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Webervogel

Bewertungen

Insgesamt 81 Bewertungen
Bewertung vom 03.01.2025
Die Sendung mit dem Elefanten - Schütteln, pusten, lachen - Mein Mitmachbuch

Die Sendung mit dem Elefanten - Schütteln, pusten, lachen - Mein Mitmachbuch


ausgezeichnet

Großer Spaß für kleine Bilderbuchfans

Mitmachbücher für Kleinkinder gibt es viele – dieses sticht positiv aus der Menge hervor. Zum einen, weil der blaue Elefant als bekannter Sympathieträger zusammen mit seinem Freund, dem rosa Hasen, auf jeder Seite mit von der Partie ist, zum anderen, weil es auch ein paar Mitmachaufforderungen gibt, die nicht in jedem anderen Buch dieser Art auch zu finden sind. Natürlich wiederholt sich trotzdem vieles, aber das ist der Zielgruppe egal – zumindest meine Kinder waren begeistert. Die Illustrationen mit Elefant und Hase sind niedlich, klar gezeichnet und schnell zu erfassen. Außerdem ist das Buch schön bunt - selbst die Worte Elefant und Hase sind konsequent blau bzw. rosa eingefärbt. Die vier Ausmalseiten am Ende hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber sie stören auch nicht. Insgesamt ein großer, interaktiver Spaß für kleine Bilderbuchfans.

Bewertung vom 27.12.2024
Die Sendung mit dem Elefanten - Meine Kindergartenfreunde

Die Sendung mit dem Elefanten - Meine Kindergartenfreunde


sehr gut

Abwechslungsreiches Freundebuch für die Kleinsten

Dieses Freundebuch ist kinderleicht auszufüllen. Um Namen, Adresse, Geburtstag, Kindergarten-Gruppennamen und Berufswunsch einzutragen, brauchen die Kleinen noch Hilfe, doch Hobbys, Lieblingsessen, Alter und Jahreszeit können schon fast alleine angegeben werden. Charmant: Ganz am Ende des Buches haben Elefant und Hase als Freunde der Buchbesitzerin oder des Buchbesitzers auch selbst jeweils eine Doppelseite gestaltet. Nach drei Freunde-Steckbriefen folgt immer etwas Abwechslung; es können zum Beispiel Zeichnungen vervollständigt und ausgemalt oder Hasen und Elefanten gezählt werden. Darüber hinaus laden Suchbilder zum Rätseln ein und Platz für Fotos sowie einen Geburtstagsüberblick gibt es auch noch. Ein niedliches Album; abwechslungsreich, aber nicht überfrachtet. Für Elefant-und-Hase-Fans lässt es kaum Wünsche offen.

Bewertung vom 27.12.2024
Die Sendung mit dem Elefanten - Mein elefantastisches Wimmelbuch

Die Sendung mit dem Elefanten - Mein elefantastisches Wimmelbuch


sehr gut

Gute-Laune-Wimmelbuch

Ein Wimmelbuch mit Elefant und Hase – meine Kinder lieben es. Es gibt viel zu entdecken und auf jeder Seite sind sechs Tiere oder Gegenstände auf Deutsch und Englisch benannt, die es zu suchen gilt – gar nicht immer so einfach! Elefant und Hase sind in vielen Alltagsszenen zu sehen, die zum Gespräch anregen: im Park, in der Stadt, zu Hause, am Badesee und im Schnee. Kleiner Wermutstropfen: Wer die Wimmelbücher mit Maus, Elefant und Ente kennt, könnte ein klitzekleines bisschen enttäuscht sein. Sie sind einfach noch detaillierter und liebevoller ausgestaltet und erzählen darüber hinaus sowohl innerhalb der Bilder als auch im Verlauf des Buches kleine Geschichten; bei Elefant und Hase gibt es dagegen eher zusammenhanglose Aneinanderreihungen von Szenen. Aber vielleicht fällt mir das als Erwachsener eher auf, von meinen Kindern habe ich bislang keine Beschwerde gehört. Ein Gute-Laune-Wimmelbuch.

Bewertung vom 04.10.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


weniger gut

Viel Übernatürliches, wenig überzeugende Handlung

Wie so viele andere hat mich „Die Mitternachtsbibliothek“ absolut begeistert. Schon seit Langem wollte ich mal wieder etwas von Matt Haig lesen, nun war es endlich soweit.

