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LichtundSchatten

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Insgesamt 312 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2025
Sakrilegien. Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967
Gombrowicz, Witold

Sakrilegien. Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967


ausgezeichnet

Witold Gombrowicz war einer der bedeutendsten polnischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er wurde im heutigen Polen als Sohn einer Landadelsfamilie geboren. Heute ist er vor allem durch seinen Roman „Ferdydurke“ (1937) bekannt, der mit satirischem und provokantem Ton gegen gesellschaftliche und nationale Konventionen rebellierte. In dem Buch „Sakrilegien“ lesen wir in seinen Tagebüchern von 1953 bis 1967. Ich habe das Buch gekauft, weil ich seit einiger Zeit vor allem gelb eingebundene Bücher sammle. Interessanterweise finde ich in den meisten eher Inhalte, die mich anregen, faszinieren und weiter denken lassen.

„So herrschen denn hier alle christlichen Tugenden, Güte, Menschlichkeit, Erbarmen, Achtung vor dem Menschen, Maß, Bescheidenheit, Anstand, Umsicht und Verstand, und alles, was geschrieben wird, ist vor allem gutmütig.“ Das schreibt er an einem Freitag in 1953. Er bezieht sich dabei auf die Emigrantenpresse, der er nichts mehr abgewinnen kann, er formuliert: „Ich habe kein Vertrauen zu der Tugend von Pechvögeln, seiner aus Not geborenen Tugend, und diese ganze Moralität erinnert mich an das Wort von Nietzsche: „Die zunehmende Sanftheit unserer Sitten ist Folge unserer Schwächung.“

Man kann diese Aussage ohne Probleme auf das Deutschland von 2025 anwenden, die evangelischen Kirchentage sind voll mit Vorträgen und Vorstellungen absurdester hochmoralischer Verdrehungen, alle ausgehend von Franz Werfel, der in seinem 1946 veröffentlichten Roman „Stern des Ungeborenen" folgendes voraussah: „Zwischen Weltkrieg II und Weltkrieg III drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Und sie nahmen das, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Und Humanität schien ihnen jetzt der bessere Weg zu diesem Ziel. Sie fanden diesen Weg sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenwahn. So wurden die Deutschen die Erfinder der Ethik der selbstlosen Zudringlichkeit.“

Gombrowicz plädiert in seinem Buch Sakrilegien für Individualität und geistige Freiheit, unabhängig von Ideologien, Religionen oder gesellschaftlichen Normen. Er betont das Recht jedes Einzelnen auf Irrtum und Unreife als Widerstand gegen die vermeintlich reifen, hochmoralisch überdrehten Formen des Lebens und der Kunst, die für ihn Konformismus und Erstarrung bedeuten.

Bewertung vom 12.05.2025
Fuck Female Empowerment
Maceri, Valentina

Fuck Female Empowerment


ausgezeichnet

Jedem rate ich zum Einstieg über dieses Thema ein 50 Jahre altes, ewig junges Video anzuschauen: „Esther Vilar vs. Alice Schwarzer - February 6, 1975“. Schauen Sie sich die Variante mit den fast 900 Kommentaren an. Alice Schwarzer wurde argumentativ ausgekontert. Trotzdem hat sich ihre Form des aggressiven Feminismus durchgesetzt. Nie habe ich verstanden warum und immer auf eine Gegenbewegung gehofft. Heute ist sie mit diesem Buch von Valentina Maceri endlich da.

Einer der Hauptgründe für dieses Buch wird auf Seite 20 beschrieben: „Anstatt Frauen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken, hat sich der Feminismus in eine Ideologie verwandelt, die Abhängigkeiten fördert, Männer pauschal als Feindbild zeichnet und individuelle Verantwortung untergräbt. Und vor allem: den gesellschaftlichen Druck auf Frauen UND Männer erhöht.“

Klares, normales Denken, weiblich gekonnt, die wenigen Sätze zu Beginn sind reinste Erholung, man merkt, Frau Maceri kann Dinge verständlich ausdrücken, auch komplizierte Sachverhalte enthüllen und ihr Wesen nachvollziehbar erklären.

Nach dem Vorwort steigen wir ein in ein Interview, das die Autorin mit Marcel Reif und seiner Frau, Prof. Dr. Marion Kiechle, geführt hat. Eine der ersten Fragen von Valentina Maceri an Herrn Reif: „Was dachtest Du, als wir zum ersten Mal gemeinsam auf Sendung waren?“ Antwort Marcel Reif: „Wenn sie so gut ist, wie sie hübsch ist … dann wird’s was.“

Marcel Reif dürfte einer der wenigen Männer sein, die sich so was getrauen und erlauben können. Alle anderen hätten Shitstorms ohne Ende nach einer solchen Aussage. Ja, ich, der Rezensent, bin diese Spiele leid, man kann nicht mehr ertragen, wie Männer wegen kleinsten Fehlern von einem hochaggressiven, ideologischen Feminismus an die Wand gedrückt werden. Und dass sich diese Bewegung in Dinge verrannt hat, die wirklich schmerzen.

