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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 575 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2022
Schmalz und Rebellion
Balzer, Jens

Schmalz und Rebellion


sehr gut

Jens Balzer ist Autor und Kolumnist, unter anderem für die ZEIT, Rolling Stone und den Deutschlandfunk, Sprache ist sein Werkzeug und seit langem ist Pop sein Thema. Nun hat der Duden-Verlag seine äußerst unterhaltsame Betrachtung zur Sprachgeschichte der deutschen Pop-Musik veröffentlicht.

Balzer rauscht auf gut 200 Seiten durch gut 70 Jahre, vom kitschig-exotischen Fernweh-Schlager der Nachkriegszeit über den Krautrock der 1970er bis hin zu aktuellem Rap, Elektropop oder dem Revival des Shanties. Gekonnt zeigt er auf, welche Entwicklungen in der Musik sich durch gesellschaftliche und kulturelle Besonderheiten erklären lassen. Nicht jeder seiner Thesen stimme ich dabei zu, aber interessant sind sie allemal.

Ich habe viel Unbekanntes entdeckt; als Kind der 1960er in Bayern sind sowohl die Musik der DDR als auch norddeutsche Shantys bislang fast spurlos an mir vorübergegangen. Krautrock war mir zwar ein Begriff, nicht aber dessen große internationale Wahrnehmung.

Natürlich muss bei einem so schmalen Buch, das mehrere Jahrzehnte Musikgeschichte behandelt eine strikte Auswahl getroffen werden, unweigerlich werden wichtige Künstler fehlen. Doch ist Balzers Zusammenstellung in manchen Kaptiteln sehr subjektiv und für mich nicht immer nachvollziehbar. Ausgerechnet die gecastete Hip-Hop-Girl-Group Tic Tac Toe hat es zum Beispiel ins Buch geschafft, während Sabrina Setlur oder Nina (MC) unerwähnt bleiben.

Ein großes Plus bietet dafür die Spotify-Playlist, die der Autor aus einigen im Buch erwähnten Songs zusammengestellt hat. So kann man parallel zur Lektüre auch noch akustisch in die jeweilige Zeit eintauchen.

Meine Empfehlung für alle, die Pop nicht nur gerne hören, sondern sich darüber hinaus auch mit den Texten und Entwicklungen auseinander setzen wollen.

Bewertung vom 30.06.2022
Reisehandbuch Europa mit dem Zug
Ruch, Cindy

Reisehandbuch Europa mit dem Zug


ausgezeichnet

Mein Hauptkritikpunkt an diesem, ansonsten außerordentlich gelungenen, Reisehandbuch gilt dem Cover: Es kommt doch recht bieder daher und wirkt etwas wie ein Bilderbuch für Kleinkinder. Dabei verbirgt sich auf den knapp 200 Seiten ein sehr praxisnaher Ratgeber, der voller aktueller Tipps für Zugreisen durch Europa steckt.

Zu jedem Land gibt es zunächst (knapp und übersichtlich) grundlegende Fakten, etwa die Währung, Amtsprachen und Mobilfunknetz. Besonders gefällt mir, dass am Ende jedes Kapitels länderbezogene Lektüreempfehlungen für die Zugfahrt gegeben werden. Und selbst ein Spotify-Code für den Zugreise-Soundtrack ist enthalten.

Kurze, unterhaltsame redaktionelle Beiträge wecken die Reiselust und geben ungewöhnliche Einblicke. Dabei profitiert man als Leser*in davon, dass Reisejournalistin Cindy Ruch gleich von zwölf Co-Autorinnen und -Autoren unterstützt wurde, die allesamt ein Faible fürs Reisen mit der Bahn haben.

Wirklich bemerkenswert ist die Informationsdichte: Obwohl rund 40 europäische Länder behandelt werden, umfasst die praktische Klappenbroschur gerade einmal 200 Seiten und bleibt somit ein leichtgewichtiger Reisebegleiter. Und trotz des geringen Umfangs eignet sich das Buch bestens zur Reisevorbereitung und -planung. Wichtige Informationen über das Streckennetz, Fahrtzeiten, Preise und verschiedene Fahrkarten fehlen ebenso wenig wie Tipps zur Anreise und hilfreiche Webseiten. Im Anhang schließlich sind Direktverbindungen von deutschen, österreichischen und schweizerischen Großstädten in andere europäische Städte aufgelistet.

