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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 437 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


sehr gut

FLUSSLINIEN
Katharina Hagena

„Alt sein ist oft wie Kind sein, bloß ohne dabei noch irgendwen zu entzücken.“ (S. 24)

Die 102-jährige Margrit Raven lebt in einer Seniorenresidenz direkt an der Elbe. Sie weiß, dass ihre Zeit bald abläuft – und begegnet dieser Tatsache mit einem feinen Sinn für Humor. Während ihr Körper dem Alter unterliegt, ist ihr Geist jung geblieben. Täglich besucht sie den Römischen Garten, den einst Else Hoffa, die Geliebte ihrer Mutter, angelegt hat. Hier erinnert sie sich an ihr bewegtes Leben, an ihre Mutter, die beim Bombenangriff auf Hamburg-Altona ums Leben kam, an vergangene Lieben und an ihre Familie.
Regelmäßig bekommt sie Besuch von ihrer Enkelin Luzie. Margrit liebt die 18-Jährige sehr, auch wenn ihr Herz schwer ist: Luzie hat gerade die Schule abgebrochen. Eigentlich wollte diese ihre letzten Schuljahre bei ihrem Vater in Australien beenden – doch ein Vorfall zwang sie zur vorzeitigen Rückkehr. Und ein weiterer hinderte sie daran, in ihrer alten Schule das Abitur wieder aufzunehmen. Nun möchte Luzie Tätowiererin werden – und findet in ihrer Großmutter eine Unterstützerin. Das ist doppelt praktisch, denn Luzie hat derzeit kein festes Zuhause und kann die Zeit so bei ihr verbringen.

In der Residenz trifft Luzie auf Arthur, den jungen Fahrer des Hauses. Auch er trägt schwer an seiner Vergangenheit. Einst war er begeisterter Taucher – gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder. Die beiden waren unzertrennlich, entwickelten sogar gemeinsam Fantasiesprachen, die sie an die Medienwelt verkauften. Doch ihre innige Verbindung wurde ihnen zum Verhängnis.

Drei Menschen, drei Schicksale – alle auf der Suche nach Halt, damit sie nicht von der Strömung ihrer Gefühle mitgerissen werden.

Katharina Hagens Figuren könnten unterschiedlicher kaum sein – und gerade diese Gegensätze machen Flusslinien so vielschichtig. In ruhigem Tempo entfaltet sich nach und nach das Schicksal jeder Hauptfigur, bis sich am Ende ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Nicht alles wird dabei vollständig aufgeklärt – etwa bleibt Luzies Mutter eher blass im Hintergrund. Besonders berührt hat mich jedoch der historische Teil rund um Margrits Mutter und deren Geliebte Else Hoffa – diese Geschichte ist atmosphärisch dicht und mitreißend erzählt.

Flusslinien ist ein stilles, poetisches Buch mit kleineren Längen, das mich als Hamburger und Elbeliebhaberin dennoch überzeugt hat.
4/5

Bewertung vom 13.04.2025
Der Junge aus dem Meer
Carr, Garrett

Der Junge aus dem Meer


ausgezeichnet

DER JUNGE AUS DEM MEER
Garrett Carr

"Ach, da bin ich wieder!"
Bis eben war ich noch an der irischen Küste, wo mir die salzige Seeluft um die Nase wehte. Ich durfte auf kleinen Schiffskuttern und riesigen Trawlern mitfahren, habe gefischt und dem Seemannsgarn der Crew gelauscht.

Habt ihr das Buch schon gelesen?
Es erzählt die Geschichte eines Jungen, der 1973 als Baby in einer Tonne am Strand gefunden wurde. Anfangs kümmerte sich das ganze Fischerdorf abwechselnd um den Säugling, bis er schließlich bei dem Fischer Ambrose und seiner Frau Christine ein Zuhause fand. Ihr eigener Sohn Declan war damals erst zwei Jahre alt – und rebellierte von Anfang an gegen das neue Familienmitglied. Doch das Ehepaar schloss Brandon ins Herz und liebte ihn wie einen eigenen Sohn.

