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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2177 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2024
Nach uns der Himmel
Buchholz, Simone

Nach uns der Himmel


gut

8 Leute

Nach uns der Himmel von Simone Buchholz ist kein Krimi. Das sollte man erwähnen, da die Autorin vor allen als Krimiautorin sehr bekannt geworden ist.

Es beginnt mit einem Flug mit schwierigen Landeversuch. Die Passagiere fühlen sich ein wenig wie aus der Welt gefallen. 8 Leute stehen im Mittelpunkt: Vincent, Heidi, Annike, Benedikt, Elizabeth, Claudius, Sara, Mark

Mystische Elemente kommen hinzu. Man denkt an die Serie Lost, aber damit hat dieses Buch wenig zu tun.

Ein anfangs rätselhafter zweiter Handlungsstrang, angesiedelt in L.A., kommt hinzu.

Simone Buchholz macht viel in Sachen Figurenentwicklung und doch bleibt das Gefühl, man hätte noch mehr aus den Figuren machen können. Es fehlt die letzte Tiefe. Vielleicht sind es zu viele.

Und um mit positiven Worten abzuschließen: Das Buch ist sehr schön aufgemacht. Das gilt vor allen auch für das Cover mit den erhabenen Stellen an den Positionen der Fenster.

Bewertung vom 21.10.2024
Die Farben des Winters
Baier, Hiltrud

Die Farben des Winters


sehr gut

Auf den Spuren der Vergangenheit

Hiltrud Baiers Roman zeichnet sich durch einen warmen Ton aus, dem eine Spur Melancholie beigemischt ist.
Das ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Protagonistin Nova als Kind einen Teil ihrer Famile und ihre zweite Heimat Lappland verlor. Sie ist halb deutsche, halb Schwedin.
Zur Beerdigung ihres Vaters kehrt sie nach langer Zeit zurück.
Der Schauplatz der Handlung ist reizvoll. Novas Vater hatte Rentiere. Man erfährt auch von der Kultur der Samen.
Hiltrud Baier gelingt es, gute Detailbeschreibungen einzubringen. Die Handlung wird überlagert davon, herauszufinden, was damals passiert ist. Nova ist auf den Spuren der Vergangenheit. Das hält auch die Leser bei der Stange. Ein lesenswerter Roman.

Bewertung vom 15.10.2024
Mandel
Sohn, Won-pyung

Mandel


ausgezeichnet

Hier gibt es eine vorher noch nicht übersetzte koreanische Schriftstellerin zu entdecken. Won-Pyung Sohn.
Der Roman beschreibt das Leben eines Jungen, der Alexithymie hat und somit Gefühle nicht wahrnehmen oder empfinden kann. Er versucht mit seinem Zustand umzugehen und zu verstehen. Dabei setzt er sich mit einem gewalttätigen Mitschüler auseinander und mit einer Schulfreundin.
Auf die Handlung möchte ich sonst nicht eingehen, aber es wird nie langweilig.
Es wird aus der Perspektive des Jungen erzählt.
Das gibt ein ungewöhnliches, interessantes Leseerlebnis.

Bewertung vom 14.10.2024
Spargel in Afrika
Antelmann, Corinna

Spargel in Afrika


sehr gut

Spargel in Afrika ist eine intensive Erzählung eines Mannes über den Besuch des sterbenden Vaters im Altersheim. Die Erzählung ist gekennzeichnet durch seine Erzählart, dem Monolog. Da es den Stoff auch als Theaterstück gibt, liest man den Text auch so und er entfaltet seine Stärken.
Ein wenig überraschend ist ie Überbetonung des kulinarischen. Immer wieder geht es um die Essvorlieben des Vaters, der ein Genußmensch war.
Corinna Antelmann hat eine Erzählung geschaffen, die man nicht so schnell vergisst.

