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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 394 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2021
Als wir uns die Welt versprachen
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


sehr gut

Verkaufte Kinder
Edna ist ein kleines Mädchen, als sie von ihren armen Eltern in Südtirol als Arbeitskraft auf einen Hof in Oberschwaben geschickt wird. Angeblich soll es den sogenannten Schwabenkindern dort besser gehen, so wird es zumindest erzählt, vielleicht soll diese Geschichte aber auch nur das schlechte Gewissen der Eltern beruhigen, die ihre Kinder quasi als Sklaven verkaufen.
Das Leben auf dem Hof ist hart. Es gibt kaum zu essen und die Kinder müssen von früh bis spät schuften. Keiner kümmert sich um sie, manche verschwinden und auch das wird nicht hinterfragt. Der Einzige auf dem Hof, der gut zu ihr ist und dem Edna vertraut, ist Jacob, der immer ein Auge auf sie hat. Doch vor allem Bösen kann auch er sie nicht beschützen. Eines Tages findet Jacob auf dem Jahrmarkt einen abgemagerten Papagei, einen „Paradiesvogel“, den er zurück auf den Hof schmuggelt. Von nun an ist er das Geheimnis der beiden Kinder. Jacob und Edna schmieden Fluchtpläne. Es ist ein ausgeklügelter Plan, doch etwas geht schief und nur Edna gelingt die Flucht, zusammen mit Emil, dem Papagei.
80 Jahre später entdeckt Edna in einer Zeitschrift ein Bild von Jacob, den sie nie vergessen hat. Bei einem Erdrutsch wurde Jacob verletzt und liegt im Krankenhaus in Ravensburg. Edna beschließt trotz ihres hohen Alters gemeinsam mit Emil die beschwerliche Reise nach Ravensburg zu unternehmen, und zwar genauso, wie sie damals den Weg nach Hause gefunden hat, das heißt, größtenteils zu Fuß. Auf ihrem abenteuerlichen Road Trip begegnen ihr viele Menschen, die ihr helfen, indem sie ihr beispielsweise Essen und ein Bett für die Nacht geben und ihre Lebensgeschichten mit ihr teilen. Dabei gelangt Edna zu überraschender Berühmtheit, denn zusammen mit Emil wird sie zu einem Star in den sozialen Medien. Ednas Reise mutet an wie eine Parabel. Sie lernt, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und sie stellt sich den Schatten der Vergangenheit. Vor allem ist sie getrieben von dem Gedanken, Jacob wiederzusehen, denn sie möchte ihm Emil zurückbringen und erklären, was damals geschah...
„Als wir uns die Welt versprachen“ ist ein zugleich trauriges, aber auch schönes und Hoffnung spendendes Buch. Ednas Reise ist voller Hindernisse, doch sie gibt nicht auf und obwohl das Ende nicht das erwartete Happy End bringt, schließt sich doch ein Kreis. Nur noch eine kleine Anmerkung zu Oberschwaben: dass Edna als Kind Wolfsgeheul in den Wäldern um Ravensburg gehört haben will, verleiht der Geschichte zwar etwas Dramatik, gehört aber ins Reich der Fantasie. Und Dirndl trägt in Ravensburg auch niemand. Diese kleinen Unstimmigkeiten tun der Geschichte aber keinen Abbruch.

Bewertung vom 12.03.2021
Freiflug
Drews, Christine

Freiflug


gut

Eine Frau als Pilotin? Welch absurde Idee.
Köln, 1974. Die junge Rita Maiburg hat einen großen Lebenstraum: sie möchte als Linienflugpilotin bei der Deutschen Lufthansa arbeiten. Sie ist die ideale Kandidatin: ihre Flugausbildung hat sie aus eigener Tasche bezahlt und in sämtlichen Prüfungen sehr gut abgeschnitten. Sie ist sich daher so gut wie sicher, den Job schon in der Tasche zu haben, doch dann kommt der Schock: die Lufthansa weist ihre Bewerbung ab, weil sie grundsätzlich keine Frauen als Piloten einstellen. Für Rita ist klar, dass sie das so nicht stehen lassen kann und sie wendet sich an die Rechtsanwältin Katharina Berner.

