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Benutzername: 
takabayashi
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Berlin
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Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 156 Bewertungen
Bewertung vom 21.11.2024
Tage mit Milena
Burseg, Katrin

Tage mit Milena


gut

Protest im Wandel der Zeiten

Annika lebt mit ihrem Mann in Lübeck und führt dort eine edle Papeterie. Sie lebt ein großbürgerliches Leben und fühlt sich glücklich und zufrieden. Ihre Vergangenheit als Hausbesetzerin in der Hamburger Hafenstraße hat sie weitgehend verdrängt. Und auch die belastenden Erinnerungen an ihre Freunde von damals, Milena und Matti.
Und dann kommt plötzlich die 17jährige Luzie in ihren Laden - klaut dreist eine von Annikas selbst entworfenen und gezeichneten Postkarten und kauft eine Tube Sekundenkleber. Annika wird etwas später klar, dass Luzie eine Klimakleberin ist, und sie eilt ihr nach um sie vor möglichen Dummheiten zu bewahren, kommt aber zu spät, Luzies Aktion ist schon in vollem Gange und durch Annikas Wunsch, die junge Frau zu beschützen, wird sie auch darin verwickelt und beide verbringen eine Nacht in Polizeigewahrsam.
Von nun an sind die beiden miteinander verbunden. Luzie erinnert Annika an ihre verstorbene Freundin Milena und sie entwickelt Muttergefühle für sie und lässt sich von Luzie nicht abwimmeln. Sie fahren zusammen nach Hamburg zu einer großen Demo und ihre Erinnerungen stürmen massiv auf Annika ein. Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen: in den Achtziger Jahren in der Hamburger Hausbesetzerszene und in der Jetztzeit. Über Luzie erfahren wir nicht allzu viel, sie lebt auf der Straße und hat eine extrem defätistische Einstellung. Sie spielt aber auch nicht die Hauptrolle in dieser Geschichte, sie wird von der Autorin als Katalysator eingesetzt: sie bringt Annika dazu, sich mit ihren Altlasten auseinanderzusetzen. Annikas Verhalten verlangt etwas "suspension of disbelief" vom Leser, aber wenn man das hinkriegt, ist es eine durchaus spannender und unterhaltsamer zeitgeschichtlicher Roman vor dem Hintergrund der Protestkultur verschiedener Generationen. Hätte allerdings durchaus noch etwas mehr Tiefgang und Charakterisierung der handelnden Personen vertragen.

Bewertung vom 21.11.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


sehr gut

Deutsch-amerikanische Beziehung: Eine Liebesgeschichte

Ich bin keine Freundin der Kategorie "Frauen- und Liebesromane" aber dies hier ist vor allem auch ein historischer Roman über die Liebe zwischen einer Deutschen und einem amerikanischen Armeeangehörigen im Deutschland der Nachkriegszeit und über all die bürokratischen Hürden, die ihnen in den Weg gelegt wurden. Laut Nachwort der Autorin kam sie durch einen Zeitungsartikel über eine deutsche Kriegsbraut, die für kurze Zeit zum Star der amerikanischen Boulevard-Presse geworden war, auf die Idee für ihren Roman.
Erzählt wird Luise Adlers Geschichte von Luises Enkelin Elfie, die in der Rahmenhandlung in der Jetztzeit ebenfalls in die USA fliegt, um ihren (deutschen) Freund dort zu besuchen und sich auf dem Weg dorthin in einen englischen Reisejournalisten verliebt.
Als Luise endlich am Flughafen in New York eintrifft, wartet sie vergeblich darauf, dass ihr Verlobter Jo Hunter sie abholt. Was ist los? Einige Amerikaner, die sie am Flughafen trifft, helfen ihr, ein ehemaliger Journalist schreibt einen Zeitungsartikel über sie und ihr Schicksal: denn wenn Hunter nicht innerhalb einer bestimmten Frist auftaucht und sie heiratet, dann muss sie wieder nach Deutschland zurück, weil der "War Bride Act" nur eine bestimmte Zeit lang in Kraft ist. Es regnet Leserbriefe, Hilfsangebote und vor allem Heiratsanträge, ganz Amerika nimmt Anteil an ihrem Schicksal.
Eine schöne Geschichte, bei der man mit der Protagonistin mitfiebert und die ein Gefühl von der Stimmung in der Nachkriegszeit vermittelt! Das ist flott geschrieben und liest sich spannend und vergnüglich - und ist deutlich mehr als nur ein Liebesroman.