Bewertung vom 13.10.2024
Die Abende in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Abende in der Buchhandlung Morisaki


sehr gut

Wenn ein Buch wie Die Tage in der Buchhandlung Morisaki so gut und erfolgreich war, fragt man sich, ob eine Fortsetzung wirklich erforderlich ist. Die Angst, der Nachfolger könnte im Vergleich absacken, ist groß.
Aber Die Abende in der Buchhandlung Morisaki hält das Niveau und die Qualität.
Wieder dreht sich alles um Onkel Satorus Antiquariat seltener Japanischer Bücher , erzählt von Takako. Sie ist eine eigenwillige Figur, in den Dialogen fast schon patzig. Aber Satoru und Tante Momoko sind auch Originale und liebenswerte Figuren. Ein wenig bedeckter ist Takakos neuer Freund Wada, der plant einen Roman mit Schauplatz der Buchhandlung zu schreiben. Ist er vielleicht ein verkappter Alter Ego des Autors.
Im letzten Drittel des Buches steht die Krebserkrankung der Tante im Vordergrund und wie die anderen damit fertig werden.
Das Buch wird aber nicht von einem Thema beherrscht, was ich gut finde. Sehr stark wird immer wieder die Wirkung der Bücher ausgearbeitet.
Satoshi Yagisawa ist ein interessanter Autor. Da hofft man auf weitere Bücher!

Bewertung vom 12.10.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


sehr gut

Eine WG, die zueinandersteht


Wohnverwandschaften ist ein sympathischer Roman, der eine große Leichtigkeit ausstrahlt, aber auch sehr geschickt komponiert wurde. Er erzählt die Geschichte einer WG von 4 Leuten: Die junge Zahnärztin Constanze, die nach einer Trennung als Neue zur WG kommt. Dann Murat, der gerne kocht und sich um alle kümmert. Anke, die Schauspielerin, die zurzeit keine Aufträge mehr bekommt und der Jörg, Ende 60, dem die Wohnung gehört.
Sie verstehen sich gut. Später wird mit dem Hund Alien noch ein fünftes Mitglied die WG ergänzen. Dann zeigen sich bei Jörg erste Anzeichen von Demenz, er vergisst immer mehr. Doch das schweißt die Wohngemeinschaft noch mehr zusammen, sie werden umso mehr zu einer kleinen Familie. Aber einfach ist es nicht.
Das zeigt Isabel Bogdan eindringlich, aber unverkrampft. Mal hat jeder der vier sein eigenes Kapitel, dann gibt es auch Kapitel mit zwei oder allen zusammen. Das ist gelungen.
Als Leser fühlt man sich fast wie einer von ihnen und so gut in einem Roman mitgenommen zu werden, ist eine Qualität.

Bewertung vom 11.10.2024
Intermezzo
Rooney, Sally

Intermezzo


weniger gut

Brüder
Sally Rooneys neuer Roman erzählt von 2 Brüdern, die sehr unterschiedlich sind und nach dem Tod des Vaters an einem Wendepunkt im Leben stehen.
Ihr desolater Gemütszustand überträgt sich auf den Leser und die ersten 100 Seiten empfand ich als unglaublich öde. Das kannte ich aus den vorherigen Büchern der Autorin nicht.
Dann hat man sich eingelesen und erkennt, wie gut Sally Rooney die emotionale Seite ihrer Protagonisten beleuchtet.
Das gilt meiner Meinung nach aber weniger für die weiblichen Figuren. Nicht zuletzt deswegen bleiben die Beziehungen zu verhalten. Eigentlich traurig und es bleibt wenig Optimismus. Aber das scheint mir doch nur Sally Rooneys Weltbild, dem ich mich nicht anschließen will.
Leider bleibt eine Distanz zu den Figuren, die nicht zu überwinden ist. Ich halte die Figuren auch für nicht ganz glaubwürdig. Peter ein Macho, Ivan ein schachspielender Nerd. Über diese Klischees kommen sie meistens nicht hinaus. Erst spät im Buch brechen ihre Rollen gelegentlich.
Durch die stockende Erzählweise und dem schlechten Lesetempo kommt man nur schwer voran und das Lesen wird zur Qual.
Das Ende halte ich dann für wenig zufriedenstellend.

