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Benutzername: 
kleinfriedelchen
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2013
Ein ganzes halbes Jahr
Moyes, Jojo

Ein ganzes halbes Jahr


ausgezeichnet

Es ist schon lange nicht mehr vorgekommen, dass mich ein Buch auch nach dem Ende noch so sehr beschäftigt hat und ständig in meinen Gedanken herumkgekreist ist wie "Ein ganzes halbes Jahr". Die ungewöhnliche Liebes- und Lebensgeschichte von der stets quietschbunt gekleideten Lou und dem lebensmüden Will hat mich so fesseln und emotional berühren können, dass ich das Buch jetzt schon zu meinem Must-Read des Jahres ernannt habe.

In dieser Geschichte prallen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher wohl nicht sein könnten und die unter anderen Umständen vermutlich nie zusammengefunden hätten. Auf der einen Seite steht Will Traynor, der seit einem Unfall bewegungsunfähig und bis ans Ende seines Lebens an einen Rollstuhl gefesselt ist. Ausgerechnet Will, ein Sprößling aus reichem Hause, der Zeit seines Leben sehr erfolgreich war, sowohl im Beruf als auch was Frauen betrifft. Ein Adrenalinjunkie, der die ganze Welt bereisen will und alles einmal ausprobiert haben möchte.

Ganz im Gegensatz zu Lou. Sie ist kaum je über ihren kleinen Heimatort hinausgekommen und hat gar kein wirkliches Interesse daran, Neues kennenzulernen. Sie führt eine sehr bequemes, unspektakuläres Leben im Reihenhaus ihrer Eltern, ist seit sieben Jahren mit ihrem Freund Patrick zusammen und begnügt sich damit, ihm bei seinen Trainingseinheiten für den Triathlon zuzusehen.

Erst Will, der einfach nicht verstehen kann, wie Lou ihr Leben ohne eigenen Antrieb und Abenteuerlust vor sich hin plätschern lässt, lockt sie aus ihrem Schneckenhaus hervor und zeigt ihr, was ihr im Leben bisher entgangen ist. Eine Ironie des Schicksals, denn Will, dem seine Existenz im Rollstuhl verhasst ist, will selbst nicht mehr weiterleben. Und so ist es an Lou ihm zu zeigen, was das Leben auch für ihn noch alles bereithält...

Aus dieser Mischung ergab sich die wohl emotionalste, rührendste und traurigste Liebesgeschichte des Jahres. Jojo Moyes schreibt über den Wert des Lebens angesichts von unheilbarer Krankheit und Schmerzen, über das schwere Schicksal von Tetraplegikern und über den brennenden Wunsch eines Mannes, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dabei geht sie sehr sensibel, aber auch offen und ohne Beschönigungen mit den Themen um und ist mutig genug, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

So schildert sie die Situation vieler körperlich Behinderter, die ständig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind und die emotionalen Höhen und Tiefen durchlaufen, die man als Nicht-Behinderter nur schwer nachvollziehen kann. So ist es mir als Leserin beispielsweise auch schwergefallen, Wills Wunsch, so nicht mehr weiterleben zu wollen, zu verstehen. Deshalb bin ich umso glücklicher, dieses Buch gelesen zu haben, denn es hat mir für viele Aspekte die Augen geöffnet, die mir vorher so gar nicht bewusst waren.

Fazit: Jojo Moyes hat mit "Ein ganzes halbes Jahr" eine unvergessliche Liebesgeschichte geschrieben, die zeigt, dass es nicht auf die Anzahl der miteinander verbrachten Tage ankommt, sondern darauf, wie man sie verbringt. Eine Geschichte über die Liebe, das Leben und über das Loslassen.

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2012
Ready Player One
Cline, Ernest

Ready Player One


ausgezeichnet

Im Jahr 2045 steht die Welt kurz vor der vollkommenen Zerstörung. Atomare Kriege, Hungersnöte und Energiemangel haben die Erde zu einem unwirtlichen, trostlosen Ort gemacht. Einziger Hoffnungschimmer für die Menschen: die OASIS, eine riesige virtuelle Welt, in der alles möglich ist. Als der Entwickler der OASIS stirbt, bricht ein nie gekannter Hype in der OASIS aus. Denn James Halliday hat irgendwo in einer der tausend virtuellen Welten ein Easter Egg versteckt. Und wer es zuerst findet, erbt sein gesamtes Vermögen – über 200 Milliarden Dollar! Auch der zurückgezogene Nerd Wade macht sich auf die Jagd und muss feststellen, dass die virtuelle Welt lebensgefährlich sein kann...