Bewertung vom 04.11.2024
Mord im Himmelreich
Winkelmann, Andreas

Mord im Himmelreich


sehr gut

Netter Cosy für zwischendurch

Da ich kein Fan von harten Thrillern bin, hatte ich noch nie etwas von Andreas Winkelmann gelesen. Doch da dieser Autor nun einen Ausflug in die Welt des Cosy Krimis gemacht hat, wollte ich mir das mal anschauen: und ich muss sagen, es ist ihm im Ambiente eines Camping-Platzes ganz gut gelungen!
Seine Hauptfiguren sind der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus, der über Nebenrollen nie hinausgekommen ist, aber immer davon geträumt hat, mal einen Tatort-Kommissar zu spielen, und die ehemalige Lehrerin und lebenslustige Künstlerin Annabelle Schäfer. Ort der Handlung: Der Camping-Platz Himmelreich am Schwielowsee in der Nähe von Caputh. Als Kupernikus dort mit seinem betagten Wohnmobil ankommt, wird er von der am Ufer malenden Annabelle sogleich aufgefordert, einen kleinen Hund zu retten, der auf einem SUP im See treibt. Als das Board an Land gezogen werden soll, stellt sich heraus, dass darunter eine Leiche festgebunden ist. Die herbeigeeilte Polizei macht keinen sehr vertrauenerweckenden und kompetenten Eindruck, so dass unsere beiden Protagonisten beschließen, die Aufklärung des Falls selbst in die Hand zu nehmen. Und Kupernikus nimmt erst einmal die herrenlose Hundedame unter seine Fittiche.
Die auftretenden Personen (außer Björn und Isabel gibt es auf dem Camping-Platz und in der näheren Umgebung noch einige Originale und seltsame Typen) sind alle eigenbrötlerisch oder skurril genug, um interessant zu sein. Na ja, Annabelle ist vielleicht ein wenig zu fröhlich - so dauerhaft gut gelaunt kann ja eigentlich niemand sein...
Der Schreibstil ist gut lesbar und humorvoll, die Protagonisten sind sympathisch, die Krimihandlung spannend. Ich bin kein Camper, aber das Flair des Mikrokosmos Camping-Platz scheint mir gut getroffen zu sein. Etwas gestört hat mich manchmal der geschriebene Berliner Dialekt, der nicht immer ganz authentisch wirkte, Nichtberliner kriegen das einfach nicht so ganz hin! Im Großen und Ganzen ging es aber, nur sagen Berliner z.B. niemals "dat", sondern "det" oder "dit"( oder "ditte").
Alles in allem eine nette Urlaubslektüre an originellem Handlungsort.

Bewertung vom 09.10.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Wohngemeinschaft wird zur Familie

