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rflieder

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 08.11.2023
Schwarzvogel / Fredrika Storm Bd.1
Skybäck, Frida

Schwarzvogel / Fredrika Storm Bd.1


sehr gut

Erworben mit dem Zusatz „Nr. 1 Bestseller aus Schweden“. Da denke ich sofort an Henning Mankell und Hakan Nesser und kann eigentlich wegen zu hoher Erwartungen nur enttäuscht werden.

Die Ermittlerin Frederika Storm kehrt nach einem traumatischen beruflichen Erlebnis aus Stockholm in ihre provinzielle Heimat Skåne zurück. Dort wird sie gleich mit einem komplizierten Fall konfrontiert, der tief in ihre eigene verzweigte Familie und die Vergangenheit hineinspielt. Es gilt, den Tod einer jungen Frau aufzuklären, die auf einen nur leicht zugefrorenen See gejagt wird, ins zu dünne Eis einbricht und ertrinkt. Die ganze Geschichte erscheint mir aber auf zu dünnem Eis aufgebaut, ist stellenweise dialoglastig, langatmig und insgesamt provinziell wie die Gegend, in der sie spielt. Das Ermittlerteam Frederika Storm und Henry Calment passt nicht zusammen, er weltoffen und gebildet, sie eher einfach strukturiert und bodenständig. Sie wird als begabte Polizistin vorgestellt, verhält sich aber vollkommen unprofessionell. „Wer auch immer erfuhr, was sie an diesem Abend getan hatte, würde denken, sie hätte vollkommen den Verstand verloren“.

Auch leichte Ansätze von Humor können nicht überzeugen. Trotz dieser offensichtlichen Mängel nimmt der Krimi zur Mitte hin langsam Fahrt auf und man möchte erfahren, wie alles aufgelöst wird. Ich fühlte mich immerhin einigermaßen gut unterhalten und habe mich beim Lesen gefragt, um den Erfolg in Schweden zu verstehen, ob vielleicht die Übersetzung vom Schwedischen ins Deutsche nicht gelungen ist.

Fazit: Eher 3,5 als 4 Sterne.

Bewertung vom 27.10.2023
Wie Sterben geht
Pflüger, Andreas

Wie Sterben geht


sehr gut

Zweifellos ein spannender Spionage-Thriller. Ich habe mich schnell hineingelesen und ihn innerhalb weniger Tage verschlungen. Das Buch von Andreas Pflüger enthält alles, was in diesem Genre erwartet werden kann: Jede Menge Action, private Beziehungen, Bezüge zur realen Historie (es spielt während des Kalten Krieges Anfang der 80er Jahre). Das Leben eines Spionageagenten/einer Agentin wird durchaus plausibel beschrieben. Anfangs hat mich verwirrt und ein bisschen gestört, dass der Thriller nicht chronologisch aufgebaut ist; er beginnt mit einem spektakulären misslingenden Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke im Jahr 1983, um dann die Vorgeschichte(n) seit 1980 aufzuarbeiten. Immer wieder werden aber neuere Ereignisse eingestreut. Sicher eine Methode, den Spannungspegel aufrecht zu erhalten und zu steigern, was auch gelungen ist.
Gewöhnungsbedürftig finde ich die übertrieben vielen Metaphern für alles Mögliche von den Gefühlszuständen der handelnden Personen bis hin zu den benutzten Waffen. So werden Menschen nicht einfach erschossen bzw. umgebracht, sondern es fliegt eine 7g schwere Kugel mit 274 m/s in 0,00365 Sekunden auf Goliaths Nasenspitze zu. Das ist mir einfach zu Gewalt verherrlichend, wie es überhaupt gegen Ende zu viele Tote gibt. Einseitig ist die Beschreibung der unsympathischen Menschen, die sich zum Schluss als die Bösen herausstellen, und der sympathischen, die zugleich die Guten sind. Und dass die Protagonistin Nina Winter nach einer Kurzausbildung als BND-Agentin besser als alle überwiegend männlichen erfahrenen Kontrahenten ist und jede noch so gefährliche Situation überlebt, war zu erwarten, ist aber total übertrieben. Vielleicht aber das, was in diesem Genre vom Leser erwartet wird.
Fazit: Nicht uninteressant, aber mein Bedarf an Spionagethrillern ist erst einmal gedeckt.

