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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 213 Bewertungen
Bewertung vom 23.11.2021
Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7


weniger gut

Eine enttäuschende Fortsetzung.

Worum geht es?
Scheinbar zusammenhangslos werden Menschen in einer Kleinstadt erschossen. Vanja, Leiterin der Ermittlungen, und ihr Team versuchen einen Zusammenhang zu finden, doch zunächst ohne Erfolg. Allerdings brodelt es dafür im Team gewaltig.

Worum geht es wirklich?
Vertrauen, Rache und Vergangenheit.

Lesenswert?
Ich bin tatsächlich enttäuscht. Und das nicht nur auf einer Ebene. Endlich ist der heißersehnte siebte Teil der Reihe da, die Geschehnisse spielen ca. 3 Jahre nach dem letzten Fall und es ist viel passiert in der Zwischenzeit. Vanja leitet nun das Team und gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach dem Mörder in der Kleinstadt, während Vanja überhaupt erst einmal in ihre neue Rolle als Chefin einfinden muss.
Sehr gut gefällt mir die Übersetzung bzw. die Sprache und die kurzen Kapitel, die für ein schnelles und spannendes Lesevergnügen sorgen. Das ist dann auch beinahe das einzige, was ich positiv erwähnen kann, wenn ich dieses Werk mit den Vorgängern vergleiche. Möglicherweise würde ich 3 Sterne geben, wenn ich die anderen Bände nicht kennen würde. Da die Enttäuschung allerdings groß war, habe ich mich für 2 entschieden. Ansonsten fand ich es noch ganz nett gelöst, dass die Coronapandemie als zeitgeschichtliches Ereignis erwähnt wird, dieses Buch aber einfach in der Zeit danach spielt. Ist - glaube ich - das erste Buch, das ich lese, das so damit umgeht.
Zuallererst: Dieses Buch befasst sich sehr ausführlich mit der Charakterentwicklung der Ermittler*innen. Wer also die Reihe noch nicht kennt, sollte wirklich vorne starten, sonst verdirbt man sich einigen Lesespaß. Die vorangegangenen Fälle werden zwar auch ein wenig gespoilert, aber dies ist nicht so auffällig.
Es gibt den eigentlichen Fall, den ich zwar spannend, aber unspektakulär und nicht so faszinierend wie die vorherigen empfunden habe. Da habe ich einfach mehr erwartet und auch schon anderes von den Autoren gelesen. Recht schnell konnte man den Fall durchschauen und irgendwie auch dessen Abschluss erwarten. In diesem Bereich also schonmal kein überzeugendes Lesevergnügen.
Dann gibt es natürlich das Team der Ermittler*innen, die jedoch auf einige wenige Eigenschaften heruntergebrochen werden und nicht mehr so fein ausgearbeitet sind, wie ich das bei den letzten Büchern in Erinnerung hatte. Ich habe das Gefühl, bei Vanja steht Mutterschaft vs. Beruf im Mittelpunkt, bei Ursula ihre Beziehung zu Sebastian, bei ihm sein ewiges Trauma, bei Carlos sein Kälteempfinden und bei Billy die unbändige Schlange. Da ging mal mehr, da war mal mehr Tiefgang. Hier war es einfach nur platt und farblos und so als hätte man unter Veröffentlichungsdruck gestanden und einen groben Entwurf verwendet, dem die ganzen tollen Details fehlen, die ich sonst so an den Büchern gemocht habe.
Das Buch befasst sich 2/3 mit dem Fall und 1/3 mit Billy und dessen Handlungen. Und auch hier wirkt es wesentlich platter und unüberlegter, als das bei den Vorgängern der Fall war. Überhaupt hat man nicht das Gefühl, es mit erfahrenen Polizist*innen zu tun zu haben, so fahrlässig wie sie hier handeln. Die Handlung endet wieder mit einem Cliffhanger, bzw. sogar zweien. Allerdings ebenfalls nicht überzeugend und sehr konstruiert. Die letzten waren packender.
Zudem, das nur am Rande, finde ich es unzureichend eine Person auf Grund ihres Kälteempfindens zu charakterisieren und die Namen von Journalist*innen mit Nasensprays zu vergleichen, dies als rassistisch zu erkennen, es aber dennoch so zu sehen.
Alles in allem bin ich enttäuscht von diesem neuen Werk und weiß nicht, ob ich das kommende noch wirklich lesen werde.

