gut

Eigentlich liebt Sam Luc schon seit vielen Jahren, als sie sich auf einer Party in London zufällig wiedertreffen. Und es funkt sofort zwischen den beiden. Genau wie damals als Sam als Austauschschülerin schon mal in London war. Jetzt ist sie für einen Sommer hier und macht ein Praktikum bei einer Werbeagentur. Sam und Luc stürzen sich kopfüber in eine Beziehung, die von Anfang an ein Ablaufdatum hat, denn eine Fernbeziehung wollen beiden nicht.

So ist es nicht verwunderlich, dass Luc seine Alltagsroutinen aufgibt, sein Training vernachlässig und mehr trinkt und feiert als gut für ihn ist. Es ist ja nur für einen Sommer. Dann wird eh alles wieder wie es war.

Getrennt geht es allerdings beiden schlecht und so kommt es zu einem Wiedersehen in Griechenland, dass zu einer festen Beziehung führt. Sam zieht endgültig nach London und die beiden finden sich in einer schrecklich kleinen Wohnung wieder, haben notorisch zu wenig Geld und verlieren sich im Alltag. Ihre Charaktere sind einfach zu verschieden, zu viele Kompromisse müssen eingegangen werden. Leicht ist das nicht, aber kann es trotzdem klappen?

Jenny Mustard hat hier einen halbwegs realistischen Liebesroman geschrieben. Sie zeigt auf, dass es mehr braucht, als Liebe auf den ersten Blick, damit man ein Leben teilen kann. Und sie zeigt auf, dass es einen Unterschied macht, ob man sich für einen Sommer aufeinander einlässt, oder für ein ganzes Leben. Diese zwei Menschen hier wirken recht authentisch. Sam und Luc gibt es bestimmt irgendwo da draußen und es gibt sie vermutlich in den verschiedensten Varianten. Die einen schaffen es, die anderen nicht. Beides ist möglich.

Bewertung vom 05.10.2024
Nachtschwarze Worte / Liga Lexis Bd.1
Enders, Mo

Nachtschwarze Worte / Liga Lexis Bd.1


ausgezeichnet

Annie liebt Bücher und so richtig wohl fühlt sie sich nur lesend in einer großen Bibliothek. Zum Glück ist ihre Mutter Bibliothekarin und so verbringt Annie viel Zeit zwischen ihren Lieblingsbüchern. Ein Buch hat es ihr besonders angetan: Silberkorn und wenn sie darin versinkt, kann es passieren, dass sie plötzlich verschwindet.

Wieso das passiert erfährt sie, als plötzlich zwei Männer zuhause auftauchen und ihr erklären, dass sie kein Mensch sondern eine Migra ist. Also eine halbe Buchfigur und sie scheint beträchtliche Kräfte zu haben, denn es ist schwer für eine Migra nur in der Menschenwelt zu leben.

Annie wusste, dass sie adoptiert wurde und dass ihre Mutter sie in Irland abgeholt hatte. Nun darf sie etwas mehr über ihre Wurzeln erfahren, denn sie soll auf Bookford Manor zu Schule gehen. Die Schule für Migras, wo sie lernen in ihre Lieblingsbücher zu reisen und die Buchwelt zu beschützen. Doch der Einstieg dort ist nicht ganz einfach. Ihr Name ist in der Buchwelt nicht unbekannt und so sieht sich schnell einer Wand aus Misstrauen gegenüber. Als auch noch Caspian de Vries ihr auf dem Weg in die Buchwelt beistehen soll, breitet sich Angst in ihr aus, denn sein Vater ist der Chef der Liga Lexis, quasi der CIA der Buchwelt.

Mo Enders hat hier den Start in eine spannende Geschichte vorgelegt. Das Buch liest sich fast atemlos, denn Zeit für längere Erläuterungen findet sich nicht. Die Handlung galoppiert rasant dahin. Vieles müssen wir als Leser*innen einfach hinnehmen, weil mit Zeitsprüngen und Auslassungen nicht gespart wird. Hier hat es sich die Autorin manchmal ein bisschen zu einfach gemacht, denn plötzlich sind drei Wochen vergangen und alles läuft wieder wie geschmiert. Das hohe Tempo bringt einerseits Spannung, zeigt aber auch auf, dass die Geschichte auf wackeligen Beinen steht. Das Fundament könnte schon ein bisschen besser auserzählt sein. Außerdem bedient sich die Autorin schamlos bei Tintneherz und Thursday Next. Aber da ich beide Reihen liebe, stört mich das nicht besonders.