Marcel Reif weiter: „Es gibt eine bewusst geschlechtlich-geprägte Auswahl, damit tust du der Sache keinen Gefallen. Frauen sollten die gleichen Chancen haben wie Männer. In jedem Beruf, auch im Fußball. Ich weigere mich nur, zwanghaft jede Position durch Frauen zu besetzen. Mittlerweile haben junge Männer nicht mehr die gleichen Chancen aufzusteigen.“

Ein Buch wie ein gekonnter Fallrückzieher, der eine übertriebenen Feminismus wieder in eine Balance bringt, ein Schuss oben in den kleinen Winkel feministisch-woker Übertreibung, ein Tor, das falsch verstandene Feministen zu Toren verwandelt. Endlich, ich hätte nicht gedacht, das noch erleben zu dürfen. Valentina, Marcel und Marion, ich erlaube mir diese Nähe, sollten das ganze Buch vorlesen, eine viel breitere Diskussion über dieses Thema eröffnen.

Bewertung vom 08.05.2025
Journalismus für Dummies
Löwisch, Henriette;Herber, Benedikt

Journalismus für Dummies


ausgezeichnet

„Journalismus lauert im Alltag an jeder Ecke.“ So startet dieses Buch und jeder weiß, dass im Grunde niemand auf neue schlechte Nachrichten lauert. Trotzdem, die Überfülle ist überall präsent: „Die Schlagzeile auf der Startseite des E-Mail Portals. Die Modezeitschrift im Wartezimmer. Die Instagram-Story des Enthüllungsjournalisten. Das Ratespiel aus dem Autoradio. Das Blättchen, das die Apothekerin mit in die Tüte packt. Der Zeitungsstapel am Altpapiercontainer. Die gerunzelte Stirn auf dem Fernsehschirm. Das Laufband am Times-Square in New York.“

Ich bin kein Journalist, beschäftige mich aber trotzdem mit den Hintergründen und war neugierig auf dieses Buch. Was steht im Vordergrund: sachliche Information, schlechte Nachrichten, Haltung, Moral oder Aktionismus? Heute wird die ganze Bandbreite der Möglichkeiten bearbeitet, und oft hat man den Eindruck, dass Journalisten bessere Werbetexter sind. Aber es stimmt, Journalismus ist nicht nur Berichterstattung über Politik. „Unterhaltung und Service gehören genauso zum Metier.“

Wer hätte es gewusst: Deutsche lesen im Schnitt täglich 15 Minuten Zeitung oder Zeitschriften, sie hören drei Stunden Radio und sehen mehr als drei Stunden ins Fernsehen (und hören es). Die Teilnahme am Internet stieg von 109 Minuten in 2014 auf 190 Minuten in 2023, wobei die klassischen Medien auch hier konsumiert werden, nur eben anders. Eine insgesamt schwer zu lesende Analyse also, trotzdem hat jeder den Handystudierenden auf der Straße im Blick. Schaut er Videos oder hört er Bücher?

Der Begriff Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung, obwohl es viel Wege gibt, einer zu werden. Ich tendiere zu der aufgezeigten, weiten Definition für Journalismus: „Es ist das Gespräch der Gesellschaft über sich selbst. So in etwas formulierte das der Literaturwissenschaftler Robert Eduard Prutz (schon 1845). Insofern wäre auch diese Rezension von mir eine Art Journalismus.

Das Buch hat mir den professionellen Berufsstand eines seriösen Journalisten gut nähergebracht, und in meinen Worten wäre das jemand, der gelernt hat, auch das Gute kritisch zu sehen, der sich nie gemein macht, auch mit einer hochmoralischen Sichtweise, der kein Aktivist ist, keiner Religion anhängt oder Weisheiten wie religiöse Führer weitergibt. Er sagt was ist und überlässt mir ein Urteil, er erklärt komplizierte Sachverhalte und bringt diese den Kunden so näher wie das Karl Popper unnachahmlich vorgegeben hat:

"Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit zu studieren; dafür schuldet er seinen Mitmenschen, die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde wider den Heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen versuchen, sich ihren Mitmenschen als große Propheten aufzuspielen und sie mit Orakeln der Philosophie zu beeindrucken. Wer es nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er es klar kann."