Ready Player One wurde von der englischsprachigen Amazon-Community zum besten Science Fiction-Buch des Jahres 2011 gewählt und auch, wenn ich nicht gerade ein Experte in diesem Buchgenre bin, kann ich mich diesem Urteil nur anschließen. Im Jahr 2045 hat sich unsere Welt dramatisch verändert und man findet sich in einem postapokalyptischem Szenario wieder. Der achtzehnjährige Wade lebt in einem der diversen Stacks, Trailerparks, bei denen aus Platzmangel alle Wohnwagen bedrohlich hoch übereinander gestapelt sind. Um seinem perspektivenlosen Leben zu entfliehen, verbringt er soviel Zeit wie möglich in der OASIS, wo er kostenlos zur Schule gehen kann, sich mit seinem besten Freund Aich zum Filmegucken verabredet oder als Avatar durch die Welten streift und seinen Charakter durch Kämpfe auflevelt.

Wade entspricht dabei dem typischen Klischeebild eines „Nerds“: blass, übergewichtig, keine echten Freunde, aber dafür ein Crack in Sachen Technik. Nerds, so müde man sie heutzutage auch manchmal belächeln mag, werden hier allerdings erfreulicherweise nicht als traurige Loser dargestellt, denn durch den gesellschaftlichen Wandel ist fast jeder zum Technikfreak mutiert.
Man merkt es vielleicht schon: man sollte eine gewisse Affinität zu Computerspielen haben, um das Buch wirklich voll auskosten zu können. Wades gesamtes Leben dreht sich um nichts anderes als um die Jagd nach dem Easter Egg. Und um das zu finden, muss man ein Experte für das Leben des Erfinders Halliday sein, der selbst ein großer Fan von diversen Filmen, Fernsehserien, Comics, Liedern und Computerspielen der 80er Jahre war. Und nur wer genug über diese Zeit weiß, hat eine Chance, das Rätsel zu knacken. So kriegt man als Leser einen Rundumschlag über die Kultur der 80er Jahre, freut sich über Anspielungen auf „Star Wars“ Filme oder wenn Wade an uralten Automaten Pac-Man spielt, während im Hintergrund Billy Idol läuft.

Wie gesagt, Technikfreunde werden sicherlich den meisten Spaß an diesem Buch haben. Aber auch diejenigen, die nicht so viel Ahnung von der Spielekonsolenwelt der 80er haben, werden das Buch sicherlich faszinierend finden, denn es erzählt eine unglaublich spannende Geschichte in einer vom Untergang bedrohten Welt. Wenigstens ein bisschen Interesse für die Materie sollte jedoch gegeben sein, denn sonst könnte man sich beim Lesen etwas langweilen, wenn Wade als Avatar durch Dungeons streift, um Hinweise auf das Easter Egg zu finden.

Besonders die ersten hundert Seiten lesen sich ein wenig wie eine unendliche Informationsflut, in der man von Wades Leben in dieser zerstörten Welt, und über die Entwicklung der OASIS und ihren Erfinder James Halliday erfährt. Hat man die ersten hundert Seiten aber erstmal „überstanden“ (wobei ich auch die sehr interessant fand), geht die Handlung so richtig los und eine nervenzerreißende Jagd nach dem Easter Egg beginnt. Denn Wade ist natürlich nur einer von Millionen Spielern, die das Ei finden wollen und so zu unendlichem Reichtum gelangen wollen. Diverse Jäger-Clans sowie Einzelkämpfer machen Wade Konkurrenz. Aber auch ein gigantischer internatinationaler Konzern will das Erbe finden und so die OASIS übernehmen, um richtig Profit daraus schlagen zu können.

Ob das Gute triumphieren wird? Findet es einfach selbst heraus.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2012
Die Macht der Sechs / Das Erbe von Lorien Bd.2
Lore, Pittacus

Die Macht der Sechs / Das Erbe von Lorien Bd.2


sehr gut

"Das hier ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Ihr werdet langsam zu stark für sie. Bald werden sie alles in den Kampf schicken, was ihnen zur Verfügung steht. Bald wird ihr Anführer auftauchen."

