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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 426 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2021
Der Sucher
French, Tana

Der Sucher


sehr gut

Einmal Cop, immer Cop
Cal Hooper hat sein Leben als Cop in Chicago satt. Seine Ehe ist gescheitert und der Beruf erfüllt ihn nicht mehr. Als er die Möglichkeit erhält, sich ein kleines Cottage in Irland zu kaufen, greift er zu. Alles, was er nun zu tun hat, ist, das Cottage zu renovieren und seinen Gedanken nachzuhängen, denkt er. Doch dann fühlt er sich beobachtet und legt sich auf die Lauer. Es stellt sich heraus, dass der dreizehnjährige Trey dahintersteckt, der zunächst sehr wortkarg ist, dann jedoch mit seinem Anliegen herausrückt: sein älterer Bruder ist ohne ein Wort vor Monaten verschwunden und Cal soll ihm helfen herauszufinden, was mit ihm passierte. Trey und Brendan standen sich sehr nahe und Trey ist der Meinung, sein Bruder sei entführt worden.
Obwohl er eigentlich der Polizeiarbeit den Rücken kehren wollte und sowieso nichts auf offiziellem Weg unternehmen kann, lässt sich Cal dazu überreden, Nachforschungen anzustellen. Den Dorfbewohnern gefällt dies gar nicht, der Yankee soll sich gefälligst um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Eines Abends im Pub wird ihm ziemlich unverhohlen gedroht. Doch jetzt ist Cals Neugier geweckt. Wer könnte ein Interesse daran haben, dass Brendan verschwunden bleibt? Was hat es mit den bestialisch getöteten Schafen auf sich und warum sind nur die Herden bestimmter Farmer betroffen?
Nach und nach findet Cal immer mehr Puzzleteile und schafft es schließlich auch, sie zu einem Ganzen zusammenzusetzen.
„Der Sucher“ ist ein Roman, kein Thriller, und den Kriminalfall fand ich auch nicht ganz so spannend, auch wenn manches überraschend war. Den Reiz dieses Buchs macht die Sprache aus. Tana Frenchs Schreibstil hat mir ganz hervorragend gefallen. Witzige Kommentare und Naturbeobachtungen wechseln sich ab mit Beschreibungen der einzelnen, teilweise recht schrulligen Dorfbewohner. Die Ladenbesitzerin Noreen möchte Cal am liebsten mit ihrer Nichte verkuppeln, während Cals Nachbar Mart ihm ans Herz legt, sich ein Hobby zu suchen. Der scheue Trey, der in schwierigen Verhältnissen lebt, entwickelt nach und nach Vertrauen zu Cal, der ihm so manches beibringt.
Mir hat das Buch gut gefallen, vor allem die ersten zwei Drittel. Der Schluss samt Auflösung zieht sich für meine Begriffe ein bisschen in die Länge. 4 Sterne und Leseempfehlung.

Bewertung vom 30.08.2021
Das geheime Leben des Albert Entwistle
Cain, Matt

Das geheime Leben des Albert Entwistle


ausgezeichnet

Ein Leben im Dienste der Royal Mail
Der Postbote Albert Entwistle lebt ein ruhiges, zurückgezogenes Leben. Er weiß vieles über seine Kunden, wer heiratet oder frisch verliebt ist und wo es einen Todesfall gegeben hat. Doch er beobachtet alles aus der Distanz, auf ein persönliches Gespräch lässt er sich lieber nicht ein. Auch an seinem Arbeitsplatz im Postverteilzentrum hält er sich die Kollegen lieber vom Hals. Albert wird demnächst 65 und hat somit das Pensionsalter erreicht. Als er das entsprechende offizielle Schreiben erhält, ist er entsetzt. Was soll er mit seinem Leben anfangen, wenn er nicht mehr Postbote ist? Zuhause erwartet ihn nur seine Katze Gracie. Als diese stirbt, fällt er in eine tiefe Depression, doch er erkennt, dass es so nicht weitergehen kann und er dringend soziale Kontakte braucht.
Von Anfang an ist klar, dass es ein Ereignis in Alberts Leben gab, das ihn tief geprägt und das sein Leben bestimmt hat. Wenn man die Widmung am Anfang des Buchs liest, ist einem klar, um was für ein Geheimnis es sich wohl handeln muss...
„Das geheime Leben des Albert Entwistle“ ist ein humorvoller und stellenweise auch sehr trauriger Roman. Es ist schön mitzuerleben, wie sich der einsame Kauz nach und nach seiner Umwelt öffnet und den Mut besitzt, sein Leben grundlegend umzukrempeln und Freundschaften zu schließen. „Herzerwärmend“ ist wohl das passendste Adjektiv für dieses Buch, das allerdings auch ein paar für mich ziemlich befremdliche Szenen beinhaltet. So wird Albert nach seinem „Geständnis“ begeistert gefeiert und das ganze Dorf freut sich mit ihm und gratuliert. Ich habe keine Ahnung, wie realitätsnah oder -fern dies ist, ich fand es ein wenig too much.
Das Cover ist ansprechend und passend zum Inhalt gestaltet: ein typisch britischer knallroter Briefkasten, vor dem eine freundlich dreinschauende schwarze Katze sitzt, Briefe flattern durch die Luft und das Ganze ist wie ein Luftbrief umrandet.
Ich habe dieses Buch an einem ganz und gar verregneten und kalten Wochenende gelesen und es war genau die richtige Lektüre. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 26.08.2021
Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4
Winkelmann, Andreas

Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4


sehr gut

Brutale Morde an Joggerinnen
Eine junge Joggerin wird brutal erwürgt aufgefunden. Der Mörder hatte ihren Todeskampf auf ihrem eigenen Handy gefilmt. Selbst Hauptkommissar Jens Kerner, der schon so manches schlimme Verbrechen gesehen hat, ist von der kaltblütigen Brutalität des Täters geschockt. Es stellt sich heraus, dass die Ermordete eine Fitness-App genutzt hatte, aus der ihre Laufstrecken ersichtlich waren. Da der Mörder eine Nachricht auf der App hinterlässt, liegt die Vermutung nahe, dass er über diese App auf die junge Frau aufmerksam wurde. Dann geschehen weitere Morde, wieder sind es fitte junge Frauen, die auf ihrer Laufstrecke überfallen werden. Fieberhaft sucht das Team um Jens Kerner nach Verbindungen zwischen den Opfern und dem Motiv des Mörders.
Zeitgleich greift die Polizei einen verwirrten alten Mann auf, der mit Leichenteilen auf dem Fahrrad durch Hamburg fährt. Hängen die Fälle zusammen und wenn ja, wie?
„Die Karte“ ist ein weiterer spannender Krimi um das Ermittlerteam Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald, die sich in diesem Band auch – endlich – persönlich näher kommen. Die Auflösung des Falls und das Motiv des Täters konnten mich zwar nicht ganz überzeugen, aber trotzdem hat mich dieser Krimi gut unterhalten. Vielleicht nicht der beste Krimi Winkelmanns, aber auf jeden Fall lesenswert. Vor allem auch, weil er die Gefahr thematisiert, die davon ausgeht, wenn man zu viele Informationen über sich im Internet postet.