Das Leben der Fischer in Dublin ist hart: Fangquoten, schwindende Fischbestände und hohe Kredite bestimmen ihren Alltag.
Garrett Carr hat das Leben dieser irischen Fischerfamilie meisterhaft eingefangen. Sein Roman ist atmosphärisch dicht und hat mir den rauen Seegang beinahe bis ins Wohnzimmer gebracht. Ich habe das Buch in nur zweieinhalb Tagen verschlungen – nur einmal konnte mich ein gutes Fischfilet vom Lesen abhalten.

Was noch passiert? Am besten lasst ihr euch einfach selbst nach Dublin treiben – ich bin nur traurig, dass meine Zeit dort schon vorbei ist.

Große Leseempfehlung
5/5

Bewertung vom 10.04.2025
Ósmann
Schmidt, Joachim B.

Ósmann


ausgezeichnet

ÓSMANN
Joachim B. Schmidt

Jón Magnússon, von allen nur Ósmann genannt, ist der Mann, der Menschen und Vieh mithilfe seiner Seilwinde über die Gewässer des Skagafjords bringt. Er ist Fährmann, ein Bär von einem Mann – Robbenjäger, Trinker und Poet zugleich.

In vielen Kapiteln erfahren wir von seinem Leben, das Ende des 19. Jahrhunderts alles andere als leicht war. Viele Menschen wanderten damals nach Amerika oder Kanada aus, die Kindersterblichkeit war hoch, Hunger und lange, harte Winter forderten ihren Tribut.
Wir begleiten unseren Protagonisten über fünf Jahrzehnte hinweg – nicht immer chronologisch – in seine Hütte direkt am Ufer des Ós, im hohen Norden Islands. Gemeinsam essen wir Gammelhai und Robbenfleisch, lernen seine Freunde, seine Familie und seine Söhne kennen, denen es leider nicht bestimmt war, lange zu bleiben.

Ósmann muss man einfach mögen: Auch wenn er oft wortkarg ist, heißt er jeden in seiner Hütte willkommen, teilt Schnaps und geräucherten Fisch großzügig aus – und manchmal auch sein Herz. Für mich war es ein gelungener Ausflug nach Island.

Joachim B. Schmidt verwebt in seinem neuesten Buch die Geschichte des 1914 verstorbenen Fährmanns Jón Magnússon mit fiktiven Elementen. Die Atmosphäre des Romans ist stellenweise düster – was jedoch perfekt zur rauen isländischen Kulisse passt und die Geschichte umso glaubhafter wirken lässt.
Wer Lust auf eine außergewöhnliche Geschichte in einem ganz besonderen Schreibstil hat, dem lege ich dieses Buch wärmstens ans Herz.
5/5

Bewertung vom 07.04.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


sehr gut

DAS LEBEN FING IM SOMMER AN
Christoph Kramer

Für den 15-jährigen Christoph läuft gerade nicht viel rund. Er wird aus dem Kader des Nachwuchsteams von Bayer Leverkusen geworfen, und auch der erste Kuss lässt noch auf sich warten. Zwischen dem Wunsch, cool zu sein wie die anderen Jungs – pickelfrei, wortgewandt, mit Bier in der Hand – und dem Ziel, diszipliniert an seiner Fußballkarriere festzuhalten, schwankt er hin und her. Doch meistens bleibt ihm die Entscheidung ohnehin erspart – zu den angesagten Partys wird er gar nicht erst eingeladen. Stattdessen verbringt er seine Abende mit seinen zwei besten Freunden auf dem Scheunendach, wo geträumt, gequatscht und gehofft wird – vor allem auf eine Begegnung mit Debbie, dem schönsten Mädchen der Schule.

Dann kommt der heiße, vibrierende Sommer 2006 – das Jahr der Fußballweltmeisterschaft und das Jahr, das alles verändert: Debbie spricht Christoph tatsächlich am letzten Schultag an. Was folgt, ist eine emotionale Achterbahnfahrt voller Unsicherheiten, Glücksmomenten und Teenagergefühle.