Bewertung vom 09.10.2021
Wut und Böse
Hoeder, Ciani-Sophia

Wut und Böse


ausgezeichnet

Überschrift: bereichernd und informativ

Worum geht es?
Um das Gefühl der Wut und wieso es in der Gesellschaft einen Unterschied macht, ob ein Mann wütend ist oder eine Frau.

Worum geht es wirklich?
Gerechtigkeit, Strukturen und Aufbruch

Lesenswert?
Ja, ein richtig gutes und informatives Sachbuch, das wirklich angenehm lesbar ist. Hoeder befasst sich in ihrem kurzen Buch zuerst einmal mit der Wut als solches und wie diese interpretiert wird. Danach folgt ein Kapitel zur Wut von Frauen. Abschnitt 3 beinhaltet den Zusammenhang von Wut und Diskriminierung und das letzte Kapitel zeigt auf, was Wut bewirken kann und wie Veränderungen möglich sind. Ebenfalls befindet sich ein kurzes Glossar mit den wichtigsten Begriffen (nicht nur zu Wut, sondern auch zum Beispiel zu Diskriminierung und Gender), das hilfreich sein kann, wenn manche Begriffe (noch) fremd sind.
Finde den Inhalt super spannend, die ganze Frage warum bestimmte Emotionen bei verschiedenen Geschlechtern unterschiedlich gedeutet und bewertet werden. Gerade bei Wut herrscht einfach ein großes Ungleichgewicht.
Ich habe Hoeders Schreibstil als angenehm und gut lesbar empfunden, obwohl sie viele Informationen auf den knapp 200 Seiten untergebracht hat. Sie beschäftigt sich mit sehr vielen Aspekten der Wut, geht auch auf historische Gründe ein, zeigt viele Beispiele auf und versucht möglichst viele Bereiche abzudecken. Dennoch konnte man dem Ganzen sehr gut folgen und viel Wissen mitnehmen. Manche Dinge waren hierbei neu, von anderen hat man vielleicht schon einmal gehört. Alles um das zentrale Thema Wut angeordnet, sorgt aber für eine andere Gewichtung.
Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass Hoeder auch auf Mehrfachdiskriminierung eingeht und die besondere Problematik dieser Tatsache hervor hebt. Des weiteren erwähnt sie Personen wie zB Alice Schwarzer und deren Bedeutung zwar, verweist aber auch auf problematische Gesichtspunkte ebendieser Personen. Finde ich sehr gut gelöst, weil es den Verdienst nicht verschweigt, aber die Person kritisch beleuchtet. Hoeder stellt an mehren Stellen klar, dass ein binäres Geschlechtermodell unzureichend ist. Sie ist sich bewusst, welche Begriffe rassistisch sind und verwendet diese nicht, auch nicht in Zitaten. Sieht man nicht so oft, gefällt mir aber gut und erzeugt ein sicheres Gefühl beim Lesen, dass nicht hinter der nächsten Seite diskriminierende Äußerungen warten.
Cover ist echt auffällig. Mir gefallen die leuchtenden Farben, aber den „Schatteneffekt“ bei der Schrift finde ich nicht gut gewählt und für die Augen eher anstrengend. Layout im Buch ist da wesentlich angenehmer.
Alles in allem ein kurzes knackiges Sachbuch zu einem spannenden Thema.

Bewertung vom 09.10.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


sehr gut

Titel: Herr Schmidt lernt zu überleben

Worum geht es?
Barbara war immer für ihren Mann Walter da. Sie kocht, sie putzt, sie weiß Bescheid. Nun ist sie eines Tages krank und steht nicht auf und Herr Schmidt muss sich mit einem Mal im Haus und im Leben zurecht finden.