Bewertung vom 20.08.2021
Von hier bis zum Anfang
Whitaker, Chris

Von hier bis zum Anfang


ausgezeichnet

Duchess Day Radley, Outlaw
Die dreizehnjährige Duchess Radley trägt mit ihren jungen Jahren mehr Verantwortung als ein Kind jemals tragen sollte. Sie ist quasi allein verantwortlich für ihren vierjährigen Bruder Robin, denn die Mutter, Star, schafft es nicht einmal, ihr eigenes Leben auf die Reihe zu bringen. Ihre Alkoholexzesse haben sie schon oft ins Krankenhaus gebracht und die Kinder mussten um ihr Leben bangen.
Stars Leben geriet vor 30 Jahren aus den Fugen, als sie ihre Schwester Sissy durch einen schrecklichen Unfall verlor, den ausgerechnet ihr damaliger Freund Vincent King verursacht hatte. Der damals 15jährige Vincent wurde verurteilt und sitzt seitdem im Gefängnis. Jetzt wird er entlassen und der kleine Ort Cape Heaven ist in Aufruhr. Walk, Polizist in Cape Heaven und Jugendfreund von Vincent und Star, ist wohl der einzige im Ort, der Vincent wohlwollend gegenübersteht. Doch dann geschieht eine weitere schreckliche Tat, als Täter wird schnell Vincent ausgemacht. Nur Walk glaubt an dessen Unschuld und versucht alles, dies zu beweisen.
Für Duchess und Robin ändert sich ihr Leben über Nacht. Sie müssen weg aus Cape Heaven, nach Montana zu ihrem Großvater, den sie nicht kennen. Duchess, die sich selbst als Outlaw bezeichnet, unter deren harter Schale sich aber ein weicher, verletzlicher Kern befindet, tritt ihm mit Hass entgegen. Sie macht ihn mit verantwortlich für das verkorkste Leben ihrer Mutter und somit auch für ihres und Robins Leben. Erst nach und nach lässt sie etwas Nähe zu und sieht, dass nicht alles so war wie sie dachte.
Ein weiterer Schicksalsschlag beendet auch diesen Abschnitt ihres Lebens. Als Leser ist es sehr aufwühlend, die Kinder durch diese Odyssee zu begleiten und zu erleben, wie ungerecht das Leben sie behandelt. „Von hier bis zum Anfang“ ist ein sehr intensives, spannendes und zutiefst bewegendes Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Es ist todtraurig und lustig, ein Buch über Schuld und Sühne, Liebe und Hass, Sehnsucht nach Nähe und Abweisung, alle menschlichen Emotionen werden angesprochen. Die poetische Sprache des Autors ist wunderschön, doch niemals kitschig. Dieses Buch ist ein Juwel, das ich jedem ans Herz legen möchte. Ich konnte es kaum aus der Hand legen.

Bewertung vom 16.08.2021
Ich hätte da was für Sie
Cordes, Vera

Ich hätte da was für Sie


ausgezeichnet

Informativ und amüsant
Ich muss zugeben, ich hatte schon jahrelang keinen Ratgeber mehr gelesen bevor ich dieses Buch in die Hand nahm, und auch die Fernsehsendung „Visite“, von der Autorin Vera Cordes moderiert, habe ich noch nie gesehen. Die Leseprobe zum Buch hat mich aber direkt angesprochen, denn wer kommt schon auf die Idee einer „Sauna für die Augen“ bei trockenen Augen?
Das Buch ist eine gelungene Mischung aus überlieferten Gesundheitstipps, die wahrscheinlich unsere Großeltern noch kannten, vermischt mit neuen Erkenntnissen der Wissenschaft, das Ganze verpackt in einen ansprechenden, amüsanten Schreibstil. Dabei werden ganz unterschiedliche Probleme angesprochen. Der erste Teil des Buchs befasst sich mit körperlichen Beschwerden und wie man mit einfachen, nicht allzu zeitaufwendigen Übungen beispielsweise Rücken- und Fersenschmerzen in den Griff bekommt. Im nächsten Abschnitt geht es um Kopf und Seele. Jeder weiß, dass Lachen gesund ist, doch hier wird diese einfache Weisheit durch wissenschaftliche Tests (und nicht ganz so wissenschaftliche Zitate) belegt. Eckart von Hirschhausen: „Ein Kind lacht 400-mal am Tag, ein Erwachsener 20-mal, ein Toter gar nicht mehr. Ohne viel von Statistik zu verstehen: Die Tendenz ist eindeutig. Wer lacht, lebt länger.“
Im dritten und letzten Teil geht es um Vorbeugen und Wissen. Hier fand ich besonders das Kapitel „Das Apfeldilemma“ sehr interessant, denn auch ich war bisher der Meinung, je mehr Obst ich esse, umso besser. Nun, Vera Cordes hat mich eines Besseren belehrt.
Kleine Illustrationen und Zitate lockern den Text auf und sorgen dafür, dass das vermittelte Wissen nie trocken rüberkommt. Alles in allem ein sehr gelungenes kleines Büchlein, das ich allen, die etwas für ihre Gesundheit tun möchten, empfehlen kann!

