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TochterAlice
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 1399 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Margrit ist schon 102 Jahre alt und hat, bis sie weit über 80 war, in einem erfüllenden Beruf gearbeitet. In die Seniorenresidenz zog sie erst mit über 90 und hat nun Angst, dass sie vor ihrem Tod noch einmal umziehen muss - in eine Pflegestation. Margrit schaut nach vorn, vor allem aber nach hinten und versucht, sich über bestimmte Stationen ihres Lebens klar zu werden, sich selbst und ihr Umfeld verstehen zu lernen.

Begleitet wird sie im Alltag durch ihre ehemalige Schwiegertochter Brisko - der Sohn weilt in Australien und hat dort eine neue Familie gegeründet - und ihre Enkelin Luzie, die eigentliche zweite Hauptfigur des Romans. Luzie versucht, nach einem sexuellen Übergriff in Australien ihr Leben und vor allem sich selbst neu und deutlich resilienter aufzustellen - unter anderem durch die Umwandlung eines Hobbies - nämlich dem Tätowieren - in einen Beruf.

Was mir sehr gefällt: Luzie tätowiert vor allem ihre Großmutter und nähert sich dadurch deren Leben und der Vergangenheit ihrer eigenen Familie. Wichtige Themen des Romans sind Hamburg vor und während des Zweiten Weltkriegs, die Rolle der Frau einst und heute verbunden mit der Fragestellung, wie sie selbst (also die Frau) ihre Rolle beeinflussen kann.

Ein außerordentlich scharfsinniges, aber auch warmherziges und humorvolles Werk, das ich jedem empfehle, der beim Lesen gern historische Vergangenheiten kennen lernt!

Bewertung vom 09.01.2025
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


sehr gut

Zunächst fand ich so gar keinen Zugang zu diesem Buch, was mich ziemlich verwunderte, weil ich die Werke von Isabel Bogdan bisher sehr mochte. Und auch hier habe ich dann Gefallen dran gefunden, allerdings nach einer ausgesprochen langen Anlaufzeit.

Es geht um eine Vierer-WG und die Handlung setzt ein, als die Letzte und Jüngste von ihnen, eine Zahnärztin, hinzustößt. Es ist keine WG ganz auf Augenhöhe: die Wohnung gehört dem Ältesten von ihnen, Jörg, einem Endsechziger, der sich nach dem Tod seiner Frau für diese Wohnform entschied.

Murat und Anke leben schon seit einigen Jahren dort und es läuft gut, auch Constanze, die Letzte, lebt sich gut ein. Aber dann passiert etwas, was die Handlung in eine andere Richtung lenkt: es wird klar, dass sie nicht für immer so weitermachen können. Dies transportiert Isabel Bogdan auf eine sehr einfühlsame und nachvollziehbare Art und Weise, so dass es mir nicht schwer fiel, dieses Buch mit etwas Verspätung doch noch ins Herz zu schließen!

Bewertung vom 08.01.2025
Mrs Winterbottom nimmt sich eine Auszeit
Nell, Joanna

Mrs Winterbottom nimmt sich eine Auszeit


ausgezeichnet

Das Ehepaar Alan und Heather Winterbottom kann auf ein langes gemeinsames Berufsleben als Hausärzte in einer Gemeinschaftspraxis zurückblicken - nun steht die Rentenzeit an, für die beide unterschiedliche Pläne haben: während Heather sich auf lange gemeinsame Reisen freut, liegt Alans Schwerpunkt auf der Bewirtschaftung des heimischen Gartens, den er sich nun, da er Zeit dafür hat, mal so richtig vornehmen will!

Heather reicht es und sie macht sich alleine auf zu ihrem Traumziel, einer griechischen Insel, wobei sie erst nach und nach ihre Situation genießen kann, ist es doch ihre erste große Aktion alleine seit Jahrzehnten. Die letzte war vor zig Jahren eine Bewerbung in der Winterbottomschen Praxis.

Ein warmherziger Roman, der mir stellenweise zu konservativ daherkommt, was aber vor allem daran liegt, dass er in einem kleinen südenglischen Ort spielt, wo dieser Blick auf die Welt mit Sicherheit Gang und Gäbe ist.

Der Humor der Autorin (sowie der von Heather Winterbottom) macht das durch seine Treffsicherheit und Originalität mehrfach wett! Ein warmherziger und eindringlicher Roman, den ich vor allem Leserinnen empfehle, die sich schon auf ihr Rentnerinnenleben freuen (oder sich davor fürchten)!

Bewertung vom 07.01.2025
Berlin war meine Stadt
Mann, Klaus

Berlin war meine Stadt


ausgezeichnet

Vor langer, langer Zeit, nämlich vor rund vierzig Jahren habe ich das Gesamtwerk des unkonventionellen Autors Klaus Mann geradezu verschlungen. Noch heute stehen die Taschenbücher bei mir im Regal, in Würde gealtert, wenn auch völlig vergilbt. Dieser schmale Band beinhaltet Auszüge aus den verschiedenen Werken und hat nicht nur mit Berlin zu tun, auch wenn die damalige und auch jetzige Hauptstadt, zeitweilige Wahlheimat von Klaus Mann, wieder und wieder eine wichtige Rolle spielt.

