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Top-Rezensenten Übersicht

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Ryria

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2025
Courting - Be mine through all time
Kingsley, Felicia

Courting - Be mine through all time


sehr gut

Rebeccas Zeitreise aus unserer Zeit in das Jahr 1816, London in der Regency-Zeit, ist eine tolle, lockere Lektüre mit viel Humor, schlägt zwischendurch aber auch mal ernste und kritische Töne an.
Der Lesefluss ist sehr angenehm mit kurzen Kapiteln, man will nur noch kurz weiterlesen und ist "plötzlich" 200 Seiten weiter. Hierbei fand ich es auch super, dass eine Unterteilung nach Tagen stattfindet, ein bisschen wie ein Tagebuch, so konnte man gut den Überblick behalten.
Auch befindet sich ganz hinten eine nützliche Karte, die erst zuerst übersehen hatte.

Der Zeitreise-Aspekt wird kurz "erklärt", jedoch sollte man hieran keine hohen Ansprüche stellen: Vieles ist nicht so ganz logisch und würde vermutlich zu Paradoxen führen, jedoch erhebt das Buch auch keinen Anspruch darauf, ein Science-Fiction Werk zu sein.
Dafür wirkte die Regency-Zeit überwiegend authentisch, die Dialoge und Sprache empfand ich passend, es wurden historische Persönlichkeiten eingebaut und die damalige Gesellschaft ausführlich dargestellt. Vieles wird aus unserer heutigen Perspektive durch Rebeccas Augen betrachtet, von dem Luxus einer Dusche bis hin zu Menschen- und Frauenrechten. Der Mix aus lustigen und ernsten Themen hat mir hierbei gut gefallen.

Generell versprüht das Buch Bridgerton-Vibes, Fans der Bücher/Serie sollten hier auch auf ihre Kosten kommen! Zwischen Nachmittagstee und Bällen gibt es auch noch eine gute Prise Spannung und einige Plottwists inklusive Kriminalfall und anschließender Ermittlungen.

Bewertung vom 10.05.2025
Ganz aus Splittern
Lake, Danae

Ganz aus Splittern


sehr gut

Chrissys Geschichte nimmt den Leser mit in den Teil der Gesellschaft, in dem man eigentlich nicht sein möchte. Dementsprechend ungeschönt wird von Suchterkrankungen, Gewalt, Armut und Straftaten berichtet, was nicht immer leicht verdaulich ist. Gleichzeitig werden aber auch die positiven Aspekte dieses Lebens gezeigt, der Zusammenhalt der Gemeinschaft und familiäre Bande fernab von Blutsverwandtschaften.
Auf der anderen Seite steht die Welt des Elitegymnasiums und der Reichen, doch auch hier ist nicht alles nur Friede, Freude, Eierkuchen. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Gesellschaftsschichten und nicht schwarz-weiß geprägte Darstellung haben mir ganz gut gefallen, auch wenn sich zwischendurch natürlich auch manche Klischees nicht ganz vermeiden ließen.

Auch Chrissy selbst war mir schnell sympathisch, sie versucht ihren eigenen Weg zu gehen, sich dabei aber auch selbst treu zu bleiben. Statt die Einladung des Gymnasiums direkt anzunehmen, denkt sie erstmal ausführlich darüber nach, was sie für mich auch nochmal authentischer gemacht hat.
Auch die Nebencharaktere sind mir teilweise ans Herz gewachsen, bei manchen hat es jedoch ein wenig gedauert. Zwischendurch gab es immer wieder mal tolle lustige, chaotische Szenen mit ihnen.

Der Schreibstil hat mir durchweg gut gefallen, immer wieder gibt es kluge Beobachtungen und Metaphern. Dadurch dass die Autorin im gleichen Alter wie die Protagonistin ist, wirkt es auch sehr passend zum Alter. Vielleicht auch gerade deswegen hätte ich jedoch nicht vermutet, dass teilweise doch recht heftige Szenen vorkommen würden, daher möchte ich zukünftige Leser nochmal auf die Triggerwarnungen hinweisen.
Ein paar Kleinigkeiten waren aus meiner Sicht auch etwas unlogisch oder übertrieben, jedoch hat mich das nicht allzu sehr gestört.
Im Großen und Ganzen ein berührendes und schön geschriebenes Debüt!