Der Kampf der Loriener Flüchtlinge geht weiter. Drei von ihnen sind schon tot. Sie haben auch versucht, Nummer Vier, John Smith, zu töten. Doch John konnte den Mogadori entkommen, dank der Hilfe von Nummer Sechs und seinem Freund Sam. Nun sind sie auf der Flucht, vor den Mogadori und der Polizei - und auf der Suche nach den anderen lorienischen Kindern, die sich irgendwo auf der Erde verstecken. Die Zeit ist gekommen, dass sie sich endlich zusammenschließen.
In Spanien lebt Nummer Sieben, Marina, zusammen mit ihrer Beschützerin in einem Kloster. Sie hat die Nachrichten über John Smith verfolgt und setzt nun alles daran, ihn zu finden...

Band 2 der Reihe "Das Erbe von Lorien" knüpft nahtlos dort an, wo "Ich bin Nummer Vier" aufgehört hat. Nachdem John und Nummer Sechs die Mogadori besiegen konnten und dabei seine alte Highschool in Schutt und Asche gelegt haben, sind sie auf der Flucht. Vor dem FBI, die sie für Terroristen halten und vor den Mogadori, die die Jagd natürlich nicht so einfach aufgeben.
Dieses Mal liegt der Fokus der Geschichte jedoch nicht mehr nur auf John. Neue interessante Charaktere werden eingeführt. So lernen wir hier Marina, Nummer Sieben, kennen, die ein eher stilles Mädchen ist, welches im Kloster bisher nicht viel Freude erfahren hat. Ihre Beschützerin Adelina hat die Hoffnung auf einen Sieg über die Mogadori aufgegeben und ihren Schützling mit ihrem Erbe allein gelassen. Sie stürzt sich lieber in den christlichen Glauben und versucht so, ihre hoffnungslose Lage zu verdrängen. Doch Marina hat noch nicht aufgegeben. Angestachelt durch die Nachrichten über John Smith, den sie für einen von ihnen hält, trainiert sie ihre Fähigkeiten selbst und plant ihre Flucht aus dem Kloster.

Natürlich erfahren wir aber auch, wie es mit John weitergeht. Nachdem er Paradise fluchtartig verlassen und Sarah zurücklassen musste, plagen ihn Selbstzweifel. War es wirklich so klug, Sam mitzunehmen, der in seiner Nähe nun ständig in Gefahr ist? Und warum fühlt er sich geradezu unwiderstehlich zu der schönen und starken Sechs hingezogen, obwohl er doch in Sarah verliebt ist? Loriener verlieben sich doch nur ein einziges Mal in ihrem Leben...
Ich muss gestehen, John ist mir in diesem Band manchmal etwas auf die Nerven gegangen. Sein ewiges Hin und Her a la "Oh nein, ich liebe doch Sarah, aber Sechs ist ja auch sowas von toll" hat mich doch öfters die Augen verdrehen lassen, besonders weil es ihn einige dumme, egoistische Entscheidungen treffen lässt. Gleichzeitig kamen mir die Gefühlsbeschreibungen in diesem Band auch etwas platt vor. Deshalb war ich sehr glücklich darüber, dass die Geschichte abwechseln aus Johns und Marinas Sicht erzählt wird, denn so wurde Johns Litanei immer wieder unterbrochen. :-)

Ich fand es toll, dass in diesem zweiten Teil gleich mehrere der lorienischen Kinder aufgetreten sind, denn es ist schon echt spannend zu sehen, was sie alles drauf haben. Unsichtbarkeit, Stürme heraufbeschwören, Heilkräfte, Telekinese - bei allen entwickeln sich unglaubliche Kräfte.
Vielleicht lag es gerade daran, dass die Mogadori, die im ersten Teil ja noch wie ein übermächtiger, gefährlicher Gegner gewirkt haben, hier eher schwächlich rüberkamen. Reihenweise werden sie niedergemäht und lösen sich in kleine Aschehäuflein auf, sobald John sie mal gegen eine Wand schleudert. Da fragt man sich als Leser schon irgendwann, wieso die Kinder sie überhaupt noch fürchten sollten.

Insgesamt gesehen ist Band 2 trotz kleiner Kritikpunkte ein gut gelungener, würdiger Nachfolger für "Ich bin Nummer Vier" und macht auf jeden Fall Lust auf die Fortsetzung, denn es wurden nicht nur Geheimnisse aus Band 1 gelüftet, sondern auch neue Fragen aufgeworfen.