Bewertung vom 09.10.2023
Kajzer
Kaiser, Menachem

Kajzer


sehr gut

Ich war nach den Vorinformationen mit etwas anderen Erwartungen an das Buch herangegangen und weiß eigentlich nicht, ob ich es empfehlen soll oder nicht. Es wird als "Sachbuch" bezeichnet, ist aber teilweise eine Sammlung von Erzählungen, nur sicher kein Roman.
Der Autor Menachim Kaiser, in einer orthodoxen jüdischen Großfamilie in Kanada aufgewachsen, sucht im ehemaligen Schlesien nach den Spuren seiner Familie. Sein dort geborener Großvater, der schon vor der Geburt Kaisers verstorben ist und zu dem er keine Beziehung hat, war der Einzige seiner Familie, der den Holocaust überlebte. In weiten Teilen des Buchs geht es darum, dass der Autor mithilfe einer polnischen Anwältin versucht, das ehemalige Mehrfamilienhaus seines Großvaters nach über 60 Jahren zurückzuerhalten. Die Abläufe in der möglicherweise von der PIS beeinflussten Justiz, seine Bedenken, ob sein Ansinnen fair gegenüber den aktuellen Bewohnern ist, zumal er keine finanziellen Interessen hat, und die Lebensverhältnisse der Bewohner sind empathisch und humorvoll beschrieben.
Dagegen sind die Ausführungen über polnische "Forscher", eigentlich Abenteurer auf der Suche nach von den Nazis in riesigen von KZ-Häftlingen erbauten Höhlensystemen skurril und sprechen mich überhaupt nicht an. Immerhin erfährt Kaiser bei ihnen von der Existenz eines weiteren den Holocaust Überlebenden aus seiner Familie, einem Bruder seines Großvaters. Diesem natürlich schon lange ebenfalls verstorbenen Großonkel vermag er sich mehr anzunähern als seinem Großvater, da er wesentlich mehr Spuren hinterlassen hat.

Immer wieder abwägende Überlegungen z.B. über den Wahrheitsgehalt der über seine Familie erhaltenen Informationen finde ich zwar interessant und regen zum Nachdenken an, sind aber intellektuell durchaus anspruchsvoll und erfordern wegen der langen Schachtelsätze hohe Konzentration beim Lesen. Kein einfaches Buch.

Bewertung vom 15.06.2023
Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Mehrere Frauen werden an verschiedenen Orten Schwedens vergewaltigt und ermordet. Infolge des fehlenden Informationsflusses zwischen den lokalen Polizeistationen erkennt die schwedische Polizei nicht den Zusammenhang zwischen den Taten. Außerdem ist das Interesse an einer Aufklärung gering, da es sich um Flüchtlinge handelt.
Kriminalkommissar Thomas Wolf und Journalistin Vera Berg werden unabhängig voneinander auf die Mordserie aufmerksam. Da sie einander misstrauen, dauert es ziemlich lange, bis es zu einer - letztendlich erfolgreichen - Zusammenarbeit kommt und der Täter überführt wird.
Beide Protagonist:innen kommen wie auch andere Personen aus problematischen Milieus, die in dem Buch drastisch beschrieben werden. Familiäre Hintergründe nehmen parallel zum Kriminalfall einen großen, wie ich meine aber angemessenen Raum ein. Zunächst war ich irritiert, dass ein 2023 erschienenes Buch im Jahr 1994 spielt, aber der geschichtliche Hintergrund mit dem Krieg in Bosnien und der aus schwedischer Sicht erfolgreichen Fußball-WM in den USA wird vom Autorenteam geschickt genutzt, um die kruden Gedanken von Rechtsradikalen und die schwedische Gesellschaft im allgemeinen (überwiegend negativ) zu beschreiben.
Das liest sich alles hervorragend (ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen), ist spannend, klingt in großen Teilen realistisch mit wenigen Übertreibungen und ist auf eine hoffentlich demnächst erscheinende Fortsetzung angelegt, auch wenn das eigentlich offene Ende Zweifel daran aufkommen lässt.

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