Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hanne2
Wohnort: 
Langenargen

Bewertungen

Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 04.09.2025
Mika Mysteries - Der Ruf des Nachtraben
Rundberg, Johan

Mika Mysteries - Der Ruf des Nachtraben


ausgezeichnet

Sehr gerne haben wir das Buch gelesen - atmosphärisch dicht, spannend und toll übersetzt. Sprachlich hebt es sich meines Erachtens hervor aus dem aktuellen Angebot an Kinderbüchern und der Roman macht wirklich Freude beim Vorlesen. Als Leser hatten wir sofort die Stimmung und das winterliche Stockholm Ende des 19.Jahrhunderts lebhaft vor Augen, fieberten mit, mussten schmunzeln oder bekamen eine kleine Gänsehaut.
Die 12 Jährige Mika wächst im Waisenhaus auf und besitzt eine unglaublich feine Beobachtungsgabe. Als ein Neugeborenes mitten in der Nacht im Waisenhaus abgegeben wird, kommen die Ereignisse ins Rollen und Mika wird zur wichtigen Begleiterin von Inspektor Hoff bei seinen Ermittlungen. Zwar löst sich zum Ende der Fall um den Nachtraben auf, einige Fragen bleiben jedoch offen und ungeklärt, wofür man als (kleiner) Leser eine gewisse Toleranz mitbringen muss. Zumal der Folgeband erst 2026 erscheinen wird. Einige Szenen sind recht gruselig geschrieben (z.B. Leichenschau), was unseren Sohn eher hat mitfiebern lassen, aber vielleicht nicht unbedingt etwas für jedes Kind ist.
Mika ist eine Figur, die stellenweise in ihrem Humor und Auftreten uns etwas an Pippi Langstrumpf erinnert hat, wenngleich das Setting des armen Stockholmer Waisenhauses deutlich düsterer und geheimnisvoller ist. Uns ist die Figur während des Lesens sehr ans Herz gewachsen und wir empfehlen das Buch gerne weiter an alle, die auf der Suche nach einem sprachlich ansprechenden und inhaltlich spannenden Kinderbuch sind.

Bewertung vom 03.09.2025
KI und du
Knodel, Diana;Lesch, Hannah

KI und du


ausgezeichnet

Auf das Buch waren wir in der Familie alle neugierig - KI ist derzeit in aller Munde, was hat es damit auf sich? Was sind die Nachteile? Was ist aber auch der Gewinn?
Das Buch zum Thema KI ist sehr logisch aufgebaut und hat einen vergleichsweise hohen Textanteil, wobei dieser gut verständlich lesbar ist. Unserem 9 Jährigen war es teilweise dennoch etwas mühsam, so dass wir das Buch gemeinsam gelesen haben. Auch wir Großen konnten noch einiges an Informationen für uns mitnehmen. Die Illustrationen mit dem kleinen KI-Roboter sind charmant gestaltet. Am Ende lassen sich in einem Glossar nochmal wichtige Wörter nachschlagen. Toll gemacht sind die interaktiven Übungen, die der Leser über einen QR-Code aufrufen und bei denen er selber ausprobieren kann, wie KI funktioniert. Sehr schöne Idee! Allerdings wird dafür natürlich das Handy von Mama oder Papa gebraucht, sonst kommt der kleine Forscher schnell an seine Grenzen.
Die Auseinandersetzung und Darstellung mit dem Thema empfand ich als sehr differenziert. Für sein Geld bekommt man ein sehr umfassendes Buch, welches vor allem durch die verschiedenen Interaktionsmöglichkeiten lange und wiederholt in Gebrauch ist. Die Altersangabe ab 10 Jahre erscheint mir passend, da aufgrund des hohen Textanteils ein gutes Leseverständnis von Vorteil ist.

