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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 556 Bewertungen
Bewertung vom 27.07.2025
Wisting und die Tote am Wegesrand / Wistings schwierigste Fälle Bd.1
Horst, Jørn Lier

Wisting und die Tote am Wegesrand / Wistings schwierigste Fälle Bd.1


ausgezeichnet

William Wisting erhält kurz vor Weihnachten eine Anfrage über eine vermisste Person. Die Australierin Michelle Norris unterhält eine Webside, auf der sie und andere User:innen den Mord an Michelles Freundin Ruby Thompson, der im Frühjahr in Spanien verübt wurde, besprechen und gemeinsam versuchen, letztendlich den Mörder zu finden. Eine Userin mit Nickname Astria, die angab, Norwegerin zu sein, hatte sich, nach einer Ankündigung, etwas Interessantes gefunden zu haben, seit über einer Woche nicht mehr gemeldet. Wisting nimmt die Anfrage durchaus ernst, kann aber zunächst nur mitteilen, dass es zu den relativ wenigen Personenangaben keine Unfall- oder ähnliche Nachricht gäbe. Dann wird eine Frauenleiche gefunden.

Die Geschichte wird auf interessante Weise erzählt, es gibt verschiedene Perspektiven, neben Wistings und der seiner Kollegin Maren Dokken, drei weitere, die jeweils mit Usernamen aus dem Forum betitelt werden. Diese stellen, neben den offiziellen, ihre eigenen Ermittlungen an. Eine davon ist Michelle, eine weitere ist Wistings Tochter, die Journalistin Line, die über ihren Vater auf das Forum aufmerksam wurde, die dritte die Spanierin Celia, die bei einer Securityfirma arbeitet, aber ihre Zukunft als Polizeiermitlerin sieht. Michelle und Celia machen sich auf den Weg nach Palamós, wo der Mord an Ruby geschah. Auch Wisting und Maren Dokken führen ihre Ermittlungen dorthin, während auch in Norwegen weiter ermittelt wird.

Ich habe schon einige Romane der Reihe um William Wisting gelesen, alle haben mir sehr gut gefallen, einschließlich diesem. Neben den Ermittlungen haben wir auch teil an seinem Privatleben, das allerdings relativ unspektakulär ist, was es aber gerade so angenehm macht. Er ist verwitwet, Tochter und Enkelin wohnen nebenan, und in diesem Roman verliebt er sich auch ein bisschen. Seine Ermittlungen führt er kompetent, unaufgeregt und mit der nötigen Empathie. Mit seinen Kolleg:innen hat er ein gutes Verhältnis, fördert sie, wenn er kann, wie hier Maren. Insgesamt macht ihn das sehr sympathisch, weswegen ich ihn als Reihenprotagonisten auch sehr schätze.

Die Fälle sind immer interessant und werden nachvollziehbar gelöst. In diesem Band ist am Ende nicht nur das Verschwinden Astrias sondern auch der Mord an Ruby gelöst. Der Roman ist, wie gehabt, nicht nervenzerfetzend spannend, hat aber doch seine ganz eigene Spannung, man will einfach wissen, wer hinter dem Mord an Ruby beziehungsweise dem Schicksal Astrias steckt, auch die Frage nach dem, was Astria Interessantes entdeckt hat, bleibt lange offen.

Die Romane um William Wisting sind alle lesenswert, sie punkten mit einem sympathischen, kompetenten Ermittler und interessanten Fällen, die alle nachvollziehbar gelöst werden. Wer gerne gute Kriminalromane liest, die auch etwas Platz für das Privatleben der Ermittler lassen, ist hier genau richtig.

Bewertung vom 25.07.2025
Das Buch des Teufels / Matthew Shardlake Bd.4
Sansom, Christopher J.