Das Layout ist farbenfroh, modern und übersichtlich, praktische Übersichtskarten und stimmungsvolle Fotos geben eine schöne Optik. Lediglich die Schriftgröße bei den Länderfakten ist etwas arg klein geraten.

Dafür habe ich mich über so manche Insider-Info köstlich amüsiert oder ich habe baff gestaunt: In schwedischen Speisewagen kann man Rentiergerichte bestellen, auf manchen Strecken gibt es sogar Kinoabteile und Tschechien hat das weltweit dichteste Eisenbahnnetz!

Das Reisehandbuch wird mir eine wertvolle Hilfe bei der Planung meiner nächsten länderübergreifenden Zugreisen sein, und ich werde es auch an Travelerfreunde verschenken.

Bewertung vom 30.06.2022
Rolling Stones - Alle Songs
Margotin, Philippe;Jean-Michel Guesdon

Rolling Stones - Alle Songs


sehr gut

Anlässlich des 60jährigen Bandjubiläums touren die Rolling Stones ja gerade durch Europa - Grund genug für mich, anhand des vorliegenden bemerkenswerten Kompendiums tiefer in die Geschichte der wohl bekanntesten Rockband der Welt einzutauchen.

Beeindruckend ist zunächst der schiere Umfang der stabilen Klappenbroschur: Auf gut 750 (!) Seiten hat das Autorenduo Margotin / Guesdon erstaunliche Details zu sämtlichen Songs der Stones zusammengetragen. Die Lieder sind nach Erscheinungsdatum geordnet, so dass sich bei chronologischer Lektüre auch die musikalische Entwicklung der Band nachvollziehen lässt. Neben den jeweils beteiligten Musikern, dem Aufnahmestudio und dem technischen Team erfährt man etwas zur Vorgeschichte und Aufnahme des Tracks. Während ich erstere mit großem Interesse gelesen habe, sind die Absätze zur Aufnahme für mich dann doch zu detailliert: Wer wann welche Gitarre gespielt hat oder womit der Wah-Wah-Effekt erzeugt wurde dürfte doch eher für Musiker oder Toningenieure von Interesse sein als für Leser*innen wie mich, die Musik lediglich konsumieren.

Das Layout hingegen ist top - viele Fotos, kurze Hintergrundinfos, die wie Zeitungsausschnitte gestaltet sind, alles wirkt frech und unterhaltsam. Und auch so manche Geschichte rund um die Band und ihre Wegbegleiter*innen ist sehr kurzweilig, etwa die große Bedeutung des (vielen unbekannten) "sechsten Stones" Ian Stewart oder der Fast-Rausschmiss von Frontmann Mick Jagger aus der Band. Das Buch zeichnet sich durch eine Fülle an Details aus, sei es zu Coverversionen oder Hinweisen auf interessante Szenen in Videos zu den Songs.

Ein Muss für Stones-Fans, und eine Empfehlung für alle, die ein Faible für Rockmusik haben!

Bewertung vom 26.06.2022
Die hundert Jahre von Lenni und Margot
Cronin, Marianne

Die hundert Jahre von Lenni und Margot


sehr gut

Die britische Autorin Marianne Cronin ist promovierte Sprachwissenschaftlerin, und fraglos ist sie keine ausschließliche Theoretikerin, sondern weiß auch praktisch gut mit Worten umzugehen.

Doch mehr als durch die Sprache überzeugt Cronins Romandebüt, an dem sie neben ihrem Studium nahezu sieben Jahre lang schrieb, durch die ihm zugrunde liegende Idee: Zwei schwerstkranke Frauen, eine noch Teenager, die andere hochbetagt, erzählen einander ihre Leben, ausgehend von je einem Bild, das sie für jedes Ihrer Lebensjahre malen.

Die Romanfiguren sind unterschiedlich gut ausgearbeitet. Die jugendliche Protagonistin Lenni schwankt nachvollziehbar zwischen Trotz, Verzweiflung und altkluger Schnoddrigkeit. ("Ich bin nicht mutig, ich bin nur noch nicht tot.) Hingegen enttäuscht der Klinikpater sehr - er bietet den Kranken weder Trost noch Stütze, ja er scheint selbst mit seinem Glauben zu hadern. Leider erfährt man nichts über mögliche Ursachen seiner Zweifel.

