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Bewertungen
Insgesamt 440 BewertungenBewertung vom 10.02.2023 | ||
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Ein ganz großes Buch. Arno Geiger habe ich schon immer gemocht, also bin ich an sein neues Buch wohl auch mit einer Art positiver Voreingenommenheit herangegangen. Und ich bin wahrlich nicht enttäuscht worden! Arno Geiger lässt uns Lesende an seinem 'glücklichen Geheimnis' teilhaben. Ein Geheimnis, welches man kaum vermutet hätte: Er als Wanderer zwischen den Mülltonnen, mit einer Regelmäßigkeit unterwegs in Wien auf seinem Rad - , um weggeworfene Bücher, Tagebücher und Briefsammlungen zu entdecken. Das Gefundene ist ihm auch Inspiration für sein eigenes Schreiben, haben doch gerade Briefe und Tagebücher eine Unmittelbarkeit und Lebensnähe, die nicht jede Literatur zu leisten imstande ist. Und so ganz nebenbei erzählt Arno Geiger über seinen Werdegang als Schriftsteller, über sein Beziehungsleben, über seine Eltern und deren Tod, er denkt nach über das Leben, die Literatur, das Wegwerfen als Kulturtechnik, damit Neues entstehen kann, er sinniert über gesellschaftliche Veränderungsprozesse und vieles mehr - dabei nie mit erhobenem Zeigefinger, dafür aber auf eine stille Weise voller Weisheit. Und nie hatte ich das Gefühl einen Essay zu lesen, so persönlich ist das Buch - schließlich geht es um ein ganz großes Geheimnis!Und so hatte Dennis Scheck wohl doch recht, wenn er Arno Geiger seinerzeit als ein "Empathiemonster" bezeichnet hat. Ein rundum lohnenswertes Werk! |
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Bewertung vom 07.02.2023 | ||
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Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1 Enttäuschend. Der Klappentext des Kriminalromans "Die letzte Party" von Clare Mackintosh, selbst erfahren in der Polizeiarbeit, ist ausgesprochen vielversprechend und lässt eigentlich auf ein spannendes Werk im Geiste Agatha Christies hoffen: Ein Tatort - die Silvesterparty, eine Leiche (das Opfer, welches von niemandem so richtig gemocht wurde), eine Anzahl von Verdächtigen, davon jeder mit einem Motiv. Dann noch das Ermittler-Duo, bestehend aus der Einheimischen Ffion Morgan und Leon, von der anderen Seite des Sees, in welchem am Neujahrsmorgen beim traditionellen Neujahrsschwimmen die Leiche von Rhys Lloyd entdeckt wird, dem wohlbetuchten Bauherrn der von den Dorfbewohnern nicht sehr geschätzten Siedlung aus 'Ferienhäusern für Reiche'. Beginnt gut: Bevor sie wissen, dass sie zusammen ermitteln werden, verbringen Ffion und Leon eine Nacht miteinander, beide auf ihre Art auch beziehungsgeschädigt. Aber dann zieht sich die Ermittlungsarbeit kaugummiartig, die Story wechselt häufig die Zeitebene, was noch ok ist, aber auch die Erzählperspektive hüpft hin und her... mit dem Ergebnis, dass kein richtiger Spannungsbogen aufkommen will. Wahrscheinlich gestaltet sich genau so die Polizeiarbeit in der wahren Wirklichkeit; von einem Krimi aber erwarte ich da mehr. |
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Bewertung vom 31.01.2023 | ||
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Nicht immer leichte Kost. Mit ihrem neuen Roman "Café Leben" ist die britische Autorin Jo Leevers ein echtes Wagnis eingegangen - sie erzählt von der Begegnung grundverschiedener Menschen, die sich gegenseitig ihr Leben offenbaren; und wo es an der Oberfläche nicht gegensätzlicher sein könnte, stellen sich doch im Verlaufe der Geschichte Ähnlichkeiten ein - eine dunkle Stelle in der Vergangenheit. Als Leser frage ich mich natürlich immer, ob die Story der Autorin vom ersten Satz an bereits einigermaßen komplett im Kopf war, oder ob sie lediglich die Figuren mit ihren Charaktereigenschaften und eine grobe Rahmenhandlung erfunden hat, um dann die Protagonistinnen einfach miteinander in Beziehung treten zu lassen und zu schauen, was passiert. Will sagen: Die 32-jährige Henrietta Lockwood übernimmt einen Job in einem Hospiz; im Rahmen eines Projektes geht es um das das Eruieren und Verschriftlichen