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Benutzername: 
Jule
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 196 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2025
Rückkehr nach Budapest
Kiss, Nikoletta

Rückkehr nach Budapest


gut

Ein wirklich sehr gut geschriebener Roman über eine junge Frau in der Vorwendezeit, zwischen Erwachsenwerden, Freiheit und dem Wunsch, den Zwängen ihres Zuhauses zu entkommen. Marta wächst in Ungarn auf und verbringt die schönste Zeit des Jahres mit ihrer Cousine Theresa. Die Beziehung zwischen den beiden ist eng, aber meiner Meinung nach von Anfang an im Ungleichgewicht. Die lebensfrohe, mutige Theresa gibt den Ton an und die intelligente, zurückhaltende Marta stellt zu oft ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Als Martas Mutter die Familie verlässt, muss sie sich um ihren alkoholabhängigen Vater kümmern. Statt unbeschwerter Jugend hängt sie in ihrem Heimatdorf fest. Irgendwann bricht sie aus und reist nach Berlin zu ihrer Cousine. Dort verbringt sie eine aufwühlende Zeit mit Intellektuellen und jungen Denkern und die beiden jungen Frauen begegnen Konstantin, einem geheimnisvollen Schriftsteller. Er wird von nun an ihre Beziehung bestimmen. Beide Cousinen fühlen sich zu ihm hingezogen und schließlich ist es Theresa, die eine Beziehung mit ihm beginnt. Marta kehrt nach Budapest zurück und studiert. Doch die Gedanken an Konstantin lassen sie nicht los und die drei begegnen sich wieder. Was wie eine Liebesgeschichte klingt, ist aber nur zum Teil eine. Der andere Teil ist sehr viel Zeitcholorit und ein bewegender Blick in die Zeit des Sozialismus. Dennoch springt der Funke bei mir nicht über. Die Stimmung ist mir zu schwermütig, die Figuren teils zu extrem oder einfach nicht sympathisch. Selbst zu Marta kann ich keine wirklich Beziehung oder Nähe aufbauen. So beobachte ich das Geschehen interessiert, aber aus Distanz. Obwohl mir der Schreibstil gefällt, stören mich die Zeitsprünge innerhalb der Kapitel. Ich brauche immer etwas, um zuzuordnen wann und wo ich mich befinde und mich wieder einzulesen. Das schafft zusätzlich Distanz. Das ist etwas schade, aber alles in allem finde ich "Rückkehr nach Budapest" einen sehr gelungenen Roman über eine ereignisreiche Zeit.

Bewertung vom 17.02.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


gut

Dieses Buch hat mich positiv überrascht. Der Klappentext klang schon sehr vielversprechend, die Erwartung war entsprechend hoch. Mit dem 15jährigen Chris begibt sich der Leser auf eine Zeitreise in das Jahr 2006. Das Sommermärchen, die erste Liebe, Freundschaft und der Traum vom Profifußballer. Der Schreibstil ist nicht unglaublich originell oder besonders einprägsam, doch die Stimmung, das Lebensgefühl dieser Zeit zwischen Kind und Erwachsenem, ist sehr gut eingegangen. Das Ringen darum cool zu sein, anerkannt zu werden und trotzdem seine eigenen Werte und Überzeugungen zu leben, ist spürbar. Ich fühlte mich bei einigen Schilderungen in meine eigene Jugend versetzt. Auch die anderen Figuren wie Johnny sind sehr gut beschrieben und als Leser fühle ich mit ihnen. Das Cover möchte ich außerdem besonders hervorheben, da es die Stimmung, das Unbeschwerte eines heißen Feriensommers und durch das Sprungbrett die Träume sehr gut einfängt. Ein luftiger Sommerroman über das Erwachsenwerden - ich war gern dabei.