Katharina ist die Tochter eines erfolgreichen Kölner Unternehmers. Gegen den Willen des Vaters hat sie Jura studiert, einige Jahre in einer Anwaltskanzlei gearbeitet, in der sie die einzige Juristin und immer wieder dem sexistischem Verhalten der männlichen Kollegen ausgesetzt war, bis sie es eines Tages satt hatte und ihre eigene Kanzlei gründete. Der Fall Rita Maiburg interessiert sie daher sehr. Da die Lufthansa im Besitz der Bundesrepublik Deutschland ist, bedeutet dies eine Klage gegen die Bundesrepublik. Sie ist fest entschlossen, diesen Prozess zu führen und zu gewinnen...

Das Thema des Buchs ist wirklich sehr interessant, zumal es teilweise auf Fakten beruht. Es ist eine interessante Zeitreise in die BRD der 70er Jahre, einer Zeit, in der sowohl die spießigen Ansichten der 50er und 60er Jahre und die neue Freiheit der Jugend nebeneinander her existierten. Die Schilderungen geben einen interessanten Rückblick auf diese Jahre der beginnenden sexuellen Freizügigkeit und des Experimentierens mit Drogen, der Baader Meinhof Bande und einer Welt, in der nach wie vor (alte) Männer das Sagen haben.

Allerdings habe ich das Gefühl, die Autorin hat versucht, ein bisschen zu viel in ihre Story zu packen. Der drogensüchtige Jugendfreund von Rita Maiburg, der in der Psychiatrie landet und dort mit Elektroschocks behandelt wird, trägt nicht wirklich viel zu der Geschichte bei und dieser Handlungsstrang verläuft einfach im Sand. Auch die Verwicklungen von Katharina Berner mit ihrem Vermieter und Freund sollten wohl ein wenig Spannung und Dramatik aufbauen, ich fand sie allerdings ziemlich vorhersehbar und wenig spannend. Was Drogen und Sex anbelangt, so hat Christine Drews auch ein bisschen dick aufgetragen, ganz so einfach wird es auch in den 70er Jahren nicht gewesen sein, mit dem VW Bus nach Afghanistan zu fahren und sich mit Drogen einzudecken.

Ich fand das Buch vom Thema her ganz interessant, allerdings sehr ausschweifend, was der Spannung Abbruch tat. Es war jedoch interessant zu lesen, mit welch unglaublich sexistischen Argumenten die Anwälte der Lufthansa den Prozess führten und auch sich das vorherrschende Rollenverständnis von damals vor Augen zu führen. Schon allein deshalb lohnt sich die Lektüre von „Freiflug“.

Bewertung vom 11.03.2021
Sommer der Träumer
Samson, Polly

Sommer der Träumer


weniger gut

Heuschrecken im Paradies
Erica ist 17, als ihre Mutter stirbt. Sie lebt mit ihrem dominanten Vater in einer riesigen Wohnung in London, um die sie sich fortan nach dem Willen des Vaters kümmern soll. Als ein an ihre Mutter adressiertes Buch aus Griechenland ankommt, ist Erica fasziniert, denn Autorin des Buchs ist Charmian, eine frühere Nachbarin, die vor ein paar Jahren auf die griechische Insel Hydra ausgewandert ist und dort in einer Künstlerkolonie lebt. Da Erica von ihrer Mutter eine größere Geldsumme geerbt hat, ist für sie klar: sobald sie 18 ist, wird sie mit ihrem älteren Bruder Bobby und ihrem Freund Jimmy nach Hydra fahren.
Auf Hydra erwartet sie ein bunt zusammengemischter Haufen von mehr oder weniger talentierten Autoren und Malern aus aller Herren Länder. Die Zusammensetzung ändert sich ständig, fast täglich kommen neue Leute an oder reisen ab, und die Vielzahl der Namen ist sehr verwirrend, zumal einige Personen einmal und dann nie wieder erwähnt werden. Nur George und Charmian, die als „Inselkönigin“ bezeichnet wird, leben seit Jahren auf Hydra und sind, abgesehen von der Inselkneipe, der Umschlagplatz für Klatsch und Tratsch, wovon es jede Menge gibt. Angeblich wird Charmian selbst von den Einheimischen als Inselkönigin angesehen, was ich doch stark bezweifle. So, wie die Expats sich auf Hydra benehmen (Alkohol- und Drogenexzesse, halbnackt und tabulos), sehen die Einheimischen sie wahrscheinlich eher wie einen Heuschreckenschwarm: lästig, aber irgendwann verschwindet er wieder.
Sonderlich aufregend ist der Alltag der Künstler nicht und entsprechend wenig fesselnd ist das Buch. Ich hatte mich für die Geschichte interessiert, weil ich früher selbst gerne mit dem Rucksack in Griechenland unterwegs und gespannt war, ob das Buch die Erinnerungen von damals zum Leben erweckt. Die Atmosphäre eines griechischen Sommers wird gut beschrieben, doch leider sind mir die Protagonisten allesamt nicht sonderlich sympathisch. Am ehesten noch Erica, doch was mir überhaupt nicht gefällt, ist, wie sie ihre eigenen Interessen vollkommen hintenan stellt, damit Bobby und Jimmy sich künstlerisch verwirklichen können. Was mich sehr gewundert hat, ist, dass der Alltag auf der Insel bis ins letzte ermüdende Detail beschrieben wird, das einschneidendste Ereignis in Ericas Leben während dieser Zeit aber so lapidar abgehandelt wird, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es überhaupt richtig verstanden hatte.
Am Ende des Buchs erfahren wir, was aus den Träumern jenes Sommers in ihrem späteren Leben geworden ist. Es scheint, als ob für einige die Zeit auf Hydra die einzig gute Zeit im Leben gewesen ist.
Ich habe mich, ehrlich gesagt, ziemlich durch das Buch gequält und musste es zwischenzeitlich weglegen, weil es mich so gelangweilt hat. Leider ganz und gar nicht das, was ich mir aufgrund der Leseprobe und des Klappentexts versprochen hatte.