von Lebensgeschichten todkranker Menschen. Dabei trifft die eher kühl-kontrollierte, fast schon zwanghafte Henriette auf die eher emotionale Annie, eine alte Frau, die noch Lust am Leben verspürt; und es ergeben sich nicht etwa einseitige Interviews, sondern die beiden Frauen erzählen sich gegenseitig Ausschnitte ihres Lebens - und entdecken Tragisches. Natürlich geht es nicht gut aus, schließlich erwartet Annie den Tod; doch ist es am Ende für beide Frauen ein Gewinn. Das Schöne an dem Buch: Es macht uns bewusst, wie wichtig es ist, einander Fragen zu stellen, einander zuzuhören, Interesse für die Geschichte des anderen zu zeigen, in einen Dialog einzutreten... und über den anderen und sein Zuhören uns selbst zu entdecken (sorry, hört sich jetzt etwas abgehoben an... also:Lesen!) |
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Bewertung vom 29.01.2023 | ||
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Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum Spannung mit Niveau! "Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum" von der schwedischen Autorin Malin Stehn ist weit mehr als nur ein Krimi. Vielmehr ist das Verschwinden der Teenagerin Jennifer in der Neujahrsnacht 'nur' der Aufhänger dafür, hinter die Kulissen von zwei nach außen hin intakten und durchaus auch beneidenswerten Familien zu blicken. Ja genau: Der Schein trügt! Nina und Frederic, Eltern von drei Kindern, feiern bei einem befreundeten Paar - Lollo und Max - mit anderen Freunden zusammen Sylvester und erlauben ihrer Teenager-Tochter, in ihrem Haus eine eigene Party zu feiern... und klar: Es wird nicht nur die Hausbar geplündert, auch Jennifer (Tochter von Lollo und Max) verschwindet! Glaubt man zuerst, sie sei, ohne Bescheid zu sagen und im Rahmen einer Trotzreaktion heimlich über Nacht bei einem Freund gewesen, so stellt sich doch recht schnell die Befürchtung ein, es könne etwas passiert sein... Der Roman lebt von seinem konsequenten Perspektivwechsel, welcher sehr gut Gedanken und Emotionen der handelnden Personen offenbart. Beziehungsgeflechte werden offengelegt: Wie offen sind befreundete Paare zueinander? Was wissen Eltern eigentlich von ihren Kindern? Und natürlich gibt es am Schluss noch eine unerwartete Wendung. Man mag an das 'Anna-Karenina-Prinzip' denken (Leo Tolstoi): „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“ Lesenswert!!! |
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Bewertung vom 25.01.2023 | ||
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Die Bücher, der Junge und die Nacht Durchaus unterhaltsam. Kai Meyer ist mit seinem neuen Roman "Die Bücher, der Junge und die Nacht" durchaus etwas gelungen - nämlich die Verbindung von Liebesgeschichte, Familiengeschichte und Zeitgeschiete. Und über allem schwebt die Magie der Bücher. So ist auch die zuweilen 'roadmovieartige' Geschichte die Suche nach einem Buch und zieht sich über mehrere Zeitebenen: Der Beginn des Nationalsozialismus, die Zeit kurz vor und nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, das Jahr 1971 und quasi im Nachklapp noch das Jahr 1990. Die junge Frau Juli hat ein Buch geschrieben, welches sie unbedingt dem Buchbinder Jakob Steinfeld überlassen will, doch es gibt noch andere Interessenten, die dieses Buch unbedingt in ihren Besitz bringen wollen - Julis Familie. Jakob verliebt sich in Juli, die aber bald nicht mehr auffindbar ist. !971 beschäftigt sich Jakobs Sohn Robert Steinfeld mit der Auflösung von Bibliotheken und stösst auf mehrere Exemplare, die seinerzeit von seinem Buchbindervater fertiggestellt worden sind. Zusammen mit der Bibliothekarin Marie begegnet Robert auf das Mysterium genau dieses (von Juli geschriebenen) Buches. Sie begeben sich auf die Suche und es offenbart sich nach und nach eine Familien- und Liebesgeschichte. Nicht alles an der Handlung ist passgenau und durch einen Schuss 'Magie' verschwimmt auch so einiges an dieser Story. Und es ist auch das Werk eines Buchliebhabers: "... und ich wende mich vom Fenster ab und kehre zurück zu Marie und zu den Büchern, und ich wünsche mir oim Stillen, die Welt da draußen wäre wie die unsere hier drinnen, denn dann wäre alles, alles gut." Und genau das leistet das Buch in jedem Fall - als Leser:in der Welt 'da draußen' für einige Stunden den Rücken zukehren zu können. |
