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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 1120 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2025
Wachs
Wunnicke, Christine

Wachs


ausgezeichnet

Christine Wunnike entführt ihre Leserschaft in das vorrevolutionäre Paris des 18. Jahrhunderts. Noch herrscht Ludwig XV. (1710-1774) und seine Entourage, die dann von Ludwig XVI. (1754-1793) sowie von der Revolution 1789 und der Schreckensherrschaft abgelöst werden. Doch es ist nicht das Königshaus, das hier im Mittelpunkt steht, sondern zwei Frauen, die sich lange vor der politischen Revolution revolutionär verhalten: Marie Bihéron (1719-1795) und Madeleine Basseporte (1701-1780).

Die beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begegnen einander bei einem Malkurs, den Bassporte für Mädchen gibt, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Während die meisten Schülerinnen sich mit zarten Blumenornamenten und Bordüren plagen, zeichnet jugendliche Marie Bihéron innere Organe, die sie zuvor gekauften Leichen entnommen hat. Marie will Anatom werden und zwar der beste.

Schnell erkennen beide, dass in den anatomischen Zeichnungen Maries wahre Begabung liegt. Dann verlegt sich Marie auf die Herstellung von anatomischen Wachsmodellen, sogenannte Moulagen. Das Mekka der Erzeugung dieser Modelle liegt in England, wohin Marie auch mehrmals reist. Während Marie ihre originalgetreue anatomische Moulagen an Wissenschaftler und an die Königin verkaufen kann, wird Madeleine Gartengestalterin bei den Bourbonen. Sie korrespondiert mit dem schwedischen Forscher und Botaniker Carl von Linné (1707-1778), der ihre detailgetreuen Abbildungen schätzt.

Aus der Lehrerin/Schülerin-Beziehung ist schon längst ein gleichgeschlechtlich liebendes Paar geworden, das mehr oder weniger unbehelligt zusammenlebt. Männer kommen in diesem historischen Roman selten vor. Und wenn, dann in Nebenrollen. So begegnen wir dem jugendlichen Dichter Denis Diderot (1713-1784) oder den Mitgliedern der Académie des sciences, die Frauen weder fördern noch in ihrer Mitte haben wollen.

Die Geschichte der beiden Frauen wird in zwei Ebenen erzählt. Neben der Zeit, die sie miteinander verbringen, erfahren wir auch einiges über das Leben der alternden Marie Bihéron in den Jahren nach Madeleine Basseportes Tod 1780, die durch die Revolution von 1789 die bisherige Ordnung über den Haufen wirft.

Hier wundert es mich doch ein wenig, dass Marie Bihéron die Jahre der Terrorherrschaft der Jakobiner, die erst mit der Hinrichtung von Maximilien Robespierre 1794 ihr Ende findet, überlebt hat.

Wer Moulagen in natura sehen will, so kann man die in zahlreichen Museen sehen. Darunter in der Berliner Charité oder rund 200 Stück im Josephinum im Wien, das von Kaiser Joseph II. als Ausbildungsstätte für Militärärzte gegründet worden ist.

Fazit:

Dieser historische Roman, der die wahrlich revolutionären Lebensgeschichten zweier Frauen im vorrevolutionären Frankreich beschreibt, hat mir sehr gut gefallen. Von mir aus hätte er gerne ausführlicher sein können, trotzdem erhält das Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 29.08.2025
Zeitensturm / Blankenese - Zwei Familien Bd.3 (eBook, ePUB)
Grünig, Michaela

Zeitensturm / Blankenese - Zwei Familien Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mit diesem dritten Teil der Blankeneser Familien-Saga, der in den 1970er-Jahren spielt, beendet Michaela Grünig ihre Trilogie.