Worum geht es wirklich?
Sturheit, Selbstständigkeit und Vorurteile

Lesenswert?
Ja. Dieses Buch bringt einen zum Schmunzeln, aber auch zum Verzweifeln. Walter Schmidt ist plötzlich auf sich allein gestellt und muss für sich, seine Frau Barbara und ihren gemeinsamen Hund sorgen. Klar, bieten die Kinder auch Hilfe an, aber die braucht Herr Schmidt doch nicht. Natürlich kommt er alleine klar. Außer vielleicht beim Kaffee zubereiten. Und beim Kartoffeln kochen. Und warum ist Butter aus dem Kühlschrank nur so hart? Herr Schmidt ist ein sehr sturer alter Mann, der aber auch nicht zögerlich ist und versucht Lösungen zu finden. Dass er dabei Menschen vor den Kopf stößt und seine Umwelt voller Vorurteile sieht, nimmt er gar nicht wahr. Er ist auf keinen Fall freundlich oder zuvorkommend und verhält sich weder zu Frau noch Kindern noch sonst einem Menschen wohlwollend. Manchmal hat mich das beim Lesen verzweifeln lassen. Und dann war es doch wieder so amüsant und auch herzerwärmend, wie Herr Schmidt lernt, eigenständig zu sein. Denn nicht nur die Küche und das Kochen sind für ihn völlig neu, auch das Internet und Facebook entdeckt Herr Schmidt.
Generell war ich ein bisschen fassungslos, wie ein Mensch so wenig für sich selbst sorgen kann. Aber das ist vermutlich einfach auch eine Frage der Generation.
Herr Schmidt wird als „Mann alter Schule“ beschrieben, was bedeutet: Unselbstständig, klassisches Rollenbild von Mann und Frau. Nicht-weiße Menschen, dicke Menschen, homosexuelle Menschen existieren in seiner Wahrnehmung als störende Personen. Das war manchmal einfach schwer zu ertragen und ich hätte Herrn Schmidt am liebsten gerüttelt und geschüttelt.
Bronsky schreibt wunderbar leicht und flüssig und voller Witz über diese tragische Situation im Eheleben. Die anderen Charaktere bleiben dabei eher im Hintergrund, man erfährt nicht viel über sie und kann nur zwischen den Zeilen lesen. Auch Herr Schmidt wird nicht viel beschrieben, man lernt ihn aber in seinem ganzen Handeln sehr gut kennen.
Ein sehr unterhaltsames kurzes Buch, das aber auch ein wenig zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 19.09.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


ausgezeichnet

Gefährliche Schwester

Worum geht es?
Zwei Schwestern, Esther und Sue, treffen sich am Tag vor Heiligabend in einem großen einsamen Haus im Wald. Eigentlich soll das Treffen nur kurz dauern, aber dies wird nicht passieren. Denn Dinge werden offenbart, die beide versuchten geheim zu halten.

Worum geht es wirklich?
Macht, Unverständnis und Lügen.

Lesenswert?
Definitiv, ein tolles Buch! So fesselnd, dass man es in einem Rutsch lesen muss. Beängstigend, still und voller Boshaftigkeit. Man begleitet die beiden Schwestern Esther und Sue bei ihrem Treffen vor Heiligabend. Esther ist Mutter von zwei Kindern und verheiratet. Sue hingegen lebt getrennt in einem großen einsamen Haus im Wald, umgeben von Tannen, während der Schnee fällt und nahezu keine Möglichkeit besteht, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Dort treffen sie sich, nachdem das letzte Weihnachten schon sehr schwierig gewesen ist. Esther möchte ihrer labilen Schwester helfen, sie umsorgen. Sue kann ihre übergriffige Schwester nicht ausstehen und wünscht, dass die endlich geht.
Abwechselnd erfährt man aus der Sicht beider Frauen, wie sie das Miteinander empfinden, wie sie sich zur Wehr setzen. Dann spielt plötzlich ein großes Messer eine Rolle und der eigentliche Plan ist hinfällig.
Merchant erzeugt eine sehr dichte Spannung auf geballtem Raum, nur die beiden Schwestern. Die eine hat etwas zu verbergen. Was sind die Beweggründe der anderen? Oft weiß man nicht, woran man gerade ist. Was ist objektiv richtig? Wer lügt? Wer hat eine falsche Sicht auf die Dinge? Was ist letztes Weihnachten passiert?
Beide Protagonistinnen sind toll aufgebaut und irgendwann entscheidet man sich für eine Seite, der man Glauben schenken wird.
Die Stimmung und das Haus im Wald sind beklemmend, die beiden sind unter sich und ein einfaches Entkommen ist nicht möglich. Dennoch gibt es in all den Erzählungen auch einige schöne Situationen, die Merchant wunderbar lebendig beschreibt, sodass man die Feststimmung fühlen kann und den Duft von Weihnachten in der Nase hat.
Den Schreibstil habe ich als sehr angenehm empfunden, weil er nicht im Vordergrund steht, sondern Spannungsaufbau und zwischenmenschliche Beziehungen wichtiger sind.
Die Handlung als Ganzes betrachtet ist in sich stimmig und mit immer wieder neuen Wendungen und Erkenntnissen, die zum Weiterlesen locken. Andeutungen werden zu einem späteren Zeitpunkt aufgeklärt. Die Autorin versteht es sehr gut, den*die Leser*in auf eine äußerst spannende Lesereise mitzunehmen, bei dem selbst das Ende noch Überraschungen bereit hält!