Bewertung vom 05.05.2025
Blood of Hercules / Villains of Lore Bd.1
Mas, Jasmine

Blood of Hercules / Villains of Lore Bd.1


sehr gut

Die Welt von Alexis ist quasi unsere, mit den Unterschieden, dass es "Götter" wirklich gibt und die Welt im Jahre 2099 ziemlich unbewohnbar ist.
Zu Beginn werden die Lebensumstände und geschichtlichen Hintergründe kurz vorgestellt, was ich recht hilfreich für einen schnellen Einstieg in die Geschichte fand.
Im weiteren Verlauf erfährt man neue Infos dann jedoch hauptsächlich zusammen mit Alexis, sodass man auch neugierig und gespannt bleibt.

Die Welt selbst war für mich einer der großen Pluspunkte der Geschichte: Leicht post-apokalyptisch, mit dystopischen Zügen und dazu die alten griechischen Götter - eine wilde Mischung, die irgendwie aber gut funktioniert.
Auch war alles wesentlich brutaler und gnadenloser als ich gedacht hatte, Mord und Totschlag gehört quasi zum Nachmittagstee.
Aus unserer Sicht gehen manche Charaktere damit viel zu locker um, jedoch gehört es teilweise einfach zu ihrer Lebensrealität, deshalb will ich es nicht zu sehr kritisieren.

Auch Alexis ist keine typische Heldin, sie ist voller körperlicher und seelischer Narben, obdachlos und vertraut niemandem außer ihrem Bruder und einer unsichtbaren Schlange. Diese Umstände und die Tatsache, dass sie zwar etwas besonderes ist, aber trotzdem erstmal niemand nett zu ihr ist, fand ich auf eine böse Art sogar ganz erfrischend. Ihre sarkastische und zynische Art konnte auch immer wieder bei mir punkten.

Der Schreibstil ist jetzt nichts Außergewöhnliches, aber man kann das Buch gut und flüssig lesen, auch das Tempo fand ich durchweg angemessen. Immer wieder passiert etwas Spannendes und man möchte mehr über Alexis Herkunft und die Welt erfahren.
Manche Kleinigkeiten erschienen mir jedoch nicht sooo logisch, z.B. leidet die "Göttergesellschaft" an Nachwuchsproblemen, sorgt dann aber dafür, dass kaum ein Kind überlebt. Als Leser ist man öfters mal genauso verwirrt wie Alexis.
Nichtsdestotrotz bin ich schon gespannt auf den nächsten Band.

Bewertung vom 30.04.2025
What the River Knows / Geheimnisse des Nil Bd.1
Ibañez, Isabel

What the River Knows / Geheimnisse des Nil Bd.1


sehr gut

Als Inez vom Tod ihrer Eltern erfährt, macht sie sich kurzerhand alleine von Argentinien auf ins ferne Ägypten, dem Herzensland der Eltern.
Die Geschichte wird als Romantasy betitelt, jedoch finde ich dies nicht so wirklich passend. Zunächst spielt die Handlung im Jahre 1884, sodass ein toller historischer Aspekt den Rahmen bildet: monatelange Schiffsreisen, frühe Eisenbahnen, Korsetts und Anstandsdamen um ein paar Beispiele zu nennen.
Ägypten wird durch eine grobe Karte und Chronik dem Leser kurz vorgestellt, dazu gibt es am Ende eine Nachbemerkung der Autorin über den historischen Kontext.
All dies hat mich sehr begeistert, denn auch wenn hier natürlich viel frei erfunden ist, konnte man doch auch ein bisschen was dazulernen und in die damalige Zeit eintauchen.
Auch die Darstellung der ägyptischen Kultur und der dortigen Atmosphäre hat mir gut gefallen, immer wieder lassen kleine Details die Welt lebendig wirken.
Besonders wenn man selbst schon mal auf dem Nil unterwegs war, erkennt man einiges wieder und fühlt sich direkt ein wenig heimisch.
Ebenfalls positiv aufgefallen ist mir die Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Probleme, die immer wieder Teil der Handlung wurde.

Nun, jetzt zum Thema "Romantasy": In dieser Welt gibt es auch Magie, aber in einer eher dezenten Form. Das Magiesystem fand ich durchaus interessant, hätte mir jedoch vielleicht noch ein bisschen mehr Fokus darauf gewünscht oder zumindest mehr Infos.
Zum Romance-Teil gehört Charakter Whit, der immer wieder auch kurz zum Erzähler wird. Während ich ihm am Anfang eher langweilig und ein wenig unsympathisch fand, hat sich dies im Laufe der Handlung etwas gebessert, auch wenn ich noch nicht komplett von der Liebesgeschichte überzeugt bzw. emotional involviert bin.
Generell war der Start ein wenig langsam, es wird gefühlt mehr Wert auf die Vorstellung von Inez, ihrer Familie und Ägypten gelegt, ohne dass viel passiert.
Dafür gibt es zwischendurch immer wieder mal überraschende Wendungen und auch interessante Zeichnungen, Briefe und Übersichten im Text.
Für Fans von historischen Geschichten und Ägypten auf jeden Fall zu empfehlen!

