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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 575 Bewertungen
Bewertung vom 05.11.2021
Say Cheese!

Say Cheese!


ausgezeichnet

Wie war das nochmal - Überbacken mit Käse tötet Kalorien ab? Ich fürchte, der wissenschaftliche Beweis dafür steht noch aus, und so halte ich es lieber mit dem Spruch: "Ich esse gerne, und gebe Kalorien damit ein neues Zuhause!"

Mit dem vorliegenden Käsekochbuch dürften Gesundheitsapostel und Abnehmwillige so ihre Schwierigkeiten haben. Alle anderen finden hier einen empfehlenswerten Reigen äußerst delikater Käsekreationen.

Die über 60 Rezepte sind übersichtlich auf meist einer Doppelseite angeordnet, einzig die Angabe der Zubereitungszeit fehlt. Die großen Farbfotos sind sehr ansprechend, ohne übertrieben gestylt zu wirken. Der praktische Teil beginnt mit simplen Toasts und Sandwiches, die aber teils durch eine originelle Zutat wie das koreanische Kimchi frischen Pepp erhalten. Mein Favorit hier ist Apfel-Cranberry-Toast mit Brie auf Walnussbrot, ein kulinarisches Gedicht! Da das Buch im Original aus dem United Kingdom stammt, fehlen auch typisch britische Spezialitäten wie Welsh Rarebit oder Englischer Brotpudding nicht. Nudelaufläufe und Gemüsegratins stellen den Großteil der Rezepte, aber auch Pizza, Ofenkäse, und Suppen wollen versucht werden. Klassiker wie das Schweizer Käsefondue kann man mit selbstgemachten Beilagen perfekt ergänzen, z.B. mit Apfelrösti oder Walnuss-Grisini.

Die Gerichte überzeugen geschmacklich und sind dennoch so einfach, dass auch Anfänger bei der Zubereitung keine Probleme haben dürften. Viele Rezepte zeichnen sich durch Verwendung einer besonderen Käsesorte aus. So bekommt der Burger mit einer Scheibe Scamorza - statt dem immer gleichen Schmelzkäse - eine feine Räuchernote. Überhaupt bietet das Buch Gelegenheit, sich an hierzulande eher unbekannte Käsesorten zu wagen. Ich jedenfalls hatte bislang weder Lincolnshire Poacher noch den kalifornischen Monterey Jack auf dem Teller. Doch keine Angst, wer keinen gut sortierten Käseladen in der Nähe hat, braucht nicht auf die jeweiligen Rezepte zu verzichten, da aufgeführt ist, mit welchen gängigeren Sorten man die Käse ersetzen kann.

Das Hardcover mit Fadenbindung bleibt aufgeschlagen gut liegen und ist dadurch wirklich praxistauglich. Ebenfalls sehr praktisch ist das Register, das auch eine Suche nach verwendeten Käsesorten erlaubt. Hilfreich sind die Tipps zum Käseschmelzen an sich.

Fazit: Eine verlockende Einladung, die Welt des heißen Käses neu zu entdecken, der ich gerne und mit großem Genuss gefolgt bin.

Bewertung vom 04.11.2021
Natürlich gut: Brot backen
Butenuth, Sina

Natürlich gut: Brot backen


gut

Hobbyköchin Sina Butenuth möchte Anfängern die Scheu vor dem Brotbacken nehmen, und dies kann das kleine Büchlein sicher leisten.

Optisch ist das Buch sehr ansprechend, mit zahlreichen modernen, aussagekräftigen Fotos, durch den Leinenrücken, den geprägten Titel und das griffige Papier wirkt es hochwertig. Sehr süß finde ich die kleinen Brote neben den Seitenzahlen, ich mag solche Details. Auch die beiden Seiten für eigene Notizen und Rezepte sind eine praktische Idee und grafisch sehr schön umgesetzt.