Bewertung vom 04.05.2011
Wie kommt das Salz ins Meer
Schwaiger, Brigitte

Wie kommt das Salz ins Meer


sehr gut

Sarkastisch und gleichzeitig verzweifelt schildert die namenlose Erzählerin hier das langsame Scheitern ihrer Ehe. Schon in der Schule stellte sie fest, dass sie nicht weiß, was sie vom Leben erwartet. So bestimmen es statt ihrer selbst die Eltern, raten ihr zum passenden Studium und zum passenden Mann, in den sie sich anfangs tatsächlich verliebt. Doch das Studium scheitert, und auch ihre Ehe ist lieblos und von Anstandsregeln geprägt. Rolf bestimmt, mit wem sie befreundet sein soll und wie sie sich in der Öffentlichkeit zu verhalten habe. Durch eine Affäre versucht sie sich zu befreien, doch auch dieser fast schon einzige Versuch der Selbstständigkeit scheitert.

Eine perfekte Haus- und Ehefrau wollen ihr Mann und ihre Eltern aus ihr machen, doch gerade daran zerbricht die Ich-Erzählerin fast. Denn sie ist alles andere als perfekt. Sie ist unsicher, fühlt sich ihrer Rolle als Ehefrau nicht gewachsen, ist sich über ihre Gefühle für Rolf im Unklaren und weiß nicht einmal, wann Tomaten- oder Spargelzeit ist und wieviel Gemüse kosten darf. Zusätzlich wird sie von Selbstmordgedanken und einer unerklärlichen Traurigkeit geplagt, unter der auch schon ihre Mutter litt. Natürlich im Verborgenen, denn der berufstätige, stets beschäftigte Gatte soll sich nicht durch die unverständlichen Gefühle seiner Frau gestört fühlen. Heute hat dieses Krankheitsbild einen Namen: Depression.

Obwohl das Buch aus den 70er Jahren stammt und sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt hat, wirkt das sozialkritische Thema des Buches nicht veraltet, denn jeder kennt sicherlich jemanden, den er als Spießer bezeichnen würde und der übermäßig an "veralteten" Werten festhält. Und so gibt es sicherlich noch genug Frauen, die in solchen unglücklichen Ehen gefangen sind und sich nicht trauen, daraus auszubrechen.

Die gesamte Geschichte wird ohne Anführungszeichen aus der Ich-Perspektive erzählt, wodurch eine intensive Nähe zur Erzählerin entsteht. Ich konnte mich durch den Erzählstil sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihr fühlen. Auf die Beschreibung von Äußerlichkeiten legt Schwaiger nicht viel Wert, aber auch ohne zu wissen, wie die Umgebung oder ihre Wohnung aussieht, kommt Atmosphäre auf. Man fühlt sich beengt und eingezwängt vom biederen Alltag und oftmals wollte ich die Protagonistin am liebsten bei den Schultern packen und schütteln, damit sie sich endlich einmal auflehnt und rebelliert.

Doch soweit kommt es nicht; wie denn auch, wenn man es gar nicht anders kennt? Schon ihre Großmutter und auch die Mutter sahen sich selbst nur als Anhang ihres Mannes, dem es ein schönes Heim zu gestalten gilt. Unter welchem Druck diese Frauen stehen, wird immer wieder in unterschiedlichen Situationen deutlich, beispielsweise als die Mutter der Erzählerin fast in Tränen ausbricht, weil ihr Mann ihr wortlos zu verstehen gibt, dass ihm das Mittagessen nicht geschmeckt hat, indem er den vollen Teller von sich wegschiebt. Oder der Großvater wütend die Tür zum Schlafzimmer eintritt, weil diese unbeabsichtigt verschlossen war und ihm sein "Recht" als Mann verwehrt.

Betrachtet man Brigitte Schwaigers Lebenslauf, bleibt die Vermutung nicht aus, dass der Roman stark autobiografisch ist. Wie auch die Protagonistin wurde Schwaiger als Tochter eines Arztes geboren, ihre Ehe scheiterte nach nur 4 Jahren und Depressionen und Suizidversuche begleiteten sie ihr Leben lang. Im Juli 2010 fand man die Leiche der 61-Jährigen in Wien in der Donau; man geht von einem Selbstmord aus.
Mit diesem Wissen im Kopf wirkt ihr Buch noch bedrückender, denn es zeigt, dass die traurige Geschichte keinesfalls Fiktion ist, sondern genug Frauen in der Realität unter ihrem repressiven Leben zu leiden haben. "Wie kommt das Salz ins Meer" ist ein eindrucksvolles, jedoch trostloses Buch über gesellschaftliche Zwänge und den vergeblichen Versuch einer Frau, sich davon zu befreien. Keine leichte Kost, aber unbedingt empfehlenswert!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.05.2011
Der Junge aus dem Meer
Friedman, Aimee