Christoph Kramer ist mit seinem Debüt ein wunderbar authentischer Coming-of-Age-Roman gelungen. Persönliche Erlebnisse und Fiktion verschmelzen zu einer warmherzigen, ehrlichen Geschichte. Während der erste Teil noch eher ruhig und schüchtern daherkommt – ganz wie Christoph selbst – nimmt das Buch in der zweiten Hälfte richtig Fahrt auf und überrascht mit Humor, Tempo und Emotionen.

Das Ende sowie das Nachwort haben mir besonders gut gefallen und machen den sympathischen Eindruck des Autors rund.

Fazit:
Ein lockerer, ehrlicher Coming-of-Age-Roman, der sich leicht lesen lässt und – entgegen aller Erwartungen – fast gar nichts mit Fußball zu tun hat.
4/5

Bewertung vom 29.03.2025
Geht so
Serrano, Beatriz

Geht so


gut

GEHT SO
Beatriz Serrano

Im Mittelpunkt des Buches steht die Anfang 30-jährige Marisa, die als Creative-Designerin in einer Werbeagentur arbeitet. Während dieser Job für viele ein Traum wäre, verabscheut sie ihn zutiefst. Schon morgens wacht sie mit Herzrasen auf, schleppt sich widerwillig ins Büro und übersteht den Tag nur mit einer Mischung aus Zynismus und Psychopharmaka. Sie ist genervt – von ihren Kolleg*innen, ihren Aufgaben und eigentlich von ihrem gesamten Leben.

Dabei arbeitet sie gar nicht so viel: Die Trainees bekommen ihre Aufgaben, und die besten sowie kreativsten Antworten leitet sie an ihr Team zur Verarbeitung weiter. Den Rest des Tages verbringt sie mit YouTube-Videos, um die Zeit totzuschlagen.

Als dann ein Teambuilding-Wochenende ansteht, eskaliert die Situation – und mit ihr Marisa.

Beatriz Serrano legt mit diesem Roman eine gesellschaftskritische Geschichte vor, die sich mit Burn-out, Depression, Einsamkeit und Angststörungen auseinandersetzt. Der Schreibstil ist unglaublich leicht und flüssig, doch die Handlung kommt kaum voran. Ich hatte das Gefühl, in einer Endlosschleife festzustecken – erst ganz am Ende überschlagen sich die Ereignisse und das auf eine äußerst skurrile Weise.

Fazit:
Obwohl Schreibstil und Thematik des Buches überzeugen, gab es für meinen Geschmack zu viele Längen. Deshalb kann ich leider keine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.
3/5

Bewertung vom 29.03.2025
In ihrem Haus
van der Wouden, Yael

In ihrem Haus


ausgezeichnet

IN IHREM HAUS
Yeal van der Wouden

1961 in einem niederländischen Dorf:

Die 30-jährige Isabel lebt nach dem Tod ihrer Mutter allein im Familienhaus. Ihre Brüder sind längst ausgezogen. Während sie sich um den Garten kümmert und das gute Geschirr sowie das Silber in Ehren hält, sorgt eine Haushaltshilfe für den Rest.

Isabel ist einsam, verbittert und neigt dazu, andere Menschen vorschnell zu verurteilen. Einzig zu ihrem jüngeren Bruder Hendrik hat sie eine enge Bindung – ein Band, das von einem gefährlichen Geheimnis geprägt ist. Hendrik liebt Männer, eine Liebe, die in den Niederlanden jener Zeit unter Strafe steht. Doch auch das unbeständige Liebesleben ihres älteren Bruders Louis sorgt für Spannungen: Zu jedem Treffen bringt er eine neue Frau mit, die er als seine große Liebe vorstellt.