„Die Unmöglichkeit des Lebens“ begann in meinen Augen vielversprechend: Grace Winters ist eine verwitwete, pensionierte Mathematiklehrerin, die sich schon lange jedes Vergnügen versagt. Der Tod ihres Sohnes Daniel, noch im Kindesalter, hat sie ihrer Lebensfreude beraubt, der ihres Mannes vor wenigen Jahren sein Übriges dazu beigetragen. Grace Winters ist selbstgewählt einsam und ihre Tage verlaufen ziemlich monoton. Das ändert ein unerwartetes Erbe: Eine ehemalige Kollegin hat Grace ihr Häuschen auf Ibiza vermacht und einer überraschenden Laune folgend fliegt diese kurzentschlossen dorthin. Dass das ihr Leben grundlegend verändert, erfährt man bereits auf den allerersten Seiten, denn der Roman beginnt mit zwei Briefen: Graces früherer Schüler Maurice schreibt ihr, weil sie immer nett zu ihm war und er gerade in einer schwierigeren Lebensphase ist. Und sie antwortet ihm sehr herzlich und schickt ihm außerdem im Anhang ihre Geschichte mit – mit der Bemerkung, dass sie nie an Magie geglaubt hat und sich daran auch nichts geändert hätte. Nun ja.
Zauberstöcke und -sprüche kommen in Graces Geschichte vielleicht nicht vor, aber übernatürliche Aktivitäten spielen in „Die Unmöglichkeit des Lebens“ eine entscheidende Rolle, und zwar in einem Ausmaß, der mich immer wieder aufs Neue überrascht hat. Mit einem Hauch von Unerklärbarem hätte ich gut leben können. Aber hier steht das Paranormale dermaßen im Vordergrund, dass ich stellenweise das Gefühl hatte, es geht nur noch darum und die Handlung bleibt komplett auf der Strecke. Grob gesagt sind Matt Haigs Themen Umweltschutz, Ibiza und die Verarbeitung von persönlichen Traumata und Schuldgefühlen. Er verbindet sie mit einem ziemlich großen Schuss Übernatürlichem, auf den ich nicht näher eingehen will, um nicht zu viel vorwegzunehmen. Überzeugt hat mich das Ganze nicht.
Zwar schreibt Matt Haig gewohnt großartig, behutsam und empathisch über menschliche Empfindungen und formuliert auch in diesem Roman wieder Lebensweisheiten, die ich mir am liebsten abgeschrieben hätte. Aber die Handlung ist in meinen Augen zunehmend wild zusammengeschustert und wird eigentlich nur durch die übernatürlichen Phänomene zusammengehalten. Da passt dann auch einiges nicht so recht zueinander.

Als ich mit dem Buch begann, war ich davon überzeugt, dass ich es toll finden würde und musste mir dann irgendwann eingestehen: nö. Aber es war sicher nicht mein letzter Roman von Matt Haig – neues Buch, neues Glück?

Bewertung vom 05.09.2024
Kuckuck, Kacka!
Kugler, Christine

Kuckuck, Kacka!


sehr gut

Fröhlich und farbenfroh

Kleinkinder lieben Pappbilderbücher mit Schiebern und das Thema "Kacka" ist im Alltag von Zweijährigen ebenfalls sehr präsent. Insofern ist bei "Kuckuck, Kacka!" der Erfolg eigentlich schon vorprogrammiert. Die Illustrationen sind außerdem bunt und niedlich und die Reime zu den einzelnen Figuren leicht verständlich. Dass einfach ALLE Kacka machen - vom Monster bis zur Meerjungfrau - kommt als Thema ebenfalls gut an. Kleiner Wermutstropfen: In dieser Altersgruppe sind Roboter, Einhörner, Geister, Drachen usw. noch gar nicht soooo präsent wie später. Zumindest in unseren sonstigen Kinderbüchern spielen Fabelwesen noch keine große Rolle, da geht's mehr um Bauernhöfe, Alltagsszenen, Wimmelbilder, Jahreszeiten und wilde Tiere. Wie das Alpaka Kacka macht interessiert tendenziell mehr als der gleiche Vorgang beim Gespenst - was aber durch die Schiebeeffekte fast wieder wett gemacht wird. Insgesamt ein süßes, fröhliches und farbenfrohes Buch.

