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Renas Wortwelt

Bewertungen

Insgesamt 217 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2025
Das Geschenk des Meeres
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

Dieser Roman – kaum zu glauben, dass es ein Debütroman ist – sticht angenehm aus dem permanenten Einerlei aus Krimis, Thrillern und Romcoms heraus. Nicht nur durch die gut durchdachte und spannend erzählte Handlung, sondern auch dank der einprägsamen und mit großer Empathie gezeichneten Figuren.
Die Handlung, die sich ausschließlich in einem kleinen Küstenort Schottlands zuträgt, spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen im Jahr 1900, als nach einem Sturm ein kleiner Junge am Ufer gefunden wird. Er spricht nicht, ist schwer verletzt und niemand kennt ihn. Das Kind sieht genauso aus wie der Sohn von Dorothy, der früheren Lehrerin des Ortes.
Ihr Sohn wurde – und das ist die zweite Zeitebene – vor sehr vielen Jahren, als noch kleines Kind, vom Meer erfasst und ertrank. Seine Leiche jedoch wurde nie gefunden, so dass Dorothy nie richtig um ihn trauern konnte. Dass der kleine Findling nun ihrem eigenen Kind so sehr gleicht, stürzt sie in ein immenses Gefühlschaos.
Dazu trägt auch die jahrelange unerfüllte Liebe bei, die sie mit sich herumträgt. Denn der Mann, der nun den kleinen Jungen am Strand fand, Joseph, ist der Mann, der sie liebt und den sie liebt. Doch Konventionen, starre Sitten, Vorurteile, Intrigen und Missgunst haben verhindert, dass die Beiden je ein Paar wurden. Dorothy heiratete einen anderen Mann, während Joseph allein blieb.
Nach und nach entwirren sich die Fäden, erfährt man die ganze Geschichte der Frau, die fast ihr ganzes Leben einsam war, trauerte und sich nie richtig angekommen und angenommen fühlte im Dorf. Wo viel getratscht wird, intrigiert, gelogen, betrogen, wo Männer ihre Frauen schlagen, wo fast jeder ein Geheimnis hat und jeder jeden beobachtet.
All das schildert Julia R. Kelly mit großem Einfühlungsvermögen, mit Empathie und viel Verständnis. Sie urteilt und verurteilt nicht. Dabei gäbe es viel, über das man urteilen könnte, was ergreift, erschüttert und berührt bei der Lektüre. Es gibt auch die eine oder andere Länge in der Geschichte, wenn sich manch ein Gedankengang, manch ein sich rückbesinnen zu ausführlich dargestellt wird, wenn manch ein Gefühl ein klein wenig überdramatisiert wird. Das wird aber immer wieder ausgeglichen durch die sehr präzisen, mit feinem und klarem Strich gezeichneten Figuren, die alle mit reichlich gefüllten Päckchen beladen sind.
Ein wirklich empfehlenswerter Roman, der in Erinnerung bleibt, nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Story, sondern auch dank des beeindruckenden Schreibstils seiner Autorin.
Julia R. Kelly - Das Geschenk des Meeres
Originaltitel: The Fisherman’s Gift
aus dem Englischen von Claudia Feldmann
Mare Verlag, Juli 2025
Gebundene Ausgabe, 350 Seiten, 25,00 €