Bewertung vom 13.02.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Dies ist ein leises Buch, aber ein sehr kraftvolles, das lange nachklingt. Jedes Wort, jeder Satz ist gekonnt gesetzt und der bildhafte, aber dennoch unsentimentale Schreibstil lässt die Bilder sehr eindringlich im Kopf entstehen. Dabei handelt es sich um einen sehr gefühlvollen, berührenden Roman. Im Mittelpunkt stehen drei Hauptfiguren: Margrit, Luzie und Arthur. Margrit hat die 100 Jahre überschritten und lebt in einer Seniorenresidenz. Dort wird sie oft von ihrer Enkelin Luzie besucht, die die Schule abgebrochen hat und künftig Senioren tätowieren will. Arthur, der Fahrer der Senioren, sucht in seiner Freizeit mit einer Sonde den Strand ab und verkriecht sich in einer Strandhütte. Was kurios klingt, verbindet sich zu einer sehr eindringlichen und fesselnden Geschichte um Schicksalsschläge, Trauer, Mut, Schuld und den Kampf um ein selbstbestimmtes Leben. Ich kann gar nicht sagen, welche Geschichte mich am meisten berührt. Der Leser erfährt aus wechselnden Perspektiven mehr über die Vergangenheit der Figuren. Insbesondere Margrit taucht tief in die Familiengeschichte ein. Auch kleinere Figuren sind sehr gekonnt gezeichnet, insbesondere Gregor, aber auch Luzies Freundin Rana. Am eindrucksvollsten finde ich allerdings die Wortwahl und Sprache. Ich war oft verblüfft von Mehrdeutigkeit und Klang der Worte. Ein wirklich wundervoller Roman, der mich sicher nicht so schnell loslässt.

Bewertung vom 28.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Ich bin auf das Buch durch eine Lesung wirklich aufmerksam geworden. Ein wunderbar geschriebener, kurzweiliger Roman über die Liebe ohne eine klassische Liebesgeschichte zu sein. Im Zentrum steht dennoch eine große Liebe, nämlich die der Hauptfigur Eduard Brünhofer und seiner Frau Regina. Regina begegnen wir allerdings nur in der Erzählung. Doch zurück zur Abfahrt des Zuges. Zwei Fremde, ein etwas in die Jahre gekommener Autor und eine Frau mittleren Alters, jüngeren mittleren Alters, begegnen sich im Zug. Die Dame verwickelt den Herrn in ein Gespräch über die Liebe, Freiheit, Glück, Ehe und das Schreiben. Das ist sehr kurzweilig erzählt. Der Leser fühlt sich als Beobachter und stummer Gast im Abteil, der dem Gespräch lauscht. Dabei treffen verschiedene Weltbilder aufeinander. Der glücklich verheiratete Autor und die freiheitsliebende junge Single-Frau. Dabei passiert bis auf den verbalen Schlagabtausch nicht wirklich viel. Von Station zu Station nähern sich beide an, bis bei der Ankunft in München ein Geheimnis gelüftet wird. Die Auflösung finde ich etwas schnell erzählt und die Idee mit dem Podcast auch nicht unglaublich originell, aber der Rest des Buches begeistert mich und unterhält mich auf sehr anregende Weise. Die Lektüre vergeht wie im Flug.

Bewertung vom 03.01.2025
Minus 22 Grad
Peck, Quentin

Minus 22 Grad


gut

Der Titel "Minus 22 Grad" hält was er verspricht: Ein Thriller, der für Gänsehaut sorgt. Mir gefällt besonders der sehr bildhafte Schreibstil des Autors, der die Szenen sehr intensiv vor dem geistigen Auge entstehen lässt. Auch die Stimmung, Geräusche und Atmosphäre werden so sehr greifbar. Um was geht es: Die junge Studentin Laura verschwindet und wird in einem Käfig aus Glas gefangen gehalten. Sie hat eine Chance sich zu befreien, wenn sie das Rätsel ihrer Gefangenschaft lösen kann. Die beklemmende Situation, in der sich Laura befindet, ist sehr gut eingefangen und man fühlt sich als Leser fast selbst in diesem Glaskasten gefangen. Ganz besonders spannend fand ich die rasante Verfolgungsjagd zu Beginn des Buches. Laura bleibt mir zwar von ihren Interessen und ihrem Wesen fremd, aber in dieser Situation stieg auch mein Puls merklich an. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, immer wieder unterbrechen auch Tonbandaufnahmen die Handlung. Von wem stammen sie? Der zweite Erzählstrang rund um die zurückgezogen lebende Ariane und ihren mysteriösen Besucher Tom,, den sie aus einem Eisloch rettet, mag mich nicht wirklich zu überzeugen. Ariane ist ein sehr eigenwilliger Charakter, was mich allerdings gar nicht so stört. Immer wieder zeigt sie Empathie und Mitgefühl, insbesondere als sich zwei unerwartete Bewohner auf ihrem Grundstück in einem Wohnwagen niederlassen. Aber aus Tom werde ich nicht schlau, kann ihn bis zum Schluss nicht richtig einordnen und finde die Auflösung um seine Figur nicht wirklich überzeugend. Seine Motivation und Handlungsweisen finde ich wenig realistisch und nicht nachvollziehbar. Auf mich wirkt er bis zum Schluss wie ein Fremdkörper. Alle anderen Charaktere, der Ermittler Lukas, Lauras Mutter, selbst kleinere Randfiguren, die nur kurz auftauchen, finde ich sehr gelungen. Insbesondere die Episode mit dem Sportlehrer auch auch der Direktorin und der Putzfrau der Schule. Beide Handlungsstränge führen letztlich zusammen. Die Demaskierung des Entführers hatte ich ab einem gewissen Zeitpunkt so erwartet, daher fehlte mir hier der Überraschungsmoment. Die Hintergründe der Tat haben mich aber überzeugt und auch sehr berührt. Laura erscheint in einem völlig anderen Licht. Das letzte Kapitel gibt einen kleinen Ausblick auf einen weiteren Teil. Ich bin gespannt.