Ein wunderbares Buch! Mit großer Leichtigkeit und viel Empathie geschrieben, es gibt viel zu schmunzeln, doch dahinter treten auch ernstere Themen zutage und ich wurde auch zu Tränen gerührt.
Constanze, Zahnärztin um die Vierzig, hat sich nach vielen Jahren von ihrem Freund getrennt. In Hamburg eine eigene Wohnung zu finden, dauert zu lange, daher landet sie "erstmal" in einer WG. Jörg, 68, Wohnungsbesitzer und ehemaliger Journalist, hat diese WG nach dem Tod seiner Ehefrau gegründet. Dort leben auch Anke, eine meist arbeitslose Schauspielerin und Murat, der eine eigene Firma hat, beide um die 50. Murat ist irgendwie die Seele vom Ganzen, er liebt es, seine Mitbewohner zu bekochen. Die Gruppe wird regelrecht zu einer Familie und auch Constanze sucht irgendwann nicht mehr nach einer eigenen Wohnung.
Die Autorin läßt die Protagonisten in jeweils eigenen Kapiteln zu Worte kommen, in denen wir den Gedankengängen jedes Einzelnen folgen können. Dazwischen gibt es auch Kapitel in Dialogform, wenn 2 oder mehr der Mitbewohner zusammentreffen. So lernen wir die Figuren recht gut kennen und sind daher auch sehr betroffen, als sich in ihrem Beziehungsgeflecht etwas zu ändern beginnt. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.
Ein sehr warmherziges Buch, das aber nicht in den Kitsch abdriftet, einen zum Lachen und zum Weinen bringt und perfekt einen Teil der heutigen Lebenssituation abbildet. Mich hat dieser Roman abgeholt und ich bin seinen Protagonisten sehr gern gefolgt. Die Geschichte hat mich zutiefst berührt und hat mich - auch wenn es traurige Passagen gab - mit einem durch und durch positiven Gefühl zurückgelassen. Ich hatte noch nie etwas von Isabel Bogdan gelesen, werde dies aber schleunigst nachholen und kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen!

Bewertung vom 23.09.2024
Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3


sehr gut

Mord in Marlow

Während einer Stadtratssitzung stirbt der allseits beliebte Bürgermeister und Suzie - eine der drei Mordclub-Damen - ist zufällig als Zuschauerin dabei!
Sie muss als Zeugin aussagen und dann verpflichtet Tanika Malik, die inzwischen in der polizeilichen Rangordnung aufgestiegen ist, die drei gleich als zivile Polizeiberaterinnen, obwohl es sie auch irgendwie wurmt, dass die drei immer schneller und besser ermitteln als die Polizei.
Der Bürgermeister wurde vergiftet, mit Eisenhut, aber wie kam das Gift in seinen Kaffee? Es gibt viele Theorien, aber keine Hypothese hält stand, es gibt immer Faktoren, die dagegen sprechen. Die Teilnehmer der Sitzung haben zwar alle irgendwelchen Dreck am Stecken, was aber nicht notwendigerweise mit dem Mord zusammenhängt.
Das Lokalkolorit einer britischen Kleinstadt ist gut getroffen, diesmal im Milieu der Honoratioren in der Stadtverwaltung. Natürlich ist es am Ende wieder die scharfsinnige Kreuzworträtselmacherin Judith Potts der der entscheidende Hinweis ins Auge fällt, und die dem/der Mörder*in eine Falle stellt und zu einem Geständnis verleitet.
Das liest sich spannend und amüsant wie immer, und obwohl die finale Auflösung dieses Mal etwas arg konstruiert wirkt, hat mich dieser Cosy wieder gefesselt und gut unterhalten.