Wie immer gelingt es Michaela Grünig mit ihren Charakteren wie Sabine, Ulrike, Sonja, Kurt und Fanni die Gegensätze der verzweigten Familie lebendig und authentisch zu zeichnen. Für die Darstellung der historischen Hintergründe hat sie penibel recherchiert. Einige von uns haben noch eine vage Erinnerung an ihre Kindheit und Jugend, die in dieses Jahrzehnt fallen. Am Beispiel Sabine zeigt die Autorin, wie leicht junge, unsichere Menschen in die Hände von Fanatikern fallen können.
Es ist die Zeit der Proteste, die 1968 begonnen haben, als Studenten unter anderem nach der Rolle ihrer Väter und Großväter im NS-Regime gefragt haben und teils falsche oder enttäuschende Antworten erhalten haben. Es ist aber auch die Zeit des Aufbruchs und des Wandels im Allgemeinen - langhaarige Männer, die Pille und Minirock.

Doch es sind auch die Jahre des Terroranschlags in München 1972, einiger Flugzeugentführungen sowie der RAF (also nicht der Royal Air Force, sondern der Roten Armee Fraktion) in Deutschland und der Brigate Rosse in Italien, die durch Entführungen eine blutige Spur durch Europa ziehen. Ich kann mich an diese Zeit recht gut erinnern, denn auch die Entführung des Wiener Industriellen Walter Michael Palmers im Jahr 1977 gehört zu diesen Verbrechen. Da einer der Entführer im Haus meiner Oma gewohnt hat, ist mir diese Entführung, die zur Geldbeschaffung gedient hat, besonders in Erinnerung.

Es gibt aber auch andere, wie Beate und Serge Klarsfeld, die mit ihrer Jagd auf NS-Verbrecher für Schlagzeilen gesorgt haben. Das wird hier im Buch von Michaela Grünig sehr gut in die Handlung eingebaut, genauso wie die Rücksichtslosigkeit mancher Öl-Konzerne, die, wie hier am Beispiel der Jacobson-Reederei, die um Gewinne zu maximieren auf Sicherheitsvorkehrungen bei Tankschiffen, bewusst verzichtet haben. Diese Unfälle mit Tankschiffen sind die Geburtsstunde des Umweltschutzes.

Gut gefällt mir, dass Michaela Grünig ihre Figuren weiterentwickelt, nicht immer zum deren Vorteil. In einem, für sie typischen Statement, enthüllt die harte Geschäftsfrau Sonja Casparius ihr höchst persönliches Geheimnis.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden und an manchen Stellen durchaus brutalen Abschluss der Saga rund um die beiden Familien Jacobson und Casparius 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.08.2025
Rabenthron / Helmsby Bd.3 (eBook, ePUB)
Gablé, Rebecca

Rabenthron / Helmsby Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Buch spielt zwischen 1013 und 1066, also zeitlich VOR den beiden anderen Helmsby-Romanen (Das zweite Königreich und Hiobs Brüder).

Wie wir es von Rebecca Gablé gewohnt sind, ist auch dieser Wälzer penibel recherchiert. Mit ihrem profunden Wissen reiht die Autorin Schlacht an Schlacht und Intrige an Intrige.

Mitten drinnen als Bollwerk gegen fiktive und reale Fieslinge aller Art stehen die beiden fiktiven Helden, Ælfric of Helmsby und sein ehemaliger Gefangener Hakon Gunnarson, der ehrgeizigen Königin Emma zur Seite. Es ist die Zeit der Angelsachsen, der Dänischen Raubzüge, von schwachen Königen und mehrfachen Seitenwechseln der englischen Thanes und Eadormen sowie Söhnen aus verschiedenen Ehen des König Ethelred, der es ebenso wie Königin Emmas zweiter Gemahl Knud, verabsäumt hat, einen klaren Nachfolger zu bestimmen und dies auch schriftlich niederzulegen.

Daher beginnt nach Knuds frühen Tod (1035) ein Hauen und Stechen um Englands Thron beginnt ein Hauen und Stechen, dass dem Leser der Kopf raucht. Man muss schon sehr aufpassen, um sicher zu sein, wer nun gerade glaubt die besten Karten auf den Thron zu haben. Es tummeln sich zahlreiche gleichnamige Thronanwärter, die (Rebecca Gablé sei Dank) durch beschreibende Beinamen, unterschieden werden können. Söhne aus diversen ersten und zweiten legalen Ehen, Söhne aus Zweitfrauen oder überhaupt illegitime Söhne, die glauben, ein Anrecht auf den Thron zu haben etc.. Nun der eine oder andere wie Edward, den man als Edward der Bekenner kennen lernen wird oder William, der Bastard, warten im normannischen Exil auf ihre Chance.