Ich habe diesen Reihenauftakt sehr gerne und in kürzester Zeit gelesen und freue mich auf Band 2, der im Frühjahr erscheint. Vielleicht klärt sich da dann die eine oder andere offene Frage. Ich gebe auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung an alle die Bücher und Fantasy lieben!

Bewertung vom 22.09.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Es ist ein ganz normaler Wochentag, der Lindas Leben für immer verändert hat. Ihr Tochter Sonja wurde von einem abbiegenden LKW übersehen und überfahren. Sie starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus, während Linda ein geschäftliches Telefonat führte und nicht einmal den kleinsten Stich im Herzen fühlte.

Sie waren eine glückliche Familie; Linda, Richard und Sonja mit den Patchworkindern Ylvie und Arvid. Doch nun ist alles zerbrochen. Das Leid hat die Liebe aufgefressen und zwei Jahre später kann Linda noch immer nicht nach vorne schauen, während sich Richard langsam aus dem Abgrund kämpft. Heilung braucht Zeit und verläuft nie linear und immer anders.

Also trennt sich Linda auch von Richard und zieht sich auf einen halb verfallen Bauernhof in einem Dorf am Ende der Welt zurück. Dort übernimmt sie Hund und Hühner von der Vorbesitzerin und beginnt sich in die Gartenarbeit zu stürzen. Das tägliche Werk mit den Händen hilft ihr an vielen Tagen und der Hund verlangt seine Spaziergänge. Doch an manchen Tagen gelingt es Linda nicht, das Bett zu verlassen.

Dieser völlig Rückzug birgt den Nährboden für Lindas Narben und ganz langsam beginnt auch Linda zu heilen. Es braucht wieder einen Anstoß, damit sie sich dem Leben wieder zuwenden kann, aber Linda steht nicht allein. Es gibt Menschen, die ihr beistehen und es kommt auch wieder eine Zeit, in der Linda jemandem beistehen kann.

Daniela Krien hat mit diesem Roman ein sehr emotionales Buch verfasst. Der erste Teil ist wirklich hart zu lesen, denn der Sog des Leides zieht mich auch als Lesende mit sich in den Abgrund. Es ist schwer zu ertragen. Doch ganz langsam ändert sich das Gefühl beim Lesen und mit Lindas Heilung werden auch die Zeilen des Romans leichter. Und auch wenn das Leben weiteres Leid für Linda parat hält, ist das Ende hoffnungsvoll. Es gibt einen Weg und es gibt eine Zukunft. Linda wird nie wieder dieselbe sein, sie wird auch nie wieder eine Mutter sein. Doch sie wird eine Frau sein, die sich ihren Abgründen stellen kann und mehr Kraft und Stärke in sie trägt, als sie je für möglich gehalten hätte!

Bewertung vom 20.09.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


gut

Marnie hat eine unangenehme Ehe hinter sich und hat sich während der Pandemie immer mehr in ihre Wohnung zurückgezogen. Selbst ihr Büro ist Zuhause. Auch Michael geht nicht mehr gerne aus, seit seine Ehe gescheitert ist. Das einstige Traumpaar konnte den unerfüllten Kinderwunsch nicht verkraften und nun datet seine Frau einen anderen Kerl und möchte die Scheidung.

Nur Cleo hat die Hoffnung für beide noch nicht aufgegeben und organisiert einen mehrtägigen Wandertrip im Norden Englands. Michael möchte von Küste zu Küste wandern und die anderen sollen ihn drei Tage lange begleiten. Die erste Teilnehmerin ist gar nicht erst aufgetaucht, der Zweite verabschiedet sich nach nur einer Nacht und auch Cleo und ihr Sohn brechen vorzeitig ab. Der schwere Regen macht das Wandern nicht gerade zum Vergnügen. Nur Marnie findet irgendwie Gefallen daran und verlängert Tag für Tag.

Das gemeinsame Gehen ist ein perfekter Nährboden für tiefgreifende Gespräche und langsam gelingt es beiden sich zu öffnen. Sie fühlen sich auch zueinander hingezogen, aber diverse widrige Umstände verhindern fast in shakespearscher Manier ein Zusammenkommen. Wirrungen und Verwirrungen machen es den beiden nicht leicht und Enttäuschungen sind die Folge. Ein bisschen dreht sich hier alles im Kreis und das fand ich manchmal etwas anstrengend. Den Figuren fehlt hier die Raffinesse, die ich an den anderen Büchern geliebt habe. Sie wirken etwas blass und dem Humor fehlt die Subtilität. Ich fühlte mich etwas zu sehr mit der Nase in die Dinge gestossen. Das macht mir auch wenig Freude.