Als Einleitung gibt es zunächst eine kurze Geschichte des Brotes und interessante, kurzweilige Fakten rund um das beliebte Grundnahrungsmittel. Sehr hilfreich sind Lagertipps für Brot und Mehl. Die über 30 abwechslungsreichen Rezepte im Hauptteil sind alphabetisch sortiert. Die verschiedenen Sauerteig- und Hefeteigbrote sind - wie im Untertitel angekündigt - einfach zuzubereiten und dürften auch Neulingen in der heimischen Brotbackstube kaum Schwierigkeiten bereiten. Auf sehr lange Gärzeiten oder Teigführung wird verzichtet (was allerdings zu Lasten der Verträglichkeit gehen kann), und wer sich noch nicht an das Ansetzen eines eigenen Sauerteiges traut, der darf getrost zum Fertigprodukt aus dem Einzelhandel greifen. Die Zutaten sind übersichtlich aufgelistet, einfach erhältlich und die Zubereitung ist gut verständlich beschrieben. Wird es doch mal ein wenig komplizierter, helfen Schritt-für-Schritt-Fotos, wie etwa beim Baguette-Falten. Zudem gibt es im Anhang ein paar Rezepte für herzhafte und süße Brotaufstriche. Auch diese kommen mit wenigen Zutaten aus und sollten auch Anfängern gut gelingen. Letztlich finden sich noch Rezepte für eigene Brotgewürze, und eine gleichermaßen unterhaltsame wie informative Länderreise bildet einen schönen Abschluss.

Leider hat das Buch jedoch meinen Praxistest nicht bestanden: Durch das kleine Format und die Art der Bindung bleibt das Hardcover überhaupt nicht aufgeschlagen liegen, sondern man muss etwas zum Beschweren darauf legen. Das wiederum verdeckt dann teilweise den Text, sehr schade und reichlich nervig.

Außerdem stehen bei vielen Rezepten Zutaten und Zubereitung nicht auf einer Doppelseite, sondern auf Vorder- und Rückseite, so dass man wiederholt hin- und herblättern muss. Das macht nicht nur keinen Spaß, sondern lässt das Büchlein bereits nach wenigen Backversuchen mit teigverklebten Fingern sehr ramponiert aussehen.

Wer sich daran nicht stört, bekommt jedoch für wenig Geld viele Tipps und Rezepte.

Bewertung vom 03.11.2021
Syphilis & Co.
Weisenseel, Peter

Syphilis & Co.


ausgezeichnet

Egal ob es im Slip müffelt oder im Schritt das große Jucken einsetzt - Autor Dr. Peter Weisenseel nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er die häufigsten Beschwerden seiner Patienten schildert. Der Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten gibt mit vorliegendem Ratgeber einen hervorragenden Überblick über die derzeit bei uns am verbreitetsten sexuell übertragbaren Krankheiten, von Gonorrhoe über Filzläuse bis zu HIV/Aids.

Dabei punktet der Doc nicht nur mit Fachwissen, sondern entpuppt sich als äußerst humorvoller Erzähler. Die Schilderungen seines Patienten-Panoptikums sind sehr unterhaltsam. Aber egal, ob Weisenseel einen jungen Mann mit Tripper davon abzuhalten versucht, weiterhin als "menschliche Anrichte" zu jobben, oder ob er einem älteren Sextouristen erklärt, was die wahrscheinliche Ursache dafür ist, dass seine junge Thai-Freundin "untenrum so nach Fisch riecht" - der Arzt schreibt mit einem Augenzwinkern, aber stets ohne vulgär oder gar verletzend zu werden. Weisenseels Fachgebiet spielt sich weitestgehend unter der Gürtellinie ab, das Niveau dieses Sachbuchs ist es hingegen definitiv nicht!

Am Ende jedes Kapitels findet sich eine übersichtliche Zusammenfassung zur jeweiligen Krankheit samt Erreger, Übertragungswegen, Symptomen, Prävention und Therapie. Im Glossar sind medizinische Fachbegriffe knapp und auch für Laien gut verständlich erklärt.

Fazit: Das handliche Paperback ist ein echter Gewinn für alle sexuell Aktiven. Auch wer noch ein Weihnachtsgeschenk für sein "Pubertier" sucht, dem kann ich diesen humorvollen und modernen Ratgeber wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 29.10.2021
Als wir an die Zukunft glaubten / Die Hafenschwester Bd.3
Metzenthin, Melanie

Als wir an die Zukunft glaubten / Die Hafenschwester Bd.3


ausgezeichnet

Auch im dritten - und leider letzten - Teil der Hafenschwester-Saga lässt Melanie Metzenthin die Leser*innen tief in die deutsche Geschichte eintauchen. Diesmal begleiten wir die Familie Studt von der Weimarer Republik bis zum Ende des zweiten Weltkriegs. Es waren schwere Zeiten, und so ist die Lektüre thematisch nicht immer leicht zu verdauen. Hunger und Bombenangriffe sind für die meisten von uns abstrakte Begriffe, aber Metzenthin beschreibt dies so eindringlich, dass ich sehr bewegt war. Auch detaillierte Schilderungen der Foltermethoden durch die Gestapo oder Brutalität im Konzentrationslager spart die Autorin nicht aus. Und das ist gut so, hier wird nichts verklärt oder geschönt.