Besonders hilfreich für mich war das Kapitel 11 (Wie eine Geschichte erzählt wird) und dort das Unterkapitel „Der Einstieg“. Meine Besprechung öffnet mit einem Zitat, wie so viele Berichte. Ich wurde durch das Zitat aus diesem Buch (Journalismus lauert an jeder Ecke) besonders angesprochen und dachte, es geht anderen Lesern ähnlich. Oftmals schaltet man die um die Ecke lauernde schlechte Nachricht schnell weg, ja, man hat sogar Angst vor ihr.

„Wenn unsere Zivilisation überleben soll, müssen wir mit der schlechten Gewohnheit unserer Pietät gegenüber großen Männern brechen. Große Männer machen große Fehler. So urteilte Sir Karl Raimund Popper und meinte damit mit Sicherheit auch große Frauen, de ebenso große Fehler machen. Zu große Nähe der Journalisten zu Politikern oder Machthabern korrumpiert, ungerne sehe ich den Wechsel eines Journalisten von einer Tageszeitung zum Sprecher einer Regierung, wie aktuell geschehen.

Ob aktuell bei uns in Deutschland noch das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt, wie in Artikel 5 des Grundgesetztes definiert, sehen viele kritisch. Zu viel Einheitsmeinung in den öffentlich rechtlichen Medien trifft auf harte Kritik in den sozialen Medien. In den Bereich der Influencer reicht dieses Buch indirekt, ohne ihn explizit zu behandeln. Im Grunde gilt. dort das Gleiche wie für Journalisten Profis.

Hilfeich ist dieses umfangreiche Werk allemal, mit vielen, sehr guten Tipps und Hinweisen, bis hin zur Schummelseite auf der U3, wo 3 wesentliche Punkte erklärt werden. So z.B. wie man mit widerspenstigen Pressestellen umgeht. „Gut, dass auch Vorzimmerdrachen sich zähmen lassen.“

Bewertung vom 08.05.2025
Mehr Anarchie, die Herrschaften!
Herles, Wolfgang

Mehr Anarchie, die Herrschaften!


ausgezeichnet

„Die Duldsamen sind immer die Dummen“. Selten habe ich eine bessere Analyse der aktuellen Zustände gelesen, und noch seltener so viel unterstrichen. Schon bei Seite 13 sind die Probleme so gut umschrieben, dass nichts zu sagen bliebe? Doch, Aufrufe an und Futter für die schweigenden Lämmer, endlich aufzustehen und in heller Angriffslust den regierenden Spießern Contra zu geben.

Dieses Buch möchte den Spießbürger, der sich im Gehorsam faul aufs Bett gelegt hat, aufrütteln und animieren, selber zu denken, aufzustehen und mit Argumenten den herrschenden Versagern einzuheizen. Es geht um unser lebenswertes Land, um die Macht, die es im Griff hält, diese soll ihre ideologische Verblendung beenden und auf den Pfad bürgerlicher Vernunft umschwenken.

Für die Nebelmacher der Berliner Republik ist alles Klima, Meinungsklima, Streitklima, das Klima auf der Erde und das in den Köpfen. Dieses Klima regiert
heute im Wesentliche jene vom Sozialstaat gezähmte Untertanen, denen aktuell durch die grünlinke Republik die Fundamente bröckeln. Auch wenn jetzt die CDU am Drücker ist, ändert sich daran fast nichts. Das von Wolfgang Herles Gesagte gilt auch in 2025 genau so.

„Es herrscht, sprechen wir es ruhig aus, ein stiller Bürgerkrieg. Es sieht ganz danach aus, als würde er von den neuen Bürgern gewonnen, die auf staatlichen Zwang setzen. Es sind die Habeckbürger.“ Sie werden umschreiben mit dem Umhang geistiger Verbohrtheit und lässiger Überheblichkeit. „Der Spießer ist Konformist, der einen autoritären Staat wünscht, der Stillstand, Verbote, Verzicht will, der zu wissen glaubt, was gut und böse, richtig und falsch ist, dem die vorgeschriebene Haltung alles ist und die freie Entfaltung der Persönlichkeit nichts, soweit es nicht um ihn selbst geht.“ Sie wollen nicht nur kriegstüchtig sein, sondern auch die Kriegswirtschaft leben: von allem deutlich weniger, leiden, entbehren, beglückt ob der eigenen Gutheit.

