Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Ana80
Wohnort: 
Recklinghausen

Bewertungen

Insgesamt 21 Bewertungen
Bewertung vom 08.03.2020
Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
Zentner, Alexi

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass


ausgezeichnet

Ein Buch über das ich noch lange nachdenken werde – Berührend und schockierend.

Jessup ist ein 17-Jähriger Leistungssportler, der in armen Verhältnissen aufwächst. Er ist gut in der Schule und arbeitet hart für ein Stipendium um auf eine der renommierten Universitäten der USA gehen zu können. Man könnte meinen ein Leben, wie es etliche amerikanische Jugendliche führen. Und doch ist sein Leben anders. Seine Familie glaubt an die Überlegenheit der weißen Rasse und gehört einer christlichen Gemeinde an, die diesen Glauben predigt und überzeugt vor Außenstehenden vertritt. Jessups Bruder und Stiefvater verbüßen beide Haftstrafen und wurden für eine rassistisch motivierte Tat verurteilt. All diese Umstände trägt Jessup immer mit sich herum. Als sein Stiefvater aus dem Gefängnis entlassen wird passiert ein tragischer Unfall und Jessup muss lernen sich seinen eigenen Weg zu suchen.
Der Einstieg in dieses Buch war für mich so spannend, dass ich direkt die ersten fünfzig Seiten so weg gelesen habe. Geschildert wird zunächst der Unfall und dann werden Jessup und seine Familie vorgestellt. Gestört haben mich ein wenig die detaillierten Schilderungen vom Footballspiel, sowie die verwendeten Fachbegriffe. Wer mit diesem Sport nichts anfangen kann, für den sind diese Seiten doch etwas langatmig. Aber das war auch das einzig negative, was ich zu diesem Buch anmerken kann. Die restlichen 320 Seiten habe ich dann nämlich innerhalb von zwei Tagen verschlungen, weil ich einfach absolut gefesselt war.
Der Schreibstil ist gelungen und eindringlich und die in kurze Abschnitte unterteilte Story spiegelt das Tempo wieder, in dem sich Jessups Leben überschlägt.
Dieses Buch zu lesen war ein wirklich gelungenes Abtauchen in die Gedankenwelt eines vollkommen zerrissenen Jugendlichen. Der wenig erfolgreiche Versuch Jessups nicht ständig und überall mit der Gesinnung seiner Familie in Verbindung gebracht zu werden, nicht aufzufallen, und doch immer das Gerede anderer zu spüren… Welchem Druck dieser Junge ständig ausgesetzt ist löste bei mir tiefe Beklemmung aus.
Meine eigene Moral stand beim Lesen auch immer wieder auf dem Prüfstand, da ich mich immer wieder fragen musste, wie ich gehandelt hätte. Heißt, dieses Buch hat mich wirklich beschäftigt und bewegt. Der beschriebene Fanatismus und die viel zu lockeren Waffengesetze Amerikas lassen mich ein wenig sprachlos und schockiert zurück. Immer wieder habe ich bewundernd festgestellt, wie es dem Autor gelingt so vollkommen ohne Wertung (trotz persönlicher Erfahrungen mit dem Thema Rassismus) zu schreiben. Er arbeitet deutlich heraus, wie vielschichtig dieses Thema ist und begnügt sich nicht mit einfachen „gut-böse“-Darstellungen.
Bewundernswert ist außerdem der Mut des Autors in einem Buch ein leider immer wieder aktuelles und ein vor allem so brisantes Thema aufzugreifen, trotz der Möglichkeit, dass eventuell Anfeindungen folgen. Denn obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, sind Fanatismus und Rassismus keine Randerscheinungen und weit verbreitet. Es zeugt von Größe bei diesem Thema nicht weg zu sehen und jeder Mensch sollte sich daran ein Beispiel nehmen.
Dieses Buch ist ein Beweis dafür, dass man niemals aufhören sollte an das Gute im Menschen zu glauben!!