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Bewertung vom 18.01.2023 | ||
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Beklemmend. Ein hochspannender Thriller in einer lebensfeindlichen Umgebung handelnd - der Antarktis. Ort der Handlung ist eine UN-Forschungsstation im ewigen Eis, in der 13 Personen den 'Winter' verbringen müssen, abgeschlossen von der Außenwelt, weil die Verbindung per Flugzeug an diesen Ort zu dieser Jahreszeit zu gefährlich ist. Zwar ist da das faszinierende Polarlicht,doch ansonsten herrscht absolute Dunkelheit. Die Mannschaft ist eigentlich gut versorgt (Unterhaltungsmöglichkeiten, Alkohol...), gleichwohl ist ein dichtes und nahezu eingeschlossenes Zusammenleben mit der Zeit doch auch eine große Herausforderung für die Psyche der einzelnen. Die Notärztin Kate ist eingeflogen worden, um den unter seltsamen Umständen verstorbenen Vorgängerarzt Jean-Luc zu ersetzen. Es geschieht ein weiterer Mord und Kate weiß immer weniger, wem sie vertrauen kann, fühlt sich aber aufgefordert, für Aufklärung zu sorgen. Dabei trifft sie eher auf das Schweigen der meisten anderen. Alles erinnert an den Film 'Das Ding aus einer anderen Welt' von John Carpenter (den das Team sich tatsächlich auch anschaut ;-)). Nur scheint hier das Monster jemand aus der Crew zu sein. Ein spannendes Rätselspiel beginnt, wichtige Dinge verschwinden und Sabotageakte gefährden das Leben auf der Station. Und natürlich kämpft Kate auch mit ihren eigenen inneren Dämonen. Ein konsequenter Spannungsbogen bis zur überraschenden Auflösung am Schluss. Ein wahrer Pageturner - gute Unterhaltung garantiert! |
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Bewertung vom 14.01.2023 | ||
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Wow! Da ist Caroline Schmitt mit "Liebewesen" ein Erstling gelungen, der mich mit großer Vorfreude ihrem 'Zweitling' entgegenfieber lässt. (Carolines Wortspiel mit dem Buchtitel hat mich offenbar zu einem eigenen Wortspiel angeregt.) In flotter Sprache beschreibt die Autorin einen Ausschnitt aus dem Leben von Lio: Zusammenleben mit Freundin Mariam, neue Partnerschaft mit Max, sich in die neue Beziehung einfinden und mit Max zusammenziehen, schwanger werden und... (darf nicht gespoilert werden!!!). Die Vorgeschichte zur Geschichte: Erste, traumatische Erfahrung mit Sexualität, Elternhaus. Caroline Schmitt gelingt es, ein sehr plastisches Bild einer jungen Frau zu entwerfen, die sich nicht zuhause fühlt in ihrem Körper, getrieben ist von Zweifeln, sich selbst schützen muss und Schwierigkeiten hat sich hinzugeben, obwohl ihre Außenwirkung all das nicht wiederspiegelt. Eine lebensnahe Geschichte, die so nur jemand schreiben kann, der selbst nicht immer eins mit sich und dem Leben ist! Und dann haut Caroline Schmitt noch so Hammersätze raus, wo du sofort denkst, dass könne man nicht besser auf den Punkt bringen: "Egal, was Mariam sagte oder tat, bei ihr fühlte ich mich immer wie früher in der Disco, wenn ein Lied gespielt wurde, das ich kannte." und "Als wäre es in der Geschichte von Beziehungen jemals eine gute Idee gewesen zusammenzubleiben, um einander in Krisen beizustehen, die man ohne die andere Person nicht hätte." Ein bereicherndes Buch!!! |
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Bewertung vom 14.01.2023 | ||