Bewertung vom 13.08.2025
My Life as a Serial Killer
Wallace, Joanna

My Life as a Serial Killer


sehr gut

Zugegeben, so wirklich hat sich mir diese Geschichte nicht erschlossen. Vieles blieb mir unverständlich, vieles war einerseits recht witzig, andererseits aber auch ziemlich morbide. Unterhaltsam ist der Roman aber allemal.
Es geht um Claire, eine junge Frau, die schon mal zum Hammer greift und damit aufräumt unter ihren Mitmenschen. So geschieht es einem Mann, der ihr versehentlich eine falsche Mail schickt, dem Mitarbeiter eines Pflegeheims und etlichen anderen. Wann immer Claire überzeugt ist, dieser Mensch hat den Tod verdient, setzt sie den Gedanken auch sogleich in die Tat um. Da sie dabei durchaus auch mal spontan vorgeht, geschieht, was geschehen muss: Man hat sie beobachtet, sie wird unter Druck gesetzt.
Im Mittelpunkt steht bei der Handlung die Trauergruppe, die Claire aufsucht nach der Beerdigung ihres Vaters. Mit scharfem Blick und spitzer Zunge zerlegt sie in Gedanken alle anderen Teilnehmer der Gruppe und auch die Leiterin der Veranstaltung. Hier zeigt die Autorin dieses makabren Romans ihr Geschick, denn ihre Beobachtungsgabe, die Beschreibungen und die pointierten Kommentare über Aussehen, Agieren und Marotten der Figuren sind wirklich gelungen, man sieht all diese seltsamen Charaktere regelrecht vor sich.
Eine Teilnehmerin sucht hartnäckig Claires Freundschaft, was sich, soviel sei verraten, als recht fatal erweist. Viel mehr über die Handlung darf man in einer Rezension des Romans nicht verraten, um keinen der vielen überraschenden Twists zu spoilern.
Zwischen die aktuelle Handlung eingefügt sind Rückblicke auf Claires Kindheit, die geprägt war von den absurden und brutalen Schikanen ihrer Mutter, vor denen sie ihr Vater nur halbherzig schützte. Dass diese für Claires späteres Serienkillerdasein verantwortlich sein sollen, wird damit impliziert, aber irgendwie nicht wirklich klar. Überhaupt bleibt vieles in der Geschichte unerklärt, Motive erschließen sich nicht immer, die Hintergründe sind wirr, manchmal tun sich Logiklücken auf, über die man großzügig hinweglesen sollte.
Dazu kommen einige Längen, in denen sich die ganze Geschichte etwas im Kreis dreht, Claire sich immer wieder dieselben Fragen stellt, sich Abläufe wiederholen. Hier hätte ein wenig Straffung der Spannung gedient.
Insgesamt eine zwar unterhaltsame, aber auch etwas wirre und ziemlich absurde Story, die man am besten wenig oder gar nicht ernst nimmt.
Joanna Wallace - My Life as a Serial Killer
Originaltitel: You’d look better as a ghost
aus dem Englischen von Leena Flegler
Piper, Juli 2025
Klappenbroschur, 384 Seiten, 17,00 €

Bewertung vom 08.08.2025
DuMont Bildatlas Eifel, Aachen
Simon, Klaus

DuMont Bildatlas Eifel, Aachen


sehr gut

Das ist mein x-ter Reise- oder Wanderführer für die Eifel und ihre Umgebung. Da aber gerade diese Region so interessant und vielfältig ist, entdeckt man doch immer wieder etwas neues und spannendes.
So auch in dem neuen Bildatlas aus der DuMont-Reihe. Der geografisch geordnet besondere Orte auf informative und übersichtliche Weise vorstellt.
Beginnend mit großformatigen Fotos von besonders beeindruckenden Örtlichkeiten beschreibt der Autor dann unter anderem Sehenswertes in Aachen – immer eine Reise wert. Dabei beschränkt es sich nicht auf Sehenswürdigkeiten, sondern man bekommt auch Tipps, wo es schmeckt, welche Museen oder Einkaufsmöglichkeiten sich lohnen, welche Veranstaltungen in der Stadt oder der näheren Umgebung regelmäßig stattfinden und vieles mehr.
Danach dann geht es in die Nordeifel. Viele großartige Fotos zeigen die Natur und die beschaulichen Städte in dieser Region, längere Artikel beschäftigen sich hier z.B. mit der NS-Ordensburg Vogelsang oder beschreiben die unterschiedlichen Möglichkeiten für Ausflüge.
Dann folgen Osteifel/Aartal, die Vulkaneifel mit herrlichen Aufnahmen der Maare und schließlich die Südeifel mit ihren Burgen, Schlössern und Wasserwegen. Alle Kapitel jeweils mit den bereits erwähnten Info-Teilen zu Unterkünften, Restaurationen, wichtigen Adressen und Tipps für die Umgebung sowie entsprechenden Übersichtskarten.
Es sind vor allem die Fotos, die locken, die dafür sorgen, dass man am liebsten sofort die Wanderstiefel schnüren möchte und losfahren, zu den Wiesen und Wäldern, den herrlichen Kirchen, den verwunschenen Burgen, den romantischen Städtchen und den leuchtenden Seen. Die Eifel ist einfach jeden Besuch wert – was dieses schmale, aber interessante und gut lesbare Heft wieder einmal beweist.
Sehr zu empfehlen
Klaus Simon - DuMont Bildatlas Eifel Aachen
MAIRDuMont, April 2025
Zeitschriftformat, 121 Seiten, 11,50 €

