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Lu

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2024
VIEWS
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


sehr gut

gewohnt politisch, ungewöhnlich alarmierend

Mit "Views" hat Marc-Uwe Kling seinen ersten Krimi veröffentlicht. Die BKA Kommissarin Yasira muss das Verschwinden der 16-jährigen Lena Palmer aufklären. Ein Fall der sich schnell zu einem bundesweiten Politikum entwickelt. Es geht um rechtsradikale und rassistische Bewegungen, die sich wie ein Lauffeuer verbreiten.
Die Geschichte ist spannend und zügig erzählt. Yasira ist eine tolle Protagonisten mit viel Tiefe, etwas was männlichen Autoren selten gut gelingt.
Der Krimi ist in gewohnter Kling Manier politisch: er benennt rassistische und sexistische Strukturen und übt deutliche Kapitalismuskritik. Leser:innen von "Qualitiland" werden das bereits kennen. Ungewöhnlich für Kling ist der ernste und alarmierende Ton, den dieser Krimi anschlägt. Man darf hier keinen humoristischen Krimi erwarten. Gerade das Ende lässt einen mit einem Kloß im Hals zurück. Die Geschichte endet hier sehr abrupt, da hätte man sich durchaus noch ein paar Seiten Platz gönnen kommen, um die Story abzuschließen.
Marc-Uwe Kling liest wie üblich sein Hörbuch selbst. Ich höre ihm gerne zu.

Bewertung vom 17.06.2024
Im Krankenhaus / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.75
Kessel, Carola von

Im Krankenhaus / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.75


ausgezeichnet

Kindgerecht im Krankenhaus

Das Buch "Im Krankenhaus" aus der Reihe Wieso Weshalb Warum Junior erklärt kindgerecht den Alltag im Krankenhaus. Dabei werden Fragen beantwortet wie "Wie verläuft eine Operation?", "Wann kann ich wieder nah Hause?" oder "Wie funktioniert eine Geburt?". Die vielen Klappen laden zum Erkunden und Entdecken ein. Die kurzen Texte schildern prägnant in kindgerechter Sprache die verschiedenen Situationen. Die Bilder sind detailreich und im typischen Wieso Weshalb Warum Stil und erhöhen so den Wiedererkennungswert für die Kinder.
Das Bilderbuch ist für Kinder ab zwei Jahren gut geeignet, nicht nur, um ihnen die Angst vorm Krankenhaus zu nehmen, sondern auch, um die Neugier über den Krankenhausalltag zu befriedigen. Wir haben viel Spaß mit den Büchern der Wieso Weshalb Warum Reihe und auch dieses Buch kommt bei uns gut an.

Bewertung vom 04.06.2024
Experienced. Die Liebe bietet unbegrenzte Möglichkeiten
Young, Kate

Experienced. Die Liebe bietet unbegrenzte Möglichkeiten


sehr gut

Lesbisched Dating

Mit "Experienced" hat die Autorin Kate Young einen kurzweiligen, queeren Liebesroman geschrieben. Ich lese sehr gerne Geschichten mit lesbischen Protagonistinnen und queere Lovestorys. Darum habe ich mich auch sehr über diesen Debütroman gefreut.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Der unerfahrenen Protagonistin Bette wird von ihrer neuen Freundin, Mei, eine Beziehungspause auferlegt, um sich mehr im lesbischem Liebesleben auszuprobieren.
Bette stürzt sich ins Online Dating mit allen Höhen und Tiefen. Kate Young erzählt dabei auch erotische Szenen mit einer Leichtigkeit und einem Prickeln ohne plump zu wirken. Das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Geschichte sehr vorhersehbar ist. "Experienced" bleibt ein seichter Liebesroman, wenn auch aus lesbischer Perspektive. Durch das erste Drittel des Buches musste ich mich zugegeben etwas durchkämpfen, da Mei leider sehr unsympathisch ist und ihre Figur sehr diffus bleibt.
Als Urlaubslektüre sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 26.04.2024
Mit den Jahren
Steenfatt, Janna