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Mäßig! Ein Buch ist halt etwas anderes als ein Spiel und schreibt sich nicht mal ebend so 'spielend'... in einem Spiel sitzt man mit anderen um einen Tisch herum und hat zusammen Spaß! Ein Buch hingegen liest man eher für sich allein und Story und Schreibstil sollten einen gefangennehmen. Wenn ein Spielbrett, die Figuren und sonstwas aus Holz sind, ist das wunderbar... wenn aber ein so seitenreicher, als erster Teil angedachter historischer Roman, wie 'Catan' vom Spiele-Erfinder Klaus Teuber, derart 'hölzern' daherkommt - und damit meine ich den Schreibstil - dann ist das nicht gerade ein Qualitätsmerkmal. Mein Gedanke nach Abschluss des Wälzers war dann auch: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" Natürlich ist die Geschichte gut - siehe Klappentext -, aber sie ist so nüchtern runtererzählt, dass nie richtig Spannung aufkommen will; ein guter Nebeneffekt: Es gibt seitenweise sehr viel Wissen über die Wikinger, Lebensstil, Zeitgeist etc. mitgeliefert, aber da lese ich dann lieber ein Sachbuch. In einem Historienschmöker aber möchte ich unterhalten werden. Aber bekanntlich ist ja alles auch eine Frage des persönlichen Geschmacks! |
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Bewertung vom 11.01.2023 | ||
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Beste Unterhaltung, die nachdenklich stimmt! Thore D. Hansen hat ein mit 'Taupunkt' wichtiges Buch zur richtigen Zeit geschrieben; einen 'Klimaroman' - so der Aufdruck auf dem Buchcover; ist das jetzt ein neues Genre? Jetzt, nachdem ich die letzten Seiten gelesen habe, weiß ich warum: 'Taupunkt' ist kein Thriller, sondern ein realistisches Szenario, denn schließlich befinden wir uns mitten drin in einer gewaltigen Klimakrise. Der Autor beschreibt in seinem gut lesbaren Buch, wie sich durch eine gleichbleibende 'Schönwetterlage' die Temperaturen in der Republik derart zuspitzen, dass es zu extremer Trockenheit, zu Bränden und zu massiven Ausfällen in der Infrastruktur kommt. Er konstruiert mit seinen Figuren auch eine interessante Gemengelage: Da ist der Klimaforscher Tom, bekannt und erfolgreich, seine Tochter Miranda, die eher das private Glück sucht, da ist Toms großer Bruder Robert, Landwirt mit Alkoholproblem und Klimaleugner, und noch Roberts Tochter janne, die ihren Onkel Tom bewundert und selbst Klimaaktivistin ist. Dieses Konstrukt ermöglicht dem Roman sowohl, ein Drohszenario bezüglich des fortschreitenden Klimawandels aufzubauen, wie auch die Konsequenzen dieser sich zuspitzenden Lage unseres Planeten für das private Leben aufzuzeigen - der Riss, der Gesellschaft und Familien spaltet. Das Buch hat mich - das klingt jetzt vielleicht ein wenig zynisch - gut unterhalten, dabei aber auch betroffen und nachdenklich gemacht! Und deshalb ist es dann doch kein Thriller, sondern ein Klimaroman. Und der Autor hat eine Botschaft, nämlich dass wir unsere Zuversicht nicht verlieren dürfen... und endlich konsequent handeln müssen, was auch bedeutet, es nicht jeder Bevölkerungsgruppe recht machen zu können. Der Klimawandel erfordert eine Neuanpassung unseres Verhaltens. 1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 08.01.2023 | ||
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Die Meerjungfrau von Black Conch Märchenhaft - wahrlich märchenhaft. Trotz anfänglicher Skepsis - meine Befürchtungen, auch ausgehend vom Buchcover gingen in Richtung 'plakative Romantisierung' - hat mich "Die Meedrjungfrau von Black Conch" von Monique Roffey schnell gepackt und bis zur letzten Seite auch nicht wieder losgelassen. Und mir ist wieder einmal deutlich geworden, dass man sich nie nur am äußeren Schein orientieren sondern vielmehr unter die Oberfläche schauen sollte. Und wirklich gute Märchen transportieren wichtige Botschaften unter der Oberfläche - wie auch die "Meerjungfrau" (die im Buch stets als 'Meerfrau' bezeichnet wird). Der Klappentext beschreibt die Handlung: Fischer rettet Meerjungfrau, diese verwandelt sich an Land in eine begehrenswerte und eigensinnige Frau, die natürlich Anfeindungen ausgesetz ist, und in ihrem Versuch, einem Fluch zu entkommen und ein eigenes, neues Leben zu beginnen... (darf nicht zuviel verraten!). Die Themen unter der Oberfläche: Wandlung, Anderssein, Liebe, Außenseitertum, Gemeinschaft, Mann-Sein, Frau-Sein, Rassismus und Kollonialismus... und ohne erhobenen Zeigefinger... und das alles wunderbar geschrieben und dabei unterschiedliche Erzählformate nutzend. Unbedingt lesen! |
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