Bewertung vom 08.08.2025
Und plötzlich ist es wunderbar
McFarlane, Mhairi

Und plötzlich ist es wunderbar


ausgezeichnet

Mhairi McFarlane ist eine meiner Lieblingsautorinnen. Sie schreibt berührende, spannende und immer auch humorvolle Romane, meist um leicht verpeilte Protagonistinnen, die in unmöglich scheinender Liebe entbrennen. Hier legt sie jetzt ein Sequel vor zu ihrem 2017 erschienenen Roman „Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt“.
Dieser neue Roman schließt tatsächlich nahtlos an den vorigen an, greift die dortige letzte Szene direkt auf. Damals hatte sich Edie, Mitarbeiterin einer Werbeagentur, in den erfolgreichen Schauspieler Elliot verliebt, doch wegen ihrer so verschiedenen Lebensumstände hatte Edie ihrer Beziehung keine Chance gegeben und Elliot nach New York ziehen lassen.
Nun steht er jedoch wieder vor ihrer Tür und entgegen ihrer inneren Überzeugung versuchen die Beiden es noch einmal. Was schwer ist, denn Edie will nicht aus England fort und Elliot wird immer berühmter und damit auch vielbeschäftigter in Amerika. Doch sie hoffen auf die Stärke ihrer Liebe und zumindest Elliot scheint überzeugt, dass sie es schaffen.
Aber natürlich, wie immer bei dieser Autorin, gibt es viele verschiedene Hürden zu überwinden, wie die attraktive Schauspielkollegin, die unverschämt in der Öffentlichkeit mit Elliot flirtet. Oder Edies neuen, ebenfalls sehr ansehnlichen Kollegen Declan, der gleich mal für eine Nacht bei ihr einzieht. Und auch Elliots Bruder sorgt für Verwirrung und Aufregung, gerät er doch in Verdacht, Privates an die Presse durchzustechen, womit vor allem Edie immer wieder in Bedrängnis gerät.
Im Grunde hat der Roman aber recht wenig Handlung, die meisten Seiten werden von umfangreichen, endlosen Dialogen gefüllt. Dabei drehen sich vor allem die Gespräche zwischen Edie und Elliot immer um das gleiche Thema, drehen sich ständig im Kreis. Immer geht es um die Frage, ob ihre Beziehung funktioniert, ob sie all die Störfeuer von außen verkraftet und ob sie beide, vor allem eben Edie, diesen gewachsen sind.
So nett das Ganze geschrieben ist, so humorvoll die Pannen und Fettnäpfchen sind, in die Edie doch immer wieder gerät, so berührend die Liebesgeschichte, so wenig tut sich aber auch in der Geschichte an sich. Die ganze Spannung geriert sich – wie wohl beabsichtigt – aus der Frage, ob Edie und Elliot zusammenbleiben oder nicht. Somit ist das Buch im Grunde nur eine Verlängerung, um nicht zu sagen Wiederholung der Frage des vorherigen Bandes.
Auch entwickeln sich die Figuren nicht wirklich, auch sie drehen sich nur um sich selbst, bleiben in ihren Gefühlen stecken.
Dennoch hat die Lektüre, wie immer bei Mhairi McFarlane, großen Spaß gemacht und ich freue mich schon jetzt auf ihren nächsten Roman.
Mhairi McFarlane - Und plötzlich ist es wunderbar
Originaltitel: You Belong With Me
aus dem Englischen von Maria Hochsieder
Knaur, Juli 2025
Taschenbuch, 416 Seiten, 12,66 €