Bewertung vom 29.04.2025
Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
Hazelwood, Ali

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe


ausgezeichnet

Die Geschichte von Olive und Adam ist eine typische RomCom rund um Fake Dating - und sich dessen auch auf tolle, selbstironische Art bewusst.
Olive kennt alle Tropes und so werden direkt mal Regeln aufgestellt, auch wenn das natürlich die Macht der RomCom nicht aufhalten kann.
Auf diese Art sollte man die Geschichte auch lesen: Es ist manchmal vorhersehbar, es werden auch einige Klischees bedient, aber auf eine solch lustige und lockere Art, dass es mich so gar nicht gestört hat.
Während es mich in anderen Büchern eher stören würde, dass ein Missverständnis aufgrund fehlender Kommunikation nicht schnell geklärt wird, fühlte es sich hier irgendwie richtig an, quasi "das muss so sein".

Generell hat das Buch einfach echt viel Spaß gemacht, Erzählerin Olive war mir sehr sympathisch und eine tolle Mischung aus chaotisch-lustig und intelligent.
Ihre Gespräche mit Adam haben mir regelmäßig ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und mich super unterhalten, und wenn mal was schief ging konnte ich auch direkt mitfühlen und mein Buch anmeckern.
Auch der Freundeskreis war cool, von ihm hätte ich sogar gerne noch mehr gelesen.
Das Setting hat zugleich erlaubt, auf wichtige Themen wie Sexismus und Diskriminierung von Frauen in MINT-Fächern aufmerksam zu machen, was nochmal mehr Relevanz hat, wenn man bedenkt, dass die Autorin selbst eine Professorin auf diesem Gebiet ist.

Bewertung vom 23.04.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Großmutter, Mutter und Tochter, in Polen, dem Libanon und Deutschland - die Grundidee und den Aufbau des Buches fand ich super.
Jede der Frauen hat ihre eigenen Kapitel, in denen wir sie besser kennenlernen und teilweise auch in mehreren Lebensabschnitten begleiten: Wir erleben alle drei als Studentinnen, Mutter Daria und Großmutter Lyudmila dann zusätzlich noch bei ihrer späteren Karriere und Schwangerschaft/Zeit als Mutter.
Dies fand ich schön gestaltet, so konnte man Parallelen zwischen den Leben, aber auch Unterschiede gut erkennen. Die verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven fördern auch das Verständnis für andere Menschen. Während mir eine Person zunächst eher unsympathisch erscheint, ändert sich dieser Eindruck wieder, wenn ich die Geschichte aus ihrer Sicht erlebe.
Die Botschaft dahinter ist stark, jedoch kann es zwischendurch auch etwas frustrierend sein, wenn man feststellt, dass sich einige Probleme der Frauen mit besserer Kommunikation vermutlich in Luft aufgelöst hätten.

Komplett warm bin ich auch mit keiner der Frauen geworden, selbst mit all dem dazugewonnenen Verständnis gab es doch noch Situationen, in denen ich ihre Handlungen und Entscheidungen so gar nicht nachvollziehen konnte. Ich glaube hier hätten ein paar Seiten mehr dem Buch gut getan, für drei Generationen ist es doch recht kurz und bleibt dadurch manchmal leicht oberflächlich.
Andererseits lässt es sich auch deswegen recht schnell und angenehm lesen, auch die Sprache ist gelungen. Die Gefühle werden immer wieder auf sehr kreative Art beschrieben und die Wissenschaften der Frauen finden auch ihren Weg in die Sprache, so studiert beispielsweise Tochter Lucy Informatik und drückt ihre Gedanken gerne in Computer-Methapern aus.
Zwischendurch gibt es auch immer wieder mal lustige Momente, vor allem durch die unterschiedlichen Länder und Kulturen, davon hätte ich gerne noch mehr gelesen, z.B. mehr Zeit im Libanon verbracht.