Mit den Jahren


ausgezeichnet

Einfühlsam und Melancholisch
Schon Janna Steenfatts ersten Roman habe ich verschlungen. Auch ihr zweites Werk "Mit den Jahren" hat meine Erwartungen nicht enttäuscht.
Der Roman wird aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt: Lukas als Künstler in seinem Atelier, seine Frau Eva und Jette, die noch relativ neu in Leipzig ist.
Alle drei werden unglaublich nah und einfühlsam beschrieben. Janna Steenfatt erzählt von allein auf eine liebevolle Weise. Dabei hat die Geschichte stets einen melancholischen Unterton. Alle drei sind auf der Suche. Auf der Suche nach dem guten Leben oder danach wie es sich anfühlt, in den mittleren Jahren zu sein.
Besonders gefallen hat mir, dass es man die Stadt spürt, in der der Roman spielt. Die Stimmung, die Leipzig ausstrahlt, wird auch im Buch vermittelt und es werden ostdeutsche Biographien zum Thema gemacht.
Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.04.2024
Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt
Fitzgerald, Louise

Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt


sehr gut

Gutenachtgeschichte zum Mitmachen

Diese Gutenachtgeschichte ist toll illustriert. Auf den Bildern finden sich verschiedene Tiere, die auf dem Weg ins Bett sind. Die Bilder sind liebevoll gestaltet und es finden sich immer wieder süße Details.

Wer allerdings eine echte Gute-Nacht-Geschichte sucht, ist hier falsch. Das Buch ist eher eine gemeinsame Mitmachanleitung für ein Abendritual. Es wird sich gestreckt und gemütlich eingerichtet und auf die eigentliche Geschichte hin gefiebert. Diese ist mit nur zehn Wörtern dann wirklich kurz. Die Handlungsanweisungen sind kindgerecht und machen Spaß.

Das Buch ist sicher nichts für jeden Abend und das schnelle ins Bett bringen, denn durch die vielen Handlungsanweisungen wirkt es eher aktivierend als beruhigend. Wenn man etwas Zeit hat, macht es aber viel Spaß zum Beispiel gemeinsam Kuscheltiere zu suchen oder einen Schwur zu sprechen. Das Buch nimmt dem Kind auch das Versprechen ab, dass nach der Gutenachtgeschichte geschlafen wird.

Bewertung vom 06.09.2023
Terafik
Karkhiran Khozani, Nilufar

Terafik


sehr gut

persönlich und bewegend
In ihrem Debütroman "Terafik" erzählt Nilufar Karkhiran Khozani eine bewegende Familiengeschichte zwischen Iran und Deutschland.

Die Protagonistin, welche den selben Vornamen trägt, wie die Autorin, Nilufar, ist Deutsch-Iranerin. Sie lebt in Berlin und arbeitet als Psychologin. Ihren Vater, der in Iran lebt, hat sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Jetzt als Rentner kann er sie endlich überreden ihn in Iran zu besuchen.

Nilufar ist anfangs skeptisch. Sie spricht kaum persisch, war noch nie in Iran und kennt die meisten Familienmitglieder nur aus Erzählungen. Mit einem Koffer voller Merci und Haribo fährt sie schließlich doch.

Die Autorin beschreibt nicht nur die Beziehung zwischen Nilufar und ihrem Vater, sondern schildert auch ein eindrucksvoll die Lebensrealität in Iran. Dabei kommt nicht nur die Zerrissenheit von Nilufar zum Ausdruck, sondern auch die Zerrissenheit der Iranischen Gesellschaft.

Die Geschichte wird in zwei Zeitschichten Erzählt. Wir erfahren nicht nur Nilufars Geschichte, sondern auch die ihres Vaters in den 1970er Jahren in Deutschland: von seinem Studium und einer Firmengründung. Beide Charaktere werden dabei liebevoll gezeichnet und ihre Gedankenwelt in einer klaren Sprache offen gelegt. Empfehlenswert!

Bewertung vom 28.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


ausgezeichnet

Empfehlenswert!