Das Buch des Teufels / Matthew Shardlake Bd.4


ausgezeichnet

London 1543: Roger Elliard, ein langjähriger Freund und Kollege des Anwalts Matthew Shardlake wird ermordet, und Matthew verspricht dessen Witwe Dorothy, den Mörder zu finden. Doch dann stellt sich heraus, dass Roger nicht das einzige Opfer war, und sich Erzbischof Cranmer für die Fälle interessiert, und so ist Matthew bald wieder in dessen Auftrag unterwegs.

Gleichzeitig hat er, der nun am Court of Requestes mittellose Kläger unterstützt, einen brisanten Fall zu bearbeiten, Adam Kite wurde wegen religiösem Wahn nach Bedlam, einer Anstalt für Menschen mit psychischen Störungen, verbracht, In Bedlam ist er tatsächlich auch am sichersten verwahrt, denn in Zeiten, in denen Bischof Bonner Menschen jagt, die sich in seinen Augen ketzerisch verhalten, wäre er sonst schnell von Hinrichtung bedroht. Matthew will aber wenigstens erreichen, dass er in Bedlam nicht schlecht behandelt wird, und bittet außerdem seinen Freund, den Arzt Guy Malton, sich Adam anzuschauen. Guy selbst scheint auch nicht ganz glücklich zu sein, doch vorerst kann Matthew sich nicht damit befassen, zumal auch sein Gehilfe Jack Barak Probleme hat.

Es ist typisch für die Bände dieser Reihe, dass nicht nur der aktuelle Fall behandelt wird, sondern auch im Privatleben des Protagonisten und im historischen Hintergrund allerhand los ist. Historisch gesehen ist dies die Zeit, in der König Heinrich VIII seine sechste Ehe plant. Die Auserwählte, Catherine Parr, spielt neben anderen historischen Persönlichkeiten, wie Bischof Cranmer und den Brüdern Thomas und Edward Seymour, eine nicht unwichtige Rolle in der Geschichte. Ich mag es sehr, wenn die fiktiven und die tatsächlichen historischen so gelungen verknüpft werden wie hier.

Zudem ist Matthew Shardlake ein interessanter Protagonist, er ist klug, kompetent und hat das Herz am rechten Fleck. Immer wieder wird er, sehr zu seinem Leidwesen, in Fälle involviert, die politisch bedeutsam sind, und ihn daher in Gefahr bringen, denn unter Heinrich VIII lebte man nicht ungefährlich, wer heute dessen Freund war, konnte ganz schnell zum Feind erklärt werden und seiner Hinrichtung entgegensehen. Matthew hat außerdem ein körperliches Gebrechen, nämlich einen Buckel, der ihm auf verschiedenen Ebenen Probleme macht, mit dem er sich aber im wesentlichen abgefunden hat, immerhin kann er auf seinen Geist zählen.

Der Fall ist spannend, sehr grausam und passt gut in die Zeit. Man kann miträtseln, wird aber auch immer wieder überrascht. Die Auflösung finde ich nachvollziehbar. Wie immer ist der Roman gut recherchiert, sowie atmosphärisch und bildreich erzählt. Lesenswert sind auch die geschichtlichen Anmerkungen des Autors im Anhang.

Seit Band 1 gehört diese Reihe zu meinen Lieblingsreihen, und das hat sich auch mit diesem vierten Band nicht geändert. Wer gut recherchierte und atmosphärisch überzeugende historische Romane lesen mag, ist hier gut aufgehoben.

Bewertung vom 19.07.2025
Das Ministerium der Zeit
Bradley, Kaliane

Das Ministerium der Zeit


gut

In einer nahen, nicht näher bezeichneten Zukunft gelingt es in Großbritannien, mehrere Personen aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu holen. Diesen werden Personen zur Seite gestellt, die sie begleiten sollen, denn keiner weiß, wie der Transfer auf die Menschen wirkt.

Eine dieser Personen ist die namenlose Ich-Erzählerin, diese kümmert sich um Graham Gore, einem Mitglied der Franklin-Expedition und eine tatsächliche historische Persönlichkeit. Wie die anderen sogenannten Expats gilt er in der Vergangeheit als verstorben.

