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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Benni
Wohnort: 
Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 31 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Ein langes Leben

Margrit blickt auf 102 Jahre ihres Lebens zurück. Zu Fuß ist sie nicht mehr so fit, dafür im Kopf umso mehr. Bei ihren täglichen Ausflügen in den Römischen Garten helfen ihr der junge Arthur und ein Rollator.  Trotz der fast 80 Jahre Altersunterschied führt sie mit ihrem Fahrer tiefgründige Gespräche über das Leben, was noch kommt und was schon war. Mit Enkelin Luzie würde sie dies auch gerne tun. Sie reden zwar viel miteinander, doch Margrit kommt an Luzie nicht so ran wie sie möchte, weil diese ein schweres Geheimnis mit sich trägt.

"Flusslinien" ist ein melancholisches Buch über das Leben einer Frau, die mehr als hundert Jahre über- und miterlebt hat. Sie blickt weise und reflektiert auf die vergangenen Jahre zurück und stellt sich dabei Fragen, die sich automatisch auf den Leser und das eigene Leben übertragen lassen. Der ruhige und ausgeglichene Erzählstil von Autorin Katharina Hagena wird aufgelockert durch die abwechselnden Perspektiven von Arthur und Luzie. So bekommt der Roman auch den Bezug zur Gegenwart und kommt deshalb auch nicht als reiner Familienepos daher. Ich habe alle Figuren sehr lieb gewonnen und sie als äußerst authentisch empfunden.

Bewertung vom 23.03.2025
Die Kurve
Schmidt, Dirk

Die Kurve


gut

Rastloser Thriller

Ridley, Betty, Mali, Max - sie alle gehören zu Carls Team. Sie lösen Aufgaben, die unlösbar erscheinen und meistens illegal sind. Sie waren auch damals in "Der Kurve" schon dabei, in dem Jugendclub, in dem Carl den Außenseitern eine Chance gegeben hat. Jetzt machen sie gemeinsam das große Geld, in dem Carl von den Mafiosi und anderen Gangstern Aufträge annimmt und seine Leute sie erledigen.

Dieser Thriller beginnt etwas konfus, indem man zunächst verschiedene Perspektiven und Ereignisse kennen lernt, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang haben. Diese Rastlosigkeit zieht sich insgesamt durch das Buch, was zwar einerseits die Spannung erhält, andererseits auch etwas verwirrt.
Letztendlich werden zwei verschiedene Fälle nebenher erzählt, die in Carl als Chef zusammen laufen.
Die Sprache ist sehr direkt und nichts für schwache Nerven. Mir persönlich haben sich die Überschriften de Kapitel nicht immer erschlossen, da es sich dabei immer um Namen von Personen handelt, die aber in dem jeweiligen Kapitel nur selten die Hauptrolle hatten.

Bewertung vom 18.03.2025
Schwebende Lasten
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


ausgezeichnet

Arbeiterin und Mutter

Als Blumenbinderin in Magdeburg hat Hanna sich vor dem Zweiten Weltkrieg einen Namen gemacht. Doch ihren mühsam aufgebauten Laden muss sie schließen, als der Krieg näher rückt. Ehemann Karl verliert ein Bein und verfällt zusehends dem Alkohol während Hanna sich um die gemeinsamen Kinder kümmert. Mit Putzen im Stahlwerk hält sie sich zwischen Zwangsarbeiterinnen über Wasser. In der DDR ergattert sie schließlich als eine von wenigen Frauen eine Stelle als Kranführerin im Werk, was auch nicht immer ohne Probleme abläuft.

Dieses Buch ist eine Art Biografie einer starken Frau, die zwei heiße und einen kalten Krieg miterlebt hat und dabei ihre Opfer sowohl in materieller als auch in menschlicher Hinsicht bringen musste. Detailliert und einfühlsam erzählt Autorin Annett Gröschner von einer Frau, die sich weder von Gewalt und Krankheit noch vom Patriarchat unterkriegen ließ.

Bewertung vom 14.03.2025
Die Kammer
Dean, Will

Die Kammer


ausgezeichnet

Extremsituation

Auf einem Taucherbasisschiff in der Nordsee steigen sechs Sättigungstaucher in eine Druckkammer ein. Ihre Aufgabe ist es in großer Tiefe auf dem Meeresgrund Arbeiten an Versorgungsleitungen durchzuführen. Der hohe Druck in der Kammer, die fehlende Privatsphäre und die Enge verlangen den Tauchern körperlich und mental einiges ab. Doch nach dem ersten Tauchgang kommt es zu einem tödlichen Zwischenfall und von da an überschlagen sich die Ereignisse an Bord.

