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KristallKind

Bewertungen

Insgesamt 256 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2024
Das größte Rätsel aller Zeiten
Burr, Samuel

Das größte Rätsel aller Zeiten


weniger gut

Die Gemeinschaft der Rätselmacher knabbert bis heute an einer ungelösten Frage. Woher kam Clayton, der als jüngstes Mitglied der Gruppe vor mehr als zwanzig Jahren in einer Hutschachtel vor die Tore von Creighton Hall gelegt wurde? Nach dem Tod der Vorsitzenden Pippa, macht Clayton sich auf, um dieses Geheimnis zu ergründen.

Dieses Buch hat mich maßlos enttäuscht! Es versprach mir die Aufdeckung des "größten Rätsels aller Zeiten", führte mich am Ende jedoch auf eine langatmige, uninteressante Kreuzworträtsel-Schnitzeljagd. Zudem fand ich es der Situation absolut unangemessen, einer jungen Seele, die nach seiner wahren Herkunft sucht, solche belanglosen Spielchen aufzuerlegen, statt einfach endlich mit der Wahrheit herauszurücken. Denn Clayton schien mir auch nicht wirklich glücklich in seiner Lage. Insofern fand ich die Idee des Autors schrecklich, deren Umsetzung mich furchtbar gelangweilt und die Atmosphäre irgendwie deprimiert hat.

An für sich erwartete ich mit diesem Roman eine fulminante, geheimnisvolle Geschichte, da sich diese Gemeinschaft der Rätselmacher in Buchteaser und Titel, sehr elitär und besonders, ja sogar ein wenig magisch darstellte, was für mich in Richtung Geheimgesellschaft deutete. Letztlich fand ich aber nur eine Gruppe von Einzelgängern, die einfach nur Rätsel liebten, welche man in herkömmlichen Zeitungen finden kann - von Mystik keine Spur. Dazu, wie aktuell so oft, natürlich einen jungen Mann, der im Laufe des Geschehens seine sexuelle Identität findet.

Allerdings muss ich zugeben, dass sich das Buch sehr gut lesen ließ. Doch abgeholt hat mich der Autor trotzdem nicht. Seine Figuren waren zwar skurril erdacht, wirkten dafür aber überaus unscheinbar und die zwischen den Zeilen eingebauten Rätsel schienen mir erstaunlich unspektakulär.

Insgesamt hatte ich wenig Spaß an der Lektüre und ich frage mich, warum dieser Roman so sehr beworben wurde. Über ein wohlwollendes „nett“ kommt meine Bewertung am Ende daher leider nicht hinaus. Dieses Buch erhält von mir zwei Sterne, für die Erzählkunst des Autors und das Cover, jedoch keine ausdrückliche Leseempfehlung. Mein bisheriger Flop des Jahres.

Bewertung vom 12.08.2024
Letzte Lügen / Georgia Bd.12
Slaughter, Karin

Letzte Lügen / Georgia Bd.12


ausgezeichnet

Zum ersten Mal wurde ich nicht sofort mit einem Thriller aus der Feder von Karin Slaughter warm. Lange Zeit schlängelte sich die Story recht sacht den Handlungsstrang entlang und fesselte mich nicht so sehr wie ich es von der Reihe bisher gewohnt war. Allerdings gefiel mir der Handlungsschauplatz von Anfang an, der durch die äußerlichen Umstände, in eine Art „Locked-Room-Murder“ - ein Mord in geschlossenem Raum - führte. Der Täter war somit immer in der Nähe, während Will und Sarah das Rätsel zu überblicken versuchten.

Die Persönlichkeiten sowie die Hintergründe der Figuren, inklusive zum Teil zutiefst verstörender Geheimnisse, waren wirklich gut durchdacht und vielfältig angelegt, was mich auch nach kurzer Zeit eifrig zum Miträtseln motivierte. Ich versagte allerdings auf ganzer Linie, denn zum Ende hin überschlugen sich die Wendungen gefühlt im Sekundentakt. Die Autorin gab alles und zeigt damit einmal wieder ihr Talent für Spannungsaufbau.

Das Crescendo um die Wahrheit entpuppte sich letztlich als regelrechter Schocker. Hier tummelten sich schwere Verbrachen aller Art, gepaart mit abartigen, grauenvollen menschlichen Abgründen, die ich in solch einer Dichte nicht erwartet hätte. Passend dazu traten die Protagonisten Sarah und Will aus meiner Sicht ein wenig in den Hintergrund, was der Geschichte jedoch keinen Abbruch tat und die grauenvollen Umstände sogar noch eindringlicher werden ließ. Hier war durchatmen gefragt.