Bewertung vom 31.08.2025
Im Leben nebenan
Sauer, Anne

Im Leben nebenan


weniger gut

Die Grundidee des Buches hat mich anfänglich sehr begeistert und neugierig gemacht: eine Frau mit unerfülltem Kinderwunsch wacht plötzlich in einem Parallelleben "nebenan" auf - in ihrem alten Heimatdorf, verheiratet mit ihrer Jugendliebe und der frisch geborenen kleinen Tochter Hanna im Eigenheim lebend. Als Leser erfährt man abwechselnd aus beiden Leben und bekommt nach und nach Antwort auf die Frage "Was wäre gewesen, wenn...?".
Das Cover mit der Frau, der das Wasser mehr als über dem Halse hinaus steht, ist einladend. Die Sprache ist lebendig und insgesamt liest das Buch sich sehr flüssig. Allerdings hat mich der larmoyante Grundton zunehmend gestört. Das Leben von Frauen (mit unerfülltem/erfülltem Kinderwunsch) scheint laut Anne Sauer eines der härtesten zu sein. Besser gar keinen Kinderwunsch haben und völlig autark sein Leben ohne Kinder leben (Ironie Ende).
Ich lese gerne Bücher, die die Rollenbilder und die unterschiedlichen Erwartungen an die Geschlechter in der Gesellschaft hinterfragen. Anne Sauer sagt selber zu ihrem Buch: "Es geht um Selbstbestimmtheit, um Entfremdungsgefühle, es geht um Partnerschaft, um Familie, um Heimat, ein Zuhause finden". Für mich blieb der Roman dabei aber facettenarm und die Figuren im Selbstmitleid verhaftet. Hinsichtlich Selbstbestimmtheit, gar -ermächtigigung habe ich wenig herauslesen können.

Bewertung vom 28.08.2025
Neon und Bor
Kling, Marc-Uwe;Cronauer, Jan

Neon und Bor


ausgezeichnet

So, ich muss erst mal kurz durchschnaufen... Marc-Uwe Kling hat mit seiner Geschichte über die beiden Erfinderkinder unsere Lachmuskeln wieder direkt sehr herausgefordert - so absurd und ideenreich stürzen sich das Baby Bor und dessen große Schwester "Siefinderin" Neon in ihre neuesten Erfindungen, nicht immer ganz im elterlichen Konsens ("So wie Papas halt gucken,
wenn das Kinderzimmer aussieht, als hätte dort ein Laubbläser mit
einem Presslufthammer Tango getanzt.").
Der Aufbau der einzelnen Artikel verläuft kindgerecht nach dem immer gleichen Schema - ein Problem, eine Erfindung zur Lösung des Problems muss her, durch die Erfindung entsteht ein noch größeres vorher nicht einkalkuliertes Problem, Baby Bor hat die rettende Idee. In unserem Lieblingskapitel hat Neon durch ihre Erfindung jeden Tag auf's neue Geburtstag, was anfangs noch sehr witzig, später öde und dann nur noch zum Haareraufen ist... Wie immer in der Hörbuchversion toll gelesen durch Marc-Uwe Kling selbst und in jedem Fall gute Unterhaltung auch für längere Autofahrten.

Bewertung vom 18.08.2025
Gym
Keßler, Verena

Gym


ausgezeichnet

Was war das denn?!? Dieses Buch ist ganz anders als "Eva" und "Die Gespenster von Demmin" und dabei richtig, richtig gut! Ich war fasziniert, habe gelacht und stellenweise mit leichtem Ekel das Gesicht verzogen (Quentin Tarantino lässt grüßen...).
Die Protagonistin mogelt sich mit einer kleinen Notlüge ins Fitnessstudio Megagym, in dem sie zunächst hinter dem Tresen und später als Fitnesstrainerin in einem Kurs für Mütter arbeitet. Erst nach und nach eröffnet sich ihre Vorgeschichte und entfaltet sich ihr obsessiver, mitleidsloser Ehrgeiz.
"Fünfzehn Frauen, die für mich alle gleich aussahen, runde Gesichter, schlaffe Schultern, müde Augen, keine Ambitionen, nur die Hoffnung, es würde vielleicht schon reichen, sich hier auf die Matte zu setzen, um aus den Zwängen ihres Standardlebens auszubrechen." (S. 115)
Der Roman behandelt das Thema der auf Konkurrenz ausgerichteten Arbeits- und Freizeitwelt so laut und abgedreht, dass ich zwischendrin immer wieder schallend lachen musste. Mir persönlich hat das Buch sehr gefallen und empfehle ich gerne weiter an alle, die einen ironischen Ton und Quentin Tarantinos Filme lieben.