Bewertung vom 10.12.2024
Die blaue Stunde
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


sehr gut

Die blaue Stunde ist meine Lieblingszeit zwischen Tag und Nacht, Nacht und Tag. Schon deshalb war ich auf dieses Buch sehr neugierig. Das Cover mit dem geöffneten Fenster und Blick auf die Wellen unterstreicht den ersten Eindruck sehr gekonnt. Die Handlung baut sich langsam auf. In einer Skulptur einer berühmten Künstlerin wird ein Menschenknochen gefunden. Die Recherche setzt nicht nur die Kuratoren und Wissenschaftler der Stiftung unter Druck sondern auch die einsame Freundin der Künstlerin. Aus verschiedenen Perspektiven und auch anhand von Briefen und Tagebucheinträgen wird das Leben und Wirken von Vanessa Chapman rekonstruiert. Dabei taucht der Leser immer tiefer in ein Dickicht aus Kunst, Inspiration und Kreativität, Lügen, Liebe und Lust ein. Was verbirgt Grace, die einzige Bewohnerin der Insel Eris? Die Figuren sind interessant, leider sind mir die wenigsten sympathisch. Das ist schade, da ich daher etwas distanziert bleibe. Die seltsame Dreiecksbeziehung zwischen dem Kunstexperten Becker, seiner Frau Helena und dem reichen Stiftungsvorstand packt mich nicht. Die Entwicklung um den gefundenen Knochen ist recht vorhersehbar. Dennoch überzeugt mich der Schreibstil, diese tolle Atmosphäre der abgelegen Insel, des Wetters und des Lichts, die wunderbar eingefangen ist und so für mich fast zum Hauptdarsteller der Buches wird.

Bewertung vom 01.12.2024
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


gut

Zunächst brauchte ich ein wenig, um mich mit den Figuren und dem sehr knappen, saloppen Schreibstil anzufreunden. Doch schnell sind mir die Figuren ans Herz gewachsen. Nicht nur die Hauptfigur Loretta sondern auch die anderen Charaktere, insbesondere die starken und beeindruckenden Frauenfiguren sind sehr einnehmend. Loretta erschleicht sich eine Reise nach Hollywood und beginnt dort ein neues Leben. Mit allerlei Witz und Tücke schafft sie es tatsächlich in die Maske der legendären Studios und wird dort schnell zu einer der gefragtesten Maskenbildnerinnen. Doch die Glamourwelt hat auch ihre Schattenseiten. Frauen sind wenig wert und müssen meist nach der Pfeife mehr oder weniger berühmter Männer tanzen. Loretta kann sich behaupten und findet schnell ihren eigenen Weg, sich gegen ungewollte Annäherungsversuche zur Wehr zu setzen. Die Geschichte ist kurzweilig und liest sich schnell. Als Leserin steht man auf Lorettas Seite selbst wenn ihre Methoden bis zum äußersten gehen. Was mir nicht so gut gefällt, sind die Dialoge, insbesondere zwischen Loretta und Eliot. Das ist mir oft zu aufgesetzt und affektiert. Es ist auch schnell zu durchschauen wohin die Reise mit den beiden geht. Deshalb bin ich nicht zu 100% überzeugt. Dennoch ein lockerer leichter Roman über den schönen Schein in Hollywood.