Als Louis seine neueste Freundin Eva präsentiert, reagieren Isabel und Hendrik mit Ablehnung. Eva stammt aus einfachen Verhältnissen, ihre Haare sind blondiert, ihre Kleidung wirkt abgetragen – sie entspricht in keiner Weise den gesellschaftlichen Erwartungen. Als Louis überraschend für einen Monat auf Geschäftsreise gehen muss, bittet er Isabel, Eva bei sich aufzunehmen. Entsetzt, aber ohne Wahl, da das Haus ohnehin Louis versprochen ist, fügt sich Isabel.

Die Wochen mit Eva werden für Isabel zur Qual. Sie, die Stille und Ordnung gewohnt ist, fühlt sich von der lebhaften, unkonventionellen Frau überfordert. Als dann auch noch Teile des Silberbestecks verschwinden, wächst ihr Misstrauen ins Unermessliche – Isabel lässt Eva nicht mehr aus den Augen.

Doch dann nimmt alles eine unerwartete Wendung. Durch einen Zufall kommen sich die beiden Frauen näher und entdecken eine verbotene Leidenschaft füreinander. Doch ihre Liebe ist nicht nur gesellschaftlich inakzeptabel, sondern auch von dunklen Familiengeheimnissen überschattet, die drohen, sie für immer auseinanderzureißen.

Yeal van der Wouden gelingt mit diesem Debüt ein eindringliches und atmosphärisch dichtes Werk. Sprachstil und Erzählstruktur haben mich besonders beeindruckt und die Emotionen der Protagonistinnen wurden mit großer Sensibilität vermittelt. Immer wieder streut die Autorin subtile Hinweise auf die Kriegsvergangenheit der Familie ein, sodass das Ende konsequent und doch ergreifend wirkt.

Ich habe das Buch in nur zwei Tagen verschlungen – eine klare Leseempfehlung!
4½/5

Bewertung vom 24.03.2025
Lieblingsmärchen / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.19
Menschik, Kat;Andersen, Hans Christian

Lieblingsmärchen / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.19


ausgezeichnet

LIEBLINGSMÄRCHEN
Hans Christian Andersen
Illustriert von Kat Menschik - Band 19

Wusstet ihr, dass Hans Christian Andersen sein erstes Märchen bereits mit 18 Jahren schrieb?
Seine Geschichten – auch wenn sie oft traurig sind – begleiten mich seit meiner Kindheit, und ich liebe sie bis heute.

Der 19. Band der illustrierten Lieblingsbücher von Kat Menschik widmet sich gleich fünf wunderbaren Märchen von Andersen: Das Liebespaar, Die Schnecke und die Rosenhecke, Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern, Das hässliche Entlein und Die Prinzessin auf der Erbse. Die Seiten sind reich geschmückt mit den zauberhaften Illustrationen von Kat Menschik, die den Geschichten eine ganz besondere Atmosphäre verleihen.

Am Ende des Buches gibt es noch eine besondere Zugabe: ein Puppenspiel zu Die Nachtigall von Karl Huck – perfekt zum Nachspielen – sowie spannende Hintergrundinformationen über H.C. Andersen selbst.

Ich glaube, ich habe mein Lieblingsbuch in dieser Reihe gefunden! Es wird nun einen Ehrenplatz neben den anderen Bänden bekommen.

Fazit
Ihr sucht ein Geschenk für jemanden, den ihr mögt, liebt und schätzt? Oder noch besser: Beschenkt euch selbst! Dieses wunderschöne Buch wird euch garantiert Freude bereiten.
5/5