Aber auch das Gute kommt nicht zu kurz. "Die Hafenschwester" ist ebenso eine Erzählung über Freundschaft und starke Familienbande, über willensstarke Frauen und die Kraft der Hoffnung. Dabei gelingt es der Autorin, emotional und empfindsam zu schreiben, ohne ins Kitschige abzugleiten. Sie legt viel Wert auf stimmige, vielschichtige Figurenzeichnungen. Besonders hervorheben möchte ich außerdem zahlreiche (akribisch recherchierte) historische Details, die die Geschichte lebendig werden lassen, etwa wenn eine Hausfrau die Stapel an Geldscheinen während der Hyperinflation bügelt. Im Mikrokosmos der Familie präsentiert Metzenthin ihren Leser*innen wichtige Ereignisse und Entwicklungen der Zeitgeschichte so aufs Anschaulichste.

Fazit: Bitte nicht von den über 700 Seiten abschrecken lassen, der Roman ist nicht nur außerordentlich gute Unterhaltungsliteratur auf höchstem Niveau, sondern bietet tiefe, wichtige Einblicke in die unrühmliche deutsche Vergangenheit. Dieser gut konstruierte Roman ist ein literarisches Zeichen wider das Vergessen. Unbedingt lesen und weiterempfehlen!

Bewertung vom 28.10.2021
Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern
Kaiser, Maria Regina

Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern


sehr gut

Erst mal gebührt Maria Regina Kaiser in meinen Augen Respekt dafür, eine Romanbiografie über Annette von Droste-Hülshoff verfasst zu haben.

Zum einen, weil die deutsche Ausnahmedichterin einen immens umfangreichen schriftlichen Nachlass hinterlassen hat, ihre Arbeitsmanuskripte, Reinschriften, Tagebücher und vor allem ihre zahlreichen Briefwechsel mit Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten sind wohl - zumindest für Laien - kaum zu überblicken. Chapeau also für diese riesige Recherchearbeit. Gleichwohl war und ist dieser reiche Fundus an Zeitdokumenten über Annette Quelle für unzählige literaturwissenschaftliche Studien, und es wurden bereits mehrere Biografien und biografische Romane über von Droste-Hülshoff.

Wieso also nun noch ein weiteres Buch über "Nette"? Autorin Kaiser wollte laut eigener Aussage Annette von Droste-Hülshoff "etwas mehr ins Scheinwerferlicht" rücken. Nun, was mich angeht ist dies definitiv gelungen. Vor Jahrzehnten hatte ich "Die Judenbuche" als Pflichtlektüre innerhalb des Deutschunterrichts gelesen, darüber hinaus kannte ich herzlich wenig von Annettes Œuvre und über sie selbst wusste ich praktisch nichts.

Insofern hat die neue Biografie also ihr Ziel erreicht, ich habe mich für die Protagonistin interessiert und das Buch durchaus mit Gewinn gelesen. Man wird Annette nach der Lektüre nicht unbedingt mögen, aber man lernt sie kennen. Gerne hätte ich die "Dichterin zwischen den Feuern" auch noch besser verstanden, hier bleibe ich leider mit einigen Schilderungen recht ratlos zurück.

Dies liegt meines Erachtens vor allem an der episodenhaften, teils fragmentarisch anmutenden Erzählweise, die im Verlauf des Romans zunimmt. Geburt und Kindheit Annettes werden in liebevollen Details und atmospärisch dicht geschildert, so dass ich von den ersten Kapiteln restlos begeistert das Buch kaum aus der Hand legen wollte. Die Szenerien entwickelten eine starke Anziehung, ich sah quasi ein Biopic vor meinem inneren Auge. Doch leider verliert sich das zunehmend, manche Passagen werden nicht vorbereitet, sondern überraschen den Leser. Nichts gegen gute Twists, aber wenn sie nicht in einem Thriller vorkommen, dann hätte ich doch gerne eine Auflösung. Und so bleibe ich leider ratlos zurück, wenn ein junger Mann, kaum dass er die Romanbühne betritt, auch schon zu Annettes Liebstem erklärt wird oder langjährige Freundschaften gekappt werden, und man als Leser über die Gründe nur spekulieren kann. Hier hätte ich mir - falls das Recherchematerial keine eindeutige Sachlage hergibt - mehr Interpretation durch die Autorin gewünscht.