Wie schon bei meiner ersten Lektüre wunderte ich mich wieder über die frühe Reife Klaus Manns: in sehr jungen Jahren unternahm er schon Dinge, die andere erst ab der Mitte des Lebens wagen - wenn überhaupt. Wobei ihm seine prvilegierte Position als Sohn eines der größten Autoren der damaligen Zeit (und, wie inzwischen feststeht:: aller Zeiten) Privileg und Bürde zugleich war.

Die ausgewählten Textpassagen sind eindringliche Zeitzeugnisse - zunächst aus der Zeit der Weimarer Republik, dann unter der Diktatur des Nationalsozialismus. Wobei der Autor Zeit seines kurzen Lebens, dem er selbst ein Ende setzte, ständig auf Achse war.

Es sind Zeugnisse aus dem Leben eines unruhigen Menschen, die ich sehr gerne las!

Bewertung vom 06.01.2025
Ginsterburg
Frank, Arno

Ginsterburg


gut

Ginsterburg ist eine fiktive Stadt mittendrin im tausendjährigen Deutschen Reich. Naja, sie ist schon eher im Westen des zunächst prosperierenden und siegreichen Landes, aber nicht allzu nah an einer Staatsgrenze gelegen. Berlin - wohin nicht alle, aber doch einige blicken - ist manchmal weit weg, dann wieder ganz nah.

Während der Lektüre, welche das Leben in Ginsterburg in den Jahren 1935, 1940 und 1945 thematisiert, begegnet man verschiedenen Einwohnern der Stadt, die so unterschiedlich sind wie die Bewohner des gesamten Reiches. Halt, nicht ganz, es gibt nur wenige Ausländer hier wie es sich für eine Stadt inmitten des Reiches auch gehört. Und die wenigen Juden sind bald nicht mehr da, außer in den Gedanken einiger Mitbürger.

Über den zeitlichen Verlauf hinweg verfolgt der Autor die Geschicke einiger Charaktere, wodurch uns das ganze Szenario im tragischen Wandel der Zeit vor Augen geführt wird. Zunächst traut man sich noch einiges, auch wenn man anderer Meinung ist als derjenigen, die die Politik vorgibt. Und diejenigen, die sich von Beginn an das nationalsozialistische Regime hängen, nutzen ihre Macht bis zuletzt aus. Manche spielen öffentlich keine Rolle mehr. Ein interessanter, vielschichtiger Roman definitiv nicht ohne Anspruch.

Ich habe ihn gerne gelesen, doch hat mich einiges gestört, so dass ich mich nicht in Gänze für das Buch begeistern kann. Ein Stilmittel, mit dem ich generell Schwierigkeiten habe, sind Passagen, die zunächst nicht eingeordnet werden können, sondern erst ganz am Ende als Teil des großen Ganzen einen Sinn ergeben und die hier bereits von Beginn an in die Handlung eingebaut sind. Auch mit bestimmten Arten des Umgangs mit realen Personen habe ich ein Problem: hier ist es der Pilot Lothar Sieber, ein Kriegsheld, der kommentarlos von Kindesbeinen auf als ein Bürger Ginsterburgs mit entsprechender Biographie eingefügt wird. Zu einer solchen Volte hätte ich mir ein Vorwort gewünscht, um zu wissen, wie diese spezielle Person einzuordnen ist. Aber ich bin von der Ausbildung her Historikerin und habe deswegen möglicherweise einen anderen Zugang als die Masse der Leserschaft zu den genannten Aspekten.

Bewertung vom 03.01.2025
Bring dein Herz zum Tanzen
Wurster, Sandra

Bring dein Herz zum Tanzen


gut

Ziemlich provokant
Natürlich nicht denen gegenüber, deren Herz und vor allem auch der Körper zum Tanzen gebracht werden sollen. Sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist - gut und schön. Nicht auf die gängigen Schönheitsideale zu achten - noch besser.

Aber deswegen alle herauszufordern, ja zu provozieren, die diese Werte mißachten (könnten) - nein, das ist nicht der richtige Weg. Es gibt hier relativ wenig Neues und/oder Wertvolles. Ich finde, dieses Buch muss man nicht haben, geschweige denn lesen!

Bewertung vom 30.12.2024
Bright Young Women
Knoll, Jessica

Bright Young Women


weniger gut

Zieht sich wahnsinnig

Und ständig sind alle von allen genervt in dieser Geschichte um einen Serientäter und seine Opfer, vor allem jedoch um dessen Umfeld, die maßgeblich in den 1970er Jahren spielt, jedoch weit bis ins 21. Jahrhundert hinein greift.

Eigentlich ein spannendes Thema: Ein Serienmörder schleicht sich in ein eigentlich für Männer verschlossenes Wohnheim einer Studentinnenverbindung, verletzt mehrere Frauen und ermordet zwei. Offenbar ist es nicht das erste Mal, dass er dies tut - so langsam (also wirklich sehr, sehr langsam) fließen die Handlungen zusammen.

