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Buchstabenfestival
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Bücher, Bücher, Bücher...viele Träume und Geschichten, die einem atemlos, traurig, fröhlich oder nachdenklich machen. Sie sind gute und geduldige Begleiter durch das Leben und schaffen Platz für Kreativität und Ruhe. https://buchstabenfestival.blogspot.com/
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Bewertungen

Insgesamt 807 Bewertungen
Bewertung vom 20.01.2021
Mein Leben in drei Kisten
Weiss, Anne

Mein Leben in drei Kisten


ausgezeichnet

Gleich zuerst, um falsche Vorstellungen zu beseitigen. Es ist kein Ratgeber, sondern das Leben in und mit Worten von Anne Weiss. Sie hat sich entschieden ihren Krempel loszulassen und ihr Leben neu zu strukturieren und aufzubauen. Dabei hat sie es in verschiedene Kapitel eingeteilt und ab und an, fügt sie für den Leser:in eine einfache und leicht nachvollziehbare Liste ein, um zum Nachdenken, Reflektieren und Loslegen anzuregen.

In erster Linie erzählt sie jedoch aus ihrem Leben und wie sie aus dem vielzitierten Hamsterrad ausbricht und nun nur noch Projekte verfolgt, die sie wirklich will. In einigen Passagen konnte ich mich wiederfinden und Parallelen entdecken. Andere Begebenheiten hätte ich nie zugelassen oder akzeptiert. Aber vieles, von dem, was sie beschrieben hat, konnte ich nachvollziehen und fand es doch mutig diesen Schritt zu wagen. Raus aus dem festen Job und der bekannten und liebgewonnenen Stadt und rein in eine neue Stadt und in die unsichere Selbständigkeit. Zwischendurch kommen ihr immer wieder Zweifel und ein paar frustierende Rückschläge, aber sie behält ihr Ziel im Auge.

Anne Weiss nimmt den Leser:in mit und durch ihren leichten und gut zu lesenden Schreibstil rutscht man gut durch das Buch. Für Menschen, die auch gern etwas Ändern wollen, aber nicht wissen wie, kann es hilfreich sein, zu lesen, wie es die Autorin angegangen ist. Für fortgeschrittene Minimalisten wird das Buch wahrscheinlich keine Neuigkeiten bereithalten.

Ich fand es unterhaltsam, interessant und ein paar kleine Anregungen, um weiterzumachen und dranzubleiben, habe ich auch gefunden.

Bewertung vom 27.12.2020
Middle England
Coe, Jonathan

Middle England


sehr gut

Der Brexit ist gerade wieder in aller Munde und noch immer weiß man nicht, was wird passieren in den nächsten Jahren? Welche Probleme kommen noch hinzu? Ist die Bevölkerung wirklich mit dem Brexit einverstanden? Es bleibt spannend.

Wer noch einmal nachlesen möchte, wie es begann, aber auf das Wälzen von Zeitungen und auf das Sachbuch nicht zurückgreifen will, nimmt das Buch von Jonathan Coe. Hier bekommt man eine feine Satire auf die britische Gesellschaft. Coe lässt nicht nur die Politik und die Presse über das Referendum diskutieren, sondern bohrt seine Finger auch in die anderen Wunden. Rebellion der Jugend, Rassismus, Aggressionen gegen alles, was anderer Meinung ist. Und immer stellt sich die Frage: Wie weit darf man gehen?

Der Ausbruch, der Umbruch und die Veränderungen werden von Jonathan Coe anhand verschiedener Familien bzw. Personen beschrieben. Er erzählt deren Geschichte, die sich mit den verschiedenen Themen auseinandersetzen müssen. Im Laufe des Buches werden ihre Leben auf interessante Art und Weise miteinander verknüpft. Der britische Humor springt dem Lesenden auf fast jeder Seite entgegen. Man sollte sich einfach darauf einlassen und die kleinen bösen Seitenhiebe aufnehmen. Vieles wird deutlicher, klarer und erschreckender, wenn man die Hintergründe etwas kennt. Einiges reißt der Autor nur an und überlässt es dem Lesenden, sind weiter darüber zu informieren, aber der Stachel ist gesetzt.

Ich habe mich sehr gut amüsiert, manches Mal herzlich gelacht, oft den Kopf geschüttelt und gestaunt. Das wird nicht mein letztes Buch von Jonathan Coe sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.12.2020
Hotel Savoy
Flohr, Karsten

Hotel Savoy


sehr gut

Ich mag diese Coverbilder nicht, obwohl dieses sich schon von den gängigen Covern, Frauen mit Rücken zum Leser vor Gebäude, abweicht. Aus meiner Sicht suggeriert das Cover einen anderen Inhalt als der Leser:in dann darin finden wird.

Josephine lebt auf dem Land bei ihrer Tante und den Heidschnucken und hat so den zweiten Weltkrieg überlebt. Doch dann kommt ein Brief aus Hamburg, dass sie nun mit 21 Jahren die Erbin des Hotel Savoy sein wird. Sie reist nach Hamburg und stellt sich ihren Erinnerungen, ihren Ängsten und vor allem der Vergangenheit.