Bewertung vom 19.09.2021
Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6
Heitz, Markus

Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6


gut

Suche nach einer alten Gemeinschaft

Worum geht es?
Während verschiedene Zwergenstämme mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben und auch die Menschen und Albae gefährliche Unternehmungen wagen, findet der Zwerg Goimron ein altes Tagebuch, das von keinem Geringeren als Tungdil Goldhand verfasst worden zu sein scheint. Der Inhalt lässt Goimron hellhörig werden.

Worum geht es wirklich?
Visionen, Macht und böse Absichten.

Lesenswert?
Prinzipiell ja, auch wenn mir persönlich manches nicht so gefallen hat. Zuerst einmal positives: Es gibt eine Karte und eine Liste der Figuren und Orte und wichtigen Begriffe, sodass man ohne die Zwergen-Reihe zu kennen, hier gut einsteigen kann. Ich kenne bisher von den Zwergen- und Albae-Büchern nur Albae 1. Daher sind mir zumindest ein paar Informationen aus dieser fantastischen Welt geläufig.
Heitz schreibt ganz hervorragend und hat wundervolle Ideen, die so reichlich in diesem Werk vertreten sind. Nicht nur die Albae tauchen auf, sondern auch Drachen, Wasserwesen und Orks. Die Städte und die ganze Welt mit ihren Abläufen ist wunderbar durchdacht, einfach Highfantasy vom Feinsten. Das gefällt mir generell bei seinen Büchern immer sehr, auch wenn es manchmal ein kleiner fantasievoller Overload für mein Hirn ist. Leser*innen, die noch gar keinen Kontakt mit Highfantasy hatten, könnten eventuell von dieser Welt erschlagen werden, weil sie einfach so reichhaltig an Informationen, Handlungsorten, Streitigkeiten und Machtansprüchen ist.
Für Leser*innen, die die ursprüngliche Reihe kennen, ist vermutlich die Lektüre auf Grund von nostalgischen Gefühlen noch einmal eine ganz andere.
Ich habe kaum Zugang zur eigentlichen Handlung rund um Goimron gefunden, stattdessen haben mich fast alle Nebenhandlungen und -figuren total fasziniert und ich hätte gerne mehr über diese Personen erfahren oder über ihre Herkunft, ihr Leben.
Die vermutlich eigentliche Hauptstory, wie Goimron dem Tagebuch und seiner Herkunft auf den Grund geht, fand ich recht langweilig und unnötig und auch der Sicht auf Goldhand konnte ich wenig abgewinnen. Da aber in jedem Kapitel die Handlung an mehreren Orten spielt, haben die Nebenhandlungen das ganze sehr fein aufgelockert, auch wenn es schwierig war, sie alle geistig zu verknüpfen und im Hinterkopf zu halten. Zudem gibt es zwar die erwähnte Karte, aber viele wichtige Orte sind gerade NICHT eingezeichnet, sodass ich mir einiges zusammen reimen musste und zu Beginn sehr verwirrt war.
Das Buch endet mit einem richtigen Cliffhanger, Teil 2 erscheint allerdings ebenfalls schon im Herbst 2021, sodass man nicht allzu lange warten muss.
Fazit: Tolle Nebenhandlungen und fantastische Welt, leider hat mich die eigentlichen Handlung und ihre Held*innen, also die Zwerg*innen, nicht gepackt.