Auch blieben mir viele Figuren leider recht fremd, weil Reaktionen auf einschneidende Ereignisse (z.B. der Tod eines geliebten Menschen) nicht oder nur knapp geschildert werden.

Dennoch ist der Roman ein interessantes Sittengemälde der deutschen Adelsgesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Standesdünkel, Liebesintrigen, als ledige erwachsene Frau nicht geschäftsfähig zu sein - Annette hatte es wahrlich nicht leicht. Gelungen ist auch die Einflechtung einiger Gedichte und Zitate aus Briefen.

Die Ausstattung des wunderschönen Hardcovers lässt keinen Wunsch offen, vor allem der Anhang bietet reichlich Zusatznutzen und Orientierung: Orts- und Namensverzeichnis, Glossar, Zeittafel, weiterführende Literatur und nicht zuletzt zahlreiche Bilder konnten mich sehr begeistern.

Daher, trotz der lückenhaften Erzählung, meine Leseempfehlung für alle "Von-Droste-Hülshoff"-Fans und diejenigen, die es noch werden wollen.

Bewertung vom 27.10.2021
Die tristen Tage von Coney Island
Crane, Stephen

Die tristen Tage von Coney Island


gut

Der Pendragon Verlag hat - rechtzeitig zu Cranes 150. Geburtstag - eine Sammlung von zwölf Short Stories dieses bemerkenswerten Autors veröffentlicht.

Der US-Amerikaner Stephen Crane war Journalist und Kriegsberichterstatter, aber auch Abenteurer und Bohemien, bevor er mit nur 28 Jahren als Tuberkulose-Patient im deutschen Badenweiler verstarb. Crane wurde bereits zu Lebzeiten von der Kritik gefeiert, geriet nach seinem Tod jedoch zunächst überwiegend in Vergessenheit, auch wenn Ernest Hemingway von seinem Werk sehr angetan war. Crane wird erst in den 1950er Jahren in größerem Stil literarisch wiederentdeckt, inzwischen hat ihm das Literarische Museum Badenweiler einen Salon gewidmet.

Die in der vorliegenden Sammlung vereinten Geschichten wirken auf mich überraschend modern und aktuell. Es gibt humorvoll-ironische, teils slapstick-artige Szenen, und Cranes Stil zeichnet sich immer wieder durch sehr stimmungsvolle Farbbeschreibungen aus, die stark durch den Impressionismus beeinflusst sind. Es gibt einige Perlen unter den vorgestellten Geschichten, aber auch solche, die ich eher als literarische Fingerübung einordnen möchte. Dann wiederum legt der Autor enormes psychologisches Gespür und feine Beobachtungsgabe an den Tag, auch Sozialkritik findet sich zwischen den Zeilen. Crane stellt große Moralfragen, aber ohne erhobenen Zeigefinger.

Etwas schwierig finde ich seine Positionierung zum Krieg, hier finde ich keine eindeutige Haltung des Autors. Einerseits beschreibt er die Sinnlosigkeit von Kampfhandlungen, andererseits ist er auch immer wieder fasziniert vom Krieg, Crane bleibt hier ambivalent. Schade finde ich die weitgehende Abwesenheit von Frauenfiguren, das weibliche Geschlecht kommt (fast) nur in Nebenrollen oder gar nicht vor.

Eine weitere Kritik gilt der Übersetzung, hier nur ein Beispiel: "Holy Cheese" mit der wörtlichen Translation zu "Heiliger Käse" wiederzugeben zeugt von wenig Sprachgefühl, passender wären im Deutschen "Heiliger Bimbam" oder "Heiliger Strohsack".

Sehr hilfreich war für mich das Nachwort des Herausgebers, das neben Cranes Vita auch wichtige historische Einordnungen der Geschichten vornimmt. Letztere hätte ich mir noch ein wenig ausführlicher und vor allem bereits als Fußnoten zu den jeweiligen Textstellen gewünscht, nicht jedem dürften Details des kubanischen Unabhängigkeitskrieges präsent sein.