Der Junge aus dem Meer


sehr gut

Was ist wahr, was ist nur Legende? Die sonst so rational denkende Miranda kommt ganz schön ins Zweifeln, als sie von der Geschichte der Meermenschen erfährt. Laut der Legende wurde einst ein Seemann von einer Meerjungfrau gerettet und verliebte sich in sie. Ihre Nachfahren, Menschen an Land und Fischwesen unter Wasser, bevölkern heute noch Selkie Island, so heißt es, und haben sich perfekt an die Menschen angepasst. Ist Leo vielleicht einer dieser Nachfahren?

Mirandas Charakter fand ich ziemlich überzeugend, auch wenn die Vorstellung, lieber mit Reagenzgläsern zu experimentieren als sich mit seinen Freunden zu treffen, etwas gewöhnungsbedürftig für mich war :-) Miranda ist stur und schert sich nicht um ihr Aussehen, was die reichen Mädchen, die sie auf der Insel kennenlernt, überhaupt nicht verstehen können. Zudem benimmt sie sich meist sehr erwachsen und besonnen, ist aber gleichzeitig auch schüchtern, wenn es um Jungs und Partys geht, da ihr hier einfach die Erfahrung fehlt.
Doch als sie Leo trifft, benimmt sie sich plötzlich gar nicht mehr so erwachsen. Leo verursacht ihr ein ungewohntes Kribbeln im Bauch und bringt sie zum Tagträumen. Doch in den Augen ihrer neugewonnenen Snob-Freundinnen ist Leo undenkbar für sie. Schließlich ist er ein Einheimischer, dessen Vorfahren schon seit Ewigkeiten in dem ärmlichen Dörfchen auf der Insel leben.

Das Buch verbreitet eine herrliche Urlaubsatmosphäre, voller salziger Luft und Wellen, die an den Strand spülen. Friedman versteht es unglaublich gut, das Südstaaten-Flair Georgias hervorzurufen. Würdevolle, verblasste Anwesen säumen die Wiesen, spinnwebartiges Moos hängt von den Bäumen und die laue Sommerluft lädt zum Nachtbaden ein.

Abgesehen von den sympathischen Charakteren und der wundervoll dichten Atmosphäre war die Geschichte selbst jedoch eher etwas ärmlich. Das Buch bietet hauptsächlich eine sommerliche Liebesgeschichte mit leicht magischem Einschlag, die leider etwas action- und höhepunktlos verläuft. Miranda kommt auf die Insel, lernt Leo kennen und verliebt sich in ihn. Doch schon bald muss sie wieder abreisen. So könnte man die Geschichte grob zusammenfassen. Trotzdem war ich damit nicht unzufrieden, denn das ganze Buch verströmte irgendwie so eine schöne, verträumte Romantikstimmung, dass ich über die Mängel der Handlung hinwegsehen konnte.
Die Magie spielt tatsächlich weniger eine Rolle, als man anfangs vom Titel und der Beschreibung her denken mag. Sofort als auf den ersten Seiten die Legende von den Meermenschen erzählt wurde, dachte ich: "Alles klar, also ist Leo ein Meermann. Wie überraschend." Doch so klar war es dann glücklicherweise gar nicht. Es wird zwar vieles angedeutet, aber ob die Legende nun stimmt oder doch nur Seemannsgarn ist, wird nicht eindeutig geklärt. Gerade das fand ich aber sehr gelungen, denn so liegt ein gewisser Zauber über allem und Leo bleibt weiter der geheimnisvolle Junge, als den man ihn kennenlernt.

Der Gedanke, dass Miranda nur für wenige Wochen auf der Insel bleibt, verleiht der Liebesgeschichte zwischen den beiden zusätzlich einen bittersüßen, melancholischen Anstrich. Gut fand ich, dass hier der unsterbliche Liebesschwur fehlt, den man sonst in fast allen Romantasy-Jugendbüchern finden kann, vielleicht, weil das Buch nur einen Hauch Fantasy enthält. Miranda ist einfach verliebt und schmückt das nicht mit Worten von unendlicher Liebe und Treue aus. Gerade deshalb erschienen mir ihre Gefühle auch glaubwürdig und erfrischend normal.