Will Dean ist mit "Die Kammer" ein außergewöhnlicher Thriller mit Alleinstellungsmerkmal gelungen. Die Geschichte rund um das Sättigungstauchen ist allein schon durch das Thema etwas besonders. Dazu lässt der Autor durch die Hauptfigur Ellen Brooke dem Leser alle nötigen Hintergrundinformationen vermitteln. Dabei kommen die Enge der Kammer und die besonderen Verhältnisse dort greifbar und beinahe plastische rüber. Die Spannung wird durchgehend hoch gehalten und das Ende birgt dramatische Offenbarungen, die so nicht vorhersehbar gewesen sind. Ein absolut empfehlenswerter Thriller!

Bewertung vom 14.03.2025
Erdbeeren und Zigarettenqualm (eBook, ePUB)
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm (eBook, ePUB)


gut

Freundinnen

Zwei junge Frauen wohnen gemeinsam. Sie sind beste Freundinnen. Sie unterstützen sich gegenseitig beim Studium, in der Liebe und gehen auf Partys. Doch als eine der beiden ihre Bisexualität entdeckt, wird das Verhältnis zunehmend schwieriger. Die Gefühle füreinander sind plötzlich nicht mehr nur noch freundschaftlicher Natur.

Madeline Docherty erzählt ihre Geschichte in "Erdbeeren und Zigarettenqualm" aus der Du-Persepektive, sodass der Leser direkt angesprochen wird. Zunächst habe ich diesen Schreibstil sehr außergewöhnlichen gefunden, konnte mich aber im Verlauf immer weniger damit anfreunden. Einzelne Passagen in dieser Form wären sicherlich ein schönes Stilmittel gewesen, aber durchgehend war es mir zu viel.
Es wurde mit den Problemen von Young Adults, Bisexualität und der Endometriose, unter der die Hauptfigur leidet, gleich drei wichtige Themen behandelt, bei denen allen auch ordentlich Gesellschaftskritik mitschwingt. Inhaltlich hätte es gut werden können, aber die Ereignisse waren sehr sprunghaft und dann eben leider in der Umsetzung nicht ausreichend gut rüber gebracht.

Bewertung vom 10.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Mütter und Töchter

Lucy spricht seit gut drei Jahren nicht mehr mit ihrer Mutter. Heimlich ist sie von München nach Berlin gezogen und studiert dort Informatik. Doch plötzlich steht Lucys alter Konzertflügel mitten in ihrem Berliner WG-Zimmer. Für Lucy besteht kein Zweifel, ihre Mutter muss es ihr geschickt haben. Aber warum ist der Lieferschein mit dem Namen ihrer verstorbenen Großmutter unterschrieben?
Kurzentschlossen fährt Lucy nach Polen, dem Heimatland ihrer Großmutter, und begibt sich auf die Spuren ihrer Familie.

Was führt dazu, dass sich Mütter und Töchter entzweien? Wer leidet am meisten unter dem Kontaktverlust, derjenige der ihn eingestellt hat oder der, der nicht mehr kontaktiert wird?
Diese Fragen stellen sich mit der Geschichte, die dieses Buch erzählt. Autorin Paola Lopez hat drei starke Frauen geschaffen, die alle ihren eigenen Weg gegangen sind, sich von ihrem Geist und ihren Gefühlen leiten lassen und alle Begründungen dafür in ihrer Geschichte finden.
Die Zeitsprünge zwischen den Schauplätzen und Personen lockern das Buch angenehm auf und relativieren ein paar etwas langatmige Stellen.
Nichtsdestotrotz ist "Die Summe unserer Teile" ein emotionales Buch für die warme Jahreszeit, das auch zum Nachdenken über die eigene Familie anregt.

Bewertung vom 04.03.2025
Russische Spezialitäten
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


sehr gut

Heimatverbundenheit

Dmitrijs Eltern betreiben in Leipzig ein Magasin, in dem vor allem russisch-stämmige Menschen ihre aus der Heimat vermissten Lebensmittel oder Gebrauchswaren einkaufen. Schon die Corona-Pandemie hat es dem Laden schwer gemacht, jetzt ist auch der Vater schwer krank. Doch am meisten entzweit der Konflikt in der Ukraine die Familie. Der in Kiew geborene Dmitrij sorgt sich vor allem um die ukrainischen Freunde in der alten Heimat, während seine Mutter sich regelmäßig mit russischem Staatsfernsehen beschallen lässt.