Bewertung vom 15.08.2021
Heimatsterben
Höflich, Sarah

Heimatsterben


ausgezeichnet

Denk ich an Deutschland in der Nacht...
Hannah Ahrens, die als Journalistin in New York lebt, erhält einen Anruf ihrer Schwester Trixie: ihre 97jährige Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, liegt im Sterben. Hannah schafft es gerade noch rechtzeitig zurück nach Deutschland, um sich von der Matriarchin Tilde verabschieden zu können.
Als junge Frau war Tilde in den Wirren des zweiten Weltkriegs aus dem Osten nach Niedersachsen geflohen, ihr Erstgeborener hatte die Flucht nur knapp überlebt. Dort heiratete sie einen verwitweten Gutsbesitzer und hatte mit ihm zwei weitere Kinder, eines davon Hannahs und Trixies Mutter Lou, der jedoch ihre Unabhängigkeit wichtiger war als ihre Kinder. Auf dem Sterbebett verspricht Hannah Tilde, auf ihre Schwester achtzugeben. Trixie ist mit dem Adligen Felix Graf von Altdorff verheiratet, der einer rechten Partei angehört und als Bundeskanzler kandidiert. Zu ihrem großen Erstaunen fragt Felix die liberal eingestellte Hannah, ob sie nicht für ihn arbeiten möchte. Die gegensätzlichen Einstellungen empfindet er als Herausforderung. Nach längerem Zögern willigt Hannah ein, zumal ihr Leben in New York gerade nicht so rund läuft.
Die weitverzweigte Verwandtschaft und Familiengeschichte der Hauptpersonen stellt eine Herausforderung dar, sehr hilfreich ist dabei der zu Anfang des Buchs eingefügte Familienstammbaum, ohne den man als Leser wahrscheinlich verloren wäre.
Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft und viele der beschriebenen Probleme und politischen Strömungen bestehen auch heute schon. Ein großes Thema ist beispielsweise Migration und Fremdenfeindlichkeit. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung lehnt sich gegen die Überfremdung Deutschlands auf und ultrarechte Kräfte wehren sich durch die Gründung einer sogenannten Bürgerwehr. Obwohl Felix Graf von Altdorff selbst sehr konservativ ist, sind ihm diese Strömungen äußerst suspekt, doch manches geschieht, ohne dass er darauf Einfluss nehmen könnte. Hannah ist von der politischen Entwicklung in Deutschland zunehmend abgestoßen und beschließt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Doch längst sind die Dinge nicht mehr zu kontrollieren, da sie den Alltag jedes Einzelnen bereits mitbestimmen...
Obwohl es sich bei diesem Roman um eine Dystopie handelt, ist es ein sehr realistisches Szenario, das sich abspielt und das jederzeit so oder so ähnlich stattfinden könnte. Dieser Gedanke macht Angst und erinnert an Heinrich Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“
Sarah Höflich hat mit „Heimatsterben“ einen sehr eindringlichen und spannenden Debütroman geschrieben, der mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne!

Bewertung vom 28.07.2021
Das letzte Bild
Jonuleit, Anja

Das letzte Bild


sehr gut

Geheimnisvolle Isdal-Frau
Die Schriftstellerin Eva glaubt ihren Augen nicht trauen zu können, als sie eines Morgens in der Zeitung mit den großen Buchstaben das Foto einer Frau entdeckt, die ihr und ihrer Mutter verblüffend ähnlich sieht. Wie sich herausstellt, handelt es sich um das Bild einer in den 1970er Jahren in Norwegen ermordeten Frau, deren Identität nie geklärt wurde. Neue wissenschaftliche Methoden machten es nun möglich festzustellen, dass diese Frau ihre Kindheit in der Nähe von Nürnberg verbracht haben muss, eine Gegend, in der Evas Urgroßeltern wohnten.
Als Eva ihrer Mutter das Bild zeigt, reagiert diese äußerst abweisend, doch es ist klar, dass sie etwas verheimlicht.
Eva beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen und fährt nach Norwegen. Ein DNA Test bringt Klarheit: Eva ist tatsächlich mit der Isdal-Frau verwandt. Vor Ort erhält sie die alten Ermittlungsunterlagen, die eine Menge Rätsel aufgeben.
Den Fall der Isdal-Frau gab es wirklich. Damals berichtete „die Zeit“ darüber. Ausschnitte aus dem Artikel sind den einzelnen Kapiteln vorangestellt.
Das Buch basiert also auf einem wahren Fall, den Anja Jonuleit ausgeschmückt und eine Geschichte darum konstruiert hat, wie es sich damals hätte zutragen können. In ihrem Buch wurde die Tote, Marguerite, als 6-Jährige in den Wirren der letzten Kriegstage von Mutter und Zwillingsschwester getrennt und versuchte Zeit ihres Lebens, ihre Familie wiederzufinden. Im Zuge ihrer Recherchen findet sie heraus, dass die Mutter als Ärztin in den „Lebensborn“-Heimen des Dritten Reichs tätig war. Marguerite lässt nichts unversucht, Zeitzeugen zu finden, die ihre Mutter gekannt haben und ihr den entscheidenden Hinweis darauf geben können, die Familie endlich wiederzufinden.
Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen: in der Jetztzeit, in der Eva versucht, das Geheimnis der Isdal-Frau zu lüften, und in den 1970-er Jahren, als Marguerite auf der Suche nach ihrer Familie ist. Das Buch beginnt zunächst sehr spannend, doch dann fand ich die vielen Sackgassen und Erzählstränge etwas ermüdend und in die Länge gezogen. Dazu kommt, dass ich nicht wirklich Empathie mit den Personen empfinden konnte und mir manches nicht nachvollziehbar erschien. Warum hat nur Marguerite nach ihrer Familie gesucht, weshalb hat die Mutter nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt, die verlorene Tochter zu finden? Weshalb reagiert die Zwillingsschwester zunächst so abweisend? Dass Marguerite ihr Leben als Prostituierte und in Begleitung des unsympathischen Damiano finanziert, macht sie auch nicht wirklich sympathisch. Die Auflösung des Falls und die Enttarnung eines Nationalhelden erscheinen mir wenig glaubhaft. Alles in allem kein schlechtes Buch, aber nicht so spannend wie erwartet. 3,5 Sterne.