Das Buch scheint zwar in sich abgeschlossen zu sein, endet aber kurz nachdem Miranda gerade von Leos vermeintlichem Geheimnis erfahren hat, wodurch bei mir der Eindruck entstand, dass Mirandas und Leos Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. Ich würde mich jedenfalls sehr über ein zweites Buch und Mirandas Rückkehr nach Selkie Island freuen.

Mein Fazit: Dieses Buch solltet ihr euch unbedingt für euren Sommerurlaub am Strand mitnehmen!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2011
Wie du ihr
Beckett, Bernard

Wie du ihr


sehr gut

"Gestern Abend habe ich den Arzt gesehen und wusste sofort, was ich tun musste. Ich habe keine Wahl. Ich werde ihn töten. Ich habe ihn nur kurz auf der Station gesehen. Er hat so getan, als wäre er ein ganz normaler Arzt. Als könnten die Risse, die beim Erdbeben entstanden sind, seine Vergangenheit verschlucken."

Als Marko mit seinen Mitschülern im Rahmen eines Outdoorkurses zur Expedition durch die Bergwelt Neuseelands aufbricht, ahnt er nicht, dass er schon zwei Tage später um Leben und Tod kämpfen muss. Von Anfang an gibt es Stress in Markos Gruppe: die beliebte Rebecca wurde in die Außenseiter-Gruppe abgeschoben und lässt ihren Frust an den anderen aus und der manipulative Jonathan versucht alles, um allen den Ausflug zu versauen. Trotzdem entwickeln sie sich nach und nach zu einer echten Gruppe und arbeiten zusammen, bis plötzlich ein Erdbeben ganze Landstriche zerstört und den Ausnahmezustand hervorruft. In dieser chaotischen Situation geschieht das Unfassbare: einer von Markos Begleitern wird ermordet und die Übriggebliebenen müssen fliehen...
Tage später wacht Marko in einer Psychiatrie auf, desorientiert und benebelt von Tabletten - und erkennt dort einen der Mörder wieder. Heimlich setzt er seine Medikamente ab, mit denen man ihn ruhig stellen will und plant seine Rache. Doch wird er es schaffen, dem Schuldigen die gerechte Strafe zu verpassen, bevor dieser ihn selbst als Mitwisser beseitigt?

Achtung, ich warne euch gleich vor: wer von euch anfängt, dieses Buch zu lesen, will es in einem Rutsch durchlesen, also sorgt dafür, dass ihr genug Zeit habt. :-) "Wie du ihr" ist die Geschichte eines Rachefeldzugs und liest sich wie ein guter Film.
Marko schreibt während seines Psychiatrieaufenthalts heimlich seine Geschichte auf und erzählt so, was genau bei dem Ausflug passiert ist, damit es noch irgendeinen Beweis gibt, falls ihn der Mörder zur Strecke bringt, bevor er selbst ihn erwischt. Der ständige Wechsel von Gegenwart in der Psychiatrie und Vergangenheit im Gebirge wirkt temporeich und steigert die Spannung von Seite zu Seite.

Die Charaktere wirken dabei zwar recht einfach und stereotyp gestrickt, aber ihr Handeln erschien mir trotzdem irgendwie so echt, so real, als könnten diese Schüler tatsächlich mit mir zur Schule gegangen sein und ich konnte mich sehr gut in ihre Gefühle hineindenken.
Besonders Marko fand ich sehr authentisch. Er ist der stille Außenseiter, der nie so recht auffällt. Da er den Mord nicht verhindert hat, obwohl er in der Nähe war, quälen ihn Schuldgefühle und er hält sich für einen Feigling. Um seine Schuld wiedergutzumachen, sieht er es nun als seine Aufgabe, den Mord zu rächen, selbst wenn er dafür ins Gefängnis muss. Doch wie wird er damit klarkommen, selbst zum Mörder zu werden?