Es sind mehrere Frauen, die im Fokus stehen, aber sie sind nicht so eindeutig dargestellt, dass es eine klare Abgrenzung voneinander gibt. Das machte die Lektüre für mich zusätzlich schwer und so kann ich diesen Roman leider nicht weiterempfehlen. Mit Spannungsliteratur hat er aus meiner Sicht ausgesprochen wenig zu tun!

Bewertung vom 27.12.2024
Der Chor
Hahn, Anna Katharina

Der Chor


sehr gut

Ich habe als Teenagerin in einem Chor mit einem ebenfalls baltischen Dirigenten gesungen, der war allerdings Lette und mein Onkel. Was zunächst auf sanften Druck seinerseits begann, machte bald richtig viel Spaß, zumal meine gleichaltrigen Freundinnen dort auch mitsangen.

Wir sangen allerdings nur auf Lettisch, wenn auch viele Nichtlettinnen mit dabei waren - Ehefrauen lettischer Männer, die umgekehrte Version gab es nicht im Chor. Allerdings waren viele Kinder lettischer Elternteile wie ich dabei, die teils die Sprache beherrschten. Was aber durchaus vergleichbar war mit dem Chor von Anna Katharina Hahn: wir waren allesamt Laien, sangen nur zum Vergnügen, auch wenn wir gelegentlich auftragen. Wahrscheinlich war das Niveau unseres gemischten Chores deutlich niedriger als das des hier vorgestellten Stuttgarter Frauenchores mit estnischer Dirigentin.

Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen, insbesondere die Passagen, in denen der Chor übte. Die meisten Gedanken der einzelnen Sängerinnen waren mir zum großen Teil überhaupt nicht fremd, sondern für eine so willkürlich zusammengewürfelte Gruppe durchaus üblich.

Allerdings verließ die Handlung für meinen Geschmack zum Ende hin zu sehr das musikalische Umfeld und wurde zu einer Art Gehacke untereinander. Die Situation der schon älteren Sängerin Lena hätte deutlich eindringlicher und in Teilen auch würdevoller dargestellt werden können - jedenfalls nach meinem Geschmack.

Aber insgesamt war es ein musikalischer Lesegenuß, bei dem ich viele Lieder - auch unter den estnischen (mein Vater war Este) - wieder erkannte und es vor allem musikliebenden Leser:innen jedweder Herkunft von Herzen empfehle!

Bewertung vom 23.12.2024
Strong Female Character
Brady, Fern

Strong Female Character


ausgezeichnet

Ich bin mir nicht sicher, wie "strong" die Stand-up-Comedienne, Autorin und Autistin Fern Brady ist bzw. überhaupt sein kann, aber eines ist sie vor allem: mutig.

Sie versteckt sich nicht aufgrund ihrer Andersartigkeit, die oft ganz schön anstrengend sein kann und das nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Mitmenschen, die sie deswegen oft bestaunen, irritiert oder genervt sind oder sie sogar ächten.

Im Gegenteil, Fern Brady geht auf Konfrontationskurs. In diesem Buch erzählt sie uns ihre Geschichte seit ihrer Kindheit in einer Arbeiterfamilie in der schottischen Provinz. Ihre Umgebung hatte möglicherweise nie von Autismus gehört und war vollkommen unfähig, ihre Reaktionen und Handlungen zu bewerten oder zu tolerieren. Das inkludierte ihre eigene Familie, die völlig überfordert war.

Ebenso wie Fern selbst mit ihrem Leben. Sie erzählt ihre Geschichte, indem sie begründet, warum sie auf eine bestimmte Art und Weise gehandelt hat.

Ich bin beeindruckt von diesem sehr mutigen und ungewöhnlichen Werk, hätte mir jedoch gewünscht, dass einige Begriffe in der deutschen Übersetzung erläutert werden, die einfach so dahingestellt bleiben. Im Herkunftsland dieses sehr besonderen Buches mögen sie bekannt sein, für mich jedoch sind sie böhmische Dörfer!

Bewertung vom 21.12.2024
Vom Dating-Frust zur glücklichen Beziehung
Hehenberger, Caroline;Tiesenhausen, Alexander

Vom Dating-Frust zur glücklichen Beziehung


ausgezeichnet

Dieses Buch ist dafür da, Menschen zur Beziehungsfähigkeit zu verhelfen und zwar in jeder Hinsicht.

Immer wieder wird deutlich, dass die Selbsterkenntnis dafür der wichtigste Faktor sind. Daher gibt es eine Menge von Übungen und es werden diverse Faktoren einbezogen, von denen zumindest ich bisher nicht einmal ahnte, dass sie eine Rolle spielen könnten.

Man darf also gespannt sein auf die Vielfalt der Themen. Ich selbst bin seit Jahren verheiratet und defitiv nicht auf der Suche nach einer neuen Beziehung und auch für mich ist dieses Buch ein Gewinn! Man kann die hier gewonnenen Erkenntnisse nämlich auch in diversen anderen Bereichen nutzen und natürlich auch, um die bestehende Beziehung "aufzumöbeln"!