Bewertung vom 20.07.2021
Hundstage für Beck / Nick Beck Bd.1
Voss, Tom

Hundstage für Beck / Nick Beck Bd.1


sehr gut

Ein Ermittler mit einer Menge krimineller Energie
Nick Becks Leben scheint auf dem Tiefpunkt angelangt zu sein. Nachdem seine Kollegin und Freundin bei einem Einsatz ums Leben kam, lässt sich der ehemalige LKA Ermittler aufs Dorf versetzen, wo er seine Tage mit Wundenlecken und Saufen zubringt. Er wohnt in einer Absteige und das Einzige, was ihn noch zu interessieren scheint, ist sein Vintage-Mercedes.
Als er eines Abends betrunken nach Hause fährt, überfährt er eine junge Frau. Um seine Spuren zu verwischen, packt er die Leiche kurzerhand in den Kofferraum und lässt sie verschwinden. Dann landet der Fall einer verschwundenen jungen Frau auf seinem Schreibtisch und – wieder nüchtern – wird ihm klar, dass die auf der Straße liegende Frau zum Zeitpunkt des Unfalls wahrscheinlich schon tot war und die Leiche zur Klärung des Falls wieder auftauchen muss.
Seine Partnerin bei der Aufklärung des Verbrechens ist Cleo Torner vom LKA Hamburg, die, was die Ermittlung anbelangt, in diesem Fall eher blass rüberkommt. Von ihr erfahren wir lediglich, dass sie schwanger ist, sich aber in keinster Weise schont, und ihre geplante Hochzeit unter keinem guten Stern steht, da sie und ihr Partner offensichtlich sehr gegensätzliche Ansichten haben. Außerdem harmonieren Nick und sie gut als Team.
Wie es sich für einen Krimi gehört, gibt es jede Menge Verdächtige mit Motiv sowie eine ganze Reihe von falschen Fährten. Ein Krimi, der spannend anfängt, der mich gegen Ende aber mit gespaltenen Gefühlen zurücklässt, unter anderem, weil Nicks Rolle in dem Geschehen niemandem aufzufallen scheint, was mir nicht ganz glaubhaft erscheint. Alles in allem jedoch ein spannender Serienauftakt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.07.2021
Mohnblumentod / Charlie Lager Bd.3
Bengtsdotter, Lina