Bewertung vom 24.02.2021
Hard Land
Wells, Benedict

Hard Land


ausgezeichnet

Ein Sommer wie kein anderer
Der 15jährige Sam hat es nicht leicht. In der Schule ist er ein Außenseiter und seine Mutter ist schwer krank. Als die Sommerferien beginnen, beschließen Sams Eltern, ihn zu seiner Verwandtschaft nach Kansas zu schicken. Doch Sam hat überhaupt keine Lust darauf, zumal die beiden Cousins ihm in der Vergangenheit das Leben schwer gemacht haben. Als er am Kino seines Heimatortes Grady den Aushang „Aushilfe gesucht“ sieht, bewirbt er sich um den Job und wird genommen.
Dort lernt er das eingeschworene Team Kirstie, Cameron und Hightower kennen. Die drei sind zwei Jahre älter als Sam und kennen sich schon ewig. Nach und nach entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den vieren und Sam lernt, aus sich herauszugehen. Besonders die unkonventionelle Kirstie hat es ihm angetan, doch sie hat einen festen Freund. Was sie allerdings nicht davon abhält, mit Sam zu flirten...
Sam erlebt zum ersten Mal im Leben, wie es ist, einer Clique anzugehören, stundenlang zu diskutieren, nachts auf dem Dach des Kinos die Sterne anzuschauen, Dinge zu tun, die noch vor kurzem undenkbar gewesen wären. Es ist der schönste und gleichzeitig der traurigste Sommer seines bisherigen Lebens, denn leider gehört seine Mutter nicht zu den 30 Prozent derer, die den Krebs überleben.
„Hard Land“ ist ein wunderschöner Coming-of-Age Roman, manchmal urkomisch, dann wieder herzzerreißend traurig. Benedict Wells versteht es wie kein anderer, mit Worten zu malen, Stimmungen zu erzeugen und seine Leser in den Bann zu schlagen. Ich hätte ewig weiterlesen mögen, allerdings ist das Ende absolut perfekt. Ein beeindruckender Roman, der noch lange in mir nachwirken wird!

Bewertung vom 19.02.2021
Der Solist
Seghers, Jan

Der Solist


ausgezeichnet

Gigantisch gut
Neuhaus, Ermittler beim BKA, wird für einen Sondereinsatz von Frankfurt nach Berlin geschickt. Die Kollegen von der Sondereinheit Terrorabwehr, kurz SETA, sind nicht gerade begeistert darüber, dass Neuhaus ihnen bei der Aufklärung des Mordes an dem jüdischen Aktivisten David Schuster quasi vor die Nase gesetzt wird. Nur die deutsch-türkische Kollegin Grabowski ist offen für eine Zusammenarbeit und lässt sich von Neuhaus’ kurz angebundener Art nicht abschrecken.
Es wird davon ausgegangen, dass der Mörder aus islamistischen Kreisen stammt, da bei der Leiche ein Bekennerschreiben des „Kommando Anis Amri“ gefunden wurde. Neuhaus und Grabowski suchen daher zunächst im Dunstkreis um den Terroristen Anis Amri, der den Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz begangen hatte, nach dem Schuldigen. Dann wird eine zweite Person ermordet. Dieses Mal handelt es sich um eine bekannte muslimische Anwältin. Was verbindet die beiden Opfer?
Die Geschichte spielt kurz vor der letzten Bundestagswahl 2017. Die Themen, die dieser Roman behandelt, sind so aktuell wie damals: Fremdenhass, islamistische Gewalt, Rechtsextremismus, auch in den Reihen der Polizei.
Jan Seghers Schreibstil hat mir ausnehmend gut gefallen. Seine Sätze sind kurz und prägnant mit einer gehörigen Portion Wortwitz. Es war ein Vergnügen, diesen Roman zu lesen, zumal er auch durchgehend spannend und hervorragend recherchiert ist.