Bewertung vom 23.09.2024
Bis in alle Endlichkeit
Kestrel, James

Bis in alle Endlichkeit


sehr gut

Klassischer, sehr spannender Noir-Krimi kombiniert mit etwas Sci-Fi

Da mir Fünf Winter außerordentlich gut gefallen hat, war ich ganz erpicht darauf, Kestrels neues Buch zu lesen. Es hat mich auch sehr gepackt, war wahnsinnig spannend und gut geschrieben, aber an Fünf Winter kommt es meiner Meinung nach nicht ganz heran.
In meiner Rezension zu Fünf Winter hatte ich geschrieben: „Der Roman ist nicht nur ein Krimi, er ist auch historischer Roman, Abenteuerroman, Anti-Kriegs-Roman und berührende Liebesgeschichte, er ist nicht einfach ein Thriller, sondern überraschend anders! Interessant auch die exotischen Schauplätze, und die kulturellen Einblicke die dem Leser gewährt werden.“ Und diese Bandbreite gibt es beim neuen Buch nicht. Wobei, neu ist es nicht wirklich, es wurde 2 Jahre vor Fünf Winter veröffentlicht und auch unter anderem Namen, nämlich dem Klarnamen des Autors, Jonathan Moore, das Pseudonym James Kestrel hatte er erstmalig für Fünf Winter verwendet. Ich hoffe, dass er unter diesem Namen auch noch weitere, ähnliche Romane herausbringen wird und wundere mich, dass der deutsche Verlag diesen kleinen Etikettenschwindel vorgenommen hat …
Aber nun zum vorliegenden Roman: Lee Crowe, Anwalt ohne Zulassung, jetzt tätig als Privatdetektiv für den erfolgreichen und skrupellosen Anwalt Jim Gardner, Chef seiner ehemaligen Kanzlei, stößt während eines anderen Auftrags in einem heruntergekommenen Bezirk von San Francisco auf die Leiche der jungen Claire Gravesend, Millionenerbin. Die ist von oben auf ein Luxusauto gestürzt und zu Tode gekommen. Deren Mutter, Olivia Gravesend, ist Jim Gardners Klientin, glaubt nicht an die Selbstmordtheorie der Polizei und beauftragt Crowe damit den Fall aufzuklären. Mehr über die Handlung zu verraten wäre ein Spoiler, jedenfalls ist es ein Medizinwissenschaftsthriller. Und was mir ziemlich science-fictionmäßig vorkam, ist vielleicht gar nicht mehr so weit von der Wirklichkeit entfernt. Der sympathische Protagonist hält sich zwar auch nicht immer an die Regeln, ist aber einer von den Guten und bei seiner Arbeit sehr erfindungsreich. Kestrel (Moore) legt hier einen spannenden Pageturner vor mit einer gut konstruierten Handlung, überraschenden Plot Twists, gut charakterisierten Figuren und humorvollen, schlagfertigen Dialogen. Und einem bemerkenswerten Bösewicht! Je weiter ich las, desto weniger konnte ich das Buch aus der Hand legen. Ein klassischer Noir Krimi und ein großes Lesevergnügen!

Bewertung vom 20.08.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


gut

Unterhaltsam, sehr gut lesbar ... und doch kam ich den Figuren nicht nahe

Ein neuer Roman von Alina Bronsky - darauf hatte ich mich gefreut! "Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky“ hieß es einmal in einem Verlagstext, und z.B. bei Herrn Schmidt in "Barbara stirbt nicht", konnte ich das nachvollziehen und fand diese tragikomische Figur tatsächlich doch liebenswert. Bei "Pi mal Daumen" gelang mir das nicht! Klar, Oskar kann einem schon leidtun, aber ein Sympathieträger ist er nun wirklich nicht ...
Oskar, der 16-jährige, sehr behütete, Überflieger mit autistischen Zügen aus adliger, sehr wohlhabender Familie, interessiert sich ausschließlich für Mathematik, ist im Übrigen aber völlig weltfremd. Er ist jetzt allein zum Studium nach Berlin gekommen und lernt am ersten Studientag in der Uni Moni Kosinsky kennen: über 50, 3fache Großmutter, schrille, eher prollige Aufmachung, zuerst von allen für eine Putzkraft gehalten. So unwahrscheinlich es scheint, entwickelt sich doch zwischen diesen beiden Außenseitern eine Hilfsgemeinschaft, so eine Art Freundschaft. Um die Entwicklung dieser Beziehung zwischen zweien, die sich gegenseitig in diesem akademischen Umfeld zum Überleben brauchen, geht es in diesem Roman.
Das liest sich sehr unterhaltsam, keine Frage, Alina Brody beherrscht ihr Handwerk, aber überzeugt hat mich die Geschichte nicht. Es gibt eine Vorgeschichte aus Monis Leben, die erklären soll, warum sie, trotz ihres familiären Umfeldes, den heimlichen Wunsch entwickelt hat, Mathematik zu studieren, und auch, warum sie Oskar gegenüber so viel Geduld an den Tag legt. Und wie sie das alles schafft, Familienleben und -Pflichten, Teilzeitjobs und Studium! Ein wahrer Übermensch. I don't buy it! Und Oskars Arroganz und Verachtung gegenüber anderen Menschen aufgrund seiner krankheitsbedingt eingeschränkten Weltsicht wurde mir irgendwann unerträglich. Ich lese einfach lieber Bücher, in denen es eine Identifikationsfigur für micht gibt.
Meine Reaktion auf dieses Buch ist daher recht ambivalent. Ich habe mich bei der Lektüre gut amüsiert, aber ich verstehe eigentlich nicht, was dieser Roman mir sagen will.