Karsten Flohr blättert ganz langsam die verkrusteten Schichten ab und lässt so die Machenschaften der Nazis wieder sichtbar werden. Er zeigt, wie und wo (hohe Ämter) sich die Mitläufer:innen und die Täter:innen in der noch jungen BRD eingerichtet. Aber nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land ist viel Unrecht geschehen, wo die Menschen, auch vor Angst, weggeschaut haben. Josephine will diesen Zustand nicht akzeptieren. Sie will erfahren, wo ihr Vater und ihre Mutter geblieben sind und wer ihr Leben zerstört hat.

Es geht vordergründig um die Aufarbeitung der Vergangenheit und weniger um das Hotelleben, um den Glanz und die Prominenz, sondern um die Menschen im Hotel. Der Autor beschreibt vieles recht sachlich, manchmal schon fast zu nüchtern, aber trotzdem spürt man die Wut, die Trauer und die Zuneigung der Charaktere.

Und natürlich muss auch in diesem Buch die Hoffnung bleiben und auch das Gute darf gewinnen.

Bewertung vom 19.12.2020
Memoiren und Falschinformationen
Carrey, Jim

Memoiren und Falschinformationen


gut

Dieses Buch lässt mich gerade etwas ratlos zurück. Was war das denn? Ich wusste zwar, dass Jim Carrey keine Biografie abliefern wird, aber mit diesem Ergebnis habe ich zugegebenermaßen auch nicht gerechnet.

Ich schätze den Schauspieler Jim Carrey (gerade in den ernsteren Rollen fand ich ihn gut) und er hat ja schon früher oft erwähnt, dass er sich in Hollywood unwohl und unterschätzt fühlt. Er kann mehr als er zeigen darf. Er ist abonniert auf den Komiker und Spaßmacher stets und ständig und zu jeder Zeit. Kräftezehrend.

In dem Roman wird dies auch beschrieben, aber nur zwischen den Zeilen und in einer sehr wirren Geschichte. Ich fand mich nur schwer in der Geschichte zurecht und dieses ständige hin und her löste bei mir wenig Lesefreude aus. Auch wusste man nie, was nun real und was fiktiv war. Die Personen schwirrten durch das Buch, dass man kaum hinterher kam. Der Schreibstil und die Sprache bzw. die Wortwahl waren gewöhnungsbedürftig und für mich recht ermüdend. Einzig sein Humor, seine Spitzen gegen Hollywood und die kleinen privaten (die man erkannte) Anekdoten sorgten dafür, dass ich das Buch gelesen habe.

Ein Vergnügen war es aber nicht und ich ziehe eindeutig eine reale Biografie vor.

Bewertung vom 09.12.2020
Ziemlich hitzige Zeiten / Die Freundinnen vom Chiemsee Bd.1
Schwarzhuber, Angelika

Ziemlich hitzige Zeiten / Die Freundinnen vom Chiemsee Bd.1


gut

Herrlich gelacht, oft geschmunzelt, manchmal mit den Augen gerollt und den Kopf geschüttelt.

Es war in dieser Geschichte alles dabei. Die ersten Seiten der Geschichte waren sehr unterhaltsam. Die Nahtoderfahrung der Hauptfigur Anna bei der gemeinsamen Autofahrt mit der Tochter (die Tochter fährt nach bestandener Führerscheinprüfung) hat bei mir einige Erinnerungen wachgerufen. Angelika Schwarzhuber kann ihre Charaktere so gut beschrieben, dass man direkt ein Bild im Kopf hat und sich auch schnell in der Geschichte zurechtfindet.

Sie verbindet eine gute Alltagsgeschichte mit Humor und typischen Klischees für Frauen von 40+. Sie lässt sie häufig in Fettnäpfchen (manchmal etwas überzogen) treten, gönnt ihnen aber auch die langersehnte Romantik, das kleine Abenteuer und die Bestätigung, die sie brauchen. Der Weg zum großen Glück ist lang und manchmal auch etwas langatmig und mit zu vielen gewollten Zwischenfällen. Trotzdem wird man von dieser leichten und herzlichen Geschichte gut unterhalten, da die Charaktere nahbar sind. Jeder wird wohl eine Figur finden, die er/sie besonders mag, der man das Glück und die Liebe gönnt. Es gibt (wie so oft) die Freundinnenclique, die eine große Rolle spielt und die Männer, die eine noch größere Rolle spielen.

Die Wirrungen und Irrungen sind nicht neu oder überraschend, aber gut in die Geschichte eingebaut und somit kann man ganz entspannt durch dieses Buch gleiten, den Frauen folgen und dabei einen schönen Tee oder Sekt trinken. Es ist eine leichte unterhaltsame Geschichte für die dunklen Tage im Jahr.