Alles auf Putin oder den Ukrainekrieg zu schieben, ist Selbstbetrug. „Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die Automobilindustrie, wird gerade auf dem Altar der Klimareligion geopfert.“ Es stimmt: „Die Verursacher predigen Rückbau und betreiben Raubbau an den Ressourcen des Wohlstands.“

Wolfgang Herles analysiert die vorläufige Schadensbilanz der Berliner Republik in Teil I und zeigt den eingetretenen Bergrutsch, mündend in die neue Normalität, der Lust am Untergang.

Teil II vermittelt die Ideologie der Klimamacher und ihre Vorgehensweise. Vor allem auch die Aktionen der darüber stehenden Politiker im Oberkommando Weltmoral. „Das ist ein Querdenker“ scheint eine ihrer Hauptanklagen und Ausgrenzung von Widerstrebenden.

Teil III beschreibt den anwachsenden Boxgesang oder den Druck im Kessel, mit dem Aufruf, mehr echte Demokratie und eben nicht Einmütigkeit zu erreichen. Ungehorsam ist erste Pflicht der Bürger, die sich schließlich entfesselt zum anarchistischen Tun hinreißen lassen sollte. Ob Deutschland das je schafft oder doch gehorsam bürokratisch ideologische Regulierungswut schluckt?

Mehr denn je wäre Querdenkertum nötig, Beleidigungen von unfähigen Schwachköpfen, Einfordern von Vernunft und Freiheit. Demokratie ist die Lust am Streiten nicht die Eintönigkeit der Meinungen. „Jasager, Mitmacher, Duckmäuser sind das Erzübel der Demokratie.“

Deutschland wird mediterranisiert, schreibt Wolfgang Herles, mehr Schulden, mehr Schlamperei, mehr Staatsversagen, leider mit weniger Sonne. Mich hat sein Buch zornig gemach und hoffnungsvoll zugleich. Bürger haben keine Zeit für Ideologie oder Streik, sie müssen aber gegen das morsche Gebilde der Hochmoraliker und Endzeitpropheten aufstehen und unser Land wieder in Ordnung bringen.

Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit, sagte Platon. Und ein Staat, der sich das Volk zur Beute gemacht hat und ihm sinnlose Dinge zu-mutet. So gilt, was Walther Rathenau bitter erkannte: „Gerechtigkeit entspringt dem Neid, denn ihr oberster Grundsatz ist: Allen das Gleiche.“

Bewertung vom 07.05.2025
Postkoloniale Mythen
Brodkorb, Mathias

Postkoloniale Mythen


ausgezeichnet

Schwarz-Weiss Denken kennzeichnet heute das Vorgehen vieler Museen bei uns in Europa: Opfer sind immer Menschen aus Afrika, schuld sind immer die Weißen aus dem Westen. Das aber wird der geschichtlichen Komplexität nicht gerecht. Notwendig ist eine differenzierte Analyse, dessen Lücke mit diesem Buch geschlossen wird.

„Untersucht wird, wie die Völkerkundemuseen Hamburg, Berlin, Leipzig und Wien ihr koloniales Erbe aufarbeiten und welche Geschichten sie dabei ihren Besuchern erzählen.“ Zudem fließen Erkenntnisse ein aus den gezeigten Kunst-Werken auf der Biennale in Venedig, wo Künstler die koloniale Problematik auf sich wirken ließen.

All das hat Rückwirkungen auch auf die Politik, deren Handlungen heute mit erheblichen monetären Folgen für uns alle klar werden. Dabei greift das Buch zurück in die Anfänge der Kolonialpolitik unter Bismarck, deren wesentliches Ziel damals die Bekämpfung der Sklaverei war. Bismarck war zudem kein Freund der Kolonien, man machte es damals mehr oder weniger, um Privat- bzw. Geschäftsleute in Afrika zu schützen und wohl auch weil bedeutende europäische Staaten, allen voran England, Kolonien hatten.

Zwischen christlich-humanistisch und machtpolitisch beseelten Kolonialisten gab es einen gemeinsamen Nenner: Die Sklaverei galt als Schande der Menschheitsgeschlechts.“ Es gab in D damals eine Antisklaverei-Lotterie, an der alle teilnahmen, vom Arbeiter bis zum Fabrikbesitzer. Deutsche waren mithin Täter und Wohltäter. „Und Afrikaner nach heutigen Maßstäben Begünstigte wie Opfer - und als Sklavinnen oder Kollaborateure selbst Täter.“

Hat also der weiße Mann eine Alleinschuld oder nicht? Wenn es nach den Museen geht lautet die Antwort: ja. Die realistische Sichtweise dieses Buches zeichnet jedoch ein anderes Bild. „Es ist ein Plädoyer gegen die moralische Hybris, mit der die westlichen Gesellschaften auf ihre eigene Geschichte blicken.“

Mit Sartre und Franz Fanon als radikalen Sozialisten begann in den 50ern eine Sichtweise, die vermeintlich Unterdrückte in Afrika von Schuld freisprach. Die Armut in Afrika sei ein Produkt des Westens, der Reichtum im Westen sei auf dem Rücken von Sklaven und der Ausbeutung von Rohstoffen erzielt worden. Der neue Mensch könne nicht als fratzenhafte und obszöne Nachahmung Europas gelingen, sondern nur über eine andere Stufe des Humanen, aus Afrika herkommend, dem Hort alles Guten.