Das Buch liest sich natürlich locker leicht, konnte mich aber nicht so begeistern wie die Vorgänger des Autors. Für meinen Geschmack ist das sein schwächstes Buch. Daher habe ich mich für 3 Sterne entschieden.

Bewertung vom 15.09.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


ausgezeichnet

Jane ist in prekären Verhältnissen aufgewachsen. Ihre Mutter ist Alkoholikerin und schafft es nicht einer geregelten Arbeit nachzugehen. Um vor den wechselnden Bettgefährten ihrer Mutter zu fliehen, verschanzt sich Jane häufig im lila Haus an der Klippe, das seit Jahren leer steht und einen besonderen Sog auf Jane ausübt.

Jane ist intelligent und belesen und so ist es kein Wunder, dass sie mit Stipendium studiert und schließlich ihren Traumjob in der Schlesinger-Bibliothek in Harvard ergattert. Sie dokumentiert dort Frauengeschichten. Privat lernt sie David kennen und lieben und führt ein beschauliches Leben. Nur der Kinderwunsch ihres Mannes beunruhigt sie.

Doch hinter den Kulissen steht es leider ganz anders um Jane und als dann auch noch ihre Mutter stirbt, eskaliert alles. Nach und nach erfahren wir, dass auch Jane dem Alkohol verfallen ist und nach dem Tod der Mutter verliert sie die Kontrolle. Ihr Leben bricht zusammen. Sie verliert ihren Job und ihren Mann aufgrund eines unverzeihlichen Fehlers.

Zurück in Awadapquit versucht sie ihr Leben wieder in Griff zu bekommen. Immer noch glaubt sie, das allein schaffen zu können, doch auch diesen Fehler wird sie schließlich korrigieren.

Sie beginnt rund um das Haus an der Klippe zu forschen. Die neue Besitzerin fühlt sich von Geistern heimgesucht und möchte mehr über die Umstände erfahren. So lernen wir Eliza kennen, die bei den Shakern - eine Untergruppierung der Quäker - aufgewachsen war und mit Hannah und deren Kindern dort lebt. Und wir erfahren viel über die Native Americans, denn die Stelle an den Klippen war ein heiliger Ort für sie. Das Haus wird zum Anker einer vielstimmigen Geschichte, in der Frauen zu Protagonistinnen werden. Sie alle mussten Leid erdulden, sich Widrigkeiten stellen und sich ihren Weg erkämpfen. Die vielen Nebengeschichten sind gut recherchiert und toll ausgearbeitet. Das macht das Buch zu einem spannenden Beitrag über die Geschichte Maines. Es ist lehrreich, ohne dabei belehrend zu sein.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und die Frauen von Maine sind mir ans Herz gewachsen. J. Courtney Sullivan hat mehrere Porträts quer durch die Geschichte zum einem Roman verbunden und lässt die verschiedensten Stimmen zu Wort kommen.

Eine bereichernde Lektüre!

Bewertung vom 15.09.2024
Verlassene Nester
Hempel, Patricia

Verlassene Nester


sehr gut

Pilly ist 13 Jahre alt, lebt allein mit ihrem Vater und bemüht sich sehr, sich mit Katja anzufreunden. Die ist das Alphaltier in der Schule. An ihrer Seite wird man nicht gemobbt.

Doch da ist auch noch Bine, die Katja für sich allein haben will und quertreibt, wo immer das möglich ist. Eine gleichberechtigte Freundschaft ist es nicht, die sich da zwischen den drei Mädchen entspinnt.

Es ist eine verwirrende Zeit, in der Pilly erwachsen werden muss und ihre abwesende Mutter und ihr trinkender Vater machen es ihr nicht gerade leichter. Doch sie hat ihre Tanten, die zumindest teilweise versuchen, die Mutter zu ersetzen und Frau Klinge nimmt sich ihrer an, als Ersatz-Oma.