Bewertung vom 06.12.2020
Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry / Harold Fry Bd.1 (Hörbestseller, 6 Audio-CDs)
Joyce, Rachel

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry / Harold Fry Bd.1 (Hörbestseller, 6 Audio-CDs)


gut

Wer mit Harold reist, muss die Langsamkeit mögen. Er läuft quer durch England, um sich von seiner Kollegin zu verabschieden. Eigentlich will er sie retten - vor dem Tod. Man muss nur fest daran glauben. Beim Laufen erfährt der Zuhörer vieles aus dem Leben von Harold. Viele traurige Stationen aus seinem Leben dringen an die Oberfläche. Die "Flucht" der Mutter vor ihm und seinem Vater, die vielen Momente, wo er versagt hat. Nicht nur beruflich, sondern auch privat. Seine kaputte Ehe mit Maureen und die fehlende Kraft sie zu beenden. Das Fehlen von Liebe, Zuneigung und Vertrauen in fast allen Lebenssituationen, seine Unfähigkeit das Richtige zur richtigen Zeit zu tun.

Ich schwankte immer zwischen Mitleid für Harold und seinem ziemlich bedrückenden Leben und Kopfschütteln über so viel Unfähigkeit, aber irgendwie wollte ich ihn auch bis zum Schluss begleiten. Während seiner Tour wird er eine kleine Berühmtheit, die er nicht sein will und die verschiedensten Menschen folgen und begleiten ihn ein Stück. Nicht immer war es gut für die Geschichte, denn sie schweiften ein wenig ab, aber Harold fand stets wieder den richtigen Weg. Und während er seinen Ballast immer mehr abwirft, wird auch Maureen immer nachdenklicher und fängt an, sich und ihr gemeinsames Leben zu reflektieren.

Der Sprecher Heikko Deutschmann hat mit seiner Stimme Harold so gut herausgearbeitet, dass man seine Langsamkeit und seine Gedanken gut über sieben Stunden ertragen konnte.

Bewertung vom 28.11.2020
Der innere Gegenspieler
Böschemeyer, Uwe

Der innere Gegenspieler


gut

Ich bin bei diesem Buch hin- und hergerissen. Es gab ein paar wenige Passagen, die ich gut fand. Bei diesen Abschnitten konnte ich ein paar Fakten und Anregungen für mich gewinnen. Jedoch waren es zu wenige, um begeistert zu sein und von diesem Buch zu schwärmen.

Denn die vielen anderen Abschnitte konnten mich nicht erreichen. Sie waren mir zu trocken und zu distanziert. Ich fühlte mich nicht abgeholt und mitgenommen. Ich hatte das Gefühl, der Autor hat das Buch für sich geschrieben und wollte seine Theorien und Ansätze einfach mal niederschreiben. Die LeserInnen standen dabei nicht im Mittelpunkt, was ich jedoch bei einem Sachbuch mit diesem Thema erwartet hätte. Die Theorien und therapeutischen Ansätze mögen gut sein, aber die LeserInnen sind in der Regel keine ausgebildeten Therapeuten, die diese Theorien sinnvoll umsetzen können. Für einen Laien waren die sogenannten Tipps und Anregungen zu theoretisch und dadurch leider nicht wirklich greif- und umsetzbar.

Bewertung vom 28.11.2020
Das Geburtstagsfest
Taschler, Judith W.

Das Geburtstagsfest


ausgezeichnet

Ein Buch, welches mich wirklich überrascht hat. Es war fesselnd, traurig und aufwühlend zu gleich. Die Autorin hat einen so guten Schreibstil, dass man sehr schnell in die Geschichte hineingezogen wurde. Die Zeit- und Ortssprünge wurden erleichtert durch die Überschriften, was ich gut fand. Die Geschichte spielt in Österreich im Jahr 2016 und in Kambodscha in den 70er bis 90er Jahre. Erzählt wird die Geschichte von Tevi und Kim, zwei kambodschanischen Kindern, die beide die dunkle Zeit der Roten Khmer überlebt haben.

Kim Mey wird 50 und seine eigenen Kinder haben ihn zum Geburtstag ein Wiedersehen mit Tevi Gardiner geschenkt. Doch statt purer Freude über dieses Wiedersehen erleben sie Angst, Wut und Trauer. Sie erfahren Dinge von ihrem Vater, die sie überraschen und ihn in einem anderen Licht erscheinen lassen. Die Autorin lässt ihre Hauptcharaktere gedanklich wieder in ihre Kindheit zurückgehen. Dabei erleben sie noch einmal die einzelnen Stationen ihres Lebens und decken dabei so manche Lüge auf. Dieses langsame Entblättern lässt den Leser immer mehr in das Leben der beiden Charaktere eintauchen. Ab und an musste ich das Buch bei Seite legen, um die Gelesene sacken zu lassen. Am Ende des Buches wurde die Entwicklung von Kambodscha und dessen Politik im Laufe der Jahrhunderte beschrieben, was ich sehr hilfreich fand, um die Geschichte besser verstehen zu können.

Die Autorin erzählt sehr detailliert von den Gräueltaten der Roten Khmer. Wer bei Gewalt- und Folterszenen getriggert wird, sollte das Buch nicht lesen, denn diese werden im Zusammenhang mit der Roten Khmer, der Flucht der Kinder und der Tötung der Familien sehr deutlich beschrieben.