So gut mir die Geschichte gefallen hat, habe ich doch einen kleinen Kritikpunkt. Und zwar fand ich die Situation, die zu dem Mord geführt hat, etwas an den Haaren herbeigezogen. Zwar kann ein Erdbeben schon den Ausnahmezustand hervorrufen, in dem Menschen panisch reagieren und nur noch an ihr eigenes Wohl denken. Aber seit dem Erdbeben sind gerade mal ein paar Stunden vergangen, und schon ziehen die ersten plündernd und mordend durch die Gegend, als gäbe es keine Gesetze mehr? Besondern im Gebirge, wo es eh nichts zu holen gibt? Das fand ich ziemlich unglaubwürdig.
Vielleicht ist das aber der geringen Seitenzahl zu schulden, denn viel Zeit blieb dem Autor nicht, um die Situation zu entwickeln. Gerade dass er sich aber nicht lange mit der Beschreibung von Nebensächlichkeiten aufgehalten hat, gefiel mir gut und so habe ich das Buch gefesselt weitergelesen, weil die Geschichte einfach so spannend erzählt wird.

Das Buch hat mir bewiesen, wieso Beckett zu den bekanntesten Jugendbuch-Autoren in Neuseeland gehört. Ohne sich groß um einen bemerkenswerten Schreibstil zu bemühen und auf nur wenigen Seiten hat er einen fesselnden, temporeichen Jugendthriller geschaffen, der einen so schn

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2011
Ich wünschte, ich könnte dich hassen
Christopher, Lucy

Ich wünschte, ich könnte dich hassen


ausgezeichnet

In "Ich wünschte, ich könnte dich hassen" schreibt Gemma rückblickend die Geschichte ihrer Entführung auf. Wie sie von Ty, dem jungen Mann mit den schönen, durchdringend blauen Augen betäubt und vom Flughafen entführt wird und wie er sie in die Wüste Australiens verschleppt. Schon der erste Fluchtversuch zeigt ihr, wie sinnlos der Gedanke an ein Entkommen ist: rings um das kleine Holzhäuschen, in dem Ty sich mit ihr versteckt, gibt es kilometerweit nur Staub, Geröll und vertrocknete Pflanzen, eine unendlich erscheinende Wüstenebene. Ihre anfänglichen Sorgen, er wolle ihr etwas antun, verschwinden nie so ganz, selbst als Ty ihr immer wieder versichert, dass er ihr nichts tun wird. Denn wieso hält er sie dann in der Wüste fest? In der Einsamkeit des Outbacks bleibt Gemma nichts anderes übrig, als sich mit ihrem Entführer zu arrangieren und sie muss feststellen, dass sich nach und nach noch andere Gefühle außer Angst und Hass für Ty in ihr Bewusstsein schleichen. Dabei müsste sie ihn doch eigentlich hassen...

Stockholm-Syndrom nennt man es, wenn ein Opfer mit der Zeit positive Gefühle für seinen Entführer entwickelt. Um so einen Fall scheint es sich auf den ersten Blick bei Gemma zu handeln. Denn natürlich weiß sie, dass das, was Ty mit ihr gemacht hat, falsch war, trotzdem kann sie ihn nicht hassen, denn nach und nach lernt sie den Menschen hinter der Fassade des Entführers und seine traurige Geschichte kennen:

"Bis zu dem Moment warst du für mich einfach nur der Entführer. Du hattest keinen Grund für das, was du machtest. Du warst dumm, böse und geisteskrank, fertig. Doch als du zu reden begannst, fingst du an, dich zu verändern."

Ty hat sich bewusst für das abgeschiedene Leben in der australischen Wüste entschieden, nachdem ihn erst seine Mutter und dann auch sein Vater im Stich gelassen haben. Seit frühester Kindheit versorgt er sich selbst und die Wüste ist sein Zuhause. Dieses neue Heim will er auch Gemma näherbringen und mit der Zeit lässt er sie immer mehr an ihrem alten Leben zweifeln. War sie wirklich so glücklich in London, wie sie es Ty weismachen will?

Für ein Jugendbuch ist die Geschichte wirklich "harter Stoff" und aufgrund der Thematik würde ich dieses Buch erst ab einem Alter von 14 Jahren empfehlen, denn besonders am Anfang drehen sich Gemmas Gedanken immer wieder um ihre Ängste, von Ty vergewaltigt, gefoltert oder ermordet zu werden, auch wenn er ihr ständig versichert, ihr nichts antun zu wollen. Trotz der erwachsenen Thematik ist das Buch jugendgerecht verpackt, sexuelle Übergriffe oder Gewaltakte finden hier nicht statt. Trotzdem geht einem das Buch an die Nieren, denn die Geschichte ist sehr eindringlich und verstörend geschrieben, Gemmas Reaktionen und Gefühle erschienen mir absolut verständlich und nachvollziehbar. Wieviel von ihren Gefühlen letztlich der Extremsituation geschuldet sind und was echt ist, bleibt offen. Und gerade das gibt der Beziehung der beiden eine noch melancholischere Note.