Wir lesen die Geschichte in wechselnden Perspektiven und das macht den ersten Teil sehr anstrengend. Es gibt keine stringente Handlung und es werden sehr viele Leute aus dem Dorf vorgestellt. Als Leser*in fühlt man sich da leicht überfordert, denn es ist nicht einfach den Überblick zu behalten. Im zweiten Teil wird das zwar besser, aber überladen bleibt der Text trotzdem irgendwie, denn es werden unglaublich viele Themen angerissen.

Ich denke, die Autorin wollte ein umfassendes Bild der Gesellschaft und des Lebens unmittelbar nach der Wende schaffen. Das ist ihr auch sehr gut gelungen. Wir lesen hier einen atmosphärisch sehr interessanten Roman. Man spürt die Verlorenheit der Menschen, deren Perspektiven abgeschafft wurden und die nicht wissen, wie es weitergehen soll. Sie sehen sich dem Ausverkauf ihres Dorfes gegenüber und wurden nie gefragt, was sie sich eigentlich wünschen. Die Fabrik wurde zugesperrt, Arbeit gibt es kaum oder nur in der Ferne. Viele sind abgewandert und was wird aus denen, die zurückbleiben?

Die Autorin widmet sich außerdem den Themen Bespitzelung, Fremdenhass, Vandalismus und vor allem den Auswirkungen des kapitalistischen Systems, das akkurat implementiert wurde. Leider schafft es die Autorin nicht, diese Flut an Themen ausreichend auszuführen und so fühlte ich mich am Ende etwas betrogen. Viele Fäden verlieren sich im Nichts. Es stört mich prinzipiell nicht, wenn das Ende offen bleibt, aber hier ist die Flut an losen Fäden einfach zu groß. Die Geschichte wirkt dadurch etwas zerfasert.

Dennoch habe ich mich für vier Sterne entschieden, weil die Autorin ein glaubhaftes Bild der frühen 90er Jahre in der ehemaligen DDR mit all ihren Wirrungen zeichnet. Dieser Roman hat mich ordentlich zum Nachdenken angeregt und heftige Diskussionen angestossen. Daher empfehle ich dieses Buch trotzdem!

Bewertung vom 08.09.2024
Die Abschaffung des Todes
Eschbach, Andreas

Die Abschaffung des Todes


sehr gut

James Windover ist am Zenit seiner Karriere. Er bringt seine eigenen Zeitung genau nach seinen Vorstellungen heraus. Eine Zeitung die berichtet, aber nicht bewertet. Und seine Zielgruppe ist speziell. Nur wer wirklich zu den Reichsten zählt, kann sich für ein Abo bewerben und nur wenn alle andern Abonnenten zustimmen, darf diese Person für eine Million Euro im Jahr die Windover News beziehen.

Um so objektiv zu berichten braucht die Zeitung Spezialisten aller Art zur Recherche. Wer, wenn nicht das Team von James Windover soll also das Rätsel entschlüsseln, dass im Silicon Valley präsentiert wurde: ein weiteres "Manhattan Project", das sich zum Ziel setzt in 10 Jahren den Tod abzuschaffen.

In der ersten Hälfte des Buches steht James Windover im Zentrum der Geschichte und seine Biografie. Dass sein Vater im Sterben liegt, als er von dem Projekt erfährt, soll wohl seine anfängliche Begeisterung dafür anfachen. Fast hätte James seine eigenen Prinzipen über Bord geworfen, aber da er ein selbstbewusstes Team um sich gescharrt hat, findet sich immer rechtzeitig jemand, der ihn wieder auf den richtigen Weg bringt. So stellt er sich einer Recherche, deren Ausgang er sich eigentlich anders wünscht und entdeckt eine spannende Geschichte.

Erst da beginnt der Thriller und James findet sich in einer wilden Verfolgungsjagd quer durch Europa, die einem James Bond in nichts nachsteht. Das Ende kommt dann ein bisschen anders als erwartet, aber nicht unrealistisch. Das hat mir dann erstaunlich gut gefallen. Und für James natürlich wieder untermauert mit einem Erlebnis aus der eigenen Biografie.