Bewertung vom 23.03.2025
Körper aus Licht
Down , Jennifer

Körper aus Licht


ausgezeichnet

KÖRPER AUS LICHT
Jennifer Down

TW: Sexueller Übergriffe an Kindern, Drogenmissbrauch

„Ich habe keine Fotos von mir, begann ich. Das ist es gar nicht unbedingt. Aber es ist, als hätte ich keinen Beweis, dass ich außerhalb von jetzt jemals wirklich existiert habe. Ich kann nie sagen: Weißt du noch, als wir das gemacht haben, weil es niemanden gibt, zu dem ich das sagen könnte.“ (S. 297)
Maggies Leben ist von Verlust und Vernachlässigung gezeichnet. Mit nur zwei Jahren stirbt ihre Mutter an einer Überdosis – der Beginn eines unaufhaltsamen Abwärtssogs. Zwei Jahre später widerfährt ihr das Unfassbare: der erste Missbrauch. Mit fünf Jahren wird ihrem heroinsüchtigen Vater das Sorgerecht entzogen und Maggie kommt ins Kinderheim. Doch anstatt Schutz zu finden, beginnt hier ihre verhängnisvolle Reise durch das australische Fürsorgesystem. Ein endloser Kreislauf aus Heimen und Pflegefamilien fügt ihr Narben zu, die niemals verheilen werden. Die Behörden versagen vollständig. Trotz eindeutiger Anzeichen von Missbrauch bleibt ihre Not ungehört. Niemand hilft ihr.

Diese Kindheit – ein Wort, das kaum zutreffend erscheint – hinterlässt tiefe Spuren. Als Erwachsene sucht Maggie nach Halt und geht Bindungen ein, doch wahre Nähe bleibt für sie kaum erträglich. Zwischen Sehnsucht nach Zugehörigkeit und der Angst vor emotionaler Enge schwankt sie ein Leben lang. Ohne festen Anker treibt sie durch die Jahre. Nur wenige Menschen haben ihr Momente des Lichts geschenkt – so selten und kostbar, dass sie kaum ins Gewicht fallen.

Körper aus Licht ist ein schmerzhaft intensiver Coming-of-Age-Roman, der lange nachhallt. Jennifer Downs Schreibstil ist fließend, roh und trifft mitten ins Herz. Er passt perfekt zu Maggie – einer Protagonistin, die sich nach Liebe sehnt und doch stets mit ihr ringt.

Für empfindsame Leser ist dieses Buch eine Herausforderung. Doch wer Demon Copperhead und Ein wenig Leben liebt, findet hier ein literarisches Meisterwerk. Dieses Buch hat mich zutiefst bewegt – und deshalb möchte ich es uneingeschränkt empfehlen.
5/5

Bewertung vom 23.03.2025
Kleine und große Wunder der Meere
Dawnay, Gabby

Kleine und große Wunder der Meere


ausgezeichnet

KLEINE UND GROßE WUNDER DER MEERE
Gabby Dawnay

Wusstest du, dass die Seeanemone und der Clownfisch in einer Symbiose zusammenleben? Das bedeutet, dass beide voneinander profitieren. Die Tentakel der Anemone sind giftig – doch nicht für den Clownfisch. Ihm kann das Gift nichts anhaben, sodass er zwischen den Tentakeln bestens vor seinen Fressfeinden geschützt ist. Im Gegenzug hält der Clownfisch die Anemone sauber und düngt sie mit seinem Kot.
Oder wusstest du, dass das Gebiss eines weißen Hais aus 300 Zähnen besteht und wie ein Förderband funktioniert? Seine Zähne sind – ähnlich wie Katzenkrallen – ein- und ausfahrbar. Mit einem einzigen Biss kann er bis zu 13 kg Fleisch abreißen!

Oder dass Buckelwale in tiefen Tonfolgen singend miteinander kommunizieren? Doch nur die Männchen sind in der Lage, Informationen zwischen verschiedenen Populationen auszutauschen.

Das sind nur drei von vielen faszinierenden Fakten, die dieses liebevoll gestaltete Buch vermittelt. Insgesamt enthält es neun kurze Vorlesegeschichten. Am Ende jeder Geschichte gibt es zusätzlich spannendes Fachwissen.

Du wirst noch viele weitere Meeresbewohner kennenlernen – darunter die unsterbliche Qualle, den magischen Aal, einen gestaltwandelnden Oktopus, ein tanzendes Seepferdchen, kuschelnde Pinguine und eine Meeresschildkröte mit salzigen Tränen.

Besonders hervorheben möchte ich die wunderschönen Illustrationen von Mona K. Mit viel Liebe zum Detail bringt sie unseren Kindern die faszinierende Wasserwelt näher.