„Was Sartre und Fanon bei all dem verschweigen, war die vorkoloniale Geschichte Algeriens…Über Jahrhunderte hinweg überfielen muslimische Korsaren aus Algier, also staatlich legitimierte Piraten, europäische Schiffe, raubten sie aus und verkauften oder versklavten ihre Besatzungen.“ Der postkoloniale Diskurs von der Alleinschuld des Westens ist aber übermächtig aktiv, auch heute noch, er leugnet, beschreibt und verharmlost in vielen Bereichen. Sie wollen tatsächlich Geschichte nachträglich verändern, zu Ungunsten des Westens und in mächtiger Bußhaltung in Richtung alten Kolonien. „Die Konsequenzen hieraus sind unausweichlich: Aus der Suche nach Wahrheit wird die Verfertigung einer gewünschten gesellschaftlichen Erzählung.“ Dabei geben vor allem Literaturwissenschaftler den Ton an! Das hochgesteckte Ziel: „historische Gerechtigkeit.“

Das Völkerkundemuseum Grassi in Leipzig sieht sich diesem Ziel verpflichtet: „Wir begreifen uns nicht in erster Linie als Leipziger oder deutsches Museum, sondern als Partner in einem internationalen Netzwerk der Weltkulturen.“ Dies sagt die Direktorin, Leontine Meijer- van Mensch, eine bekennende Feministin. Intellektuell und moralisch wird so eine globale, über-nationale Koordinationsstelle geschaffen, um Menschen vor Ort mit der gefundenen Erziehungsrichtung zu beglücken. Das Konzept dabei: ein verflüssigtes Museum, in dem Wahrheit nicht mehr möglich ist, sondern nur vielfältige, subjektive Sichtweisen, die jeder in eigener Vorstellungskraft interpretieren kann. „Aus Stätten der Wissensvermittlung werden Orte der politischen Aushandlung des Morgen.“ Dabei sollen alle gleichberechtigt mitreden, wirklich alle, also auch Atmosphäre, Ozean und das Eis. Schlaue Intellektuelle reden von der Ontologie des flüchtigen Museums.

Man erschrickt ob solcher postkolonialen Fantasien und fragt sich, wohin die Museums-Wissenschaft mäandert. Ich werde solche Museen in Zukunft kritischer besuchen und finde in diesem Buch hervorragende, sachliche Informationen dafür.

Folgendes Buch werde ich wieder lesen: Weltgeschichte der Sklaverei von Egon Flaig.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.05.2025
Echt Bombe hier in Dada-Deutschland
Casula, Claudio

Echt Bombe hier in Dada-Deutschland


ausgezeichnet

Ich kenne die Inhalte alle aus dem Internet und lese sie jetzt konzentriert übersichtlich nochmal. Es stimmt, auch im Nachhinein könnte das eintreten, was Henryk M. Broder im Vorwort sagt: „Die Lektüre dieses Buches könnte zu Irritationen führen, erhöhtem Blutdruck, Atemnot oder Gleichgewichtsstörungen - Symptome, die bei einer exzessiven Achterbahnfahrt auftreten.“

Allerdings sind das keine Fußnoten zur ZeitGeschichte, sondern echte Zeichen einer Zeit, die von Politikern zu Wokistan gedrechselt wurde, deren Kern und Basis jene Angst ist, mit der man die Bevölkerung drangsaliert. Damit regiert es sich bedeutend leichter.

Ich kann mich noch genau an den Start des Jahres 2020 erinnern, wir saßen in München in einem Hotel, dessen Restaurant-Bestuhlung damals viel zu eng gesetzt war und uns störte. Sehr schnell lichteten sich dort die Tischreihen, man ging auf Abstand.