Mohnblumentod / Charlie Lager Bd.3


sehr gut

Wer hat Baby Beatrice entführt?
Das Baby eines reichen Unternehmerehepaars wird entführt, doch es geht keine Lösegeldforderung ein. Charlie Lager und ihr Kollege Greger fahren sollen vor Ort ermitteln und herausfinden, wer einen Grund hätte, die 9 Monate alte Beatrice zu entführen.
Es stellt sich heraus, dass der Ehemann es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt und sich in seiner Karriere Feinde gemacht hat. Bald bekommt Charlie den Eindruck, dass weder das Ehepaar noch ein befreundetes Ehepaar der Polizei alles sagt, was für die Lösung des Falls wichtig sein könnte. Was verschweigen sie und warum?
Das Buch hat zwei Handlungsstränge: zum einen den Fall des entführten Mädchens, zum anderen ein Kinderheim und drei Teenagermädchen, die dort leben. Zunächst ist nicht klar, was diese Handlungsebenen miteinander zu tun haben.
Im Klappentext steht „Charlie ist gezwungen, sich nicht nur um Beatrice’ willen an ihre Grenzen zu treiben, sondern auch aus Angst um sich selbst.“ Ich wüsste gerne, was der Autor dieser Zeilen damit gemeint hat, denn Charlie befindet sich nicht in Gefahr, außer, dass sie sich ab und zu hemmungslos betrinkt und fremde Männer mit nach Hause nimmt, ganz so, wie sie es von ihrer Mutter gelernt hat. Die Mutter, Betty Lager, wird auch in diesem Band extrem oft erwähnt und ich finde es allmählich ziemlich ermüdend, immer wieder von ihrem losen Lebenswandel und ihren Exzessen zu lesen. Auch dass bisher jeder Fall der Reihe auf die eine oder andere Art mit Charlie selbst zu tun hat, ist etwas seltsam. Abgesehen davon hat mir das Buch ganz gut gefallen, aber ich hoffe wirklich sehr, dass der nächste Fall der Reihe absolut gar nichts mit Charlie Lager und ihrer Familie zu tun hat.

Bewertung vom 06.07.2021
Betreff: Falls ich sterbe
Setterwall, Carolina

Betreff: Falls ich sterbe


sehr gut

Carolina und Aksel sind beide Anfang/Mitte 30, erfolgreich im Beruf, müssen nicht aufs Geld achten und leben zusammen mit ihrem Baby in einer Eigentumswohnung in Stockholm. Alles scheint perfekt, bis Carolina eines Morgens Aksel tot im Bett auffindet. Er starb mit 34 im Schlaf an Herzversagen.
Ihre heile Welt bricht völlig in sich zusammen. Sie versteht nicht, wie das passieren konnte, gibt sich selbst die Schuld, weil sie der Meinung ist, Aksel zu viel zugemutet zu haben und nie zufrieden gewesen zu sein.
Glücklicherweise hat Carolina einen riesigen Freundeskreis. Von Aksels Tod an wechseln sich Freunde und Familie monatelang ab, ständig ist jemand in Carolinas Nähe, die Freunde kaufen ein, kochen, kümmern sich um Baby Ivan. Diesen Teil des Buchs fand ich wirklich erstaunlich. Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die auf ein solches Netzwerk zurückgreifen können.
In diesem „autofiktionalen“ Roman – teils autobiographisch, teils Fiktion – beschreibt Carolina Setterwall minutiös ihre Gefühle und Gedanken, zunächst auf zwei Zeitebenen – Oktober 2014, die Zeit, als Aksel starb – und die Zeit des Kennenlernens sowie die Entwicklung der Beziehung von 2009 bis 2014. Dabei kommt sie vollkommen ohne wörtliche Rede aus, was mich zunächst ziemlich irritiert hat. Ich fand es äußerst gewöhnungsbedürftig, ein Buch von fast 500 Seiten zu lesen, in dem nur beschrieben wird und in dem keinerlei Dialoge vorkommen. Und doch hat mich Carolinas Geschichte fasziniert. Wir begleiten sie bis ins Jahr 2016, erleben mit, wie sie sich ihren Weg in den Alltag zurückerkämpft und sogar mit der Zeit Ausschau nach einem neuen Partner hält. Den Schluss fand ich dann nicht mehr ganz so interessant, denn sie geht eine fast schon symbiotische Beziehung mit einem Mann ein, der ebenfalls Witwer ist und eine kleine Tochter hat. Der Mann bleibt allerdings eine Randfigur, man erfährt nicht viel über ihn. In diesem letzten Teil wird klar, dass Carolina den mittlerweile über 2jährigen Ivan immer noch wie ein Baby behandelt und ihr ganzes Leben nur nach ihm ausrichtet. Wenn er weint oder sich langweilt, bespaßt sie ihn sofort, sie bringt es nicht fertig, ihm irgendetwas abzuschlagen. Konnte ich mich bisher gut in sie einfühlen, hat mich dieses Verhalten doch sehr gestört und befremdet. Bis auf die letzten 80 Seiten fand ich das Buch jedoch sehr interessant und lesenwert.