Bewertung vom 10.10.2024
Mit goldenem Löffel
Crilly, Jane

Mit goldenem Löffel


ausgezeichnet

Die Autorin Jane Crilly lässt die Leser in einer vergangenen Zeit schwelgen, indem sie die breit angelegte Geschichte einer Familie auf dem Landsitz Haddock Hall in mehreren Generationen erzählt.
Da sind Archie und Mary und ihren Söhnen George und Clay.
1901 lernt Gorge Lilian auf einem Sommerball kennen. Sie heiraten und 1903 werden ihre Zwillinge Edmund und Wilson geboren. Der sensible Wilson ist Icherzähler.
Archie und Mary sterben 1906 bei einem Unfall. 1919 stirbt auch Lilian völlig überraschend.
Dann kehrt Clay aus Afrika zurück und bringt Elise mit, die alle fasziniert. Bald dreht sich alles um sie. Jeder ist in sie verliebt, selbst der Hund und der Butler. Ganz besonders aber Wilson, der sich nur mit ihr lebendig fühlt.

Wer Nostalgie und das Genre mag, ist bei diesem Roman genau richtig.

Bewertung vom 07.10.2024
Dringende Durchsage
Lenz, Siegfried

Dringende Durchsage


sehr gut

Literarische Schatzkiste

Dieses Buch versammelt überwiegend ungedruckte Texte von Siegfried Lenz.
Eine große Leistung, diese aus dem Archiv zusammen zu suchen.
Es sind jetzt auch meistens Texte, die nicht so große literarische Bedeutung oder Qualität haben, sonst wären sie vielleicht auch nicht ungedruckt bleiben. Dennoch gibt es genug Texte, die lesenswert sind und gesellschaftspolitische Wert besitzen.
Darunter auch ein paar Erzählungen, die Lenz Freunden geschenkt hatte, z.B. Helmut Schmidt oder Teofila Reich-Ranicki.
Erstaunt war ich, sogar Geschichten mit kriminalistischen Hintergrund zu finden. Das ist selten bei Lenz. Inspektor Tondi, Der Fluß und der Inspektor. Das sind zwei Varianten einer Story, die Lenz für einen Fernsehfilm geschrieben hatte. Den Film gibt es, ist aber nicht einfach zu finden.
Sehr gefallen haben mir auch die Erzählungen Heimweh und Die Selbstanzeige des Strandgendarms. Da findet man Lenz bekannten sozialkritischen Ansatz.

Es gibt auch ein umfangreiches Nachwort zur Einordnung.

Das Buch ist für Freunde des literarischen Meister ein Schatz.

Bewertung vom 04.10.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


sehr gut

Wichtige Themen, aber man hätte mehr daraus machen können

Ich komme nicht zurück hat eine ganze Reihe relevanter Themen, vor allen erzählt es aber von der Problematik von Migranten in einer Umgebung zu leben, die von äußeren Bedingungen verändert werden.

Es sind die Achtziger Jahre in Deutschland.
Erzählerin des Buches ist Hanna, die zusammen mit ihren Freund Cem als Kind ein Mädchen kennen lernt: Zeyna, die mit ihren Vater aus dem Libanon flüchten musste. Ihre Mutter starb. Fehlende Mütter ist eins der Themen, die Einfluss nehmen, sowohl auf Zeyna als auch auf Hanna.

Zwischen den Kindern entsteht eine tiefe Freundschaft. Diese wird aber schließlich belastet. Durch rechtsextreme Anschläge, dem Terrorangriffe 9/11 und wie arabischstämmige Migranten unter einen Generalverdacht gerieten.

Nebenfiguren wie Zeynas Vater oder Hannas Großmutter sind sehr wichtig für die Hauptfiguren.
Zeyna ist die interessanteste Figur des Romans. Schade, dass sie dann den Großteil komplett fehlt.
Wäre sie Erzählerin des Buches, hätte es noch erhellender werden können. Aus den Themen hätte man teilweise auch noch mehr machen. Dennoch ein gutes Buch.