Beim Strategiekongress der Linken wollte man den Reichen an den Kragen. B. Riexinger sagte damals: „Wir ersch…en sie nicht, wir setzen sie für nützliche Arbeit ein.“ Unglaublich, jeder mag sich vorstellen, wie lange diese Meldung in den ÖR Nachrichten hoch und runter gedreht würde. Dass baldige Einschränkungen des öffentlichen Lebens kämen, wären Fake News, behauptete das Bundesminsterium für Gesundheit, auch die Bundesregierung. Wer erinnert sich nicht an den Wellenbrecher Lockdown, damit die Corona Fallzahlen sinken.

Margot Käßmann sagte tatsächlich das: „Es gibt kein Recht auf Weihnachten“ Und Mutti empfahl frierenden Kindern Kniebeugen und Händeklatschen, „wie sie es eben von ihren Delegierten bei Parteitagen gewohnt war.“ Ende 2020 hin reifte bei Claudio Casula der Entschluss, alles aufzuschreiben und festzuhalten. So startet dieses Buch ab 2021.

Die erste Nachricht stammt von Walter Borjans: „Die Jusos haben eine neue Köpfin. Herzlichen Glückwunsch, liebe Jessi Rosenthal.“ Er macht mir eigentlich immer einen guten Eindruck, aber Köpfin, man fasst sich an denselben.

Die letzte Nachricht aus 2024 handelt von Robert Habeck, ist aber so interessant wie seine Aussagen zur Insolvenz. Hier gilt das Sprichwort: Ein Mann wird schneller alt als weise. Wenn die Regierungs-Comedians mal wieder aktiv sind, einfach dieses Buch lesen, ein guter Tipp für Schmunzeln und Runzeln gleichzeitig.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.05.2025
Netzwerke für Dummies
Lowe, Doug

Netzwerke für Dummies


ausgezeichnet

Ich habe die Einrichtungen des Netzwerkes über WLAN immer anderen überlassen, wollte jetzt aber tiefer in die Materie einsteigen, unabhängig werden. Es ist kein Hexenwerk, einige Computer und Drucker miteinander zu verbinden, wie ich nach diesem Buch feststellen kann. Dabei wurde auch an Mac Nutzer wie mich gedacht. Ein ganz hervorragendes Buch, in dem Sachverhalte verständlich erklärt und so aufbereitet werden, dass man rasch Erfolge erzielt.

Besonders wichtig für mich waren die Kapitel
13 Drahtlose Netzwerke einrichten, und
14 Das Leben in der Wolkenstadt
15 Mobilgeräte im Alltag

Schon die Gliederung des Buches liest sich erhellend und ist voller Tipps, die sich z.B. in 26 I so wiederfinden: „Du sollst gewissenhaft Backups deiner Festplatte machen.“ Oder in 27: Mehr als zehn große Netzwerkfehler, z.B. „Wichtige Dateien auf dem Server löschen.“

Sehr hilfreich auch das Kapitel 28, Zehn Dinge die Sie immer vorrätig haben sollten, z.B. Digitalkamera/Smartphone. Klingt banal, ist aber heute vermutlich mit dem iPhone / Google Pixel etc. Alltag, aber daran zu denken, auch kleine LED Leuchten parat zu haben, für bessere Aufnahmen ist genau richtig. Dann per AirDrop hochladen, eine echte Beschleunigung von Berichtsdingen.

Es lohnt sich, neben dem reinen Arbeiten am Computer/Laptop dahinter blicken zu lernen, um endlich die Arbeitsweise der vielen Helfer im Hintergrund kennenzulernen und sie zu beherrschen. Ein leidiges Übel hier sind immer wieder Drucker, bei denen ich schon beim Anlaufen und Schütteln nervös werde. Aber das ist nicht Inhalt dieses Buches.

Insgesamt ein tolles Nachschlagewerk nach dem KISS Prinzip, keep it simple and stupid, das ich auch deshalb so schätze, weil hier nicht geduzt wird. Alle Duz-Bücher lasse ich schon lange außen vor, diesen allergrößten Fehler einer sinnvollen Kommunikation muss ich nicht auflesen.

Bewertung vom 05.05.2025
Gott - Das Ringen mit einem, der über allem steht
Peterson, Jordan B. Dr.

Gott - Das Ringen mit einem, der über allem steht


ausgezeichnet

Nicht ganz einfach zu lesen, aber höchst nahrhaft. Dieses Buch hat es in sich und beantwortet jene Fragen, die viele im hintersten Hinterstübchen bewahren, erhoffen und leider auch oft vergessen. „Dem Spuk der postreligiösen Gespenstershow setzt Peterson die Haltung des Glaubens entgegen.“ (Vorwort, Dr. Markus Spieker)

Peterson beschreibt den Menschen als ein von Gott zur Freiheit herausgefordertes Geschöpf. Gott sieht er nicht im Sinne evangelischer Wellness oder in der Machart eines Diktators mit strengen Regeln, die betend zu befolgen sind, sondern als ein Taktgeber für Zustimmung, Diskussion und Widerspruch.