Bewertung vom 19.09.2021
Das Glashotel
Mandel, Emily St. John

Das Glashotel


gut

Überschrift: Schicksalhafte Ereignisse

Worum geht es?
Um eine junge Frau, Vincent, die schon früh mit Verlust umgehen muss und bei ihrer Arbeit als Barkeeperin im Glashotel auf eine sehr einflussreiche Persönlichkeit trifft.

Worum geht es wirklich?
Betrug, Verlust und Heimatlosigkeit

Lesenswert?
Prinzipiell ja, mir hat es aber nicht so zugesagt. Ich habe mit einer ganz anderen Handlung gerechnet bzw. bin mit Erwartungen an dieses Buch heran gegangen, die nicht erfüllt werden konnten. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch vielen Leser*innen gefallen kann. Das Glashotel, der Ausgangsort dieser Geschichte, ist ein Luxushotel im Nirgendwo, in dem Menschen im Luxus lebend die Natur außerhalb des Hotels genießen und beobachten können. Diese ganze Stimmung ist wunderbar eingefangen und von der Autorin konstruiert worden. Hier arbeitet unter anderem Vincent, die bereits keine leichte Kindheit hatte. Als dann ein Schriftzug an das Hotel geschmiert wird und für Aufregung sorgt, ergreift sie die Gelegenheit fortzugehen. Sie begleitet den reichen Jonathan Alkaitis ohne etwas von seinem Geheimnis zu ahnen. Sein gesamtes Geschäft beruht auf Betrug und einem gefährlichen Schneeballsystem, welches nicht lange gut gehen wird. Der überwiegende Teil der Handlung beschäftigt sich mit diesem Thema und den Folgen und den Einzelschicksalen von betroffenen Menschen - damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Ich hatte angenommen, dieses Glashotel würde viel mehr im Mittelpunkt stehen.
Generell tauchen sehr viele Figuren auf, die auch grob miteinander vernetzt sind und man erlebt Handlungen in ganz unterschiedlichen Zeitspannen, begleitet einige Personen durch mehrere Jahrzehnte. Beides sorgt dafür, dass es für mich eher schwierig war, der eigentlichen Handlung oder einer bestimmten Person zu folgen, weil sich immer nur kurze Eindrücke aus Situationen ergaben und das große Ganze selbst zusammen gesetzt werden muss. Aus diesem Grund war für mich zu wenig Spannung oder Interesse an der Handlung vorhanden und die ganze Geschichte wurde eher zäh und ziellos.
Die Autorin kann definitiv toll schreiben, kleine Momente ganz authentisch einfangen und eine Hoffnungslosigkeit, eine Einsamkeit beim Lesen erzeugen.
Ich hoffe sehr, dass anderen Leser*innen das Buch besser gefällt!

Bewertung vom 31.08.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


ausgezeichnet

Ein wunderbares und emotionales Buch.

Worum geht es?
Prometheus fährt ziellos umher, landet irgendwann an der Küste Dänemarks. Ohne Gepäck, ohne Plan, aber mit Wut und Trauer und Schuld beladen. Er findet Unterschlupf bei zwei Frauen, die ihm einfach seine Zeit geben, alles zu verarbeiten.

Worum geht es wirklich?
Schuld, Verlust und Vergebung.