Für mich ein gelungener Thriller, der die gewohnten Pfade der Reihe ein wenig verließ, insgesamt in seiner Intensität allerdings auf dem altbekannten Niveau spielte. Sollte euch der Beginn etwas langatmig vorkommen, lest weiter! Es lohnt sich. / 4,5 Sterne

Bewertung vom 12.07.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


gut

Kim Ribbing hat ein Problem. Sein ehemaliger Arzt, den er entführt hat und nun in seinem Keller liegt, muss weg. Eigentlich hatte Kim nur eine Befragung des grausamen Mediziners geplant, die allerdings etwas aus dem Ruder lief. Muss Julia, die zeitgleich die kriminelle Vereinigung der „Wahren Schweden“ untersucht, Kim nun bei der Polizei auflaufen lassen?

Mich hat dieser zweite Teil der Reihe leider ziemlich enttäuscht. Ich suchte hier vergebens nach aufregenden Momenten oder interessanten Handlungsschauplätzen, wie sie im ersten Teil in Hülle und Fülle vorhanden waren. Meinem Empfinden nach geschah hier deutlich zu wenig. Es offenbarte sich auch kein richtiger Fokus, sondern mir erschien das Geschehen eher wie ein Einheitsbrei aus Nebensächlichkeiten. Die Intelligenz und das Können Kim Ribbings kam nur mit angezogener Handbremse zum Vorschein, und auch der Blick auf seine etwas geheimnisvolle Persönlichkeit schärfte sich in diesem Band nicht merklich. Zudem entwickelte sich die ungewöhnliche Beziehung zwischen ihm und Julia auch kaum weiter, wobei mir diesbezüglich die wenigen, sogenannten Highlights, seltsam fremd vorkamen. Dafür wurden mir andere Figuren präsentiert, wie z.B. Julias Ex-Mann Jonny und weitere ermittelnde Polizisten, deren Privatleben mich wenig interessierte. Der einzige Lichtblick im Geschehen war für mich die junge Astrid, deren Charakter erschreckend psychopathische Züge annahm. Aber auch in dem Fall hatte ich das Gefühl, nur die Hälfte erfahren zu dürfen. Schade.

Im Grunde agierten, meiner Ansicht nach, ausnahmslos alle Figuren auffällig zurückhaltend in diesem Thriller, was die Handlung recht zäh und langatmig werden ließ. Mehr Ideen und Bewegung für das Geschehen sowie etwas mehr Tiefe und Entwicklung für die einzelnen Akteure, hätte der Geschichte eindeutig gut getan. Dass Julia das Thema „Rechte Gewalt“ zum Recherchestoff für ihr neues Buch ausmachte, ist wohl dem heutigen Zeitgeist geschuldet. Originell fand ich dies nicht wirklich, da dieser Punkt aktuell in so vielen Storys besprochen wird. Political Correctness everywhere.

Am Ende hat mich „Signum“ nicht vom Hocker gehauen. Eine gefühlt stagnierende Handlung, ohne echte Knüller und mit meist oberflächlichen Charakteren – für mich ein starker Kontrast zum Auftaktband „Refugium“, der mich im letzten Jahr absolut begeistern konnte. Trotzdem werde ich die Trilogie zu Ende lesen und mich überraschen lassen, ob der Autor zum Schluss mit seinen Ideen noch einmal aufs Gaspedal treten wird. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 29.06.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


sehr gut

Die Lektorin Marnie lebt in London und verbringt die meiste Zeit alleine in ihrem Zuhause. Allerdings will sie nun ihr Leben ändern und der Einsamkeit den Kampf ansagen. Und da gibt es noch Michael, der nach einer Scheidung auf ausgedehnten Spaziergängen nach sich selbst sucht. Spannend wird es, als eine gemeinsame Freundin die beiden auf einer Wanderung zusammenbringt, denn das aufeinander Einlassen ist gar nicht so einfach wie gedacht.