Ich muss dabei immer an diese Aussage von Jesus denken. „Ich bin nicht gekommen , den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“. (Matthäus 10,34) Übersetzt man diesen Satz tatsächlich aus dem Aramäischen in richtiger Weise (Franz Alt: Was Jesus wirklich gesagt hat) , dann heißt er: Seid nicht gutgläubig, seid wachsam! Wenn Ihr Euch mit anderen zusammensetzt, zieht das "Schwert der Worte" und streitet für Eure Sache. Meine Aufopferung, mein Selbstopfer bedeutet nicht Frieden, Erlösung als Automatismus, sie ist eher der Beginn des Kampfes um Wissen und Wahrheit.

Gott hat uns ebenbildlich geschaffen, mit allen Anlagen, die Gott besitzt, das große Mysterium hinter allem, er hat diese Fähigkeiten auch in unsere Hände gelegt und hofft auf eine kluge, zuversichtliche Anwendung mit Blick auf Wohlergehen und Fortschritt. „Gott ist das, was uns begegnet, wenn neue Möglichkeiten auftauchen und Gestalt annehmen. Gott ist das, was uns begegnet, wenn wir in der Tiefe bewegt werden.“

Peterson analysiert die biblischen Schöpfungserzählungen als Geschichten, in denen der Gegensatz von Chaos und Ordnung im Mittelpunkt steht. Für ihn sind diese Mythen keine naturwissenschaftlichen Erklärungen, sondern verdeutlichen, wie geistig-moralische Ordnung im Kosmos und in der Gesellschaft entsteht. Ordnung ist notwendig für das Funktionieren von allen Dingen und Zusammengehörigkeiten– sowohl individuell als auch gesellschaftlich. Wo gemeinsame moralische Überzeugungen und Hierarchien fehlen, droht Chaos. Ebenso, wenn diesen Überzeugen andere, feindliche Überzeugungen gegenüberstehen und sich ausschließend bekämpfen.

Peterson richtet Gott bzw. unseren Glaube an ihn an der höchst möglichen moralischen Ordnung aus. Dieser Gedanke ist für ihn die Basis für Wohlstand und gesellschaftliches Gelingen. Biblische Heilsgeschichten interpretiert er als Metaphern für weltliche Ziele: Das „gelobte Land“ repräsentiert einen Zustand, der durch moralisches Streben erreicht werden kann. Jesus ist für ihn Vorbild und nicht automatischer Heilsbringer.

Die Bibel ist für Peterson ein Konvolut an Geschichten, die grundlegende Erfahrungen und psychologische Strukturen von Menschen spiegeln. Gott ist darin die Stimme des Gewissens und der Rufer zum Weiterdenken.


Ein wichtiges Thema ist für Peterson die biblische Unterscheidung zwischen Mann und Frau. Er argumentiert gegen moderne Gender-Konzepte. Peterson sieht die Bibel als Fundament der westlichen Zivilisation und fordert, Gott wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken5.

Die Welt ist mehr als eine Ansammlung von Fakten, nach Peterson gibt es keinen einfach Weg, von dem was ist zu dem, was sein sollte. Was uns begegnet, ist ein Bereich unendlicher Möglichkeiten, der dann von uns ins Leben, ins Entstehen gerufen werden. „Dieser Geist des freiwilligen schöpferischen Tätigwerdens ist die erste Charakterisierung dessen, was was im biblischen Kontext zu Recht den höchsten Platz einnimmt.“ Die Sklaven wegführen von Tyrannen, reden auch mit Feinden, ihnen mit dem Schwert der Worte, der Überzeugungen begegnen.

Dem Ruf des Gewissens und der kreativen Berufung zu folgen, dies ist für Peterson am besten mit dem biblischen Gott möglich. Er teilt die Analyse Nietzsches, der den Tod Gottes als kulturelle Katastrophe beschreibt, die zu einem Werteverlust und Orientierungslosigkeit führt. Aber Peterson betont, dass Gott – verstanden als moralischer Maßstab und Bezugsquelle der Werte – weiterhin präsent ist und als Grundlage des Abendlandes neu entdeckt werden sollte.

Bewertung vom 05.05.2025
Im Dialog mit Gómez Dávila
Hösle, Vittorio

Im Dialog mit Gómez Dávila


ausgezeichnet

Gomez Davila wird von vielen kritiklos verehrt, ich tendiere auch dazu. Schon alleine, weil er sich niemals in den Vordergrund rückte, sondern seine Gedanken publikumsscheu vermittelte. Einer der wenigen bürgerlichen, normalen, nicht von übertriebener Heuchelei durchsetzten Denkern.