Bewertung vom 04.08.2025
Pinguine fliegen nur im Wasser
Krohn, Henriette

Pinguine fliegen nur im Wasser


ausgezeichnet

Ein Roman so recht nach meinem Herzen, geht es doch vor allem um die Figuren, darum, sich zu finden, nicht aufzugeben, wo nötig neu zu beginnen. Das gilt ganz besonders für Vincent, aus dessen Perspektive die Autorin ihre Geschichte erzählt.
Er wird eines Tages, völlig unvorhersehbar, von seiner Vorgesetzten (und Geliebten) auf die Straße gesetzt, noch dazu unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Vincent ist ein Mann, der Ordnung liebt, sich stets an die eigenen Regeln hält, der Pläne und Sicherheit braucht. So stürzen ihn die Entlassung und die unwahren Vorwürfe, die im Raum stehen, in absolute Verwirrung, zumal mit dem Rauswurf auch der Verlust seiner luxuriösen Wohnung verbunden ist.
Da lernt er die redselige und unkomplizierte Taxifahrerin Greta kennen, die ihm nach einigem Hin und Her anbietet, vorerst bei ihr zu wohnen. Greta nämlich bewohnt derzeit eine ältere, geerbte Villa, die sie renovieren und besonders aufhübschen möchte, um sie verkaufen zu können. Als Gegenleistung für das Logis soll Vincent bei der Renovierung helfen.
Nach anfänglichem Zögern stellt Vincent fest, dass ihm diese Aufgabe ganz viel Spaß bereitet. Zumal auch das Zusammenleben mit Greta mitunter sehr spaßig, oft aber auch durchaus anstrengend ist. Denn Greta sammelt Menschen wie andere Briefmarken, stets möchte sie helfen. So gehen in ihrer Villa unter anderem Boje, ein junger Mann, der sich offensichtlich auf Gretas Kosten über Wasser hält, und Kurt, ein schweigsamer, aber handwerklich ungemein begabter Sorgenfall, ein und aus. Dazu schließlich noch die „Gräfin“, Gretas betagte Nachbarin, deren Sohn Philipp und andere, sowie, nicht zu vergessen, Schildkröte Charlotte.
Wie Henriette Krohn schildert, was sich in Gretas Haus zuträgt, wie sie die Charaktere darstellt und vor allem die herrlichen Dialoge, die sie schreibt, das ist gelungen, das macht große Freude beim Lesen. Eingeschoben in die aktuelle Handlung sind immer wieder Rückblicke auf Gretas Kindheit und Jugend, ihr Studium und ihr Verhältnis zu ihren Eltern.
Diese Rückblenden sind im Gegensatz zur eigentlichen Handlung sehr düster, traurig und passen so gar nicht zu der munteren Greta der Gegenwart. Hier fehlten mir so ein wenig die Zünder, die Anlässe und Auslöser, die aus dem traurigen Kind, dem stillen jungen Mädchen diese muntere, hilfsbereite und optimistische Frau werden ließen.
Auch Vincent entwickelt sich im Laufe der Handlung, vor allem entdeckt er seine Freude und seine Begabung für das Herrichten eines Hauses. Es klären sich natürlich mit der Zeit auch alle Missverständnisse und falschen Anschuldigungen, soviel darf verraten werden.
Das Ganze ist leichtfüßig erzählt, ohne seicht zu werden. Zwar wird nicht jedes Klischee, nicht jeder Kitsch vermieden, darüber geht man aber gerne hinweg bei der sehr unterhaltsamen Geschichte, die Henriette Krohn erzählt. Dabei sind es vor allem die Figuren, die das Ganze tragen und die ihr ausnehmend gut gelungen sind.
Uneingeschränkte Empfehlung für diesen Wohlfühlroman
Henriette Krohn - Pinguine fliegen nur im Wasser
Knaur, Juli 2025
Taschenbuch, 367 Seiten, 13,99 €

Bewertung vom 04.08.2025
Das Einfach-Schreiben-Buch   Der Ratgeber für Erfolgsautoren
Eckardt, Klaus