Ich war gespannt, welche Form der Autor diesem Verkupplungsversuch geben würde. Denn mal ehrlich, unerhört neu ist die Idee ja nun nicht. So startete ich mit Neugier in die Geschichte und lernte schnell eine reflektierte und mutige Marnie kennen, deren Lebensgefühl sich herrlich authentisch erwies, und die sympathische Mittdreißigerin damit enorm nahbar wirken ließ. Auch Michael gefiel mir gut, allerdings wirkte er auf mich wesentlich zurückhaltender als Marnie. Zwischen den Zeilen spürte man die Verlorenheit der beiden, was jeder auf andere Weise zu kompensieren versuchte und mir damit eine Vielfalt an emotionaler Bandbreite präsentierte. Von humorvollen Dialogen über ernsthafte, bis sehr persönliche Gespräche, war hier so ziemlich alles vertreten, was die Entwicklung des Kennenlernens interessant gestaltete und den Raum zwischen den Protagonisten immer wieder veränderte. Sehr süß fand ich in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass sich Marnie und Michael früher schon einmal begegnet waren, aber damals einfach nicht richtig hingeschaut hatten. Letztlich fand ich hier eine bedachtere Methode der Annäherung vor, die nicht mit der ungestümen Leichtigkeit von jungen Erwachsenen vergleichbar war, weil die Vergangenheit der Hauptfiguren bereits tiefe Narben hinterlassen hatten. Die Umstände verzeichneten also eine gewisse Tiefe, deren verletzliche Momente, durchaus passend, mit Mut und Witz verflochten wurden.

Neben David Nicholls unverfälschter Art zu schreiben, mochte ich auch die Struktur der Kapitel, die relativ kurz gehalten wurden und abwechselnd die Gedanken beider Protagonisten aufgriffen. Die Wanderung, die als Haupt-Handlungsschauplatz einigen Raum einnahm, war allerdings nicht so sehr nach meinem Geschmack. Neben Marnies und Michaels eher unspektakulärem Aufeinandertreffen hätte ich mir als Kontrast einen spannenderen Hintergrund gewünscht.

Rückblickend hat der Roman zudem etwas Anlauf gebraucht, bis er mich begeistern konnte. Doch am Ende wird mich "Zwei in einem Leben" gedanklich noch etwas begleiten, woran vor allem die wunderbare Gestaltung der letzten Kapitel großen Anteil hatte. Meiner Meinung nach eine Erzählung, die unterhält und gleichzeitig Herausforderungen des Lebens anklingen lässt. Lesenswert.

Bewertung vom 19.06.2024
Sieben Sommer
Toon, Paige

Sieben Sommer


ausgezeichnet

Mit diesem Buch hielt ich endlich einmal wieder einen Liebesroman in den Händen, der mir unter die Haut ging und meine vollste Aufmerksamkeit forderte. Bereits der wundervolle Epilog ließ die warmherzige Erzählkunst der Autorin erahnen, die in ihrem ungekünstelten Stil dem Text eine durchaus unterhaltende Note verlieh, sich aber auch schonungslos bemerkenswerten Themen annahm, ganz ohne Kitsch oder überzogene Dramatik. Beispielsweise integrierte sie Figuren mit Downsyndrom und zeigte deren Herausforderungen im Alltag auf, wodurch sich jedoch keinerlei Schwere über die Geschichte legte. Generell gefiel mir die facettenreiche Charaktergestaltung der einzelnen Persönlichkeiten, die viel Lebendigkeit und Authentizität in das Geschehen brachten. So mochte ich den bodenständigen, nachdenklichen und freundlichen Tom ebenso, wie den charismatischen, etwas geheimnisvollen, suchenden Finn, die beide im Laufe der Handlung unterschiedlich geprägte Beziehungen mit Liv hatten. Ich konnte die beiden Männer tatsächlich auf Augenhöhe betrachten und gab keinem den Vorzug, was ich nur als regelrechten Kunstgriff der Autorin werten kann. Denn damit fokussierte sich mein Blick auf das große Ganze und die Botschaften dahinter, was bei mir am Ende ausgesprochen versöhnliche Töne anschlug. Vor allem konnte ich aus diesem Blickwinkel Livs Entscheidungen auch weitestgehend nachvollziehen, obwohl ich die weibliche Hauptfigur nicht wirklich mochte, da sie ziemlich unzufrieden und verbohrt auf mich wirkte. Auch mit ihrem Studium der Bildhauerei konnte ich persönlich nicht viel anfangen.