Bewertung vom 25.08.2024
Sobald wir angekommen sind
Lewinsky, Micha

Sobald wir angekommen sind


sehr gut

Selbstfindung in Brasilien

Ben Oppenheim ist Ende vierzig, semi-erfolgreicher Schriftsteller, nicht praktizierender Jude, lebt in Zürich und von seiner Ehefrau Marina getrennt. Er hat zwei Kinder, eine Geliebte und jede Menge Selbstzweifel. Als der Krieg in Osteuropa jedoch näher zu rücken scheint und Marina und er den Ausbruch des dritten Weltkriegs befürchten, sind sich beide für einen Moment ihrer Sache ganz sicher. Kurz darauf sitzen sie mit Kindern und Gepäck im Flugzeug nach Brasilien – in das Land, in das schon Bens Vorbild Stefan Zweig auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten emigriert ist. Für einen Moment scheint alles möglich, doch dann muss Ben feststellen, dass er seine Unsicherheiten und Probleme nicht in Zürich zurückgelassen hat.

Wäre die Hauptfigur nicht schon fortgeschrittenen Alters, wäre ich glatt versucht, diesen Roman mit „Coming of Age“ zu beschreiben. Doch Ben ist längst erwachsen. Eventuell befindet er sich in einer Midlife-Crisis, doch die Ängste, mit denen er kämpft, scheinen ihn bereits den Großteil seines Lebens zu begleiten und werden von ihm gerne auf seine jüdische Herkunft und die Last der Geschichte zurückgeführt – Bens Reflektionen hierzu haben mich zum Teil berührt und zum Teil überfordert. Paradoxerweise sind diese Ängste sowohl mit extremer Selbstkritik als auch der Gewohnheit, die Schuld bei anderen zu suchen, gepaart. Da der Erzähler Bens Innenleben und Gedanken minutiös enthüllt, bleibt Leserinnen und Lesern wenig erspart: Seine Larmoyanz ist allgegenwärtig und nur erträglich durch die glücklicherweise ebenfalls vorhandene Selbstironie und die pointierte Sichtweise auf das Leben. Als seine Ex zu ihm sagt: „Je schlechter es dir geht, desto lustiger bist du“ antwortet Ben zum Beispiel: „Ohne Deine Hilfe könnte ich das nicht.“
Der Humor und die Neugier darauf, ob und wie Ben sein Leben in den Griff kriegt, haben mich bei der Stange gehalten. „Sobald wir angekommen sind“ liest sich kurzweilig, auch wenn die Hauptfigur einem ein gewisses Maß an Geduld abverlangt. Etwas ratlos, was ich aus diesem Roman eigentlich mitnehme, bleibe ich am Ende dennoch zurück.

Bewertung vom 06.08.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Verschlungene Pfade

Liebesromane lese ich eher selten und hätte dieses Buch daher fast verpasst. Und das wäre ziemlich schade gewesen, denn zum einen ist „Man sieht sich“ viel mehr als eine Liebesgeschichte und zum anderen hatte ich lange kein Buch in der Hand, dessen unterschiedliche Zeitebenen mich alle gleichermaßen überzeugen konnten. Eine Geschichte zum Reinversinken mit zwei Protagonisten, die aus dem Leben gegriffen scheinen.

Frie und Robert lernen sich Ende der 80er Jahre in der Oberstufe eines Flensburger Gymnasiums kennen. Sie ist Tochter aus gutbürgerlichem, wohlhabendem Elternhaus, er lebt mit seiner alleinerziehenden, kranken Mutter in einer kleinen Mietwohnung. Im Laufe ihrer verbleibenden Schulzeit freunden sich die beiden an, wobei Robert sich bald eingestehen muss, dass er rettungslos in Frie verknallt ist. Doch die hat ein anderes Beuteschema, außerdem sind sie befreundet, das Abi naht und beide gehen ihrer Wege. Die sich jedoch immer mal wieder kreuzen – z.B. in den 90ern in Hamburg, als Frie erkennt, dass Robert inzwischen ziemlich cool geworden ist. Oder 2002, als beide beruflich Fuß gefasst haben – wenn auch nicht unbedingt so, wie erhofft oder erwartet. 2022 haben Frie und Robert schließlich 30-jähriges Abitreffen.