Wer mitgezählt hat, wird sich vielleicht erinnern, dass von den insgesamt elf Prinzen zehn verbraucht worden sind, ehe 1042 ausgerechnet Edwards große Stunde schlägt, als er, nach dem Tod seines Halbbruder Hardeknut, der ihn als Nachfolger eingesetzt hat, 1043 zum König gekrönt wird. Es folgen 23 Jahre mehr oder weniger friedliche Jahre seiner Herrschaft.

Nach Edwards Tod im Jänner 1066 beginnt der Streit um den Thron erneut, den William der Bastard sofort nutzt und aus der Normandie übersetzt und angreift. Nach der Schlacht von Hastings im Oktober 1066 William traut sich vermutlich niemand mehr, in Bastatrd zu nennen. Jetzt heißt er William der Eroberer.

Alles klar? Einige mögliche Thronanwärter, die durch Unglücksfälle oder offensichtliche Attentate aus dem Weg geräumt worden sind, habe ich jetzt ausgelassen. Das könnt ihr ja genauer nachlesen.

Meine Meinung:

Rebecca Gablé zieht in diesem opulenten Mittelalterepos wieder alle Register. Als Leser kann man mit den Protagonisten in zugigen Burgen frieren, durch Moore stapfen, stürmische Überfahrten über den Kanal erleben und viele Feste feiern, vergiftete Speisen inklusive. Der Tod ist allerdings auch sonst nie weit entfernt. Kindbettfieber für die Frauen, eine hohe Kindersterblichkeit, Hungersnöte durch Plünderungen und allerlei Krankheiten sowie endlose Kriege, die Soldaten beider Seiten sterben lassen.

Der Thron der angelsächsischen Könige wackelt mehrmals und nicht immer sind Eindringlinge von außen, sondern immer wieder auch die eigenen Edelmänner, daran beteiligt.

Interessant auch die Rolle, die die Autorin, der Königin Emma zugedacht hat. Ich mag die intelligente, zielstrebige Emma, die wesentlich gebildeter und geeigneter als ihr erster Ehemann Ethelred der Unberatene, der diesen Beinamen nicht gänzlich zu Unrecht geraten hat, auftritt. Ihren zweiten Ehemann Knud erklärt sie, wie regieren in England funktioniert: Ohne die Kirche geht es einfach nicht.

Schmunzeln musste ich über den abenteuerlichen Eilmar, der mit seinen Flugversuchen in die Klosterannalen eingegangen ist.

Auf Grund der großen Anzahl von Mitwirkenden gibt es zu Beginn ein Personenverzeichnis, in dem die realen Persönlichkeiten mit einem Sternchen versehen sind.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Mittelalterepos, das mich gut unterhalten und fesselt hat, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.08.2025
In der Sache Apfelbaum
Pittler, Andreas

In der Sache Apfelbaum


ausgezeichnet

Historiker und Autor Andreas Pittler lässt seinen Oberst David Bronstein ein letztes Mal in seiner aktiven Dienstzeit ermitteln bevor er im November 1948 in den Ruhestand übertritt.

Es sind nur mehr wenige Tage bis Bronsteins Ruhestandsversetzung, als der Mord an der Prostituierten Josefine Dangl die Wiener Polizei in Atem hält. Bronstein erhält den Auftrag im Milieu zu ermitteln, wohin er doch so gute Kontakte hätte, wie sein Chef Berner im Kommissariat Leopoldstadt süffisant bemerkt. Nahezu gleichzeitig meldet ein betagter Mann die Entführung eines offensichtlich jüdischen Mannes durch vier Personen auf der Praterstraße. Wenig später wird die Leiche jenes Mannes aus der Donau geborgen, den Bronstein und eine alte Frau als Herschel Apfelbaum identifizieren, der 1938 gerade noch emigrieren konnte. Was hat ihn veranlasst im Herbst 1948 in das zerstörte Wien zurückzukommen?