Für mich war dies der erste Roman von Jan Seghers, aber mit Sicherheit nicht der letzte. Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung der Reihe um den eigenwilligen Ermittler Neuhaus. Möglicherweise wird ja auch Suna-Marie Grabowski darin wieder eine Rolle spielen?

Bewertung vom 14.02.2021
Die Frau vom Strand (eBook, ePUB)
Johann, Petra

Die Frau vom Strand (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Rebecca lebt seit einer Fehlgeburt, nach der sie Hamburg verlassen wollte, mit ihrer Frau Lucy in dem beschaulichen Küstenort Rerik an der Ostsee. Sie haben sich ein Häuschen in Strandnähe gekauft. Inzwischen haben sie ein kleines Mädchen, Greta. Während Rebecca die ganze Woche mit Greta in Rerik ist, arbeitet Lucy in Hamburg und verbringt nur die Wochenenden und einen Abend unter der Woche in Rerik.
Eines Morgens lernt Rebecca, die sehr zurückgezogen lebt, unter ziemlich ungewöhnlichen Umständen am Strand eine junge Frau kennen. Die beiden sind sich sympathisch und verabreden sich jeden Tag für den Rest der Woche. Am Samstag möchte Rebecca Lucy die neue Freundin vorstellen, doch Julia taucht nicht auf, sie ist wie vom Erdboden verschwunden. Rebecca versteht die Welt nicht mehr und beginnt, nach Julia zu suchen, dabei merkt sie, dass Julia nicht mit offenen Karten gespielt hat.
Nach einer Auseinandersetzung mit Lucy verschwindet Rebecca mit Greta. In dieser Nacht kommt Lucy ums Leben. Ein Nachbar findet sie am nächsten Morgen tot am Strand. Bald ist klar, dass es kein Unfall war. Wer hatte einen Grund, die überaus beliebte Lucy umzubringen?
„Die Frau am Strand“ ist ein gut konstruierter und packender Kriminalroman, als Thriller würde ich das Buch allerdings nicht bezeichnen. Momentan scheint dies eine Unart zu sein, jedes Buch als „Thriller“ anstatt als Kriminalroman oder Roman auszuweisen. Ich finde das äußerst ärgerlich. In diesem Fall ist die Story wenigstens wirklich spannend. Die Autorin hat es geschafft, mich mit unvorhersehbaren Wendungen immer wieder zu überraschen. Mir hat die Lektüre großen Spaß gemacht.