Fazit: Ich bereue es keinesfalls, mit diesem Band einen der "Wegbereiter der amerikanischen Moderne" kennengelernt zu haben, aber insgesamt sind mir die Sujets zu männer- und kriegslastig.

Bewertung vom 19.10.2021
Meine glutenfreien Kuchen und Torten
Gruber, Tanja

Meine glutenfreien Kuchen und Torten


gut

Was zeichnet ein gutes Backbuch aus? In meinen Augen sind es vor allem zwei Faktoren: Zum einen möchte ich aus vielen, möglichst unterschiedlichen Rezepten auswählen können, und die Backwaren müssen mir schmecken. Zum anderen muss das Buch praxistauglich sein, d.h. ich lege Wert auf eine ansprechende Optik, ich möchte schnell erkennen können, welche Zutaten und Küchengeräte ich brauche und wie lange die Zubereitung dauert.

Glutenfrei-Foodbloggerin und Autorin Tanja Gruber konnte mich mit ihrem neuesten Backbuch leider nur in Sachen Geschmack und Vielfalt sowie den ansprechenden Fotos überzeugen. Die vorgestellten 28 Torten und 23 Kuchen sind wirklich sehr unterschiedlich. Man kann sich mit Torten durch die vier Jahreszeiten backen, findet aber ebenso Torten für besondere Anlässe wie zu Ostern oder zum Muttertag. Schnelle (und dennoch schmackhafte) Kuchen sind mit nur vier Rezepten dagegen etwas unterrepräsentiert, dafür sind einige wirklich kreative Kuchen enthalten, die der Blickfang auf jeder Kaffeetafel sein dürften, z.B. die dekorativen Himbeer-Butterkeks-Schnitten oder der Mohn-Rosenkuchen. Eigentlich bin ich kein großer Tortenfan, aber die Feigen-Walnuss-Torte bringt mich zum Schwärmen, sie ist gleichermaßen eine unvergessliche Augenweide wie eine wahre Geschmacksexplosion verschiedener Aromen.

Wieso nun trotzdem nur eine mittlere Bewertung? Nun, die Rezepte sind leider sehr unübersichtlich geraten. In den Zutatenlisten sind diverse Ersatzprodukte (bei Unverträglichkeiten) aufgeführt. Dagegen ist an sich ja nichts einzuwenden, im Gegenteil. Doch ist die Autorin hier übers Ziel hinausgeschossen. Statt einfach im Anhang eine Tabelle mit veganen Sahnealternativen, lactosefreier Milch etc. anzugeben, sind in fast jedem Rezept diverse Alternativen aufgeführt. Dies hat zur Folge, dass die Zutatenliste ausufernd lang und unübersichtlich wird. Zudem stört es mich , dass Zubereitungs- und Backzeiten im Text versteckt sind und nicht noch eigens gut ersichtlich angegeben sind. Schade.

Sehr gut gelungen sind hingegen die Grundrezepte, vom Mürbeteig bis hin zum Quark-Öl-Teig. Auch mit hilfreichen Praxistipps punktet das Buch, etwa zum Belegen eines Tortenrands anhand einer aufgeschnittenen Zitrone, die man abwechselnd in Schokostreusel und an den Rand drückt, das klappt super!

Ich hatte gehofft, mehr zu eigenen glutenfreien Mehl-Mischungen zu finden. Diese werden erst im Anhang und auch nur sehr knapp erklärt. Um helles Weizenmehl durch eine "helle glutenfreie Mehlmischung" zu ersetzen bräuchte ich jedoch ehrlich gesagt kein eigenes Backbuch. Aber da die Autorin ja auch eigene Backmischungen vertreibt, wollte sie diese vielleicht auch etwas promoten ... Gut ist hingegen der Theorieteil, indem Zöliakie knapp und dennoch gut verständlich erklärt wird. Auch für die Hinweise, wie ein glutenfreier Arbeitsplatz in der Küche gestaltet werden muss, bin ich sehr dankbar.

Fazit: Tolle Rezepte, die geschmacklich hervorragend sind, aber vor dem Einkauf und bei der Zubereitung muss man schon sehr genau lesen.