Das Einfach-Schreiben-Buch Der Ratgeber für Erfolgsautoren


ausgezeichnet

Die Zweideutigkeit des Titels dieses Buchs ist vermutlich gewollt. Einfach mal drauflos schreiben oder Schreiben ist einfach – beides will der Autor – ein bekannter und anerkannter Schreibcoach – mit seinem Buch vermitteln.
Und es gelingt ihm – zumindest beinahe. Denn die Schritte, die er beschreibt, wirken zuerst wirklich einfach. Sie beinhalten nebenbei noch einige der von Klaus Eckardt selbst entwickelten Methoden, wie das Leuchtturm-Modell, dazu später mehr.
Es beginnt mit einer Frage, die man sich stellen soll, die zu der Geschichte führt, die wir schreiben möchten. Diese Frage mit einem Satz zu beantworten ist der erste Schritt – der ein wenig an den ähnlichen Beginn beim Plotten nach der Schneeflocken-Methode erinnert.
Danach folgt die Entwicklung der Figuren nach dem bereits erwähnten Leuchtturm-Modell. Mit dieser Vorgehensweise arbeitet man sich so nahe wie möglich an die Figur heran, erkundet ihre Visionen, ihre Ethik, ihre Zugehörigkeit, ihre Identität und weiteres mehr. Hierbei ist es wichtig, sich wirklich in die Figur hineinzufühlen. Ebenso wie man vorher, quasi zur Eingewöhnung, das Modell an sich selbst ausprobiert.
Es folgen die nächsten Schritte: Die Entwicklung der Story im Rückwärtsgang, die Disney-Strategie zum Erwecken der eigenen Kreativität, Logline und Exposé sowie schließlich die altbekannte Plotmethode der Heldenreise. All diese Schritte erläutert der Autor ausführlich anhand eines Beispiel-Plots.
Das macht dieses Buch so anschaulich und leicht verständlich, dieses Entwickeln einer fiktiven Geschichte mittels seiner Schritte. Denn so kann man sehr genau verfolgen und nachvollziehen, wie die Schritte helfen, wie sie wirken und ob sie funktionieren.
Schließlich folgt ein „Ausflug in die Erzähltheorie“, wo Eckardt verschiedene Erzähltechniken vorstellt und vergleicht. Schritt acht widmet sich der Entwicklung des eigenen Stils und der letzte Schritt beschäftigt sich mit Schreibblockaden und wie man sie umgeht oder überwindet.
Natürlich ist es am Ende dann doch nicht ganz so einfach, wie Titel und Inhalt uns erzählen. Aber wenn man das Buch von Klaus Eckardt liest, seine Schritte nachvollzieht, sie vielleicht am eigenen Plot, an der eigenen Geschichte versuchsweise anwendet, dann merkt man, wie hilfreich seine Anregungen und Methoden doch sein können.
Der Autor legt dabei auch viel Wert auf die Gefühle, die wir in unsere Geschichte hineinlegen, die wir vor und während des Schreibens entwickeln. Und insbesondere auf die Gefühle unserer Figuren, wobei ihm die sogenannten VAKOG besonders wichtig sind. Diese bezeichnen unsere fünf Sinne sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken (oder mit den lateinischen bzw. griechischen Ausdrücken visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch = vakog). Diese Sinne sollen wir stets heranziehen, immer wieder prüfen, wie diese Sinne unsere Geschichte wahrnehmen, wie die Sinne der Figuren reagieren, angesprochen werden.
Das liest sich hier in der Rezension sehr viel theoretischer und komplizierter als Eckardt das in seinem Buch darstellt. Sein Buch, das ich nur wärmstens und voll umfänglich empfehlen kann für alle, die schreiben, egal ob Erzählungen oder Romane. Auch wenn man vielleicht nicht alles umsetzen möchte oder kann, diese Reduzierung des Schreibprozesses oder vielmehr der Vorarbeiten, bevor es ans eigentliche Schreiben geht, macht das Ganze so anschaulich, so verständlich und vor allem nimmt es dem Schreiben den Schrecken, mindert die Furcht, die man vielleicht hat, vor dem Beginnen, vor dem ersten Schritt.
Ein Buch, das alle, die schreiben wollen, gelesen haben sollten. Zu dem es im Übrigen Arbeitsunterlagen auf seiner Webseite zum Herunterladen gibt – ebenfalls ausgesprochen hilfreich und leicht anwendbar.
Klaus Eckardt - Das Einfach-Schreiben-Buch
Paparento Verlag, März 2025
Taschenbuch, 177 Seiten, 20,00 €

Bewertung vom 21.07.2025
MARCO POLO Guck mal: Verrückte Orte. In Deutschland.

MARCO POLO Guck mal: Verrückte Orte. In Deutschland.


ausgezeichnet

Man muss nicht verrückt sein, um Spaß an diesem Buch zu haben – und an diesen Orten. Aber es hilft, sich auf Abenteuer, Skurriles und Außergewöhnliches einzulassen, dann kann man diese Vorschläge für Wochenendausflüge, Kurztrips oder Urlaubsziele richtig genießen.
Dabei machen nicht nur die gelungenen Fotos Lust aufs Reisen, vor allem die witzigen, das Kuriose hervorhebenden Texte sind es, die gute Laune machen und – wenn man schon nicht selbst an den angepriesenen Ort fahren kann – ihn zumindest nach Hause bringen.
Wie so oft bei den beliebten Reiseführern dieses Verlags sind die Ziele geografisch geordnet nach Norden, Süden, Osten, Westen und im Herzen Deutschlands. Zwar steht für jeden dieser „Verrückten Orte“ meist nur eine Seite des Buchs zur Verfügung, dort aber wird alles Wissenswerte aufgeführt.
Durchnummeriert von 1 bis 222 – so findet man die Orte dann auch auf den jeweils den Kapiteln vorangestellten stilisierten Karten – und überschrieben mit einem neugierig machenden Titel folgt dann, neben einem Foto des Ortes eine kurze und meist sehr humorvolle Beschreibung. Teils wird die Geschichte kurz angerissen, mal gibt es andere Hintergrundinformationen. Und es fehlen auch nie, wie man es gewohnt ist, die nötigen Angaben zu Zieladresse, sogar mit Koordinaten, und Anfahrtstipps.
Da wird man beispielsweise gelockt nach Bremerhaven zu einem echten U-Boot, das man besichtigen kann. Im Osten „steht ein Flugzeug auf dem Acker!“, nämlich in Gollenberg bei Stölln. Warum? Weil Stölln bzw. Gollenberg der Ort ist, an dem Otto Lilienthal 1896 tödlich verunglückte. Deswegen wollte die DDR-Führung dem Ort 1989 ein Flugzeug schenken, welches dann, in Ermangelung einer Landebahn, auf dem Acker landete. Und dort stehen blieb.
„Im Herzen“ wird z.B. die U-Bahn-Station Bockenheimer Warte in Frankfurt/Main gezeigt. Die einen in die Erde hineinfahrenden U-Bahn-Wagen zeigt als Eingang zu der Station. Wirklich sehenswert, was ich aus eigener Anschauung bestätigen kann. Im Westen wiederum gibt es einen Riesen, nämlich den „Inde-Mann“. Da ich selbst schon dort war, kann ich auch hier bestätigen, wie beeindruckend diese Konstruktion am Tagebaurand ist und welchen überwältigenden Blick man von der darin enthaltenen Aussichtsplattform hat.
Und im Süden schließlich findet sich zwischen vielen anderen verrückten Orten unter Tipp 195 die Breitachklamm, die man im Winter mit Fackeln durchwandern kann.
Zusätzlich zu der geografischen Aufteilung führt das Buch auch noch Orte geordnet nach „Besuchen bei Hitze“ oder „im Winter“ oder „mit Kindern“ auf, so dass man einfach und schnell die eigenen Interessensgebiete findet. Dazu gibt es am Ende noch ein Ortsregister und noch einmal eine andere Sortierung, nach Themen nämlich, als da sind Events und Touren, Natur und Landschaft oder Zeitreise und Kunst und vieles mehr.
Ein wirklich rundherum gelungenes Buch, das beim Lesen und Blättern enorm viel Spaß macht und definitiv Lust auf verrückte Orte.
Guck mal: Verrückte Orte in Deutschland
MARCO POLO, Juni 2025
Klappenbroschur, 286 Seiten, 19,95 €