Fazit:
Ein weiteres wunderschönes Buch aus dem Hause Carlsen-Verlag.
Große Leseempfehlung für alle Kinder ab 4 Jahren.
(5/5)

Bewertung vom 18.03.2025
Ich dachte, bis dahin bin ich tot
Maier-Witt, Silke

Ich dachte, bis dahin bin ich tot


sehr gut

ICH DACHTE, BIS DAHIN BIN ICH TOT
Meine Zeit als RAF-Terroristin und mein Leben danach
Silke Maier-Witt
André Groenewoud

Ich war das Kind, das in jeder Bank oder Post vor dem großen Plakat der RAF-Gesuchten stand, während meine Mutter am Schalter ihre Angelegenheiten erledigte. Jedes Mal glaubte ich, gerade eine dieser Personen gerade gesehen zu haben. Doch meine Mutter tat es als Hirngespinst ab - ohne zu ahnen, dass nur 300 Meter Luftlinie entfernt von der Post am Poppenbüttler Wentzelplatz, wo wir gerade standen, eine konspirative Wohnung der RAF lag. Hamburg war damals voller Polizeikontrollen; ohne Papiere fuhren meine Eltern nie los.
Eine dieser Terroristinnen war Silke Maier-Witt. Sie gehörte zur zweiten Generation der RAF. Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof saßen bereits in Stammheim ein - die verbliebenen RAF-Mitglieder versuchten die Inhaftierten freizupressen.

Wie gerät man in eine anarchistische Gruppe wie diese?

Silkes Kindheit war schwierig. Ihre Mutter starb früh, der Vater zeigte kaum Interesse an ihr und ihrer Schwester, schickte sie zu den Großeltern und später übernahm die Stiefmutter die Erziehung.
Trotz dieser unbeständigen Kindheit war Silke eine ausgezeichnete Schülerin. Das Gymnasium meisterte sie spielend. Als sie später erste Kontakte zur linken Szene knüpfte, brach sie ihr Medizinstudium ab. 1977, als sich ihr die Möglichkeit bot, der RAF beizutreten, beendete sie ihr Psychologiestudium, obwohl sie bereits an ihrer Diplomarbeit schrieb.

Zweieinhalb Jahre lebte sie im Untergrund, erledigte Botengänge, mietete konspirative Wohnungen in Deutschland und den Nachbarländern an und war schließlich an der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hans Martin Schleyer beteiligt.

Als Schleyer nach der gescheiterten Flugzeugentführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ von der RAF erschossen wurde, „war unsere Daseinsberechtigung weggebrochen“ (S. 90).
Die RAF versuchte sich neu zu formieren, doch Silke Maier-Witt fühlte sich nicht mehr zugehörig und wurde von „den Illegalen“ verstoßen.

Die DDR nahm sie auf, gab ihr eine neue Identität und half ihr, sich einzugliedern - was ihr bis zum Mauerfall auch einigermaßen gelang.
Was danach geschah und ob Silke Maier-Witt je wieder ein normales Leben führen konnte, müsst ihr selbst nachlesen.

Fazit:
Das Buch war für mich eine Achterbahnfahrt. Die RAF hat mich schon immer interessiert, doch ich konnte nie verstehen, wie man bereit sein kann, für eine Ideologie so viel Gewalt zu rechtfertigen. Nicht immer konnte mich das Buch fesseln, einige Passagen haben mich schlicht gelangweilt, dann wieder gab es Abschnitte, wo ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Einige seltene Male konnte ich mit Silke Maier-Witt mitfühlen, an anderen Stellen wiederum dachte ich, dass sie ihre gerechte Strafe bekommen hat.

Stefan Austs Buch über die RAF habe ich damals verschlungen, und auch dieses Werk kann ich allen empfehlen, die ein Stück deutsche Geschichte aufgrund ihres Alters nicht selbst erlebt haben oder sich für die Geschichte der RAF interessieren.
3½/5