Lesenswert?
Ja! Absolut! Oh, dieses Buch. Lange nicht mehr so ein emotionales Leseerlebnis gehabt. Prometheus strandet in Dänemark und wird von zwei Frauen mit zu ihrem Pferdehof genommen. Immer wieder denkt er an die Vergangenheit, an das was war. An seinen Freund. An das, was zerstört wurde. Er kämpft mit Schuld und Trauer und erst nach und nach erfährt man, was vorgefallen ist.
Und während diese Vergangenheit sehr emotional und voller Sorge hinter ihm liegt, ist das Leben auf dem Hof eine Momentaufnahme. Die Natur, die Tiere, die beiden Frauen. Die Zeit scheint still zu stehen und Prometheus’ Gedanken nähern sich von der weit entfernten Vergangenheit immer mehr an den Punkt an, an dem er sich schuldig gemacht hat.
Diese beiden unterschiedlichen Erzählgeschwindigkeiten sind so gegensätzlich und ziehen den*die Leser*in in die Geschichte. Die Zeit auf dem Hof ist alltäglich, voller Eindrücke des Lebens und voller Ruhe.
Die Personen, die in Schreibers Geschichte im Mittelpunkt stehen, sind so real, so authentisch und so herzzerreißend. Trotz all der Traurigkeit, die in diesem Buch mitschwingt, all der Schwere, all den Tränen, die man möglicherweise beim Lesen vergießen wird, schafft sie es, auch Leichtigkeit und Humor in die Geschichte einzubringen. Es gab Szenen, bei denen ich gelacht und zugleich geweint habe. Wirklich berührend.
Schreibers Umgang mit Trauer und deren Beschreibung sind packend und tiefgründig, so menschlich und echt. Ihre Darstellung davon fasziniert mich sehr - ging mir bei ihren anderen Büchern ähnlich.
Ihre Sprache steht nicht so sehr im Mittelpunkt, eher wie sie Situationen und Gefühle in Worte fassen und hervorrufen kann. Ich liebe die kurzen melancholischen und poetischen Ausschweifungen zur Natur, die biologischen Erklärungen und wie sie ganz nebenbei Wissenschaft und Ethik in diese Geschichte einbaut.
Dieser Roman ist keine leichte Lektüre, nicht leicht zu verarbeiten. Ich glaube, er hallt etwas nach. Wer aber etwas mit Tiefgang und Trauer als Thema sucht oder „erträgt“, für den ist dieses Buch genau richtig.
Ich möchte bitte mehr von Jasmin Schreiber lesen!

Bewertung vom 31.08.2021
Waldeskälte
Krüger, Martin

Waldeskälte


gut

Geheimnisvolle Alpenwelt.

Worum geht es?
In den Schweizer Alpen im Eigerstal verschwindet ein junges Mädchen. Schon wieder. Damals verschwanden drei und nur eine überlebte. Sie kehrt nun für die Ermittlungen zurück an den Ort des Grauens.

Worum geht es wirklich?
Gier, Unheil und Vergangenheit.

Lesenswert?
Ja, ein durchaus spannendes Buch mit Schwächen. Zuerst einmal zu zwei Dingen, die mir positiv aufgefallen sind: Die Stimmung und das Cover. Denn genau wie dies wirkt (düster, geheimnisvoll, nebelig) so ist auch ein großer Teil der Ermittlungen in dem kleinen Bergdorf. Oft spielt Wald, Dunkelheit und der Geruch von Regen und der Natur eine Rolle. Das wird hier zum einen super optisch umgesetzt und zum anderen so real und greifbar vom Autor geschildert, dass man Geruch und Gefühl richtig vor Augen hat. Das hat mir sehr gefallen, ich mochte diese Stimmung und auch das Unheimliche, das in diesem Tal zu lauern scheint, die geheimnisvolle Bedrohung, von der man nicht wirklich viel weiß. Einfach ein Gefühl, eine Stimmung, die da vermittelt werden. Großartig.
Hingegen nicht so gut gefallen haben mir folgende Aspekte: Die Protagonist*innen sind mir irgendwie zu flach geblieben. Valeria ist zwar nicht unsympathisch, aber sehr unnahbar, kühl, eher rational und handelt dann doch manchmal leichtsinnig. Dies war wie gesagt nicht unsympathisch, aber auch nicht so, dass ich mitgefiebert habe oder Sorgen um sie hatte. Ihr Umgang mit ihren Mitmenschen ist auch eher kühl und voller leerer Versprechen. Die anderen Figuren waren noch weniger greifbar, weil Valeria im Mittelpunkt steht.
Während mir die düstere geheimnisvolle Stimmung und die unheimlichen Beobachtungen ja positiv aufgefallen sind, so fand ich die Auflösung und den letzten Teil der Handlung eher mau. Auflösung konnte man irgendwann ahnen und war dann seltsam unbefriedigend. Die letzten paar Kapitel voller Action, großer Showdown in beeindruckender Kulisse. Das war mir dann ein zu großer Gegensatz zu der bisher erzeugten Stimmung. Wobei das ja definitiv ein subjektives Empfinden ist.
Des weiteren waren ein paar Aussagen, die ich einfach fragwürdig fand und unnötig. Einmal zu den Haaren eines Jungen, die wohl eher zu feminin seien. Ebenfalls fand ich den ganzen Umgang mit dem damaligen Tatverdächtigen eher verstörend und nicht in Ordnung.
Alles in allem ein spannendes Buch, wem es zuerst zu mystisch und sagenumwoben zugeht, der wird vielleicht mehr Freunde zu einem späteren Zeitpunkt haben. Ein guter Reihenauftakt um eine Ermittlerin mit schwerer Vergangenheit, da ist noch einiges in den Folgebänden zu erwarten. Der Fall an sich aber wird abgeschlossen in diesem Buch.