Bewertung vom 16.07.2025
Ein Morgen mit dir
Hertz, Anne

Ein Morgen mit dir


gut

Hinter dem Pseudonym Anne Hertz verbergen sich die beiden Schwestern Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz, jede für sich eine ebenfalls sehr erfolgreiche Schriftstellerin, deren Romane ich gerne lese.
Mit diesem neuen Buch legen sie nun die Story einer jungen Frau vor, deren Vater an Demenz erkrankt. Da ihre jüngere Schwester, die sonst den Vater versorgt, auf einer längeren Urlaubsreise in Kanada weilt, muss Saskia aus Hamburg ins Wendland, um sich dort um den Vater zu kümmern. Zum Glück hat die gewiefte und erfolgreiche Unternehmensberaterin eine treue Assistentin, so dass sie auch von dem Dorf, wo sie aufgewachsen ist, aus ihre Geschäfte abwickeln kann, wenn auch mehr schlecht als recht – was nicht nur an dem so gut wie nicht vorhandenen Handynetz und Internet liegt.
Saskia ist dem Dorf längst entwachsen, knüpft aber recht schnell wieder alte Kontakte, wie zu ihrem Jugendfreund Alex, der sie damals, als sie eine gemeinsame Interrail-Reise planten, einfach am Bahnhof stehen ließ. Spätestens hier weiß man, wie das weitergehen wird.
Alex, ein Mann zu schön um wahr zu sein, hilfsbereit, selbstlos, immer gut gelaunt, stets um Saskia und ihren Vater besorgt, wofür er auch immer Zeit hat, obwohl er doch ein eigenes Café betreibt. Er sowie Saskias Vater treiben gerade ein Projekt voran, wollen sie doch im Dorf einen Dorfladen auf Basis einer Genossenschaft gründen. Das erste Objekt, welches dafür vorgesehen war, scheint nicht zu klappen, so kommt Saskia gerade recht, denn als gestandene Businessfrau kann sie natürlich alle Probleme lösen.
Dabei schafft sie sich selbst welche, denn so ganz klappt das dann doch nicht mit dem Arbeiten ohne Netz, und ihr Hamburger Freund schießt auch noch quer und sorgt für Unruhe und Zoff.
Somit ist der Roman leider ungemein vorhersehbar, auch alle auftretenden Verwicklungen kann man vorausahnen ebenso wie deren Auflösung. Dazu zwischendurch, immer nur dann, wenn es für die Handlung, sprich die Beziehung zwischen Saskia und Alex wichtig ist, hat ihr Vater mal wieder einen seiner seltenen Demenzanfälle.
Doch nicht nur die Oberflächlichkeit der Geschichte hat mich gestört, auch wurde ich mit der Protagonistin überhaupt nicht warm. Sie war mir zu kalt, zu rational, zu sehr von sich überzeugt, alles wusste, konnte sie – vielleicht abgesehen vom Umgang mit einem kranken Vater, also genau das, wofür Empathie notwendig wäre. Eine wirkliche Entwicklung der Figur konnte man nicht erkennen, auch wenn sie – natürlich – am Ende Beruf und Wohnort wechselt.
Daneben waren auch die Dialoge der Figuren oft etwas hölzern, die meisten Figuren blieben blass, waren mehr Statisten und stellten häufig ein typisches Klischee dar.
Dass es um die Frage geht, wo zuhause ist, wie der Klappentext suggeriert, konnte ich im Roman auch nicht wirklich erkennen. Eher drehte es sich darum, wie man Erfüllung findet und ob Arbeit und Karriere wirklich das Wichtigste sind.
Fazit: Ein netter Unterhaltungsroman, ohne rechte Spannung und Tiefgang und leider auch ohne den richtigen Pep. Dessen Titel im Übrigen herzlich wenig Sinn macht und keinen Bezug zum Inhalt hat.
Anne Hertz - Ein Morgen mit dir
HarperCollins, Juni 2025
Taschenbuch, 304 Seiten, 13,00 €