Die Geschichte glänzt vor allem dann, wenn die zweite Hauptfigur, Seniorin Margot, in Rückblenden von ihrem Leben erzählt. Das ist berührend, witzig, immer wieder überraschend und lädt dazu ein, das eigene Leben zu hinterfragen. Insgesamt ist der Roman leider etwas überfrachtet, etliche Handlungsstränge sind nicht auserzählt, und ich bleibe mit der Frage zurück, wieso sie überhaupt in die Story aufgenommen wurden. Auch die Freundschaft zwischen Lenni und Margot wird kaum greifbar, den Dialogen fehlt hier echter Austausch, die Nachfrage, eine reflektierte, interessierte Reaktion auf das Gesagte.

Davon abgesehen ist Cronin ein anerkennenswerter Erstling mit Tiefgang und Humor gelungen, der auf Weiteres aus ihrer Feder hoffen lässt.

Bewertung vom 17.05.2022
111 Alltagsabenteuer, die glücklich machen
Morlock, Tatiana

111 Alltagsabenteuer, die glücklich machen


ausgezeichnet

Mal ehrlich: Wann hast du zuletzt etwas zum ersten Mal gemacht? Etwas Neues entdeckt, ein Abenteuer erlebt? Wenn die Antwort "schon lange nicht mehr" lautet, dann kann ich dieses großartige Buch nur rundum empfehlen.

Es steckt voller Ideen für alltagstaugliche Mini-Abenteuer. Die Autorin stellt eine wirklich vielfältige und kreative Auswahl ungewöhnlicher Erlebnisse vor: Es gibt Sachen, die man mit Freunden oder alleine entdecken kann, Abenteuer für drinnen oder draußen, Abwechslungsreiches für den Feierabend oder längere Erlebnisse fürs Wochenende. Nicht alle vorgestellten Abenteuer machen einen gleich zum Indiana Jones, aber gerade die große Bandbreite macht Spaß, hier ist wirklich für alle etwas dabei. Wem die Wanderung im Fluss zu gefährlich erscheint, der begibt sich vielleicht auf Urban Art Tour in die nächstgelegene Großstadt, lernt einen Obdachlosen besser kennen oder erprobt seinen grünen Daumen beim Regrowing.

Die Abenteuer sind auch dadurch alltagstauglich, dass sie wenig oder nichts kosten und meist ohne große Vorbereitung umgesetzt werden können.

Das handliche Taschenbuch wurde von Anita Ortega wunderschön illustriert. Sie bildet unsere Welt so bunt und vielfältig ab, wie sie ist - schön, dass auch hier auf Diversität geachtet wurde.

Der rundum gelungene Ratgeber, vertreibt Langeweile und erweitert den Horizont - ein tolles Geschenk für Freunde, Kollegen oder für sich selbst!

Bewertung vom 17.05.2022
Inselwandern in Kroatien
Gruber, Eva

Inselwandern in Kroatien


gut

Auf den ersten Blick scheint "Inselwandern in Kroatien" ein Wanderführer wie viele andere zu sein: die Ausführung als praktische Klappenbroschur, viele Farbfotos, grundlegende Wandertipps zu Beginn, kompakt und verständlich gehalten. Danach werden je fünf Touren auf sieben kroatischen Inseln vorgestellt, darunter Bergwanderungen ins Innere des Eilands oder Touren entlang der Küste, anspruchsvolle Routen, die Trittsicherheit und gute Kondition erfordern oder gemütliche Spaziergänge, dich auch familien- und seniorentauglich sind. Tourenskizzen und übersichtliche Angaben zu Dauer, Länge, Höhenmetern u.v.m. erleichtern die Auswahl einer geeigneten Wanderung.

So weit, so gut - aber wie gesagt: Das alles kennt und erwartet man von einem Wanderratgeber. Völlig überrascht hat mich hingegen der Stil Eva Grubers. Ihre Tourbeschreibungen aus der Ich-Perspektive sind unerwartet blumig, geradezu poetisch. ("Steine ..., die wie Flammen aus der Erde zu züngeln scheinen.") Anfangs fand ich dies noch erfrischend anders, im weiteren Verlauf wird der Stil immer enthusiastischer, geradezu verzückt, und die Sprachbilder gleiten ins Schwülstige ab: Vor einer Höhle spürt sie nicht etwa einen kühlen Luftzug, sondern "den kalten Odem des Berges" und blühende Bäume stehen "im bräutlichen Blütenkleid". Das kann man mögen, mir war es etwas zu viel an Begeisterung, auch finde ich es etwas unpraktisch, wenn man den Text beim Wandern als praktische Wegbeschreibung nutzen möchte.