Bewertung vom 31.08.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


sehr gut

Eine bewegende Geschichte.
Worum geht es?
Eine Familie mit drei Söhnen macht Sommerurlaub in ihrem Ferienhaus, mit vielen Erlebnissen und Abenteuern. Jahre später treffen sich die nun erwachsenen Männer an dem Haus wieder, die Asche ihrer verstorbenen Mutter dabei und viele Ereignisse werden dadurch wieder präsent, die sie länger verdrängt hatten.

Worum geht es wirklich?
Vergessen, Gespräche und Erwachsenwerden.

Lesenswert?
Ja. Ein sehr berührendes und auch spannendes Buch. Man lernt die drei Brüder in zwei Zeitebenen kennen: Damals als Kinder in den Sommerferien im Haus am See und nun als erwachsene Männer, die die Asche der Mutter an eben diesem Ort verstreuen wollen. Über viele Dinge, die damals passiert sind, haben die drei nie gesprochen, nie verarbeitet, nie gemeinsam eingeordnet und so brechen nun Gedanken und Gefühle aus ihnen hervor, die sie längst weggesperrt und verdrängt hatten.
Gerade bei dem Erzählstrang in der Vergangenheit lernt man die drei Jungen und auch die Eltern immer besser kennen, bekommt dadurch immer mehr ein Gefühl für die Charaktereigenschaften der Protagonist*innen und glaubt sie immer besser zu verstehen. Trotzdem schwelt die ganze Zeit eine leise Spannung, etwas Ungutes liegt in der Luft und alles scheint sich um eine unaussprechliche Situation zu drehen, die man aber als Leser*in gar nicht fassen kann.
Die drei Brüder werden sehr lebendig und real dargestellt, das hat der Autor super gut hinbekommen. Sie sind nicht durchgängig sympathisch, gerade im Umgang miteinander nicht, aber irgendwie sind sie dennoch toll.
Die Eltern hingegen wirken eher unsympathisch, aber auch hier werden sie sehr vielschichtig und eben nicht nur schlecht dargestellt. Mir gefällt diese Tiefe bei den Figuren unglaublich gut.
Sprachlich sehr gut lesbar, man fliegt nur so durch die Seiten und inhaliert sie um endlich diesen Spannungsmoment fassen zu können, man giert geradezu nach Auflösung, nach Erkenntnis. Und zeitgleich träumt man zwischendurch von diesen langen Sommertagen am See, mit Boot und Steg und einem Wald in der Nähe.
Das Buch bietet neben diesem Spannungsmoment auch sehr feine zwischenmenschliche Beziehungen und Sorgen und Nöte des Erwachsenwerdens, der Selbsterkenntnis und auch den Umgang Trauer und den Gefühlen als erwachsene Menschen.
Dieses Buch ist geeignet, wenn man einen tollen Charakteraufbau und eine feine angreifbare Spannung liebt!