Bewertung vom 16.07.2024
Eve
Towles, Amor

Eve


ausgezeichnet

Spin-Off von "Eine Frage der Höflichkeit"

Der Kurzroman "Eve" ist die etwas verspätete Printausgabe einer schon 2013 als E-Book veröffentlichten Geschichte über Evelyn Ross, bekannt bereits aus "Eine Frage der Höflichkeit". Die Figur war dem Autor wohl so ans Herz gewachsen, dass er ihre Geschichte weiterführen wollte.
Evelyn sitzt nach dem Bruch mit ihrem New Yorker Freund im Zug nach Chicago, um in ihre Heimat zurückzukehren, beschließt dann aber spontan, im Zug zu bleiben und nach Los Angeles weiterzufahren.
Berichtet wird uns das von Charlie, einem pensionierten Cop, der auf der Rückreise von einem Familienbesuch in New York im selben Zug sitzt. Und darin besteht auch ein interessanter Kunstgriff des Autors, dass Evelyns Geschichte aus der Perspektive von unterschiedlichen Menschen erzählt wird, die sie im Laufe der Geschichte kennenlernt, nur hin und wieder auch aus ihrer eigenen.
Sie bezieht Quartier im berühmten Beverly Hills Hotel und ist so gleich mittendrin in der Hollywood Szene. Durch das Versetzen eines wertvollen Schmuckstücks bessert sie ihre Kasse und ihre Garderobe auf. "Typisch für eine Frau auf der Jagd nach einem reichen Ehemann", denkt Finnegan, der Hoteldetektiv. Falsch! Sie lernt Prentice kennen, einen abgehalfterten Star, der zu dick geworden ist, und auch die berühmte Schauspielerin Olivia de Havilland. Diese hat gerade die Rolle der Melanie in "Vom Winde verweht" ergattert, steht aber völlig unter der Knute der Studiobosse. Eve hilft ihr dabei, sich ein paar kleine Freiheiten zu erkämpfen. Dann wird "Dehavvy", wie sie von den Papparazzi genannt wird, mit auf fragwürdige Weise entstandenen Nacktfotos erpresst und Eve kommt ihr mit Unterstützung von Charlie und Prentice zu Hilfe. Auch die Studiobosse haben erkannt, dass Eve über besondere Fähigkeiten verfügt, und bieten ihr einen Job als Problemlöserin für Olivia an.
Wie immer besticht Towles' Schreibstil durch seine elegante Sprache, seine eindrücklichen Charakterisierungen der handelnden Personen, seine atmosphärischen Ortsbeschreibungen und seinen Humor. Durch den Kniff, sie von anderen beschreiben zu lassen, erfahren wir viel über Eve, aber vieles bleibt auch rätselhaft. Auf jeden Fall entspricht sie nicht dem damaligen Frauenbild, sie ist selbstbewusst, unabhängig und intelligent. Sie findet eine Nische für sich im männerbeherrschten Hollywood und verändert das Leben all derer, mit denen sie zusammentrifft. Eine sympathische Hauptfigur, von der man gern noch mehr erfahren würde. Eine Gesellschaftsbeschreibung des Hollywoods der späten 30er Jahre, die sich allmählich zu einem Krimi entwickelt.
Amos Towles hat es wie immer geschafft, mich mit seiner Erzählung in seinen Bann zu ziehen, mich mit seinem Schreibstil zu begeistern und mich bestens zu unterhalten. Nur etwas länger hätte die Geschichte sein dürfen!