Die Recherche zu diesem Buch war bestimmt aufwendig, denn der Autor musste sich mit Neuroanatomie, Neuropsychologie, Genetik und Nanotechnik auseinandersetzen. Das wollte er dann wohl auch unbedingt in seinem Buch unterbringen. Die erläuternden Anteile der Geschichte finde ich etwas zu ausufernd und hätten mich das Buch fast abbrechen lassen. Die ersten 200 Seiten fand ich streckenweise schon sehr langatmig. Es dauert ein bisschen, bis diese Geschichte Fahrt aufnimmt. Dann wird sie allerdings sehr spannend und ich konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Daher habe ich mich dann doch für 4 Sterne entschieden. Durchhalten lohnt sich hier definitiv!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.08.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


ausgezeichnet

Es sind die 90er Jahre, als die Sache mit Rachel passierte und die Leben von einigen Menschen veränderte. Rachel ist gerade mit ihrem neuen besten Freund James in ihre erste WG gezogen. Irland ist von der Wirtschaftskrise gebeutelt und in Rachel und James sind immer knapp bei Kasse. Doch sie genießen ihre gemeinsame Zeit und ihre Freundschaft.

Rachel steht auf ihren Literaturprofessor und schafft es, eine Lesung zur Erscheinung seines Buches zu organisieren. Da möchte sie ihm Näherkommen. Doch da kommt alles komplett anders als erwartet und Rachel wird notgedrungen zur Geheimnisträgerin, bis die ganze Sache eskaliert.

Rachel und James sind ziemlich dick miteinander. Fast könnte man meinen, sie können gegenseitig Gedanken lesen. Da bleibt kaum mehr Platz für einen Lover. Als James Carey in Rachels Leben tritt, trifft sie die Liebe zwar mit voller Wucht, aber sie sagt ihm auch gleich, sie hat schon einen James; sie kann ihn nur Carey nennen. Die Prioritäten werden nicht verschwiegen, auch wenn Rachel später sagt, sie hätte das nie so gemeint.

Und wie das Leben so spielt, trennen sich die Wegen von James und Rachel doch irgendwann, denn James kann ein Angebot nicht ausschlagen und Rachel muss nun allein ihren Weg gehen. Doch das gehört zum Erwachsenwerden einfach dazu.

Mir hat diese Freundschaft sehr gut gefallen. Die beiden geben sich Halt, wenn Not herrscht und lassen sich die Freiheit zur Entwicklung. Ihre Gespräche sind durchwegs humorvoll und mit gefällt, wie sie ihr Leben einfach leben. Sie sind jung, nicht alle Entscheidungen müssen vernünftig sein. Sie machen Fehler, lernen daraus und entwickeln sich weiter. Somit haben wir es hier mit einem Comnig-of-Age Roman zu tun mit einem besonderen Fokus auf eine Freundschaft fürs Leben.

Das Buch liest sich leicht, die Geschichte kennt zwar manche Träne, kommt aber ingesamt recht locker daher. Mir hat das Buch rundherum gut gefallen, Rachel und James sind mir sehr sympathisch und mir gefällt, was aus ihnen geworden ist. Schlußendlich hatten beide Glück im Leben, auch wenn es zwischendurch manchmal anders ausgesehen. Aber so ist eben das Leben.

Bewertung vom 29.08.2024
Scandor
Poznanski, Ursula

Scandor


sehr gut

Scandor ist ein völlig neuartiger Lügendetektor, dem wirklich nichts entgeht. Um ihn zu testen, veranstaltet die Firma einen Wettbewerb, dem sich 100 Teilnehmer*innen stellen. Wer lügt, fliegt raus und wer übrig bleibt, wird mit 5 Millionen Euro belohnt.

Das klingt ja ganz interessant, dachte Philipp, dem eine Eintrittskarte in Form einer Münze zugespielt wurde.

Doch ganz so einfach wird es nicht, denn auch die Teilnehmer*innen verpflichten sich einen Einsatz zu setzen. Sie müssen sich ihrer allergrößten Angst stellen, wenn sie rausfliegen. Quasi um die Motivation zu erhöhen. Für Philipp, der unter ausgeprägter Thalassophobie leidet, heißt das unter einem Steg durchzutauchen, wo fast ein Schulkollege ertrunken wäre. Dabei sträuben sich ihm schon die Haare, wenn er sich nur in eine Badewanne legen muss.

Auch Tessa hat einen heftigen Einsatz. Sie muss ein Jahr lang die Assistentin ihres verhassten Onkels sein, dem sie die Münze gestohlen hat.