Bei seinen von Chef Berner nicht goutierten Recherchen deckt Bronstein ein abgrundtief hässliches Verbrechen aus dem Jahr 1938 auf. Die damaligen Täter sonnen sich in ihrem Bewusstsein, dass alle ihre Taten, die sie während des NS-Regimes begangen haben, nun amnestiert sind. Die aktuelle politische Lage, niemand will mit den Nazis etwas zu tun gehabt haben und man möge doch bitte endlich die Vergangenheit ruhen lassen, macht es ihnen leicht.

Doch sie haben die Rechnung ohne Oberst Bronstein gemacht, dessen Gerechtigkeitssinn schon fast fanatisch zu nennen ist und der noch mit den Nazis noch eine sehr persönliche Rechnung offen hat. Wie häufig ermittelt er auf eigene Faust und kümmert sich wenig um die Anordnungen seines Vorgesetzten. Kann er die Sache Apfelbaum zu einem Abschluss bringen und anschließend in den Ruhestand gehen?

Meine Meinung:

Dieser 9. Fall für Oberst David Bronstein spielt im Jahr 1948 und ist daher zeitlich vor dem 8. Fall „Goodbye“ angesiedelt, der im Jahr 1955, dem Jahr in dem Österreich den lang ersehnten Staatsvertrag erhält und die die vier Besatzungsmächte endlich das Land verlassen, spielt.

Wie wir es von Historiker und Autor Andreas Pittler kennen, erklärt die Zusammenhänge der Politik ohne den Eindruck zu erwecken, Geschichtsunterricht zu erteilen. Diese unterschwellige Art historische Zahlen, Daten und Fakten zu vermitteln, ist die große Kunst des Andreas Pittler. Er vermittelt Geschichtsunterricht, ohne dass die Leser dies merken. Seine „Unterrichtseinheiten“ sind in den fesselnden Krimi eingebettet. Er bringt uns die Stimmung in Wien näher, ohne zu werten. Wir erleben die antisemitischen Ansichten zahlreicher historischer Persönlichkeiten wie von SPÖ-Innenminister Oskar Helmer und abwärts bis hin zur kleinsten und fiktiven Hausmeisterin. Geschickt verknüpft der Autor Fakten mit Fiktion.

Die Versorgungslage drei Jahre nach Kriegsende ist in Wien nach wie vor trist. Es mangelt an allem und jenem. Selbst wenn man über die entsprechenden Lebensmittelkarten verfügt, heißt das noch lange nicht, die aufgerufenen Güter des täglichen Lebens zu erhalten. Auch Zigaretten sind nur auf Karte (oder im Schleichhandel) erhältlich. Hier muss ich mich (obwohl ich Nichtraucherin bin) ein wenig empören, hat man doch den Frauen anfangs nur 20 Zigaretten pro Monat zugestanden, während Männer 40 Stück erhalten haben. Erst als eine Frau zu Gericht gegangen ist, um die gleiche Menge zu erhalten, hat man dem nachgegeben. Nun, immerhin soll mit Beginn des Jahres 1949 die Rationierung für Zigaretten aufgehoben werden. Ein kleiner Lichtblick für den starken Raucher Oberst Bronstein.
Die gesamte Handlung erstreckt sich zwischen dem 26. Oktober und dem 5. November 1948. Bronstein ist getrieben, diesen letzten Fall aufzuklären und die Täter vor Gericht zu bringen.

Die Charaktere sind wie gewohnt, authentisch beschrieben. So kann ich David Bronsteins Gedanken nach einem über 41 Jahre dauernden Berufsleben nachvollziehen, wenn er nicht weiß, was er mit seiner Freizeit anfangen soll. Frühere Weggefährten sind entweder ermordet worden oder einfach so gestorben oder wie sein ehemaliger Kollege und Freund Andreas Cerny in die Tschechoslowakei ausgewandert und hat dort Karriere gemacht. Die Jahrzehnte im Polizeidienst und die Politik haben Oberst David Bronstein zu einem einsamen Mann gemacht. Immerhin trifft er sich mit Heinrich, einem ehemaligen Polizisten zum Schach spielen - auch wenn Bronstein immer verliert.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Fall für Oberst David Bronstein wieder 5 Sterne und eine Leseempfehlung, die für die ganze Reihe gilt.