Einige organisatorische Hinweise fehlen auch, etwa zu Anreise, Unterkünften oder Auto- bzw. Fahrradvermietungen. Die vielen Farbfotos sind leider etwas unscharf.

Fazit: Die Tourbeschreibungen wecken die Wanderlust, als Urlaubsvorbereitung sind die enthaltenen Tipps und Informationen jedoch nicht ausreichend.

Bewertung vom 10.05.2022
Die Rebellion der Alfonsina Strada
Baldelli, Simona

Die Rebellion der Alfonsina Strada


ausgezeichnet

Lange hat mich kein Schicksal so berührt wie das der Radrennfahrerin Alfonsina Strada. Nicht nur, aber auch, weil diese großartige Romanbiografie aufzeigt, dass Alfonsina - die einzige Frau, die je den weltberühmten Giro d´Italia fuhr - zeitlebens nach Anerkennung für ihre Leistungen suchte. Es war ihr so wichtig, wahrgenommen zu werden, und ich hatte noch nie von ihr gehört. Nun hat ihr Simona Baldelli ein verdientes literarisches Denkmal gesetzt.

Die kleine Alfonsina wuchs Ende des 19. Jahrhunderts in ärmlichsten Verhältnissen in einem norditalienischen Dorf auf. Mit nur zwei Jahren Schulbildung schlug sie sich als Näherin durch, doch ihre große Leidenschaft gilt dem Rennrad. Und um diese Leidenschaft ausleben zu können, musst Alfonsina unglaubliche Hürden überwinden, Hürden, die heutzutage schier unvorstellbar sind. Eine Frau auf dem Fahrrad? Als Irre, ja sogar als Teufelin auf Rädern wurde sie verunglimpft. Doch egal, was oder wer sich ihr in den Weg stellte, Alfonsina ließ sich nicht von ihrem Traum abbringen, sie wurde eine erfolgreiche Radsportlerin. Und doch war ihr Leben von Schicksalsschlägen geprägt. Ihre beiden Ehemänner starben vor ihr; die Pflege des ersten, psychisch erkrankten, zehrte all ihre Preisgelder auf.

Der Roman ist fesselnd und berührend und er ist ein großes Lehrstück darüber, dass man nie aufgeben darf, egal welche Widrigkeiten das Leben einem in den Weg legt. Alfonsina hat keine Grenzen akzeptiert, die andere ihr setzen wollten. In dieser Hinsicht ist sie mir ein Vorbild und macht Mut.

Bewertung vom 10.05.2022
Gefundenes Fressen
Haebel, Fabio;Hrdlicka, Jan;Deharde, Olaf

Gefundenes Fressen


sehr gut

Ganz unter uns - ein wenig Effekthascherei ist beim Titel dieses edel gestalteten Kochbuchs schon im Spiel. Sicher, einige der Rezepte werden mit Wildkräutern, -beeren und Pilzen zubereitet, die man gut selbst "finden", sprich: sammeln kann. Aber die wenigsten Leserinnen dürften selbst Angeln oder auf die Jagd gehen, um so ihr "Fressen zu finden". Und selbst im Supermarkt oder beim Metzger ums Eck sind Wildschweinwurst, Gämse oder Fasan kaum erhältlich. Gut, dass das Autorentrio hier auf die Website des Deutschen Jagdverbandes verweist; dort kann der Hobbykoch nämlich regionale Wildhändler und Jägerinnen in seiner Nähe finden. Noch spezieller wird es beim - an sich sehr interessanten - Strandsammelguide: Queller oder Meersenf können Leser aus dem süddeutschen Raum wohl nur im Urlaub an der Küste sammeln.

Eine breitere Leserschaft spricht das Kapitel Vorräte und Grundrezepte an. Hier wird fermentiert, Mixed Pickles eingelegt, getrocknet und eingekocht.

Die rund 60 Essensrezepte sind nach Jahreszeiten gegliedert und werden durch zehn alkoholische Drinks ergänzt. Der Schwierigkeitsgrad der Gerichte ist überwiegend einfach, sie dürften auch Kochanfängern gut gelingen. Leider sind keine Zubereitungszeiten angegeben, das erschwert die Planung beim ersten Nachkochen etwas. Dafür überzeugen die Gerichte optisch und geschmacklich rundum.

Die Ausstattung des fadengebundenen Hardcovers ist top: ein edler Leineneinband, ein praktisches Lesebändchen und das junge, freche Layout mit tollen Fotos machen das Buch auch zum idealen Geschenk für Kochbegeisterte, vorausgesetzt sie essen Fleisch und Fisch.