Bewertung vom 15.07.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


sehr gut

Ein unterhaltsamer Coming of Age-Roman aus Irland

Cork, Irland, 2010 zur Zeit der Finanzkrise: Rachel, 20jährige Tochter aus gutem (verarmten) Hause, muss sich ihr Studium selbst finanzieren, denn die elterliche Zahnarztpraxis läuft zu Zeiten der Rezession gar nicht mehr gut.
Sie lernt den versteckt-schwulen James Devlin kennen, die beiden verstehen sich bombig, erkennen sich als Seelenverwandte, werden beste Freunde und teilen sich eine heruntergekommene, billige Wohnung. Rachel schwärmt für ihren Literaturpofessor, und da sie und James in einem Buchladen jobben, beschließen sie, eine Lesung für Professor Byrne mit seinem neusten Buch (einem wissenschaftlichen Werk) zu organisieren, damit Rachel ihm näher kommen kann. Aber alles kommt ganz anders...doch immerhin bittet der seine Frau Deenie, die als Verlagslektorin arbeitet, Rachel als Praktikantin mit Niedrigstlohn einzustellen, denn diese hofft dadurch ihrem Berufsziel ("Irgendwas mit Büchern") etwas näher zu kommen und dann taucht ein weiterer Protagonist auf, James Carey wird Rachels Boyfriend und große Liebe. Zwischen diesen 5 Persone spielen sich größere Dramen ab. Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen, 2010 und 2022. In dieser Zeit verändert sich Rachel und wird allmählich erwachsen.
Der Schreibstil liest sich flüssig und unterhaltsam, ist dabei aber nicht seicht. Typisch irische Probleme werden angesprochen, wie die Wirtschaftskrise, die verklemmte Haltung gegenüber Homosexualität bis in die heutige Zeit und die Illegalität von Abtreibungen bis in die Zehner Jahre. Die Sprache ist deutlich deftiger und frecher als in den "Frauen- und Liebesromanen" der Marken Harlequin et.al. und es hat mir Spaß gemacht, Rachels Entwicklug und ihren Gedankengängen zu folgen, auch wenn ich nicht alle ihre Handlungsweisen nachvollziehen konnte. Eine interessante und fesselnde Lektüre!

Bewertung vom 26.06.2024
Toskanisches Verhängnis
Trinchieri, Camilla

Toskanisches Verhängnis


sehr gut

Krimi um eine dysfunktionale Familie

Ich kenne die ersten beiden Bände der Serie noch nicht, bin aber problemlos in die Geschichte dieses Krimis hineingekommen. Hauptfigur ist der New Yorker Ex-Cop Nico Doyle, der sich nach dem Tod seiner italienisch-amerikanischen Ehefrau in deren Heimatort in der Toskana niedergelassen hat. Dort arbeitet er inzwischen als Koch in der Trattoria der Cousine seiner Frau, hilft aber auch öfter mal ehrenamtlich seinem Freund, dem Carabinieri-Maresciallo Perillo bei der Aufklärung von kniffligen Mordfällen.
In den neuesten Fall ist eine englische Lady verwickelt, weshalb Nicos Dienste auch als Dolmetscher gefragt sind. Diese Miss Barron weilte auf dem Landsitz von Nora Salviati, die sie dann eines Nachts tot auf ihrem Klavier liegend auffand und die Polizei verständigte. Der Fall ist ziemlich kompliziert, es gibt jede Menge Verdächtige mit teils unklaren Motiven (die Töchter des Mordopfers, deren Partner, alle Mitglieder einer befreundeten Familie, Miss Barron), die Ermittlungen der Polizisten führen immer wieder in andere Richtungen und leider auch meistens ins Leere.
Das wird spannend, humorvoll und unterhaltsam geschildert, außerdem spielt auch das Privatleben von Nico eine Rolle. Dadurch gewinnt man Einblicke in das Dorfleben, seine Beziehungen, seine Arbeit und damit verbunden auch viel Lokalkolorit, speziell hinsichtlich von Essen und Wein. Also genau das Richtige für Fans von Cosies und Regionalkrimis.