Genau wie Gemma war auch ich beim Lesen hinsichtlich meiner Gefühle für Ty hin- und hergerissen. Einerseits ist es absolut falsch, dass er sie gegen ihren Willen festhält, andererseits entwickelt man als Leser Sympathie für diesen jungen Mann, der für sich und Gemma einfach den falschen Weg gewählt hat. Unter anderen Umständen wären sie vielleicht ein glückliches Liebespaar geworden, doch Ty entschied sich stattdessen für die Entführung. Über seine Motive möchte ich an dieser Stelle gar nicht zu viel verraten, denn natürlich ist das das große Geheimnis, dem Gemma nach und nach auf die Schliche kommt.

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive geschrieben und wirkt gerade deshalb absolut authentisch und hautnah, als wäre ich live dabei, wie Gemma der rote Staub der Wüste auf den Lippen kratzt und der heiße Wind über ihre Haut weht.
Die Autorin schreckt nicht davor zurück, ein für Jugendb

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.12.2010
Mr. Monster / John Cleaver Bd.2
Wells, Dan

Mr. Monster / John Cleaver Bd.2


sehr gut

Mein Name ist John Cleaver. Ich bin sechzehn Jahre alt. Ich mag Lesen, Kochen und ein Mädchen namens Brooke. Ich möchte das Richtige tun. Ich möchte ein guter Mensch sein. Doch das ist nur die eine Hälfte von mir. Mein Name ist Mr. Monster. Ich weise alle Eigenschaften eines Serienkillers auf. Ich fantasiere über Feuer, Gewalt und Tod. Ich habe einen Dämon besiegt. Aber es gibt viele Dämonen da draußen. Und jeden Tag verspüre ich den Drang, erneut zu töten.

John ist zurück und kämpft im zweiten Teil der Serienkiller-Trilogie erneut gegen sein böses Ich, das er selbst "Mr. Monster" nennt. Seit er vor fünf Monaten den Dämon vernichtet hat, der in Clayton County mehrere Männer getötet hatte, ist es jedoch nur noch schwieriger für ihn geworden. Denn "Mr. Monster" hat Blut geleckt. Als da erneut die Leichen mehrerer junger Frauen in seiner Gegend gefunden werden, sieht John seine Chance gekommen: er nimmt die Jagd nach dem Mörder auf.

Doch John hat diesmal nicht nur mit Problemen der übernatürlichen Art zu kämpfen, sondern auch mit den ganz normalen Schwierigkeiten eines Teenagers. Denn die schöne Nachbarstochter Brooke scheint John wirklich zu mögen und stellt ihn so vor ein Problem; denn um seine eigenen Regeln nicht zu verletzen, muss er sich von ihr fernhalten...

Der erste Teil hatte mich sehr begeistert, da die Mischung einfach einzigartig war. Ein Junge, der sich zum Brandstiften und Töten hingezogen fühlt, der alles über Serienkiller und ihre grausamen Taten weiß und durch strenge Regeln versucht, sich selbst unter Kontrolle zu halten. Dazu ein spannender Kriminalfall mit einem nicht ganz menschlichen Täter. Gerade diese Andersartigkeit hat mir echt gut gefallen.

Mr. Monster gibt uns nun nochmals genau dasselbe. Und das ist leider der Knackpunkt: was im ersten Teil neu und überraschend war, ist diesmal ein altbekanntes Muster und übt nicht mehr ganz so eine Faszination auf mich aus. John kämpft wieder gegen seinen inneren Dämonen und gegen einen weiteren Serienkiller, der die Stadt traumatisiert. Die Unterschiede in den Büchern liegen eigentlich nur in den Mordfällen.

Langweilig war mir trotzdem nicht, auch wenn sich vieles wiederholt hat, wie beispielsweise die Beschreibungen über die Einbalsamierung einer Leiche (Johns Mutter ist Leichenbestatterin, für alle, die sich wundern). Gerade im letzten Drittel des Buches wird es wieder richtig spannend, denn da kommt es zum großen Showdown.
Ich werde es mir natürlich nicht nehmen lassen, auch den dritten Band, "Ich will dich nicht töten", zu lesen und hoffe, dass dieser Band mich wieder etwas mehr überraschen kann als sein Vorgänger.

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