Bewertung vom 18.10.2021
Labyrinth München
Schwab, Axel

Labyrinth München


ausgezeichnet

Autor und Wahlmünchner Axel Schwab kennt die bayerische Landeshauptstadt seit 25 Jahren - lang genug, um einen profunden Reiseführer über die Isarmetropole zu schreiben.

Auf ausführliche Hintergrundinfos zur Historie Münchens verzichtet er, die kann sich der interessierte Leser jedoch online besorgen, einschlägige Websites sind an entsprechender Stelle im Buch genannt. Dafür bietet die optisch sehr angsprechende Klappenbroschur 30 geografisch sortierte Spaziergänge in und um München, vom Zentrum bis ins nähere Umland.

Noch vor den Touren finden sich die persönlichen "Best-of"-Listen Schwabs: Cafés, Restaurants, besondere Läden, Museen und - Instagrammer aufgemerkt - attraktive Fotospots. Bei den Tipps ist eine gewisse Vorliebe für Japanisches erkennbar, was zunächst überraschen mag, nicht jedoch, wenn man weiß, dass der Autor regelmäßig in Nippon weilt.

Die Spaziergänge selbst sind sehr gelungen, auf einen Blick erfährt man alles Nötige: Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Öffnungszeiten, Preise etc. Die wirklich zahlreichen Fotos machen Lust, sich gleich "auf die Socken zu machen", und Stadtplan-Ausschnitte bieten dafür hilfreiche Orientierung.

Überhaupt ist das die große Stärke dieses Reiseführers. Er nimmt dem Leser weitgehend zeitaufwendige Planungen ab. Man kann einfach im Buch blättern, überlegen worauf man am meisten Lust hat - und los geht´s! Wer nicht in München lebt und somit nur begrenzte Zeit für seine Entdeckungen hat, schaut am besten in den Anhang. Hier sind praktische Tabellen, die je zwei Touren pro Tag vorschlagen, und zwar so, dass die jeweiligen Sehenswürdigkeiten an diesem Wochentag auch geöffnet sind. Ebenso gibt eine Aufstellung nach Themen und Wochentagen Orientierung.

Ich selbst kenne München seit Jahrzehnten, habe lange dort gelebt, und dennoch hat mich dieses bunte Potpourri an Spaziergängen auf neue Pfade und an etliche mir bis dato unbekannte, wundervolle Orte geführt.

Fazit: Ein topaktueller Münchenführer, eine 1-A-Planungshilfe mit großartigem Preis-Leistungs-Verhältnis! Außerdem vergebe ich ein persönliches Gütesiegel, denn ich habe mich nicht verlaufen (und das will durchaus etwas heißen ...).

Bewertung vom 12.10.2021
Simple & Clever Cooking
Paul, Stevan

Simple & Clever Cooking


ausgezeichnet

Das Cover kommt extrem schlicht und für ein Kochbuch eher untypisch daher: kein Hochglanzfoto eines stundenlang von Foodstylisten geschönten Gerichts, sondern lediglich zwei Hintergrundfarben und der schwarze, senkrechte Titel. Doch die Farben sind in der Kombination ungewöhnlich und werden dadurch zum Eye-Catcher, simple und clever eben, wie es der Untertitel ankündigt. Und der Inhalt hält, was das Cover verspricht:

Gleich zu Beginn überrascht Autor Stevan Paul mit gleichermaßen einfachen wie geschmacklich überzeugenden "Mini-Rezepten" zu zehn verschiedenen Gemüsen. Und auch im umfangreichen Hauptteil sind die "richtigen" Rezepte nie kompliziert oder aufwändig zuzubereiten. Paul hält den Ball flach, kommt mit einer Handvoll Zutaten und Aromen aus, und auch die Zubereitung verlangt den Hobbyköchen kein sonderliches Geschick ab.

Dabei könnte der Koch und Foodjournalist auch anders. Anfang der 1990er Jahre stand Stevan Paul in mehreren Sternerestaurants am Herd. Nun aber bringt er die Einfachheit in die deutschen Küchen, und dies mit Erfolg. Paul versteht Kochen mehr als Handwerk denn als verschwurbelte Kunst. Die Rezepte sollen keine Anleitung sein, an die man sich penibel zu halten hat, sondern der Autor möchte sie vielmehr als Vorschläge verstanden wissen. Jeder und jede ist dazu aufgerufen, die Gerichte nach eigenen Vorlieben abzuwandeln. Das Buch liefert dazu das nötige Grundgerüst, sozusagen einen Baukasten, aus dem man sich bedienen kann, weil klar ist, was gut zusammen passt.

