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Bewertungen
Insgesamt 452 BewertungenBewertung vom 28.08.2022 | ||
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Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit. "Die dunkle Leidenschaft" von Reinhard Haller, österreichischer Psychiater, Psychotherapeut und forensisch-psychiatrischer Gerichtsgutachter hat ein umfassendes und gut lesbares Werk zu einem Thema verfasst, welchem sicher schon in der gesamten Menschheitsgeschichte eine große Bedeutung zugeschrieben werden kann (der Brudermord bei Kain und Abel), welches eine kulturspezifische Ausformung beitzt (der Ehrenmord), sich in unterschiedlichen Kontexten äußert (das Mobbing im Arbeitskontext) und sich in und damit auch zwischen Individuen ereignet, weil sich ja bekanntlich der eigene ungelöste innere Konflikt oft genug auf der Bühne des Zwischenmenschlichen ereignet (der Hass hat seine eigene, zuweilen dem Neid und der Eifersucht geschuldete Psychodynamik, ist das Resultat von Kränkungen und Ent-Täuschungen, oft auf der Basis eines instabilen Selbstwertgefühls). Neben einer sehr umfassenden Beschreibung der unterschiedlichen Hassphänomene, seinen Quellen und Ursachen, einer Präsentation der Erkenntnisse aus Philosophie, Psychologie, Hirnforschung und Soziologie, bietet Haller am Ende des Buches Löungsansätze sowohl für die individuelle wie auch für die gesellschaftliche Ebene. "Die dunkle Leidenschaft" ist eine wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig bestens lesbare Pflichtlektüre! |
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Bewertung vom 26.08.2022 | ||
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Wenige Seiten, aber mit Tiefgang. Hat ein Autor einmal ein richtig erfolgreiches Buch geschrieben, dann schauen Verlage ja bekanntlich gerne nach älteren Texten, die man dann zeitnah veröffentlichen kann, in der Hoffnung an den vorangegangenen Erfolg anknüpfen zu können. Das gelingt nicht immer. Mit Hervé Le Tellier's neuer Geschichte (Novelle) "Ich verliebe mich so leicht" - erstmals erschienen in 2007 - ist es aber gelungen. Über gerade einmal 113 Seiten hinweg wird eine etwas andere Geschichte erzählt, die verdeutlicht, "dass Verrücktheiten die einzigen Dinge sind, die man niemals bereut." Es ist die Geschichte eines "amourösen Schiffbruchs". Was tut man nicht alles, wenn man verliebt ist: "Unser Held" (der namenlos bleibt) hat sich in eine 20 Jahre jüngere Frau verliebt und reist ihr spontan mit dem Flugzeug von Paris in ihre Heimat Schottland hinterher, um sie dort zu treffen und der Liebe eine Gestalt zu geben; leider ist die Angebetete, die 'unserem Helden' wohl auch als Jungbrunnen soll, bereits in einer Partnerschaft. Und natürlich kommt sowieso alles anders als erwartet, sonst würde es sich ja nicht um einen 'amourösen Schiffbruch' handeln. Das Besondere an der Geschichte ist die Art wie sie erzählt ist: Wie in einem Film für Hör- und/oder Sehbeeinträchtigte Menschen - als ein die Bilder begleitender Audiokommentar ergänzt durch Untertitel. Und die besondere Fähigkeit des Autors liegt in der Beschreibung von Nuancen des Fühlens und des Reflektierens: "Unser Held lässt sich nach und nach von der Melancholie unterkriegen, von Ängsten überwältigen. Er fürchtet plötzlich, dass mit ihr nichts jemals gewonnen ist. Dass sie jederzeit sein Leben verlassen kann, dass sie ihn seinem Schicksal als demnächst alter Mann überlassen wird, dem sie ein Leben mit Zukunft vorzieht. Wie will er ihr das zum Vorwurf machen? Ihr gehört die Welt, unser Held fühlt sich wie auf Bewährung. Sie ist dreißig Jahre alt, also fast noch zwanzig. Er fünfzig, da kann man auch gleich sechzig sagen. Wenn er diese morbide Logik umkehren würde, hätten sie beide dasselbe Alter, aber jetzt ist nicht der Augenblick für Optimismus." Und klug ist es zudem "..., dass die Jugend, die absichtslos verführerisch ist, nicht immer aufs Verführen aus ist. Das reife Alter verschwendet von morgens bis abends all seine Kraft darauf." Ein viel zu schmales Bändchen - da hätte man gerne mehr! Aber manchmal ist weniger halt mehr!!! |
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Bewertung vom 21.08.2022 | ||