Das Gute kritisch sehen, um noch besser zu werden. Diese Aussage von Manfred Rommel trifft auf dieses hervorragende Buch zu. Man kann sich in das Gespräch bzw. die Gedanken von Vittorio Hösle mit einklinken, mitdenken und mit diskutieren. Seine Gespräche mit GD sind grandios und kreativ anregend.

Ich lese also Gegenaphorismen, Variationen und Korollarien. Ein Korollar beschreibt ein Ergebnis, das die natürliche Folge von etwas anderem ist. Man könnte sagen, dass eine neu entfachte Liebe zu Büchern eine Folge der kürzlichen Eröffnung eines Buchladens in Ihrer Nachbarschaft ist.

„Der Wert eines Aphorismus liegt nicht in seiner Wahrheit, sondern in der Qualität der Gedanken, die er anregt, der Diskussionen, die er auslöst.“ (Hösle) Aber es stimmt auch, einige Aphorismen als ewige Wahrheiten schließen ab wie ein Dessert, man ist gesättigt und muss zustimmen. Nichts weiter. Wie das Amen im Gebet.

Gleich das erste Korollar nahm mich gefangen: „Die Reife des Geistes beginnt, wenn wir aufhören, uns für die Welt verantwortlich zu halten.“ (GD) Hösle: „Und sie vollendet sich, wenn wir erkennen, dass zum Sein der Welt - unser Lebensauftrag gehört.“

Noch eins: „Das Prestige der Kultur lässt den Dummkopf auch ohne Hunger essen.“ (Gomez Davila) Hösle: „Die Rezensionen in den Feuilletons sind wie die Federn bei den Gastmählern der Römer, die einen das eben Verschlungene erbrechen lassen, damit man weiterschwimmen kann.“

Aller Guten Dinge sind drei: „Der Mensch mag nur denjenigen, der ihm schmeichelt, aber er achtet nur denjenigen, der ihn beleidigt.“ (Gomez Davila) Hösle: „Und er liebt denjenigen, in dessen Kritik er den Wunsch spürt, ihn wachsen zu lassen.“

Selten habe ich mich so gut unterhalten. Wenn ich das noch abschließend sagen darf, weniger Kritik als Feststellung: Gomez Davila drückt sich bescheidener, auf einem von Popper geforderten, klaren Niveau aus. Vittorio Hösle schwebt oft ins Vage, Unverständliche ab.

Mein aktuelles Lieblingszitat von Gomez Davila: „Die Moderne glaubt in einem Meinungspluralismus zu leben, während doch, was heute vorherrscht, eine erstickende Einmütigkeit ist.“

Bewertung vom 05.05.2025
Radikal besser.
Pferdt, Frederik G.

Radikal besser.


ausgezeichnet

Problem der meisten Menschen, Angestellten, Unternehmer ist, dass sie in ihrem engen, bekannten Kreis agieren und selten ihre Horizonte durchbrechen. Mein Wahlspruch war immer: Regeln im Leben sind Krücken für kreativ Lahme! Wobei Regellosigkeit nicht Zügellosigkeit, Unmoral oder Übervorteilung bedeuten, sondern die Dinge immer von einer neuen Seite, einer anderen Perspektive erkennen lernen. Wer das erreichen will, ist mit diesem Buch genau auf der richtigen Seite.

Es bietet Anregungen und Ideen die Fülle, von einem der bei Google Teams neu justiert und Menschen mutig gemacht hat. Innovationen denken lernen, sie umsetzen und unterschiedliche Kulturen daran teilhaben lassen, es kann gelingen, wenn die Atmosphäre etwas ausstrahlt, mit dem Mut und Optimismus gefördert werden.

Es stimmt: „Zukunft beginnt im Inneren. Ein einziger Gedanke, der eine Emotion weckt, die uns in Bewegung setzt.“ Mit diesem Buch kann jeder an einem Know-how teilhaben, das nicht nur Unternehmern oder Teams adressiert, sondern jeden Einzelnen fördern und weiterentwickeln kann.

"Man muss Innovationsfähigkeit als Denkhaltung, als Einstellung, trainieren und lernen und ausprobieren.“ Für mich sind Bücher, die das darstellen, Gold wert. Gerade wenn Zeiten dunkler werden, muss jeder für sich selbst genau dafür einen Gegenentwurf zimmern und sich fragen, wer hinter den Interessen derer steht, die uns Angst machen wollen.