Die Rezepte, die ich bislang versucht habe, konnten mich allesamt begeistern. Da wird ein Tortilla-Fladen kurzerhand zum Blitz-Flammkuchen umfunktioniert, Belag nach Wahl, ab in den Ofen - fertig! Oder Rührei: Mein erster Gedanke war "Kann man so etwas Banales noch großartig verbessern?" Meine Antwort ist ein klares JA. Geriebener Käse, das Ei nur leicht in Schlieren ziehen, beim Braten vorsichtig schieben und zum Schluss mit Tomatenwürfeln toppen - ein Traum! Aber auch Ausgefalleneres findet sich, zum Beispiel gekochte Eier, die in Soja-Soße mariniert und in Kresse und Sesam gewälzt werden. Eine Vorspeise, die eine wahre Augenweide ist.

Die modernen Fotos von Vivi D`Angelo sind herrlich unaufgeregt, etwa wenn der Veggie-Mushroom-Cheesburger schlicht auf weißem Teller auf der Couch steht, eben ganz so, wie es auch auf dem heimischen Sitzmöbel sein könnte. Das vermittelt ein beruhigendes Gefühl von "so bekomme ich das auch hin".

Außerdem punktet das Kochbuch auch mit Tipps für die nötige Grundausstattung in der Küche sowie zu sinnvoller Vorratshaltung. Zusammen mit Rezeptideen für Resteverwertung (neudeutsch: Leftoverküche) ist dies ein zeitgemäßer Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Übrigens: Dass die Gerichte komplett ohne Fleisch auskommen, habe ich erst nach ein paar Wochen gemerkt, man vermisst es gar nicht! Ein rundum gelungenes Werk, für Anfänger wie fortgeschrittene Hobbyköche sehr zu empfehlen!

Bewertung vom 11.10.2021
Afrika ist kein Land
McCann, Jennifer;Reisedepeschen

Afrika ist kein Land


sehr gut

Dies ist - nach "Reisedepeschen aus Bolivien und Peru" das zweite Buch der Hannoveraner Biologie-Lehrerin Jennifer MacCann.

Hier erzählt sie von ihren Reisen durch elf zentral- und ostafrikanische Länder, inklusive der beiden Inseln Magadaskar und Sansibar. McCann schreibt kurzweilig und unterhaltsam und räumt mit vielen Klischees auf. Sie entlarvt schonungslos ehrlich, wie ihr Wissen über den zweitgrößten Kontinent durch postkoloniale Sichtweisen geprägt wurde. Die Autorin hinterfragt ihr egoistisches Verhalten als Afrikatouristin, etwa wenn sie sich beim Aufstieg auf den Kilimandscharo erst im Nachhinein um die äußerst mangelhafte Ausrüstung ihrer Träger Gedanken macht. Diese ungeschönten Reflexionen sind einerseits eine Stärke dieses Buchs. Andererseits geht mir McCann hier nicht weit genug, sie bleibt quasi auf halber Strecke stehen: Zwar hält sie sich (und letztlich auch vielen Leser*innen) den Spiegel vor und benennt klar einige Probleme, die Tourismus verursachen kann, etwa wenn es um Naturschutz versus Armutsbekämpfung geht. Doch leider bleibt es beim Benennen des Status quo, Lösungsvorschläge sucht man vergeblich, hier bleibt die Autorin vage oder Antworten fehlen völlig.

Hingegen gelingt es ihr hervorragend, historische und kulturelle Hintergrundinfos kurz und prägnant zusammenzufassen.

Auch optisch punktet das liebevoll gestaltete Hardcover. Zuvorderst mit dem ungewöhnlich gestalteten Cover; die Ländergrenzen sind eingeprägt, so dass der Buchdeckel an ein Puzzle erinnert. Innen geben eine geografische Übersichtskarte mit den bereisten Ländern und ein Lesebändchen Orientierung, und die modernen Farbillustrationen von Johannes Klaus sind eine Augenweide. Auf Fotos hat McCann diesmal leider verzichtet.

Dennoch eine empfehlenswerte Lektüre für alle Afrika-Touristen und solche, die es noch werden wollen. Oder auch einfach für diejenigen, die ihr Bild von Afrika auf den Prüfstand stellen wollen.