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Stückwerk. Schade - ich hatte mir viel von Theresia Enzensbergers neuem Roman "Auf See" versprochen. Auch der Klappentext klingt eigentlich sehr vielversprechend! Was ich erwartet habe: Die Utopie von neuen Gemeinschaftsformen als Alternative zum weltvernichtenden Turbokapitalismus; Deutschland in der nahen Zukunft; Zusammenleben auf einer künstlichen Insel im Meer, die sich selbst versorgt; eine linkslibertär-ökologische Idee, die sich an einer spannenden Romanhandlung entwickelt; innere Konflikte der Figuren; Streit der Ideologien. Und genau das habe ich nur ansatzweise erlesen können... Da ist Yada, abgeschottet auf der Seestatt lebend, Vater Nicholas und seine Gefolgschaft, die die Idee einer unabhängigen Seestatt realisiert haben, Yadas Mutter, angeblich erkrankt und auf dem Festland verblieben... Und dann Yadas Zweifel, wie es um die Welt außerhalb der Seestatt stehen mag, ihre Flucht aus der vollversorgten Isolation aufs Festland nach Berlin, dort ihre Mutter suchend und die 'Lügen' ihres Vaters offenbarend, schließlich beteiligt an einem 'Wohnprojekt' im Berliner Tiergarten. Die Erzählperspektiven wechseln in einer nicht immer nachvollziehbaren, der Handlung dienlichen Weise. Schade! Als Entwurf sicher großartig, in der Umsetzung aber weniger. |
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Bewertung vom 19.08.2022 | ||
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Na ja. "Fischers Frau" von Karin Kalisa ist Geschmacksache. Die Autorin bleibt über 250 Seiten hinweg konsequent der 'Teppich-Idee' treu - so wie die Fäden eines Teppichs miteinander verknüpft sind, so sind auch die Lebensgeschichten zweier Frauen miteinander verknüpft (siehe Buchcover); da ist das Auftauchen eines ungewöhnlichen Teppichs, der bei der Kuratorin Mia Sund landet und die es zu ihrer Mission macht, die Herkunft und Geschichte dieses Teppichs zu ergründen; dabei erfahren wir im ersten Teil auch die Lebensgeschichte von Mia Sund (Orts- und Namenswechsel); im zweiten Teil - auf Mia Sunds 'Forschungsreise' kommt sie der Teppichknüpferin auf die Spur (Orts- und Namenswechsel); im dritten Teil schließlich ändert sich die Perspektive und die Kuratorin schreibt die wechselvolle Geschichte der Teppichknüpferin und des Teppichs nieder. Es gibt schon sehr poetische Passagen, wo die während des Fangverbotes arbeitslosen Fischer nun Teppiche Knüpfen und dabei Geschichten erzählen ('Seemannsgarn spinnen'), Geschichten, die nicht nur Farbe ins triste Leben bringen sollen, sondern selbstverständlich auch in Teppichen verwoben werden; und neben dem hellen Faden läuft (im Leben) immer auch ein dunkler mit... Und so ist auch das Buch wie ein aus verschiedenen Erzählfäden gewobener Teppich... Die sehr ausführlichen Beschreibungen (Farben, Materialien...) machen einen Großteil des Romans aus, was ein wenig auf Kosten der Handlung geht und es insgesamt ein wenig zähfließend macht. |
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Bewertung vom 19.08.2022 | ||
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Intimitäten? Der Titel des Romans "Intimitäten" war mir zunächst ei Rätsel. Es geht schon auch um Beziehung, so lernt die Ich-Erzählerin nach ihrem Umzug von New York nach Den Haag - um dort am Internationalen Gerichtshof als Dolmetscherin zu arbeiten - zwar Adriaan kennen und auch lieben... aber für den Großteil der Geschichte ist Adriaan abwesend, nämlich für Wochen verreist nach Portugal, um dort mit seiner Frau die Trennung zu besprechen. Also muss es andere Formen von Intimität geben. Und da sind die übergriffigen Männer - der wegen seiner Verbrechen an die Menschheit angeklagte, afrikanische Staatspräsident und sein Stafverteidiger, die der Erzählerin mit Blicken und Manipulationsversuchen zu nahe kommen; da ist aber vor allem der intime Einblick in die Erlebenswelt der Erzählerin, mit ihrer Sehnsucht nach dem sicheren Hafen, einer Heimat in sich selbst und in der zwischenmenschlichen Beziehung ("Jede Form von Sicherheit kann sich völlig unvermittelt in Luft auflösen."), mit ihrem Bedürfnis, die Weltgeschehnisse zu begreifen und sich die Frage beantworten zu können, ob sie selbst für diese Welt (ihren Job) geeignet sei: "Ich versuchte schon lange, die Dinge in Beziehung zu setzen, ein großes Ganzes zu erkennen." Die Ich-Erzählerin bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Weltpolitik und Privatem, Gewalt, Macht und Manipulation und der Banalität des Alltags. Genau dieses Spannungsfeld schärft die Wahrnehmung der Erzählerin und lässt sie zweifeln: "... um in dieser Welt bestehen zu können, müssen wir vergessen und tun es auch, wir leben in einem Zustand des 'Ich weiß es, aber ich weiß es nicht'." |
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Bewertung vom 17.08.2022 | ||