Bewertung vom 17.08.2025
Heimat
Lühmann, Hannah

Heimat


ausgezeichnet

Mit dem 3. Kind schwanger ist Jana mit ihrer Familie aus der Großstadt in ein ländliches Neubaugebiet gezogen. Ihren Job hat sie gekündigt, die beiden Kinder sind ganztags in der Kita betreut. Erschöpft und auch irgendwie gelangweilt und leer trifft sie auf Karolin, die in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter von 4 Kindern ganz in sich zu ruhen scheint und dabei ein Weltbild vermittelt, was zunächst irritierend wirkt und gleichzeitig einen Sog ausübt. Nach und nach driftet Jana in die Idee einer Idylle ab, in der das Aufziehen der Kinder so natürlich und mühelos sowie die Aufteilung zwischen den Geschlechtern so klar und entspannt erscheint.
Den Roman hab ich innerhalb kürzester Zeit verschlungen. Spannend fand ich, wie Hanna Lühmann ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu werten die unterschiedlichen Lebensentwürfe beschreibt. Manches erscheint zunächst haltgebend und Zugehörigkeit schaffend und das leise Gruseln stellt sich eher ganz subtil zwischen den Zeilen ein. Toll fand ich außerdem die Instagraminszenierung dargestellt. Die entsprechenden Bilder und Texte hatte ich sofort gut vor Augen. Das Ende hat mich dann tatsächlich geschockt und noch eine Weile nachgehallt. So offen, wie von anderen Lesern beschrieben, fand ich es eigentlich gar nicht. Liebend gerne hätte ich mich hier noch mit anderen darüber ausgetauscht. Überhaupt ist einiges im Roman nicht ganz auserzählt und lässt manches an Interpretationsmöglichkeiten und unterschiedlichen Sichtweisen zu. Für meinen Geschmack hätte der Roman auch gut und gerne noch 100 Seiten mehr haben dürfen. Erzählstil und Geschichte hätten es auf jeden Fall hergegeben.

Bewertung vom 02.08.2025
Das Geschenk
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


sehr gut

Satire zur deutschen Gegenwartspolitik
Gaea Schoeters, aus Belgien stammend und Tochter eines Politikers, hat mit "Das Geschenk" einen Roman zur deutschen Gegenwartspolitik geschrieben. Mit seinen 144 Seiten ist das Büchlein eigentlich schnell gelesen, beinhaltet aber soviele Themen und Gedanken, so dass es zumindest bei mir die eine oder andere Pause gebraucht hat.
Nach der Verabschiedung eines umstrittenen Gesetzes zum Verbot von Elfenbeineinfuhr sendet der Präsident aus Botswana 20000 Elefanten nach Berlin und das Schicksal nimmt seinen Lauf... Im Vordergrund steht der deutsche Kanzler und der politische Alltag mit all seinem Lobbyismus, Taktieren, Ringen um Werte und Macht. Für mich ging es stellenweise etwas zu rasant durch die Themen, da hätte ich mir manchmal noch etwas mehr Tiefe gewünscht. Auch das Thema mit den Elefanten in Berlin und Umgebung hätte man vielleicht noch etwas mehr auserzählen können.
Wer politische Satiren mag, wird in dem Büchlein einiges an "Hirnfutter" finden. Es regt in jedem Fall an, auch andere Perspektiven, die man vielleicht vorher gar nicht so sehr auf dem Schirm hatte, einzunehmen.

"Alles hängt davon ab, was du willst: Das Richtige tun oder an der Macht bleiben. Beides zusammen wird heutzutage immer unvereinbarer, das war früher anders."(S.129)

Bewertung vom 02.08.2025
Junge Frau mit Katze
Dröscher, Daniela

Junge Frau mit Katze


sehr gut

"Lügen über meine Mutter" hatte mir sehr gefallen und so war ich gespannt und neugierig auf den neuen Roman von Daniela Dröscher. Stand im ersten Band die Beziehung der Protagonistin zu ihrer Mutter und die elterliche Ehe im Vordergrund, geht es jetzt um Elas Beziehung zu sich selber. Angestellt als Doktorandin, zusammen mit ihrem Kater in einer kleinen 1-Zimmer-Wohnung unter dem Dach lebend, bestimmen ausgeprägte psychosomatische Symptome ihren Alltag.
Dabei ist die Sprache wie auch beim ersten Teil einnehmend und sehr zugänglich. Mit genauem Blick schildert Daniela Dröscher die Hilflosigkeit und Ängste der Protagonistin aber auch ihres Umfeldes angesichts ihrer vielen Beschwerden, durch die "der Körper laut spricht, wo die Seele schweigt". Es hat stellenweise für den Leser fast etwas Zermürbendes, Ela bei den zahlreichen Arztbesuchen zu begleiten, ohne dass eine tiefere Auseinandersetzung mit ihren darunter liegenden Konflikten und Gefühlen stattfindet. Mit den eingeschobenen Zitaten einer ihrer japanischen Lieblingsautorinnen konnte ich persönlich wenig anfangen bzw. lösten sie bei mir eher ein Gefühl von Distanz aus.
In jedem Fall habe ich die Darstellung des Leidensweges ausgelöst durch eine psychosomatische Erkrankung als stimmig erlebt. Während mich "Lügen über meine Mutter" wirklich berührt hat und ich emotional nah an den Figuren dran war, blieb bei "Junge Frau mit Katze" für mich Wesentliches nicht ausgesprochen. Aber vielleicht liegt es auch in der Natur einer psychosomatischen Erkrankung, dass der Kern ("das Eigentliche, das Wesentliche") so schwer zu greifen und zu benennen ist. Ich bin sehr gespannt auf ihre folgenden Bücher.