Was ich richtig toll fand: „Man sieht sich“ ist kein Buch über verpasste Chancen, bei dem man die Protagonisten auf jeder dritten Seite schütteln und ihnen „Kapier’s doch endlich“ zurufen will. Es zeigt die Werdegänge zweier Menschen mit allen Brüchen, Fehlentscheidungen und schicksalhaften wie auch zufälligen Wendungen, die nun mal dazugehören. Julia Karnick schickt ihre Leserinnen und Leser auf eine kleine Zeitreise und schafft es mühelos, das Lebensgefühl sowohl verschiedener Jahrzehnte als auch Lebensabschnitte einzufangen. Wie Frie und Robert sich entwickeln, sich selbst neu erfinden oder auch treu bleiben, ist packend zu lesen. Aber auch die Nebenfiguren sind in diesem Roman stimmig entwickelt. Für mich hat alles gepasst, nur hier und da hätte ich mir die Geschichte noch etwas ausführlicher gewünscht, weil ich sie einfach so gerne gelesen habe. Zum Nachschmecken bleibt am Ende der Soundtrack zum Buch, der das Ganze noch einmal musikalisch untermalt und einen zeitweise in die 90er zurückbeamt. Gelungen!

Bewertung vom 02.07.2024
VIEWS
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


ausgezeichnet

Beklemmend

Die erste Hälfte dieses Buchs habe ich verschlungen. Danach konnte ich nur noch kleine Häppchen von ein, zwei Kapiteln lesen, bevor ich eine Pause brauchte. Marc-Uwe Kling hat einen Richtung Thriller gehenden Roman vorgelegt, der mir als Science-Fiction oder Dystopie deutlich besser gefallen hätte. Dummerweise wirkt er aber realitätsnah sowie gut recherchiert und hat mich dadurch erst so richtig gegruselt. In einem Bericht zur Preview des Buches habe ich gelesen, dass der Autor der Känguru-Chroniken befürchtet hatte, die Realität könnte „Views“ noch vor der Veröffentlichung einholen. Man will es sich nicht vorstellen.

Und worum geht’s? Ein 16-jähriges Mädchen wird vermisst und taucht in einem verstörenden Video als Opfer mutmaßlicher Flüchtlinge wieder auf. Die Empörungsmaschinerie läuft an und gewinnt immer mehr an Fahrt. Während die polizeilichen Ermittlungen erfolglos bleiben, formiert sich eine Art Bürgerwehr, die Jagd auf die Täter machen will. Yasira Saad, Leiterin der zuständigen Soko beim BKA, steht unter immensem Druck. Und dann tauchen weitere Videos auf …

Mehr lässt sich an dieser Stelle kaum erzählen, ohne zu spoilern, und letzteres will ich auf keinen Fall – mich hat „Views“ nämlich mehrmals kalt erwischt, was den beklemmenden Gesamteindruck noch verstärkt hat. Marc-Uwe Kling führt hier gnadenlos vor Augen, wie fragil alles sein kann – das Leben an sich, der zivilisatorische Anstrich, der Rechtsstaat, die Demokratie … keine leichte Lektüre, obwohl sich „Views“ locker-flockig runterliest: kurze Kapitel und eine knackig erzählte Geschichte, die immer verstörendere Züge annimmt, bis hin zum für mich sehr unerwarteten Ende. Jetzt schwanke ich zwischen dem Wunsch nach einem schönen Feelgood-Roman – und dem nach einer Fortsetzung.

Bewertung vom 23.06.2024
Long Island
Tóibín, Colm

Long Island


ausgezeichnet

Charakterstudien

Irland, Anfang der 1970er Jahre. Eilis reist nach langer Zeit das erste Mal zurück in ihr Heimatstädtchen Enniscorthy. Vor fast 20 Jahren hat sie es verlassen, um mit ihrem Mann Tony auf Long Island zusammenzuleben. Sie haben die zwei inzwischen fast erwachsenen Kinder Rosella und Larry bekommen und wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Tonys Eltern und den Familien seiner Brüder, wobei Eilis in dem italienischstämmigen Clan eine Exotin geblieben ist.
Nun ist etwas vorgefallen und Eilis braucht Abstand und reist zu ihrer Mutter. Doch nicht nur die lebt noch in Enniscorthy, auch Jim, der örtliche Pub-Besitzer, mit dem EIilis bei ihrem letzten Besuch eine Liaison hatte, ist noch vor Ort und hat ihre überstürzte Abreise zu einem Mann, von dessen Existenz er nicht mal wusste, nie komplett verwunden …

Es könnte der Beginn einer großen Liebesgeschichte über zweite Chancen und neues Glück sein – oder? In diese Kategorie passt „Long Island“ allerdings nur sehr bedingt. Vor allem geht es um drei Menschen – Eilis‘ Jugendfreundin Nancy ist auch noch eine wichtige Figur – die ihre Zukunft nochmal neu in die Hand nehmen wollen. Sie alle sind in unterschiedlichen Lebenssituationen und müssen herausfinden, was ihnen wichtig ist und welchen Preis sie dafür bereit sind zu bezahlen. Ihr Gefühlsleben ist widersprüchlich, ihre Entscheidungen sind komplex und die Folgen ihres Handelns eventuell unumkehrbar.