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Ein berührend wichtiges Buch. Die Bücher von Sabine Bode (z.B. "Kriegskinder", "Kriegsenkel") haben uns aufmerksam werden lassen, wie traumatische Erlebnisse der Kriegsgeneration in die nachfolgenden Generationen nicht nur hineinwirken, sondern sich auch auswirken; wie das nicht Be-, geschweige denn Verarbeitete sich auf das Fühlen und Handeln der Kinder und deren Kinder ausgewirkt hat. Wie sich hinter der Mauer des Schweigens die traumatischen Erinnerungen eingenistet und über Tugenden wie Disziplin und Arbeit in Schach gehalten werden mussten. Wie man aufpassen musste, sich nicht seinen Emotionen hinzugeben, weil sonst zu befürchten war, dass die Dämme brechen und schreckliche Erinnerungen die 'schwach gewordene Person' überfluten würden. Und immer wenn negative Emotionen in Schach gehalten werden müssen, dann werden als Nebeneffekt auch die positiven unterdrückt. Alles wird zum Schweigen gebracht... und die Kinder verstehen sehr schnell, keine Fragen zu stellen! Und das Schweigen, die Zurückhaltung der Emotionen durch die Traumatisierten hat sich natürlich in die Atmosphären der Familien niedergelegt. Und nun hat Susanne Benda einen literarischen Versuch unternommen, basierend auf ihrer eigenen Familiengeschichte, diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Und dieser Versuch ist gelungen! Und zwar in einer derart intensiven Art, dass mir meine eigene Familiengeschichte mit all dem Verschwiegenen mit hoher emotionaler Intensität ins Bewusstsein gerückt ist. Im ersten Teil sind wir Zeugen der Flucht aus Tschechien, der Todesmarsch der Heimatvertriebenen Deutschen aus Brünn in Richtung Wien im Mai 1945. Im zweiten Teil erfahren wir die Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen. Im dritten Teil schließlich machen die Kriegsenkel-Geschwister Maria und Uli eine Reise zur Fluchtstrecke; offen bleibt, ob das in den Vorgängergenerationen erlebte Leid jemals wird verarbeitet werden können; klar ist aber auch, dass Schweigen kein Weg ist. Ein berührend wichtiges Buch. |
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Bewertung vom 16.08.2022 | ||
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Surreal. Stefanie von Schultes zweiter Roman irritiert, weil er ein wenig verrückt ist. Er verrückt im wahrsten Sinne des Wortes unsere Wahrnehmung, lädt uns dazu ein, eine völlig neue Sichtweise auf die Dinge einzunehmen, verfremdet die uns vertraute (Wahrnehmuns-) Welt; ein Stilmittel der Autorin, welches wir bereits aus ihrem Erstling kennen, welches das schnelle 'Begreifen' der Geschichte zwar nicht erleichtert, auf der anderen Seite aber auch ziemlich fasziniert. "Adam umfasst Michas Schultern. Tastet ihn ab. Ist er noch heil. Außen scheinbar unversehrt, aber innen, Er weiß genau, dort müsste er schauen, aber wie soll es ihm gelingen." Was für uns in unserer Welt eine Frage wäre, präsentiert die Autorin nicht als eine solche. Dafür erleben wir, wie eben dieser Adam in die Tüten einer Stadtstreicherin eintaucht, in denen sich eine andere Welt offenbart - die der verstorbenen Johanne, seiner Ehefrau und Mutter von Micha, Linne und Steve. Die Geschichte in "Schlangen im Garten" ist die Beschreibung der Zeit nach einem Verlust, die Beschreibung einer - aus unserer gewohnten Perspektive - ganz anderen Art, mit der Trauer umzugehen. Und die Nachbarn beobachten die Familie Mohn mit Sorgfalt, um zu kontrollieren, ob sie auch 'richtig' Trauerarbeit leistet. Und hiezu werden auch Trauerbeamte eingesetz: "Trauerbeamter zu sein bedeutet vor allem, die Dinge im Fluss zu halten. Verschleppte Trauerarbeit wieder in Gang zu setzen. Wer beim Trauern auffällt, richtet gesellschaftlichen Schaden an. Es macht Ärger, wenn einer seine Arbeit aufgibt, wie Adam es getan hat. Wenn Studenten ein Semester aussetzen wie Steve. Wenn Kinder aus der Reihe tanzen, wie diese Kinder. Es gilt, das Sterben generell fernzuhalten, denn sonst wird nicht mehr richtig gelebt und konsumiert." Und in der Tat - Familie Mohn trauert anders, fast schon in einer Parallewelt, angefüllt mit Magie; da haben Taschen eine Namen, da werden die Tagebuchseiten der Verstorbenen nach und nach verspeist (Erinnerungen einverleibt); man begibt sich mit einem imaginieren Boot (der umgedrehte Küchentisch) in eine andere Welt und die Welt konstruiert sich über Geschichten, die an Bäumen wachsen und Erinnerungen wollen erzählt werden, nur so können sie auch 'verwurzeln'... In der Tat - Verlust und Trauer erschüttern die vertraute Welt, nichts ist mehr, wie es vorher war! Und Stefanie von Schulte gelingt die literarische Umsetzung hierzu!! Hervorragend!!! |
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Bewertung vom 14.08.2022 | ||
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Gute Anleitung. |
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Bewertung vom 14.08.2022 | ||
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Das letzte Grab / Carla Winter Bd.1 Optimal komponiert. |
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Bewertung vom 09.08.2022 | ||
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Spannend! |
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