Bewertung vom 25.01.2021
Das Verschwinden der Erde
Phillips, Julia

Das Verschwinden der Erde


sehr gut

Unbekanntes Kamtschatka

„Das Verschwinden der Erde“ spielt in einem Teil der Welt, von dem ich rein gar nichts wusste, schon allein deshalb wollte ich dieses Buch lesen. Das Buch beginnt mit der Entführung zweier kleiner Mädchen. Es wird viel Spannung aufgebaut und ich war gespannt zu lesen, wie es weitergeht. Immerhin war das Buch als literarischer Thriller angekündigt. Was dann folgte, waren voneinander unabhängige Kapitel über Frauen, die alle irgendetwas mit der Entführung verband. Dies wurde jedoch sehr weit ausgelegt, es reichte schon, dass der Freund der einen Frau an der Suchaktion teilgenommen hatte oder eine andere Sekretärin an der Schule war, die die entführten Mädchen besuchten. Wer also erwartet, dass es sich um eine fortlaufende Ermittlung handelt, wird enttäuscht.
Ich fand die einzelnen Kapitel nicht uninteressant. Kamtschatka ist eine Halbinsel in Russland, die lange Zeit regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten war. Für manchen war das „die gute alte Zeit“, denn es kamen keine Touristen oder Gastarbeiter ins Land. Es gibt dort etliche indigenen Bevölkerungsgruppen, beispielsweise Ewenen und Tschutschuken, die dunkelhäutiger sind und von vielen „Weißen“ mit Argwohn betrachtet werden. Diesen unterschwelligen Rassismus und die damit verbundenen Vorurteile spricht das Buch auch an.
Die Sprache der Autorin hat mir sehr gut gefallen, sie ist sehr bildhaft und lyrisch. Ich mag eigentlich kaleidoskophafte Bücher, in denen jedes Kapitel ein Teil eines Puzzles ist. Aber der Sinn der einzelnen Kapitel hat sich mir nicht immer erschlossen. Es war auch ausgesprochen anstrengend, die vielen Namen auseinanderzuhalten. Es gab zwar eine Auflistung der Hauptpersonen und –familien, aber trotzdem war es nicht einfach, nicht zuletzt deshalb, weil viele der Personen mit ihrem Kosenamen bezeichnet wurden, z.B. Jekaterina, genannt Katja, Alexandra, genannt Sascha usw.
Meine Hauptkritik bezieht sich auf den Klappentext, der einfach vollkommen irreführend ist. Doch dafür kann die Autorin nichts. Was allerdings der Autorin anzulasten ist, ist der für mich unbefriedigende Schluss. Es bleiben viele Fragen offen, die ich hier allerdings nicht stellen kann ohne zu spoilern.
Die bildhafte Sprache hat für mich vieles wettgemacht, aber das Buch war bei weitem nicht so spannend wie erhofft. Durch manche Kapitel habe ich mich regelrecht gequält und die auf der Rückseite des Covers geäußerte Meinung, dass dieses „Meisterwerk in einer einzigen Nacht verschlungen werden kann“, kann ich nicht teilen. Es ist ein Buch, das in mir nachwirkt und ich bereue nicht, es gelesen zu haben, aber man darf keineswegs einen spannenden Thriller erwarten.

Bewertung vom 20.12.2020
Der Bruder
Katzenbach, John

Der Bruder


gut

Sloane Connelly ist Architekturstudentin kurz vor ihrem Abschluss. Sie lebt ein abgeschiedenes Leben ohne viele soziale Kontakte. Von ihrem Freund Roger will sie sich trennen. Als sie ihre Mutter, zu der sie ohnehin kein enges Verhältnis hat), nicht telefonisch erreichen kann, fährt sie hin und muss erfahren, dass diese sich wohl umgebracht hat. Ihre Mutter hat ihre Angelegenheiten geregelt und Sloane alles vermacht, einschließlich eines Revolvers und der Nachricht, sie solle so schnell wie möglich das Weite suchen. Einen Grund dafür nennt ihr die Mutter nicht.
Die Leiche der Mutter wird nicht gefunden und Sloane kehrt in ihr Studentenleben zurück. Bald darauf wird sie von einem Anwalt kontaktiert, der ihr im Namen seines Mandanten ein äußerst lukratives Angebot unterbreitet: sie soll ein Denkmal für 6 Personen entwerfen. Mehr erfährt sie nicht, noch nicht mal den Namen des Auftraggebers. Sloanne wittert die Chance ihres Lebens und nimmt den Auftrag an. Mit der Namensliste der sechs Personen im Gepäck reist sie durchs Land, um mehr über sie herauszufinden. Was sich ihr offenbart, ist ziemlich verstörend...
„Der Bruder“ ist ein Verwirrspiel, wie man es von Katzenbach kennt. Manche Abschnitte sind äußerst spannend und man möchte das Buch kaum aus der Hand legen, doch dann gibt es auch leider wieder lange Passagen, die unglaublich in die Länge gezogen sind. Das Ende des Buchs empfand ich als äußerst schwach. Das Buch ist mit Sicherheit nicht Katzenbachs bestes. Es ist okay, mehr aber auch nicht.