Eröffnet wird der Wettbewerb mit einer Gala, wo sich Tessa und Philipp kennenlernen. Der letzte Abend, um noch mal kräftig zu lügen, bevor der Countdown startet. Leider kann man sich nicht zuhause einigeln, um so lange wie möglich durchzuhalten, denn wenn man das macht, bekommt man einen Auftrag vom Spiel. Also heißt es, jedes Wort abwägen und prüfen auf den Wahrheitsgehalt. Das ist ein sehr spannender Aspekt dieses Romans, denn da wird einem erst klar, wie oft man nicht die Wahrheit sagt. Als einfaches Beispiel fand ich das Bestellen im Lokal spannend, denn man bestellt nicht immer das was man wirklich möchte. Philipp hätte eigentlich gerne ein Bier gehabt, verkneift sich das aber, weil er nüchtern bleiben will. Somit darf er nicht mit "ich möchte" bestellen. Das sind die Kleinigkeiten, die den Alltag wahnsinnig anstrengend machen, nicht unbedingt die großen Gespräche.

Und dann steckt natürlich etwas mehr hinter diesem ganzen Szenario. Als Leser*innen erkennen wir das schnell, nur wissen wir lange nicht, was das sein könnte. Kleine Ungereimtheiten fallen auf und beginnen sich zu häufen. Die Zweifel nehmen dann auch bei Tessa und Philipp zu, die eine Weile als Team agieren und sich dann im letzen Showdown gegenüberstehen. Doch da erfahren wir auch das große Ganze und ich finde auch die Geschichte hinter dem Plot sehr spannend.

Das Buch liest sich locker flockig, wie es bei einem Jugendbuch sein soll. Es gibt Spannung, etwas Mystery, Liebe und Rache. Herz, was willst du mehr! Mich hat das Buch hervorragend unterhalten!

Bewertung vom 20.08.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Reza ist 10 Jahre alt, als seine Eltern mit ihm aus dem Iran fliehen. Sie stranden in Bochum, in einer Hochhaussiedlung, die vor Armut strotzt und nach Eintopf riecht. Wo Gewalt auf den Straßen zum Alltag gehört und "Eigentumsdelikte eine Lebenseinstellung" sind.

Rezas Eltern stecken fest im Kulturschock. Ihre Abschlüsse werden nicht anerkannt und so bleibt dem Vater das Taxi fahren und stundenweise Arbeit in einem Kiosk. Die Mutter versucht es nochmal mit dem Soziologiestudium, das ihr nicht angerechnet wurde. Nur Reza weiß nicht wirklich wohin mit sich. Er hängt auf der Straße ab und macht sich die Gewalt zu eigen. Seine Wut wird immer größer. Wut auf ein Leben dazwischen, wo sich eine Tür geschlossen hat, die andere aber niemals richtig aufgeht. Wut auf ein Umfeld, dass an keine Zukunft glaubt und Wut auf einen Vater der trotz allem an seinem Stolz festhält.

Kahni beschreibt die Situation der Einwanderer in den 90er Jahren sehr eindringlich und schonungslos. Wir sehen klar, dass sich hier kaum Chancen eröffnen, dass es eine gute Portion Glück braucht, um dem Druck der Straße zu entkommen. Auch Reza wäre fast auf die schiefe Bahn geraten. Er hatte das nötige Quentchen Glück und wohl doch auch ausreichend Verstand. Doch immer wieder lesen wir in Nebensätzen, was aus den Menschen seiner Umgebung wurde. Der eine Freund sitzt im Knast, der andere hatte Kugeln in der Brust nach einem missglückten Raubüberfall. Und so ganz nebenbei erfahren wir auch, dass aus Reza schließlich ein Schriftsteller wird. Genau wie sein Vater.

Zuhause wird er sich wohl nie in Deutschland fühlen, aber die Sprache hat er sich zu eigen gemacht.

Stilistisch ist das Buch wahrlich großartig. Der Autor findet Metaphern, die so pointiert sind, dass sie wie Speerspitzen unser behütetes Weltbild aufbrechen. Er hält der Gesellschaft den Spiegel vor und will damit aufmerksam machen, dass hier Menschen leben, die mehr wollen als dankbar für den Frieden zu sein.

Dieses Buch hat mich regelrecht vom Hocker gehauen. Von der ersten Seite an konnte mich der Autor fesseln. Ich liebe seine Sprache, die mal fast poetisch, mal straßenhart daherkommt. Und ich mag Rezas Geschichte, die mich ein ums andere Mal überraschen konnte. Sie hat meinen Blick wieder ein Stückchen weiter geöffnet für die Hürden mit denen Menschen mit Migrationshintergrund zu kämpfen haben.