Doch Paige Toon überraschte mich nicht nur mit einzigartigen Figuren, sondern auch mit dem ungewöhnlichen Aufbau der Geschichte, welcher zwei Zeitebenen gleichzeitig bediente und die verschlungenen Wege des Schicksals deutlich machte. Der Spagat zwischen romantischen, dramatischen, herzzerreißenden, aber auch tragischen Momenten gelang ihr mühelos, was mich mehr als einmal in ein emotionales Chaos stürzen ließ. Vielleicht bewegte sich deswegen stets ein Hauch von Melancholie zwischen den Zeilen, was aber vollkommen zu den kontinuierlichen Abschieden und Neuanfängen im Geschehen passte. Kein Wunder, denn die Wege der Protagonisten waren mit lebensverändernden Entscheidungen und mit Hinweisen auf Reifeprozesse gepflastert, aus denen sich alles in allem ein sehr authentischer Liebesroman auftat.

„Sieben Sommer“ wird mich in Gedanken wohl noch lange begleiten. Ein wunderschöner, emotional anspruchsvoller Roman vom richtigen Zeitpunkt, von Vergebung und Selbstfindung. Diese Geschichte hat mich beeindruckt und fantastisch unterhalten. Taschentücher zücken unbedingt erlaubt. Empfehlenswert!

Bewertung vom 19.06.2024
Bretonische Sehnsucht / Kommissar Dupin Bd.13
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Sehnsucht / Kommissar Dupin Bd.13


ausgezeichnet

Vorsicht! Der neue Dupin-Kriminalroman nimmt dich mit in die Anderwelt! Zumindest wirst du dich so fühlen, wenn du mit diesem Buch an den Ermittlungen auf der zauberhaften bretonischen Insel Ouessant teilnimmst. Du wirst überflutet von Mystik und Kultur, nicht nur seitens der Ausführungen des geschichtskundigen Inspector Riwal, sondern vor allem durch viele seltsame Begegnungen des Hauptkommissars mit Mensch und Natur.

In diesem Sinne fühlte sich meine Reise durch den Krimi überwiegend surreal an. Die Magie der Traditionen und der Sagenwelt ließ selbst Dupins Verständnis der Wirklichkeit schwinden, was dich wahrscheinlich zum Schmunzeln bringen könnte, denn das Gedanken-Ping-Pong des Ermittlers lief dadurch wieder einmal auf Hochtouren. Vielleicht wirst du aber auch über die erkennbare Feinfühligkeit des Kommissars überrascht sein, die sich im Laufe der Handlung immer wieder zeigte und ihn selbst verunsicherte. Doch im Grunde blieb er der altbekannte Dupin, mit seinen kulinarischen Vorlieben, undurchschaubaren Gedankengängen und der Kunst, sich in so manch schräge Momente hinein zu manövrieren. Wie die Ermittlung per E-Bike beispielsweise, welche immer mit etwas Situationskomik einherging und mich ein wenig an den Humor des Komödienmachers Dany Boon erinnerte. Wenn du mich fragst, wurde damit die Ernsthaftigkeit der Tätersuche aber nicht geschmälert, sie stand in diesem Band der Reihe allerdings nicht so groß im Raum, meiner Meinung nach. Ich selbst war von den mysteriösen Vorgängen und Sagen derart eingenommen, dass die Einzelheiten des Falls für mich ins Hintertreffen gerieten, was mich letztlich aber wenig störte. Diese Ermittlung hatte das gewisse Etwas! Wenn du Bannalec liest, brauchst du keinen Reiseführer mehr. Schöner und lebendiger kann man die bretonische Landschaft und Lebensart kaum beschreiben, was mir hier einmal wieder vor Augen geführt wurde.

Daher kann dir nur empfehlen, den Krimi selbst zu lesen. Wenn du die Dupin-Reihe noch nicht kennst, ist das kein Problem, denn der Autor hat dafür gesorgt, dass du dich in seiner Erzählung schnell zurechtfinden wirst. Dich erwartet ein außergewöhnlicher Kontrast zwischen der sachlichen Art eines Ermittlers und der fantastischen Glaubenswelt der Bretonen, mit schwindelerregender Anzahl an Bräuchen und Mythen der Region. Solltest du bereits ein Dupin-Kenner sein, erwartet dich hier noch mehr Atmosphäre und bretonischer Mystizismus als bisher. Selbst Dupins Kaffee-Konsum hielt sich hinsichtlich dieser fabelhaften Tätersuche in Grenzen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2024
Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10
Eyssen, Remy

Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10


sehr gut

Der Rechtsmediziner Leon Ritter wollte eigentlich die Idylle der südfranzösischen Landschaft genießen, als ein fürchterlicher Mord die Gegend um Lavandou erschüttert. Die Einwohner erinnern sich noch an ein ähnliches Verbrechen vor etlichen Jahren, allerdings befindet sich der damals ermittelte Täter noch in der Nervenheilanstalt unter Verschluss. Als ein weiterer Mord in gleichem Muster geschieht, wird Leon klar, dass er nun sein Bestes geben muss, um den Serienmörder zu stoppen.

Da mir bisher noch kein Lavandou-Krimi aus der Feder von Remy Eyssen zwischen die Finger geraten war, stieg ich mit diesen zehnten Band kurzerhand in die Reihe ein, was auch problemlos gelang. Ich war allerdings ein wenig erstaunt, da ich einen moderaten Krimi mit viel kulturellem Flair erwartet hatte, der Autor jedoch spannungs- und härtetechnisch ganz schön auf den Putz haute. Die Handlung trug stellenweise eine ziemlich brutale Handschrift, die das verträumte Cover nicht annähernd widerspiegelte und, meiner Meinung nach, für einen Krimi auch nicht unbedingt verhältnismäßig war.

Nichtsdestotrotz fesselten mich die Vorkommnisse in Lavandou. Kein Wunder, denn als (Drehbuch-)Autor scheint mir Remy Eyssen ein sicheres Gespür für Dramatik zu haben. Er erzählte die Geschichte in einem unaufdringlichen Ton, in dessen Hintergrundfeld die Brisanz aber spürbar darauf wartete, das Zepter zu übernehmen. Dieses Spannungsfeld wurde bis zuletzt aufrechterhalten, auch über die privaten Schwierigkeiten hinweg, die vom Protagonisten bewältigt werden wollten und damit perfekt in die latent aufgeladene Atmosphäre des Geschehens passten.

Dass der sympathische, kluge Rechtsmediziner mit seinen aufschlussreichen Beobachtungen und Schlussfolgerungen zum Dreh- und Angelpunkt während der Untersuchungen wurde, konnte ich zwar gut verstehen, doch die Arbeit der polizeilichen Ermittler trat mir dafür etwas zu sehr in den Hintergrund. Ich hätte mir mehr Ausgewogenheit während der Zusammenarbeit gewünscht, denn so wirkten die Behörden mehr oder weniger hilflos auf mich. Als störend empfand ich diese Konstellation allerdings nicht, denn der Rechtsmediziner ging sehr in seiner Arbeit auf und agierte unaufgeregt und bestimmt, während er die Beweise erarbeitete. Zudem konnte man im Geiste immer wieder die Luft der Provence schnuppern, was durch Leons Freude, in dieser malerischen Gegend leben zu dürfen, mühelos transportiert wurde. Generell konnte ich mich auch mit den Einblicken in Leons Privatleben anfreunden, die ohne Vorkenntnisse gut nachvollziehbar waren. Vor allem gefiel mir seine Aufmerksamkeit im Hinblick auf das überraschende Auftreten eines unbekannten Fremden und sein bedachter, entschlossener Umgang mit der Situation.

Angesichts der Handlung, die über lange Zeit den „großen Unbekannten“ in sich trug, und damit viele fesselnde Verdachtsmomente und Möglichkeiten in den Raum stellte, war mir der Showdown allerdings deutlich zu kurz geraten. So fehlte am Ende, mit der dramatischen Enthüllung des Täters, der gewisse letzte Schliff, meiner Meinung nach, was im Ideen-Gesamtpaket aber letztlich nicht allzu schwer ins Gewicht fiel.

„Verräterisches Lavandou“, ein Krimi, der mehr klotzt als kleckert, einen scharfsinnigen Protagonisten auf die Bühne stellt, sowie das Idyllische südfranzösische Flair mit dem Nervenkitzel eines ernstzunehmenden Thrillers perfekt zusammenbringt – was will man mehr? Ich hatte jedenfalls mit diesem Buch eine aufregende Lesezeit und werde die Krimireihe daher künftig weiter verfolgen. / 4,5 Sterne

Bewertung vom 04.06.2024
Flawless / Chestnut Springs Bd.1
Silver, Elsie

Flawless / Chestnut Springs Bd.1


gut

Rhett Eatons Karriere liegt wegen eines PR-Skandals vorerst auf Eis. Um dessen Ruf wiederherzustellen reist Summer, die Tochter seines Managers unverzüglich an, um auf den Sportler aufzupassen. Anfangs zeigt sich Rhett überaus genervt von seinem Babysitter, doch nach und nach beginnt ihm die junge Frau mehr als zu gefallen.