Bewertung vom 03.12.2020
Dark
Fox, Candice

Dark


ausgezeichnet

Blair Harbour, in ihrem früheren Leben Kinderchirurgin, wurde wegen Mordes an einem Nachbarn verurteilt und ist mittlerweile wieder in Freiheit. Ihre Approbation wurde ihr entzogen, deshalb jobbt sie in einer Tankstelle in einer nicht sonderlich sicheren Gegend, die prompt eines Abends überfallen wird. Die jugendliche Täterin entpuppt sich als die Tochter ihrer früheren Zellengenossin Sneak. Diese taucht entgegen der Bewährungsauflagen bei Blair auf und bittet sie, ihr bei der Suche nach ihrer Tochter Dayly zu helfen.
Jessica Sanchez, Ermittlerin bei der LAPD, ist den Lesern schon aus früheren Büchern bekannt. In ihrem letzten Fall löste sie den Mord an einer jungen Frau. Aus Dankbarkeit für ihre Hartnäckigkeit bei der Aufklärung des Verbrechens vererbt der Vater der jungen Frau Jessica sein millionenschweres Anwesen, was Jessica zur meistgehassten Frau im Kollegenkreis macht. Ihr stinkfauler Kollege Wallert ist der Meinung, die Hälfte der Villa gehöre ihm, und auch die Mehrzahl der anderen Polizisten gönnt Jessica das Erbe nicht. Als es zu einem gefährlichen Einsatz kommt, lässt Wallert Jessica im Stich, was sie fast das Leben kostet.
Im übrigen ist Jessica ausgerechnet die Polizistin, die Blair vor Jahren des Mordes überführte. Als sie jetzt durch Zufall Blairs 11jährigen Sohn Jamie kennenlernt, beschließt sie, den alten Fall noch einmal aufzurollen. Mit interessanten Ergebnissen...
„Dark“ ist ein ungeheuer spannender Krimi, in dem es vor brutalen Tätern (und Täterinnen!) nur so wimmelt. Er ist definitiv nichts für schwache Nerven. Obwohl ich normalerweise keine Krimis mag, in denen das Blut literweise fließt, konnte ich diesen kaum aus der Hand legen. Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne!

Bewertung vom 16.11.2020
Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3
Link, Charlotte

Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3


ausgezeichnet

Die Ermittlerin Kate Linville hat beschlossen, in die Dienststelle von Caleb Hale bei der North Yorkshire Police zu wechseln. Umso größer ist ihre Enttäuschung, als sie bei Dienstantritt feststellt, dass Caleb Hale suspendiert wurde. Ihr neuer Vorgesetzter ist der unsichere Robert Stewart, dem Caleb indirekt die Suspendierung zu verdanken hat. Keine gute Ausgangslage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dazu kommt, dass die Dienststelle unterbesetzt ist und es mehr als genug Arbeit für die Beamten gibt.
Da ist zunächst der rätselhafte Fall, in dem ein Unbekannter im Zug die aus Russland stammende Xenia Paget erschießen wollte. Kurze Zeit später wird ein Attentat auf die allseits beliebte Lehrerin Sophia Lewis verübt. Bei ihrem morgendlichen Workout wird ihr Fahrrad durch einen über den Weg gespannten Draht zu Fall gebracht. Als Sophia schwer verletzt am Boden liegt, wird auf sie geschossen, doch die Kugel verfehlt ihr Ziel. Obwohl die beiden Frauen sich nicht kennen und auf den ersten Blick rein gar nichts gemeinsam haben, stellt sich heraus, dass auf beide mit derselben Waffe geschossen wurde.
Kate beginnt die Vergangenheit der beiden Frauen zu durchleuchten und geht jedem noch so kleinen Hinweis nach. Auch Caleb Hale macht sich Gedanken zu den Fällen. Kate ist froh, sich mit ihm austauschen zu können.
Nach und nach kommt ein Puzzleteil zum nächsten und Kate nähert sich der Lösung der Fälle. Dabei begibt sie sich selbst in Lebensgefahr...
„Ohne Schuld“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Ich mag Charlotte Links Schreibstil sehr und finde auch die Personen sehr gelungen. Weder Kate noch Caleb sind die typischen Superhelden-Ermittler. Kate hat mit mangelndem Selbstwertgefühl zu kämpfen, Calebs Feind ist der Alkohol.
Die Ermittlungen kommen nur langsam voran, mühsame Polizeiarbeit geht der Lösung des Falls voraus. Dies macht den Roman für mich glaubhaft. Nicht jedes Detail wird am Ende aufgeklärt, und so muss sich der Leser bis zum nächsten Fall gedulden, bei dem Caleb Hale, der beschlossen hat, dem Polizeidienst den Rücken zu kehren, hoffentlich trotzdem – vielleicht als Privatdetektiv? – in Erscheinung treten wird. Für mich ein rundum gelungener Krimi, bei dem Charlotte Link-Fans auf ihre Kosten kommen.