Bewertung vom 28.08.2025
Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1 (eBook, ePUB)
Prange, Peter

Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Freundschaft fürs Leben

Peter Prange, Meister von detaillierten historischen Romanen, entführt uns diesmal in das Jahr 1871. Zunächst geht es einmal in den mondänen böhmischen Kurort Karlsbad (heute Karlovy Vary in Tschechien) an dem sich Kaiser, Könige und alle, die etwas auf sich halten, zur Badekur (und ähnlichem) treffen.

Hier begegnen einander die britische Erbin Vicky, der deutsche Bauingenieur Paul und der französische Koch Auguste. Obwohl aus verschiedenen, oft miteinander verfeindeten Reichen und unterschiedlicher Herkunft, freundet sich das junge Trio an. Dennoch habe sie Gemeinsamkeiten: Sie sind zielstrebig und wollen Großes erreichen. Paul will am Bau der Rotunde, dem Gebäude der nächsten Weltausstellung, die 1873 in Wien stattfinden wird, mitarbeiten. Später dann, in seiner Heimatstadt Berlin soll, so schwebt ihm eine Prachtstraße, die dem Vergleich mit der Avenue des Champs Élysées in Paris nicht zu scheuen braucht, vor. Der junge, ehrgeizige Koch Auguste will der berühmteste Koch Frankreichs werden. Er hat es satt, immer herumkommandiert zu werden und will in Zukunft Chef seines eigenes Restaurant sein. Und Vicky? Als Enkelin von Joseph Paxton, dem Botaniker und Erbauer des Glaspalastes der Weltausstellung von 1851 in London, und Emily Paxton, deren Geschichte Peter Prange bereits in Die Rebellin erzählt hat, hat sie ihren eigenen Kopf. Sie will ihren eigenen Weg zur Völkerverständigung gehen und ist fasziniert von der Vorstellung, England und Frankreich mit einem Tunnel zu verbinden. Heirat, Ehemann und Kinder stehen nicht wirklich auf ihrem Plan.

Jeder der drei lebt sein eigenes Leben und Träume. Immer wieder ergibt sich die Gelegenheit sich zu treffen und gegenseitig zu unterstützen. Werden alle drei ihre Träume gegen alle Widerstände und Widrigkeiten des Lebens verwirklichen können?

Meine Meinung:

Wie wir es von Peter Pranges penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Romanen gewöhnt sind, ist auch dieser, der der erste einer Dilogie namens Herrliche Zeiten ist, sehr gut gelungen.

Wir erhalten Einblick in die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in England, Frankreich und dem Deutschen Reich, das eben durch Otto von Bismarcks Streben ein Kaiserreich geworden ist. Doch nicht nur der High Society gilt unsere Aufmerksamkeit, sondern auch dem Bürgertum und den Arbeitern, die den Prunk erst möglich machen.

Durch seine fesselnde und anschauliche Erzählweise erhalten wir Geschichtsunterricht, ohne uns dessen bewusst zu sein. Peter Prange gelingt es mühelos und subtil historische Persönlichkeiten sowie Fakten und Fiktion mit der Handlung zu verknüpfen.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung Dem Himmel so nah, der die nächste Generation begleiten wird. Das Buch erscheint im September 2025.

Fazit:

Diesem penibel recherchierten und gekonnt erzählten historischen Roman gebe ich gerne 5 Stern und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.08.2025
Goldstrand (eBook, ePUB)
Poladjan, Katerina

Goldstrand (eBook, ePUB)


sehr gut

„Goldstrand“ ist ein fast poetisch anmutendes Protokoll zahlreicher Sitzungen von Eli, einem erfolgreichen Filmregisseur, bei seiner Analytikerin. Elis Vater Felix ist als Kind mit seinem Vater Lew und seiner Schwester Vera aus dem nachrevolutionären Russland geflohen. Auf dieser Flucht verschwindet Vera vom Schiff, das sie nach Istanbul bringen soll. Ist sie über Bord gesprungen oder gefallen oder wurde sie gar gestoßen? Jedenfalls belastet dieses Ereignis sowohl Vater und Sohn. Sie werden jahrelang in einer Hütte am, später Goldstrand genannten, Strand an der bulgarischen Küste hausen und darauf warten, dass Veras Überreste angespült werden. Felix macht seinen Weg und wird Architekt.