Nach einer selbst auferlegten New-Adult-Pause, reizte mich "Flawless", wegen der versprochenen Ranch-Atmosphäre, die auch wunderbar transportiert wurde, und der Welt des Rodeo-Sports. Im Grunde ein bisher seltenes und spannendes Umfeld innerhalb des Genres, dazu anschaulich geschrieben und angenehm zu lesen, zudem ohne überzogenes Drama ausgearbeitet. 

Mit den Protagonisten Rhett und Summer war ich allerdings nicht so ganz auf einer Wellenlänge. Obwohl mit Rhett endlich einmal wieder ein kerniger Kerl auf der literarischen Bildfläche erschien, erfüllte er vor allem anfangs alle möglichen Klischees, die sein Cowboy-Hintergrund hergab. Überraschenderweise ließ er mit der Zeit vor Summer, die sich durchaus behaupten konnte, die Maske fallen, was eine andere Energie in die Beziehung der beiden brachte. Zugegeben, diese Entwicklung war durchaus herzerwärmend, doch dies, und auch mancher amüsante Moment, konnte mir den Zugang zu den Figuren nicht erleichtern. Sie blieben mir bis zuletzt fremd.

Vielleicht lag es an der schon früh gestreuten Verbalerotik, die mir damit gleich vermittelte, worauf es eigentlich hinauslief, wie es in diesem Genre mittlerweile üblich ist und mich unendlich langweilt. So blieb mir die Story zu oberflächlich, was ich sehr schade fand, denn Potenzial und Ausarbeitungspunkte waren definitiv gegeben. Ich hätte beispielsweise gerne mehr über die Eatons erfahren oder ausgiebiger in Summers familiäre Strukturen geschaut.

Ich sehe „Flawless“ somit nicht unbedingt als neue NA-Sensation, der Roman klettert für mich höchstens ins Mittelfeld meiner persönlichen Bestenliste. Die Ranch-Atmosphäre hatte zwar das gewisse Etwas, war jedoch nicht prägend für den Rest der Handlung. Ich finde es immer schade, wenn der Fokus zu sehr auf die Körperlichkeit gelegt wird, worunter in meinen Augen oft die Qualität der jeweiligen Geschichte leidet. Ich sage daher: Kann man lesen, muss man aber nicht. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 03.06.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


gut

Daphne wird von ihrem Verlobten Peter verlassen, der plötzlich gemerkt hat, dass er seine Kindheitsfreundin Petra liebt. Nun sitzt Daphne in Peters Heimatstadt in Michigan fest, und obwohl sie dort einen fantastischen Job hat, fühlt sie sich verloren. Miles, der von Petra verlassen wurde, teilt Daphnes emotionales Chaos. Mit dieser Gemeinsamkeit im Gepäck lernen sich die beiden Verlassenen näher kennen und verbringen viel Zeit miteinander. Ob dieser vermeintliche Schicksalsschlag am Ende vielleicht ein Glücksfall für Daphne war?

Ich habe zu diesem viel beworbenen Buch gegriffen, weil mir Emily Henrys Geschichten schon mehrfach empfohlen wurden. Rückblickend bin ich allerdings etwas enttäuscht, denn die ungewöhnliche, humorvolle Liebesgeschichte, die ich erwartete, wollte sich für mich leider einfach nicht einstellen.

In erster Linie störten mich die vielen uninteressanten, manchmal bemüht witzigen Dialoge und die langatmige Handlung, die vor allem vom endlosen Hin und Her zwischen Daphne und Miles gekennzeichnet war. Obwohl es regelmäßig tiefere Einblicke in das Seelenleben einzelnen Figuren gab, konnte ich der Story nicht wirklich viel abgewinnen. Dementsprechend schleppend ging dann auch mein Lesefortschritt voran. Was aber nicht bedeuten soll, dass ich Daphne und Miles nicht mochte. Die Charaktere an sich fand ich interessant und sympathisch, doch zusammen sah ich die beiden nicht, da ich die Anziehung zwischen den beiden nicht so richtig nachvollziehen konnte.