Bewertung vom 21.04.2025
Hope
Harbison, Niall

Hope


ausgezeichnet

Niall Harbison hat sich der Rettung von Straßenhunden in Thailand verschrieben und teilt regelmäßig deren Schicksale auf Social Media.
Mir war er vor Lektüre dieses Buches jedoch noch unbekannt, was aber auch gar nicht schlimm war.
Im ersten Drittel erzählt er zunächst einen Teil seiner persönlichen Geschichte, sodass man ihn und seine Motivationen besser kennen- und verstehen lernt. Hierbei zeigt er sich verletzlich und lässt tiefe Einblicke zu, berichtet reflektiert über seine Suchterkrankungen und Mental Health Probleme. Die Länge fand ich dabei angemessen, es ist ausführlich genug, ohne den Fokus zu verlieren.
Auch hat mir gefallen, dass alles chronologisch erzählt wird. In Verbindung mit dem lockeren Schreibstil lässt sich das Buch so super lesen.

Der Rest des Buches ist den Straßenhunden gewidmet, wobei manche von ihnen auch eigene Kapitel bekommen, um ihre Geschichte ausführlich zu erzählen.
Leider gibt es kein Bildmaterial, was ich bei Büchern des Genres sonst immer schön finde, jedoch findet man von den vorgestellten Hunden viele Videos auf Youtube, die ich nach der Lektüre noch empfehlen kann.
Harbison berichtet von seinen ersten Schritten als Hunderetter, erklärt seinen Tagesablauf und kann schließlich immer größere Erfolge verzeichnen.
Aber auch die Schattenseiten werden hier beleuchtet, all das, was von den positiv gestimmten Kanälen ansonsten ferngehalten wird: Traumatisierte und sterbende Hunde, viel zu viele Welpen, Rückschläge und auch brutale Einheimische, für die ein Hundeleben nichts wert ist.
Von daher muss ich hier auch eine kleine Warnung aussprechen, falls man kein Tierleid ertragen kann, sollte man von diesem Buch eher Abstand halten. An vielen Stellen hat mich die Erzählung im positiven und negativen Sinne zu Tränen gerührt.
Dabei wird aber auch aufgezeigt, was wir alles von den Hunden lernen können, sie geben uns viele wichtige Lektionen für das Leben mit auf den Weg.
Darunter wohl die Wichtigste, die auch im Titel zu finden ist: Hoffnung.

Bewertung vom 20.04.2025
Cinema Love
Tang, Jiaming

Cinema Love


sehr gut

Ein heruntergekommenes Kino in China ist für viele Männer ihr geheimes Paradies: Hier können sie in der Dunkelheit ihre Homosexualität ausleben, nur um danach zu ihren ahnungslosen Frauen zurückzukehren.
Als Leser begleitet man mehrere Charaktere, deren Schicksale durch dieses Kino verbunden sind, über Jahrzehnte hinweg. Hierbei springt die Geschichte öfters in der Zeit herum und wechselt auch schnell die Perspektive, was eventuell kurz verwirren kann, für mich war es jedoch noch im angenehmen Bereich und interessant zu lesen.

Auch die Themen waren spannend, während man zunächst einen Einblick in die chinesische Kultur bekommt, weitet es sich später noch auf die Probleme (chinesischer) Migranten in den USA aus. Die Darstellung der verbotenen Liebe wird zu einem Porträt der Liebe in all ihren Formen: Was zeichnet eine Ehe aus? Wie gehen die Charaktere mit Eifersucht, Enttäuschung, Sehnsucht und Verrat um?
Ich fand die Charaktere hierbei durchweg authentisch, auch oder gerade weil sie das Gegenteil von perfekt waren und teilweise zweifelhafte Entscheidungen getroffen haben. Dabei weiß ich nicht mal, ob ich überhaupt einen von ihnen wirklich mochte, aber ich habe irgendwie trotzdem gespannt ihre Geschichte verfolgt.
Hierbei muss ich jedoch kritisieren, dass so im letzten Drittel zwischenzeitlich für mich kurz die Luft raus war: Dies ist kein Roman, in dem wahnsinnig viel passiert, stattdessen erhält man einfach einen Einblick auf Ausschnitte des Lebens mehrerer Personen über die Jahre hinweg. Kurz vor Ende hat sich dies für mich dann aber doch ein wenig gezogen.

Absolut positiv hervorheben muss man jedoch auf jeden Fall den Schreibstil! Der Autor schafft schnell eine ganz besondere Atmosphäre, die einen direkt in ihren Bann zieht. Die Erzählung ist immer wieder schon fast poetisch geschrieben und überzeugt mit Wortgewalt und einer starken Symbolkraft. Immer wieder finden sich kleine Satzjuwelen, die man gerne nochmals liest.