Das Trauma der verschwundenen Schwester wird er niemals verarbeiten und es an Eli weitervererben, dessen Gespräche mit der Analytikerin wir nun belauschen können. Doch stimmt alles, was er erzählt?

Dieser Roman beschäftigt sich mit epigenetischen Traumata. Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben, wenn man sich keiner professionellen Hilfe bedient.

Katerina Poladjan erzählt diese Geschichte mit poetischen Worten und überrascht ihre Leser mit einem durchaus verblüffenden Ende. Was mich persönlich immer stört, sind die fehlenden Redezeichen in Gesprächen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Roman 4 Sterne.

Bewertung vom 28.08.2025
Das M-Wort (eBook, ePUB)
Rabe, Anne

Das M-Wort (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein Plädoyer für die Moral

In ihrem Buch beschäftigt sich Anne Rabe mit dem M-Wort, das langsam aus dem Wortschatz vieler Menschen verschwindet. Es ist die Moral, die sich in den letzten Jahren still und leise zu verabschieden scheint.

An Hand von zahlreichen griffigen und aktuellen Beispielen zeigt sie auf, dass viele Menschen keinen Genierer mehr haben, und sich zum Beispiel aus allgemeinen Kassen bedienen, Steuern hinterziehen - ein Kavaliersdelikt oder zu Unrecht Sozialleistungen kassieren. Doch aus dem politischen Diskurs ist die Moral abhanden gekommen. Moralische Bedenken bei Regierenden nehmen ab, Autokraten und Diktatoren in erschreckendem Ausmaß zu.

Diejenigen, die moralisches Denken einfordern, werden häufig verächtlich gemacht.

Fazit:

Dieses Buch, das einen eindringlichen Appell an alle jene richtet, die es nicht zulassen wollen, das das M-Wort in Vergessenheit gerät, kommt gerade zur rechten Zeit. Gerne gebe ich diesem Buch 4 Sterne.

Bewertung vom 26.08.2025
Mein Name ist Emilia del Valle
Allende, Isabel

Mein Name ist Emilia del Valle


gut

Wie alle Bücher von Isabel Allende ist auch dieser Roman sprachlich ein Hochgenuss, was auch an der Übersetzung liegt.

Der Inhalt hingegen hat mich ein wenig zwiegespalten zurückgelassen. Einerseits erfahre ich einiges über die Geschichte Chiles, die mir nicht so geläufig ist, andererseits finde ich die Protagonistin Emilia del Valle viel zu modern, da ihre Geschichte Ende des 19. Jahrhunderts spielt.

Trotz der Erzählung in der Ich-Perspektive bin ich Emilia del Valle nicht wirklich nahe gekommen, schade.

Fazit:

Leider konnte mich diese Geschichte einer Frau, die ihren Weg sucht und findet, nicht richtig überzeugen. Daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 24.08.2025
Falsche Versprechen (eBook, ePUB)
Wacker, Florian

Falsche Versprechen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In diesem dritten Krimi von Florian Wacker steht KHK Uwe Fähndrich im Mittelpunkt. Er bekommt es nämlich mit einem eigenartigen Mordfall zu tun. Ein Georgier stellt sich der Polizei und gesteht einen Mord. Doch zunächst fehlt die Leiche. Als man dann den Frankfurter Unternehmensberater Leif Andresen tatsächlich erschossen auffindet, passt für Fähndrich einiges nicht zusammen. Wenig später wird der Georgier im Gefängnis dermaßen verprügelt, dass er an seinen Verletzungen stirbt. Ist da jemand zum Schweigen gebracht worden?