Bewertung vom 31.08.2021
Tiefer Fjord
Lillegraven, Ruth

Tiefer Fjord


weniger gut

Titel: Hat mich enttäuscht.

Worum geht es?
Clara und Haavard kämpfen auf unterschiedlichen Ebenen für den Schutz von misshandelten Kindern. Sie in der Politik und er als Arzt. Doch trotz dieser gemeinsamen Ziele steht ihre Ehe vor Schwierigkeiten, mit denen beide ganz unterschiedlich umgehen.

Worum geht es wirklich?
Rache, Beziehungen und Vergangenheit.

Lesenswert?
Kommt drauf an was man erwartet. Alleine zu benennen, worum es in diesem Buch geht, fällt mir eher schwer. Das Cover und auch der Klappentext lassen auf einen skandinavischen Thriller schließen, wobei hier schon das Wort „Roman“ ins Auge springt, welches ebenfalls auf dem Cover steht. Spannungsroman trifft es im Grunde auch besser. Daher hat mich das Buch enttäuscht, weil ich eine andere Erwartungshaltung hatte. Wer eher einen spannenden Roman mit interessanten zwischenmenschlichen Beziehungen sucht, der könnte hier jedoch richtig sein. Die Optik, die etwas anderes verspricht, ist also der Hauptgrund für meine Enttäuschung. Dennoch gibt es noch ein paar andere Punkte, die mir auch unabhängig davon missfallen haben.
Tatsächlich beginnt das Buch mit dem im Klappentext erwähnten Mord. Bald stellt sich jedoch heraus, dass es sehr viel um die Beziehung zwischen Clara und Haavard geht, die alles andere als gut läuft. Je nach Kapitel begleitet man als Leser*in mal Clara, die versucht ein Gesetz gegen Kindesmisshandlungen durchzusetzen und mal Haavard, der als Arzt die misshandelten Kinder versucht zu retten und dem ganzen dennoch hilflos gegenüber steht. Auch die Kolleg*innen von Haavard spielen eine Rolle und fungieren teilweise als Erzähler*innen. Generell entsteht hierbei ein interessanter Konflikt zwischen den beiden Eheleuten und ihrem unterschiedlichen Umgang mit der Situation. Obwohl beide nicht schlecht dargestellt werden, habe ich dennoch kein Interesse für sie entwickelt und dadurch fehlte auch das Bedürfnis rasch weiterzulesen.
Man erfährt bei etwa der Hälfte des Buches, wer vermutlich die Taten begangen hat und aus welchen Beweggründen. Ab dann steht gar nicht mehr so der eigentliche „Fall“ im Mittelpunkt.
Schwierig finde ich den Umgang mit Rassismus, der als mögliches Tatmotiv genannt wird und obwohl irgendwie klar wird, dass dies zu verurteilen ist, so sind fast alle Figuren geprägt von rassistischen Gedanken und teilweise fällt es dann doch schwer zu unterscheiden, was die Gedanken der Figuren sind und wo die Autorin die stereotypen Bilder ebenfalls aufrecht erhält.
Hier beispielsweise direkt das erste Opfer: Er wird als laut und fremd und mit ungewöhnlichen Wünschen dargestellt. Ein Mann, der die Ärzte nicht ihre Arbeit machen lässt, der unangenehm in der Klinik auffällt. Ich kann das nicht gut in Worte fassen, finde das aber ebenso fragwürdig wie die Tatsache, dass Figuren denken, dass Homosexuelle nur von „diesen Einwanderern“ wegen ihrer Sexualität angegangen werden. Als wäre die Welt eine grundsätzlich furchtbar tolerante und nur durch „diese Fremden mit ihrer fremden Kultur“ würde Intoleranz entstehen.
Irgendwie wird dann nämlich doch das Bild vermittelt, dass diese Menschen gewalttätiger, wenig integrierbar und alle fernab der landestypischer Werte stehen. Möglicherweise war das nicht die Intention der Autorin, ganz sicher sogar, aber mir hat die Handlung das ein wenig vermittelt. Finde ich schade.
Kurzfassung: Keinen Thriller erwarten, dann hat man mit diesem Buch vielleicht Freude.