Mit "Bei euch ist es immer so still" hat Alena Schröder einen großartigen Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung geschrieben. Dieser beschreibt die Vorgeschichte des Bestsellers "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" ist aber auch ohne das Wissen darum toll zu lesen und eine in sich geschlossene Geschichte.
Silvia verlässt 1989 kurz vor der Wende mit ihrer wenige Monate alten Tochter Berlin. Sie fährt zu ihrer Mutter Evelyn nach Bayern in ein kleines Dorf. Dort sehen sich beide mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit konfrontiert und finden durch die kleine Hannah zueinander.
Das Buch ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Zeitschichten erzählt. Dabei wird schnell klar, dass es nicht die eine Wahrheit gibt, um die Vergangenheit zu beschreiben. Alle Charaktere sind liebevoll ausdifferenziert und nehmen die Leserin mit in ihrer Gedankenwelt. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen!

Bewertung vom 31.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


gut

Familienportrait

In seinem Debütroman schreibt der Autor und Journalist Philipp Oehmke über die Familie Schönwald. Was dabei entsteht ist ein über 500 Seiten langer Gesellschaftsroman, der die Geschichte einer Familie aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Da geht es um die Tochter Karolin, die in Berlin einen "kwieren" Buchladen eröffnen will (wie die Mutter das Wort "Queer" erst versteht). Oder um den älteren Bruder Chris, der als Literaturprofessor in die USA gekommen ist, um dort die politischen Lager zu wechseln und in Trumps Wahlkampfteam einsteigt. Und es geht um den jüngsten Bruder Benni, der reich heiratet und versucht den Ansprüchen seiner Frau gerecht zu werden.
Oehmke baut damit ein komplexes und vielschichtiges Portrait einer Familie. Doch er versucht auch zu viele popkulturelle und politische Themen unserer Zeit in einem Roman zu verarbeiten. So werden viele Interessante Geschichten aufgemacht aber nicht alle zu Ende erzählt. Etwas mehr Knackigkeit hätte dem Buch gut getan, denn es hat auch viele tolle Passagen, die gut erzählt sind.

Bewertung vom 01.06.2023
Zwischen Himmel und Erde
Rodrigues Fowler, Yara

Zwischen Himmel und Erde


sehr gut

Atmosphärisch!

Mit dem Titel "Zwischen Himmel und Erde" hat die Autorin Yara Rodrigues Fowler ein Buch über Freundschaft, Identität und Mut geschrieben. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur zeitgeschichtlich das Jahr 2016 (vor allem in Brasilien und England), sondern auch die Lebensgeschichte zweier Frauen, welche in diesem Jahr in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Beide haben brasilianische Wurzeln doch ihre Geschichten sind sehr unterschiedlich. Man begleitet die beiden Protagonistinnen Melissa und Catarina durch ihren Alltag und wie beide durch ihre Verbundenheit zu Brasilien immer mehr zusammenwachsen.
Der Schreibstil ist sehr poetisch: mit Liedern, Gedichten und Texten auch immer wieder auf Portugiesisch. Das macht den Schreibstil insgesamt eher anspruchsvoll, da man sich als Leserin konzentrieren muss, um bei der Geschichte zu bleiben. Das Buch richtet sich daher vor allem an Menschen, die Interesse an zeitpolitischem Geschehen und der Geschichte Brasiliens/Englands haben. Dann wird man hiermit sicher viel Freude haben!

Bewertung vom 24.04.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


sehr gut

Rau und zynisch

Die Protagonistin aus "Keine gute Geschichte", Arielle, kommt aus dem armen Stadtteil Essen Katernberg. Jetzt lebt sie allerdings als Social-Media-Managerin in Düsseldorf. Der Gegensatz könnte nicht größer sein. Und genau das ist auch ihr Ziel, selbst als das Schicksal sie zurück an den Ort ihrer Kindheit führt. Ihr großes Thema ist die Abgrenzung zu den Menschen in Katernberg, vor allem zu denen, die niemals weggezogen sind. Sie hält sich für etwas besseres und begegnet alten Bekannten mit Überheblichkeit.

Doch Arielle hadert vor allem mit ihrer eigenen Kindheit. All ihre Gedanken im Roman sind an ihre verschwundene Mutter adressiert. Das wirkt oft traurig, gibt Arielle aber die Bestätigung: "Ich hatte eine Mutter.". Arielle ist tough und zynisch. Die Sprache des Romans ist oft rau. Arielle ist zwar nicht in jeder Situation sympathisch aber immer interessant.

Ein total aktueller Roman, der den Ton der Zeit trifft und mit einer gelungenen Kulisse abseits von Berlin auskommt.