Bewertung vom 18.04.2025
OKEN

OKEN


ausgezeichnet

Dieser Comic schafft, was zunächst unheimlich schwierig erscheint: Er wandelt die Worte und die Geschichte des Dichters Yang Mu in wunderschöne Bilder um, die auch ohne viele Worte eindrucksvoll Emotionen vermitteln.
Dabei werden eine Vielzahl von Themen aufgegriffen, ohne den Leser jedoch zu überfordern. Man wächst zusammen mit dem jungen Yang Mu, genannt Oken, in der Zeit des 2. Weltkriegs in Taiwan auf und erlebt die anschließenden politischen Geschehnisse aus seinen kindlichen Augen.

Zunächst zu den Bildern: Der Comic ist durchgängig in Farbe und wirkt qualitativ hochwertig. An die Darstellung der Menschen musste ich mich kurz gewöhnen, jedoch fand ich es mit jeder Seite passender. Manche Seiten sind künstlerisch sehr beeindruckend, andere entwickeln ohne große Effekte im Kontext extreme Symbolkraft. Man fühlt die Bilder und wird schnell in ihren Bann gezogen, manchmal hatte ich richtig Gänsehaut. Tragische Erlebnisse werden gleichzeitig bedrückend, aber auch unheimlich poetisch dargestellt, man merkt die poetischen Züge des zugrunde liegenden Werkes.

Auch die erzählte Geschichte fand ich sehr interessant, vor allem, da mir die Geschichte Taiwans vorher noch komplett unbekannt war. Man bekommt wichtige Sachen kurz erklärt zur besseren Einordnung, was ich sehr hilfreich fand, auch weil sich die Anmerkungen auf die Kerninformationen beschränkt haben.
Es werden oft berührende Kontraste verwendet, man erlebt ein Land im Krieg und späteren kulturellen Wandel mit den dazugehörigen Schrecken, sieht dies alles aber auch aus der kindlichen Sicht von Oken. Die Flucht vor Bombenangriffen wird zur abenteuerlichen Reise, fremde Kulturen und Soldaten üben eine besondere Faszination aus, erste romantische Gefühle führen zu Verwirrung.
Auch gibt es ein ausführliches Nachwort des Autors und an der Entstehung beteiligter Personen, das ich ebenfalls sehr interessant fand, man bekommt noch mehr Kontext geliefert und einen Blick hinter die Kulissen.

Bewertung vom 18.04.2025
Der Gesang der Seeschwalben / Die Bücherfrauen von Listland Bd.1
Engelmann, Gabriella

Der Gesang der Seeschwalben / Die Bücherfrauen von Listland Bd.1


gut

Die Grundidee des Romans fand ich super: Auf 2 Zeitebenen wird die Familiengeschichte der 85-jährigen Bücherfrau Fenja erzählt. Wir begleiten ihre Mutter Lene im Jahre 1937, aber auch die Journalistin Anna in der Gegenwart, die ein Buch über Fenja schreiben will.
Hierbei hat mir gut gefallen, dass wir die Insel Sylt und Nordfriesland im Wandel der Zeiten erleben und auch die Auswirkungen des Antisemitismus und Krieges dort miterleben können. Auch interessante Details zur Verlagsarbeit oder bekannten Schriftstellern finden sich immer wieder mal in der Geschichte.

Generell ist dies als Wohlfühlroman angelegt, was teilweise gut gelingt, teilweise jedoch auch etwas zu wünschen übrig lässt.
So sind die Beschreibungen der Landschaften, Tiere und generell des Insellebens wirklich schön und lassen Urlaubsstimmung aufkommen, manchmal fand ich die Menge jedoch etwas übertrieben. Es kam zwischendurch der Eindruck auf, als sollte der Text gestreckt werden mit zusätzlichen Beschreibungen, hier wäre weniger mehr gewesen.
Dafür ging es mir bei den Liebesgeschichten wiederum etwas zu schnell, ich konnte die plötzlichen starken Gefühle nicht so ganz nachvollziehen oder in dieser Sache mitfühlen.
Gut gelungen waren dagegen die familiären Gefühle und das Verhältnis von Eltern und Kindern, auch wenn ich manche Reaktionen nicht ganz einordnen konnte.

Ich hätte es besser gefunden, wenn man keine Dilogie aus der Geschichte gemacht hätte, so zieht sich die Erzählgeschwindigkeit doch immer wieder etwas. Auf interessante Abschnitte folgen Wiederholungen, vieles ist vorhersehbar und wirklich überrascht wird man dann auch nicht mehr. Auch gab es für meinen Geschmack zu viele Zufälle, die mit "Schicksal" erklärt wurden.
Die relevanten Teile fand ich grundsätzlich nicht schlecht, besonders die Erzählungen der Vergangenheit habe ich gerne gelesen, nur der Rest war mir dann doch etwas zu sehr in die Länge gezogen.