Autor Colm Tóibin, der selbst in Enniscorthy geboren wurde, schildert lakonisch, wie es seinen Hauptfiguren einen Sommer lang ergeht. Und obwohl keiner der drei ein totaler Sympathieträger ist, hat mich dieser grandios geschriebene Roman nicht mehr losgelassen. Der Autor schafft es, das Innenleben seiner Protagonist*innen so interessant zu erzählen, dass er die Handlung vermeintlich ruhig dahinplätschern lassen kann. Er hat ein ausgeprägtes Gespür für seine Charaktere, deren verschiedene Facetten erst nach und nach zum Vorschein kommen – auf dem Präsentierteller wird hier nichts geliefert, offen kommuniziert auch viel zu wenig. Und so müssen sich die Figuren einiges selbst zusammenreimen – ein Schicksal, dass sie mit den Romanleser*innen teilen. Vermutlich hat mich gerade das so gefesselt.

Bedauert habe ich, dass ich mir nicht die Zeit genommen habe, „Brooklyn“ vorab zu lesen oder zumindest den Film zu schauen. In dieser Vorgeschichte schildert Tóibín Eilis‘ Auswanderung und ihren ersten Sommer mit Jim. Um die Figuren schneller einordnen zu können, ist die Lektüre sicher hilfreich – außerdem macht „Long Island“ dann vermutlich noch mehr Spaß. Doch auch so hat mir das Buch sehr gefallen und ich habe die Hoffnung, dass Tóibín nochmal von Eilis, Jim und Nancy hören lassen könnte. Auserzählt ist diese Geschichte noch nicht.

Bewertung vom 04.06.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


ausgezeichnet

Tod einer Kritikerin

Der Titel dieses Buches hat mich gleich an einen gemütlichen, britischen Sonntagnachmittagskrimi erinnert. Doch gemütlich fühlt sich der Ich-Erzähler ganz und gar nicht, er steht nämlich unter Mordverdacht. Eine berüchtigte Theaterkritikerin hat sein gerade erstmals in London aufgeführtes Stück „Mindgame“ gnadenlos verrissen und wird am Morgen danach in ihrem Haus ermordet. Alle Indizien scheinen gegen Anthony Horowitz zu sprechen – den Protagonisten, der den Namen des echten Autors trägt und untrennbar mit ihm verschmilzt. Jetzt kann nur noch Privatdetektiv Daniel Hawthorne helfen, dem Horowitz allerdings gerade die Zusammenarbeit aufgekündigt hat. Es sieht nicht gut aus für den Erdenker von Alex Rider …

„Mord stand nicht im Drehbuch“ ist der vierte Titel, in dem Anthony Horowitz über Anthony Horowitz schreibt bzw. so charmant wie gewitzt den Eindruck erweckt, seine Krimis wären autobiografisch. Die ersten beiden kenne ich noch nicht, aber den dritten „Wenn Worte töten“ habe ich sehr begeistert gelesen. Eventuell dazu beigetragen hat die Tatsache, dass der Handlungsort ein Literaturfestival ist und es immer wieder um den Literaturbetrieb geht. Dieser Folgeband hat dagegen die Theaterszene zum Thema. Ich habe etwas länger gebraucht, um damit warm zu werden, doch nach einem ruhigen Einstieg nimmt der Krimi sehr an Fahrt auf und schließlich befragt Hawthorne in bester Hercule-Poirot-Manier den scheinbar überschaubaren Kreis der möglichen Täterinnen und Täter. Dem Hauptverdächtigen Horowitz bleibt dabei wieder die Rolle des im Dunkeln tappenden Sidekicks – zum einen hat mich das amüsiert, zum anderen muss ich gestehen, auch nicht mehr Durchblick gehabt zu haben als die Hauptfigur. Die raffinierte Auflösung ließ dann aber keine Fragen mehr offen. Ein richtig guter, unterhaltsamer Krimi, in dem die nächsten Bände erfreulicherweise bereits angeteasert werden. Ich freue mich darauf!