Bewertung vom 11.07.2025
MARCO POLO Unterwegs mit dem Deutschlandticket

MARCO POLO Unterwegs mit dem Deutschlandticket


ausgezeichnet

Inspirierende Anregungen für Ausflüge mit der Bahn
Unterwegs mit dem Deutschlandticket
Solange es das Deutschlandticket noch gibt oder solange es noch halbwegs erschwinglich ist, spricht nichts dagegen, es zu nutzen. All den Ärger, den Bahnfahren mit sich bringt, muss man einfach hinnehmen, wie das Wetter oder die Lottozahlen.
Dieses Buch nun zeigt verschiedene lohnenswerte Strecken, die man mit dem Deutschlandticket befahren kann. Dass das Ticket nur für Nahverkehrszüge (mit ganz wenigen Ausnahmen) gilt, führt dazu, dass man viel mehr von Deutschland sieht – was ich aus eigener Anschauung sagen kann.
Denn, auch wenn es durchaus Unterschiede gibt, die meisten Züge, die man mit dem Deutschlandticket nutzen darf, halten nun mal an jeder oder mindestens jeder zweiten Milchkanne. So wird dann die Fahrt das Ziel, die Reise wird der Spaß.
Zur besseren Orientierung wird Deutschland im Buch dreigeteilt. Da gibt es die Fahrten im Norden, in der Mitte und im Süden. Jeweils von einer zentralen Station – naheliegenderweise insbesondere die ganz großen Städte – ausgehend werden Fahrten vorgestellt, die zum einen an sehenswerten Strecken und Orten entlangführen und zum anderen zu Zielen führen, die es wert sind, besucht zu werden.
So gibt es in der Mitte Fahrten ab Köln an den Niederrhein und weiter bis nach Arnhem in den Niederlanden (ja, manche Städte in Grenznähe kann man mit dem Ticket erreichen), oder „die schönste Bahnstrecke Deutschlands“ am Rhein entlang über Bonn und Koblenz nach Mainz. Dass sich diese Fahrt auf jeden Fall unbedingt lohnt, kann ich aus eigener Anschauung bestätigen, da bereits mehrfach gefahren.
Aber es gibt auch Vorschläge für Fahrten ab Frankfurt am Main oder Leipzig, im Norden starten die Touren beispielhaft ab Hamburg, Hannover oder Berlin und im Süden ab Stuttgart, Nürnberg oder München.
Jede Strecke ist genau beschrieben, mit Umsteigeorten, Angaben zu den Zügen, die man nehmen kann sowie der Reisedauer. Letztere aber ist wohl doch eher mit Vorsicht zu genießen, denn eine in der Theorie zweistündige Fahrt kann bei der Deutschen Bahn auch gerne mal vier Stunden dauern. Aber was soll’s, solange man wahlweise warm oder gut gekühlt unterwegs ist, vor Wind und Wetter und kilometerlangen Staus geschützt. Die vielen Menschen, die man beim Reisen mit der Bahn beobachten kann, tragen gerne auch mal zur Unterhaltung bei.
Dazu kommen Vorschläge für Besichtigungsziele an der Strecke und im Zielort, jeweils mit vielen tollen Fotos geschmückt und ergänzt um wichtige Informationen wie Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants und sonstige Tipps und Ratschläge.
Neben den angegebenen Routenvorschlägen erwähnt das Buch auch stets besuchenswerte Ortschaften abseits der Strecke, die natürlich ebenfalls per Bahn erreichbar sind.
Insgesamt ein Buch, das Lust aufs Reisen macht, das Neugier auf die gezeigten Städte und Sehenswürdigkeiten weckt und das vor allem eine Werbung für das Deutschlandticket ist, das uns hoffentlich noch lange zu einem erschwinglichen Preis erhalten bleibt.
Unterwegs mit dem Deutschlandticket
Marco Polo, März 2025
Klappenbroschur, 239 Seiten, 19,95 €