Autor Dmitrij Kapitelman erzählt eine Geschichte über russisch-ukrainische Auswanderer und die Risse, die seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine durch solche Familien gehen. Es geht um Heimat- und Zugehörigkeitsgefühle, bei denen die Sprache immer wieder eine zentrale Rolle spielt. Fragen zu Herkunft, Identität und dem gesamten Miteinander kommen auf, die kaum bis gar nicht beantwortet werden können und den Gedanken jedes einzelnen überlassen werden. Trotzdem wärmt dieses Buch das Herz und die Gemüter, in dem es eine kleine Hoffnung auf Frieden weckt und an die Gemeinschaft appelliert.

Bewertung vom 03.03.2025
Dunkle Momente
Hoven, Elisa

Dunkle Momente


ausgezeichnet

Fesselnd

Anwältin Eva Herbergen steht fast am Ende ihrer Karriere als Strafverteidigerin. Sie ist sehr erfahren in ihrem Gebiet und hat etliche prägende Fälle erlebt. Von neun dieser Fälle erzählt sie dem Leser und lässt ihn teilhaben an ihren Überlegungen, Zweifeln und moralischen Motiven.

Der Professorin für Strafrecht, Elisa Hoven, ist mit "Dunkle Momente" ein tolles Werk über Fälle der jüngeren deutschen Justizgeschichte gelungen. Eindrucksvoll beschreibt sie nicht nur nüchtern und banal die Tatsachen der Geschehnisse, sondern auch die Gedanken und Gefühle der Verteidigung der Angeklagten, stellvertretend durch die fiktive Strafverteidigerin Herbergen zum Ausdruckgebracht.
Obwohl die Fälle alle bereits passiert sind und damit nur rückblickend erzählt werden, werden sie unwahrscheinlich spannend wiedergegeben und fesseln den Leser. Man kommt dabei mit seinen Überlegungen an die eigenen moralischen Grenzen und das Buch hallt lange Zeit noch im Unterbewusstsein nach.

Bewertung vom 20.02.2025
Die Allee
Anders, Florentine

Die Allee


sehr gut

Städteplaner

Hermann Henselmann hat sich in der DDR als Chefarchitekt Ost-Berlins einen Namen gemacht. Sein Hauptprojekt war die Gestaltung der Stalinallee in Berlin, aber auch Entwürfe für Hochhäuser in Leipzig und Jena und den Berliner Fernsehturm gehen auf ihn zurück.
Privat war er ein schwieriger Mensch. Seine acht Kinder, die er mit seiner Frau Isi bekam, litten sehr unter dem cholerischen Vater, der schnell wütend wurde, was sich nicht selten auch in körperlicher Gewalt äußerte.

"Die Allee" ist eine chronologische Erzählung über das Leben des Ehepaar Henselmanns. Dabei ist Autorin Florentine Anders mehr als nur eine Biografin, sie ist die Enkelin Hermann Henselmanns.
Relativ nüchtern werden die Ereignisse, beginnend in der Vorkriegszeit bis zum Tod Henselmanns im Jahre 1995, erzählt. Die Autorin geht auf politische Verstrickungen genauso wie auf das architektonische Werk ihres bekannten Großvaters ein. Erschreckend kam bei mir immer wieder der Charakter und die Persönlichkeit Henselmanns an, sodass es mir schwerfällt sein städteplanerisches Vermächtnis entsprechend wertschätzen zu können. Trotzdem ist Florentine Anders mit diesem Buch ein wertvolles Werk mit viel geschichtlichem Hintergrund gelungen.

Bewertung vom 13.02.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


sehr gut

Hobbyermittlerteam

Eigentlich hatte Tommi vor endlich mit seinem Thriller voranzukommen. Doch seine Putzfrau Svetlana entdeckt am Waldrand ein kleines Mädchen, dass anscheinend alleine unterwegs ist und will ihr helfen. Die Mutter scheint jedoch unauffindbar zu sein und da Svetlana den Fähigkeiten der örtlichen Polizei nicht traut, nehmen die beiden die Ermittlungen kurzerhand selber auf.

"Wenn Ende gut, dann alles" ist ein humorvoller und kurzweiliger Krimi ohne dabei ins Lächerliche abzurutschen. Svetlana mit ihrem ukrainischen Akzent ist dabei an Authentizität kaum zu übertreffen, man kann sie sich bildhaft als lebendige Person vorstellen. Aber auch alle anderen Figuren sind sehr differenziert und ausgeformt dargestellt.
An einigen wenigen Stellen war mir die Geschichte etwas zu langatmig und ausschweifend, sodass die Spannung nicht durchgehend hochgehalten war.
Trotzdem ist Volker Klüpfel ein toller Krimi mit tollen Charakteren gelungen!