Fazit: Wer ein wenig Mühe bei der Besorgung der Zutaten nicht scheut, wir mit außergewöhnlichen und sehr schmackhaften Gerichten belohnt. Nichts für die schnelle Küche, aber jede Menge Kreatives für den besonderen Anlass.

Bewertung vom 10.05.2022
Das Lächeln der Natur. Ein Lesebuch für Gartenliebhaber
Lässig, Christine

Das Lächeln der Natur. Ein Lesebuch für Gartenliebhaber


sehr gut

Klein, aber fein - diese Redewendung trifft auf dieses handliche Lesebuch zum Thema Garten rundum zu. Autorin Christine Lässig teilt ihre Ansichten zum Wachsen und Vergehen der gehegten heimischen Flora und regt so zum eigenen Nachdenken über Gärten und Gärtnerinnen an. Dabei halten sich Tiefsinniges und Humorvolles auf angenehme Weise die Waage.

Die Illustrationen von Rita Fürstenau im plakativ-naiven Stil erinnern an ein Kinderbuch und geben dem Paperback einen eigenen Charme. Interessant sind überdies zahlreiche Zitate bekannter und weniger bekannter Gartenliebhaber.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass das Buch sehr vom christlichen Glauben der Autorin geprägt ist und dies anhand des Klappentextes nicht unbedingt ersichtlich ist. Um die Schöpfung als Lobpreis Gottes zu sehen muss man zwar nicht unbedingt christlich sein, eine religiöse Weltanschauung ist hingegen schon erforderlich, um diese Sicht zu teilen. Daher sollte der Untertitel besser "Ein Lesebuch für gläubige Gartenliebhaber" lauten.

Bewertung vom 25.04.2022
Die Gemüsebäckerei
Wallentinson, Lina

Die Gemüsebäckerei


gut

Backen ist eine meiner großen Leidenschaften, und ich liebe Gemüse in den verschiedensten Varianten, daher klang "Die Gemüsebäckerei" nach dem perfekten Backbuch für mich.

Und meine Neugierde wurde durchaus belohnt, das Buch der schwedischen Autorin punktet mit vielen innovativen und wirklich leckeren Rezepten. Z. B. der Zucchinikuchen mit Mohn und Zitrone, fix gemacht und einfach traumhaft lecker! Auch die Bohnenmuffins mit Schokolade haben mich positiv überrascht: Pürierte Bohnen ersetzen hier das Mehl, treten geschmacklich überhaupt nicht in Erscheinung, geben den kleinen Kuchenhäppchen jedoch eine einzigartig feine Textur. Die herzhaften Backwaren überzeugen ebenfalls, sowohl geschmacklich wie auch optisch: Das (durch Spinat) grün gefärbte Baguette ist garantiert der Hingucker bei jeder Grillparty.

Doch leider kann ich das Buch nur eingeschränkt empfehlen, denn es beinhaltet einige Ungereimtheiten und sogar Fehler. Mal fehlt die Angabe, was bei getrennten Eiern mit dem Eigelb passieren soll, mal ist ein Rezept fälschlicherweise als glutenfrei gekennzeichnet, obwohl dafür Hartweizenmehl verwendet wird, das besonders viel Gluten enthält. Die Teigmasse ist oftmals viel zu wenig für die angegebene Form, so dass der fertige Kuchen bzw. das Brot viel zu flach ist.

Die Angaben zum Backvorgang sind recht knapp gehalten, meist findet sich nur Backtemperatur und -zeit, nicht aber, ob bei Ober- oder Unterhitze oder mit Heißluft und auf welcher Schiene gebacken werden soll. Versierte Bäcker*innen dürften damit gut klar kommen; Anfängern rate ich dazu, sich lieber Unterstützung zu holen.

Man merkt dem Buch seine skandinavische Herkunft an. Das ist bei der Auswahl der Rezepte erfrischend (Kuchen mit Lakritz, viel Knäckebrot), bei den verwendeten Mehlsorten vermisse ich eine Tabelle, die die in Schweden gängigen Mehle ("Weizenmehl spezial") in deutsche bzw. österreichische Typenangaben übersetzt.

Gut gefällt mir die Aufmachung mit rustikal gehaltenen, ganzseitigen Fotos und gleich zwei praktischen Registern (alphabetisch nach Rezept und nach verwendetem Gemüse). Last but not least: Durch die Fadenbindung bleibt das hochwertige Hardcover aufgeschlagen gut liegen.