Bewertung vom 09.07.2025
Frank & Red
Coyne, Matt

Frank & Red


ausgezeichnet

Recht oft erinnert dieser Roman an das zu Recht sehr berühmte Buch „Ein Mann namens Ove“, gibt es doch auffällig viele Übereinstimmungen. Das ändert aber nichts daran, dass der alte Frank und der kleine Red das Herz jeder Leserin erobern werden, denn ihre Geschichte geht ganz einfach zu Herzen.
Frank bewohnt allein ein Haus in London, seit seine geliebte Frau Marcie starb. Immer mehr vergräbt er sich, geht nicht mehr vor die Tür und so gut wie nicht mehr in seinen Garten. Seine Einkäufe erledigen die Nachbarn, anderes bringt ihm ein guter Freund. Ansonsten hat Frank keinerlei Kontakte, auch nicht zu seinem Sohn, nachdem es wegen der Krankheit Marcies heftigen Streit gegeben hatte.
Nun aber zieht in das Nachbarhaus Red ein, ein sechsjähriger Junge, zusammen mit seiner Mutter Sarah, die gerade in Scheidung lebt von ihrem Mann, Reds Vater. Red, der bisher in einem anderen Viertel Londons lebte und dort seine Freunde hatte, fürchtet sich etwas vor der neuen Schule, wo er niemanden kennt. Im Garten ihres Hauses steht ein Trampolin und während Red darauf hüpft, entdeckt er im Nachbargarten Frank. Da gibt es kein Halten mehr, Red verwickelt den alten Mann immer wieder in Gespräche, sehr gegen dessen Willen.
Doch der Junge schafft es, dass Frank auftaut, widerwillig und griesgrämig, aber er kann dem sympathischen kleinen Kerl einfach nicht widerstehen. Red, der unentwegt Fragen stellt, der permanent redet, alles wissen will und der Frank immer mehr aus seiner Isolation herausholt. Als Red wegen eines Vorfalls eine Woche Schulverbot bekommt und Sarah keinen Urlaub nehmen kann, wird Frank zum Babysitter.
Red findet heraus, dass Frank und sein Sohn Mickey, der inzwischen selbst Vater wurde, keinen Kontakt mehr haben, obwohl Frank ganz offensichtlich darunter leidet, und beschließt, zu helfen.
Diese ganze Geschichte ist so wunderbar erzählt, mit herrlichem Humor, voller Empathie und Verständnis, sowohl für den in seiner Trauer vergrabenen Mann wie für das sensible, putzmuntere Kind. Da wird vieles angesprochen, von Mobbing in der Schule bis zu den Problemen einer Trennung, von Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, zwischen Ehepartnern und Freunden. Sehr sensibel geht der Autor mit diesen Themen um, ohne zu dramatisieren, ohne kitschig oder kindisch zu werden, ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Eher kommen einem beim Lesen die Lachtränen über die vielen Fragen Reds, über seine hilfsbereite Art, seine Flausen und seine Träume. Denn gerade den Jungen darzustellen, seine Sprache, seine Art, das gelingt dem Autor ausgesprochen gut, so sehr, dass man Red einfach lieben muss.
Was auch nicht verwundert, wenn man weiß, dass Matt Coyne nach der Geburt seines eigenen Sohnes erfolgreicher Blogger wurde mit Berichten über seinen Sohn, unter dem Titel Man vs Baby. So ist „Frank & Red“ zwar sein Debütroman, doch hatte er bereits großen Erfolg mit Büchern und Artikeln über seine Vaterschaft.
Dass in seinem Buch vieles sehr stark an den Roman „Ein Mann namens Ove“ erinnert – Frank ähnelt Ove sehr, arbeitete z.B. ebenfalls bei der Bahn, Marcie war Lehrerin wie Oves Frau, eine beliebte Lehrerin, zu der die inzwischen erwachsenen Schüler immer noch kamen, auch das wie bei „Ove“ und auch Sarah erinnert ein wenig an die burschikose und unerschrockene Nachbarin Oves – all das mag man dem Buch von Matt Coyne ankreiden, die Freude an dem Roman schmälert das aber keineswegs.
Denn hier stimmt alles, Figuren, Setting, Dialoge, Tempo und Spannung, Gefühl und Dramatik und der Humor. So habe ich den Roman absolut verschlungen und war am Ende fast traurig, Frank und Red wieder verlassen zu müssen.
Eine uneingeschränkte Empfehlung für diesen Roman.
Matt Coyne - Frank und Red
aus dem Englischen von Kristian Lutze
HarperCollins, Juni 2025
Gebundene Ausgabe, 461 Seiten, 24,00 €