Gemeinsam mit Staatsanwältin Greta Vogelsang einer vagen Spur nach, die auf eine Firma hinweist, die mit EU-Geldern in Marokko grünen Wasserstoff herstellt. Die beiden werden stutzig, als der Konzern den Tod ihres externen Beraters als Familientragödie hinstellt, zumal Ehefrau und Kinder des Toten verschwunden sind.

Der Tod des Unternehmensberaters hat auch Auswirkungen auf Vogelsangs Privatleben, denn Juna, die Schwester von ihrem Lebenspartner Mika, die wegen einer Konferenz in Frankfurt ist, versucht vergebens Andresen zu erreichen.

Parallel dazu begleiten wir Mehdi Faras, einen Techniker des Konzern in Marokko, in weiteren Handlungsstrang, der versucht einen Bericht, der die falschen Versprechen entlarvt, an eine Umweltorganisation weiterzuleiten.


Meine Meinung:

Dieser interessante Krimi beruht auf realen Begebenheiten. Mit dem Versprechen, umweltfreundliche Energie statt fossiler Brennstoffe zu produzieren, können viele Milliarden an EU-Fördergeldern lukriert werden. Wasserstoff ist der neue "Heilige Gral" der Energie. Er gilt als Energiequelle der Zukunft. Ja, es handelt sich um einen effizienten Brennstoff, der im Vergleich zu anderen verwendeten Brennstoffen die höchste Verbrennungsenergie pro Tonne aufweist und bis zu dreimal mehr Energie für das gleiche Brennstoffvolumen bietet. Außerdem ist es ein sauber brennender Brennstoff, der keine schädlichen Nebenprodukte erzeugt. ABER, das Ganze führt ins Absurde, wenn zur Gewinnung von Wasserstoff fossile Brennstoffe eingesetzt werden oder Wasser aus Gebieten wie z. B. in Nordafrika verwendet wird, das besser zur Erzeugung von Nahrungsmitteln verwendet werden sollte. Außerdem werden die Produzenten von fossilen Brennstoffen ihr lukratives Geschäft, das mitunter an Erpressung erinnert, nicht aufgeben wollen.

Wie Florian Wacker es hier im Krimi beschreibt, sind die Konzerne da nicht unbedingt zimperlich, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht.

Der Krimi ist fesselnd bis zur letzten Seite und für uns Fans von Greta Vogelsang und Uwe Fähndrich stellt sich die Frage, ob sie in Zukunft ihre Kräfte in einer Behörde bündeln wollen. Fähndrich hat seit längerem von Mord und Totschlag genug.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem dritten Krimi, der sich mit Umweltthemen beschäftigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 24.08.2025
Leberwurst mit Gürkskes (eBook, ePUB)
de San Antonio, Elke

Leberwurst mit Gürkskes (eBook, ePUB)


gut

Nachdem mich einerseits das Cover, das mich an jene Tapeten erinnert hat, die bei und daheim (in Wien) an der Wand klebten, und andererseits Dortmund, das ich letztes Jahr ein paar Tage besucht habe, gereizt haben, habe ich dieses, als humorvollen Ruhrpott-Krimi beworbene Buch unbedingt lesen müssen.

Das Ambiente der 80er-Jahre und der einsame Mann mit Wellensittich sind anschaulich beschrieben, und haben mich anfangs ein wenig schmunzeln lassen. Nikotingelbe Wände in den Wohnungen, Kohlgeruch, einsame Männer, die als Ansprache nur einen Sittich oder den Fernseher haben - ja, das ist mir durchaus auch von Wien bekannt.

Im Laufe der Geschichte habe ich allerdings festgestellt, dass mir diese Art von Humor, mit dem der schüchterne und linkische Manfred stellenweise bloß gestellt wird, nicht wirklich behagt. So richtig warm bin ich mit keinem der Charakter geworden, weder mit Manfred, Grit oder Luigi. Zudem denke ich, dass zu dieser Zeit der Hund eher ein Dackel sein müsste, denn ein Mops.

Fazit:

Wahrscheinlich wird vielen Leserinnen und Lesern dieser Krimi mit Liebeskomödie gut gefallen und ich bin hier die Ausnahme. Daher gibt es nur 3 Sterne.

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