Die Beschreibung des Handlungsortes in Michigan fand ich dann aber wiederum sehr schön, ebenso wie Daphnes beruflicher Bezug zur Literatur. Außerdem mochte ich das gewählte Alter der Hauptfiguren, denn die entsprechende Lebenserfahrung machte die Geschichte umso interessanter.

Doch insgesamt hatte ich mir von „Funny Story“ mehr versprochen. Eine nette, allerdings langwierige Erzählung, die mich nie so richtig packte, mit einem Humor, der mir stellenweise zu gewollt wirkte. Ich habe definitiv schon unterhaltsamere romantische Komödien gelesen. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 22.05.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


ausgezeichnet

Anfangs hatte ich diese Buchreihe eher kritisch beäugt und ihr wenig Beachtung geschenkt, da ich aufgrund der spärlichen Klappentexte und der edlen, aber unaufgeregten Cover am Unterhaltungswert zweifelte. Doch ich täuschte mich gewaltig! So stieg ich mit dem Vorgänger, dem dritten Band, etwas später in die Serie ein, in der mir Horowitz und Hawthorne als außergewöhnliches Ermittlerduo auf Anhieb gefielen. „Mord stand nicht im Drehbuch“ ließ mich nun sogar zur begeisterten Anhängerin der Reihe werden, denn der detailgetreue Schreibstil, mit viel Witz und konstantem Spannungsbogen, fand in meinem Leserherz wiederholt Anklang.

Den Autor selbst als Verdächtigen in den Raum zu stellen, fand ich sehr erfrischend. Die Idee steigerte zum einen meine Neugier auf den wirklichen Übeltäter, zum anderen erfuhr ich dadurch mehr über Anthonys Schaffenswelt und Privatleben. Neben den durchaus kniffligen Überlegungen zur Überführung des Täters, schätzte ich auch die Romanpassagen in diesem Krimi, die während der Zeugenbefragungen erschütternde Einzelschicksale und menschliche Abgründe bereithielten. Diese Reisen durch Erinnerungen, Wut und Reue, empfand ich überraschend spannend und berührend, weil dabei auch vereinzelt gesellschaftliche Streitfragen in den Raum geworfen wurden. Zur Auflockerung hob sich aber regelmäßig der Vorhang für Horowitz und Hawthorne, deren Beziehung sich durch eine leise Hassliebe definierte und mit entsprechenden Kabbeleien bei mir immer für großes Vergnügen sorgte.

Die schalkhafte Atmosphäre des Kriminalromans resultierte überwiegend aus Anthonys Persönlichkeit, die oft in Form von kindlicher Selbstbezogenheit und einem nahezu rührenden Geltungsbedürfnis in Erscheinung trat, meiner Ansicht nach. In diesem Sinne legte sich, mit einem missmutigen oder maulenden, aber auch sanftmütigen, neugierigen, und auf entwaffnende Art aufrichtigen Protagonisten eine fabelhafte Situationskomik ins Geschehen. Es war für mich fast herzergreifend und überaus spaßig mitzuerleben, wie treuselig Anthony dem schlagfertigen und aufmerksamen Detektiv folgte und ihn darüber hinaus mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung betrachtete. Nachvollziehbar, denn Hawthornes scharfe Kombinationsgabe, die man im Anfangsstadium der Untersuchungen als Leser nur erahnen konnte, und die immer für eine überraschende Wende gut war, schien mir ziemlich beachtlich, vor allem hinsichtlich der unerwarteten, komplexen Auflösung des Rätsels! Leider wurde auch in diesem Band die geheimnisvolle Vergangenheit des Detektivs nicht komplett aufgedeckt, was sich wie ein roter Faden durch die Buchreihe hangelt und sich, ebenso wie die freundschaftliche Beziehung zwischen den Protagonisten, nach und nach entwickelt.

Letzten Endes hat mich „Mord stand nicht im Drehbuch“ großartig unterhalten! Der Krimi vereinte Spannung, kriminalistischen Spürsinn und viel britischen Humor mit einzigartigen Protagonisten. Vor allem Leser von Agatha Christies Werken werden ganz sicher ihre Freude daran haben. Klare Leseempfehlung!