Bewertung vom 25.07.2025
Das Geschenk des Meeres
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

Tieftraurig und zugleich mit einer sehr einnehmenden Atmosphäre geschrieben

Wer sich die Frage "Ebook oder gebundenes Buch?" stellt, dem würde ich in diesem Fall eindeutig zum Buch raten. Das Cover nimmt mit seinen dunklen Blautönen wunderbar die Stimmung auf. Der dunkelpinke Farbton des Autorinnamens findet sich im Lesebändchen wieder. Sehr gerne hab ich den Roman allein schon wegen der Optik in die Hand genommen oder mich an seinem Anblick auf dem Tisch liegend gefreut.
Überhaupt hab ich das Lesen sehr genossen. Auch wenn der Roman, der am Anfang des 20. Jahrhunderts in einem schottischen Fischerdorf spielt, durchaus etwas Düsteres und Tragisches hat, beschreibt Julia R. Kelly mit soviel Atmosphäre das Leben der Dorfbewohner und deren Beziehungen, dass ich beim Lesen richtig in der Geschichte aufgegangen bin und mich jedes Mal gefreut hab, wenn ich weiterlesen konnte. Dabei wechselt die Erzählung zwischen dem Damals und Heute, wobei die Übergänge geschickt ineinander wechseln, so dass der Lesefluss nicht gestört wird. Getragen wird die Geschichte von Beschreibungen des Meeres und des Küstenwetters, das mal rauh und wild, dann wieder glitzernd und hell Teil des Lebens der Bewohner ist. Wer einen Roman sucht mit interessanten psychologischen Verflechtungen und Tiefe sowie viel, viel Atmosphäre, dem kann ich den Roman sehr empfehlen.

"...Und deshalb spricht sie nicht über sich wie die Frauen am Ofen, denn wenn man spricht, findet man Dinge über sich heraus, Dinge wie die Wesen in den Prielen, von deren Existenz man nichts ahnte, bis das Meer sie freigelegt hat." (S.213)

Bewertung vom 13.07.2025
Gesellschaftsspiel
Zwickau, Dora

Gesellschaftsspiel


gut

Das Cover ist klar gestaltet und zeigt die 3 Hauptfiguren des Romans - die beiden Schwestern Isabelle und Annika, sowie deren Tante Dagmar. Die 3 verbindet am Anfang wenig. Erst der Tod deren Mutter bzw. Schwester führt sie wieder zusammen. Parallel zu diesem Handlungsstrang möchte ein großer Tech-Investor und Spieleentwickler in deren Heimatstadt Weimar eine App einführen, die den Bewohner mehr politische Mitbestimmung und Einflussnahme ermöglicht.
Der Roman ist nah an den aktuellen politisch-gesellschaftlichen Themen dran. Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder Einschübe aus diversen Medien, die sehr gut den zum Teil aufgepeitschten, in der Anonymität des Internets radikal formulierten Ton wiedergeben. Wie gehen die beiden Stränge am Ende zusammen auf? Für mich tatsächlich leider nicht ganz. Vermutlich bin ich mit anderen Erwartungen in den Roman gestartet, z.B. wie sich die Frauen in einer möglichen Utopie/Dystopie weiterentwickeln.
Annika arbeitet in der Tech-Branche, Isabelle ist Lehrerin für Politik und Dagmar unterrichtet Soziologie an der Hochschule. So hatte ich bei manchen Dialogen oft den Eindruck eher ein Sachbuch zu lesen. Die Figuren und deren Beziehungsleben blieben für mich kühl und irgendwie blass. So sitzen die 3 Frauen wenige Tage nach dem Tod der Mutterin/Schwester in der Sauna zusammen und diskutieren die gesellschaftliche Neuordnung und sind am Ende froh, wieder zueinander gefunden zu haben. Ahja... vieles bleibt im Kopf, wird aber wenig fühlbar. Die Auseinandersetzung mit der zu erwartenden Trauer, möglicherweise auch Ambivalenz gegenüber der Verstorbenen und insgesamt eine emotionale Tiefe in der Figurenzeichnung wird man beim Lesen eher wenig finden.
Andererseits merkt man dem Roman die Expertise der Autorin mit der Tech-Branche und Medien sowie ihre intensive Auseinandersetzung mit deren gesellschaftlichen Verantwortung/Möglichkeiten an. Wenn man es so liest, wird man als Leser mit vielen Denkanstößen belohnt und bekommt einiges an Diskussionsstoff.