Bewertung vom 29.11.2024
Italien
Molcho, Haya

Italien


sehr gut

Zuerst war ich verwundert, da das NENI keine typische italienische Küche vertritt und ich war gespannt, wie die spannende Verbindung zwischen levantischer Küche und italienischer Küche gelingt. Ich muss sagen, ich bin überzeugt. Das Buch ist sehr hochwertig aufbereitet, tolle Bilder und auch die Seitenqualität ist top. Wir gehen auf eine Reise von Venedig bis nach Sizilien. Insbesondere die Geschichten der Köche, Shopbesitzer etc. interessieren mich und halten einen bereichernden Blick auf Italien und die Vielfalt der Küche bereit. Die Rezepte sind auch mal etwas anderes, wenn auch nicht zu außergewöhnlich und nicht zu schwer. Sie inspirieren definitiv zum Nachmachen. Ich habe schon zwei-drei Rezepte auf meiner Einkaufsliste notiert. Kein klassisches Kochbuch, aber für Italienliebhaber, die gern tiefer in die Geschichten eintauchen und auch kulinarische Inspirationen für die nächste Reise suchen, definitiv ein Volltreffer.

Bewertung vom 29.11.2024
Der Traum von Diamanten / Cartier Bd.1
Villard, Sophie

Der Traum von Diamanten / Cartier Bd.1


sehr gut

Ein toller Roman für alle Paris- und Modeliebhaber bzw. Liebhaber von schönen Dingen. Sophie Villard nimmt den Leser mit auf eine Reise ins Paris vor dem ersten Weltkrieg. Aus verschiedenen Perspektiven tauchen wir in die Welt der glitzernden Diamanten und Geheimnisse der Schmuckwelt ein. Dabei begegnen wir neben der Familie Cartier allerlei illustren Figuren dieser Zeit, allen voran Coco Chanel. Das Lebensgefühl, insbesondere in den Monaten vor dem Krieg, der Tanz auf dem Vulkan sind sehr gut und bildhaft eingefangen. Hauptfigur ist die junge und modische Jeanne, die zufällig Louis Cartier kennen- und lieben lernt. Sie arbeitet als eine der wenigen Frauen in "La Maison" wie das Geschäft der Cartiers in Paris heißt. Doch auch andere Schauplätze wie New York, London oder St. Petersburg stehen im Mittelpunkt. Die Brüder, Pierre und Jacques, erscheinen mir nicht so sympathisch, ihre Frauen versnobt. Sie lehnen die nicht standesgemäße Beziehung zwischen Louis und Jeanne ab. Der Schreibstil ist packend und die kurzen Kapitel sorgen für einen guten Lesefluss. Ich freue mich auf jeden Fall auf Teil 2, schade, dass man dafür bis zum Sommer warten muss.

Bewertung vom 07.11.2024
Gefährliche Betrachtungen
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen


gut

Das erste, was mir zu diesem Buch einfällt, ist die ungewöhnliche Mischung aus Detektivgeschichte, historischem Roman und auch einer Art Gesellschaftsroman der damaligen Zeit. Der Schreibstil ist sehr bildhaft, teilweise recht ausschmückend und macht die besondere Atmosphäre im Sommer des Jahres 1930 auf der Kurischen Nehrung für den Leser greifbar. Die Figuren sind gut gezeichnet, teilweise etwas kurios, aber liebenswert. Der Übersetzer Miuleris trifft auf Thomas Mann, den er bewundert und von einer Übersetzung eines seiner Romane überzeugen will. Aus der ersten Begegnung entwickelt sich eine Kriminalgeschichte, die beide Männer über den Sommer verbindet und eine ganz besondere Beziehung begründet. Die politische Brisanz und Spannung der damaligen Zeit kommt sehr gut zum Ausdruck. Die Geschichte an sich ist nicht besonders spannend, durch die politische Brisanz und auch eine Prise Witz und Ironie an den richtigen Stelle, ist sie aber dennoch packend. Die teilweise etwas sehr detaillierten Beschreibungen der Landschaft und Örtlichkeiten erschweren den Lesefluss teilweise etwas, unterstreichen aber das Bild und passen zum Thema. Eine Kriminalgeschichte, die zwar nicht vor unerwarteter Wendungen strotzt, aber durchaus sympathisch und leichtfüßig erzählt ist.