Der Roman hat zehn Kapitel, wobei, eigentlich sind es zwanzig, denn jede Kapitelnummer gibt es zweimal, einmal, in römischen Ziffern, geht es in die Vergangenheit, wo man zunächst Graham Gore begleitet, später dann erfährt, was nach seinem Tod beziehungsweise Transfer in Zusammenhang mit der Expedition weiter passiert ist. Die Kapitel mit den arabischen Ziffern erzählen, was in der Gegenwart passiert, und zwar, wie schon erwähnt aus der Perspektive der Begleiterin Graham Gores. Hin und wieder, allerdings nicht sehr oft, spricht die Ich-Erzählerin jemand direkt mit „Du“ an, wobei ich als Leserin mich davon nicht angesprochen fühlte, und auch am Ende ist mir nicht ganz klar, wer „Du“ sein soll.

So sind diese beiden die Hauptcharaktere, man lernt aber auch andere Charaktere näher kennen, zum Beispiel die anderen Expats, und erfährt auch, wie diese, die immerhin aus verschiedenen Jahrhunderten (17. bis 20. Jahrhundert) stammen, untereinander agieren und jeweils mit der Situation klar kommen. Das fand ich recht interessant und auch nachvollziehbar erzählt.

Erlebt man zunächst nur mit, wie sich die veränderten Umstände auf alle auswirken, und wie mit den Expats umgegangen wird, die im Grunde ein Experiment sind, kommt es in der zweiten Hälfte zu einer Wendung, die lebensgefährlich wird.

Verzichten hätte ich auf die Liebesgeschichte können, die sich zunächst nur andeutet, später nicht nur greifbarer, sondern dann auch zu ausführlich erzählt wird. Leider hat mich da schon, etwa ab dem letzten Viertel, die Geschichte etwas verloren, danach dann immer mehr. Gegen Ende erschien sie mir immer weniger nachvollziehbar.

Mir hat die Geschichte leider nicht durchgehend gefallen, zunächst fand ich sie recht originell, doch gegen Ende verlor sie in meinen Augen immer mehr an Logik. Schade, da wurde einiges an Potential verschenkt. Da ich den Roman recht lange ganz gut fand, vergebe ich noch 3 Sterne.

Bewertung vom 17.07.2025
Das geheime Zeichen
Calden, Saskia

Das geheime Zeichen


sehr gut

In einem Keller werden eingemauerte menschliche Überreste gefunden. Kriminalkommissarin Evelyn Holm übernimmt den Fall, der sie bald in ihre eigene Vergangenheit zu führen scheint.

Erzählt wird der Roman aus zwei Perspektiven, beide in Ich-Form. Eine davon ist die Evelyns, dieses Geschehen findet in der Gegenwart statt und wird daher auch im Präsens erzählt. Evelyn Holm ist die Protagonistin einer Buchreihe, dieses ist ihr dritter Fall. Für mich ist es der erste, doch mir war schnell klar, dass ich auch die beiden Vorgängerbände lesen möchte. Die zweite Perspektive ist die Violas, diese spielt 30 Jahre in der Vergangenheit, daher auch im Präteritum erzählt. Viola ist eine Künstlerin, die bisher nicht von ihrer Kunst leben kann. Durch eine alte Schulfreundin erhält sie die Gelegenheit, einem exklusiven Club beizutreten, in dem sich die Mitglieder untereinander fördern. Schon bald hat sie erste Erfolge, erlebt aber auch die Schattenseiten der Mitgliedschaft. Beide Perspektiven bauen jeweils eigene Spannung auf.

Der Roman ist von Beginn an interessant und sehr spannend, und lässt sich zügig lesen. Natürlich fängt man schnell an zu spekulieren, die Autorin baut viele Spuren ein, aber manche sind auch Sackgassen, vieles ist unvorhersehbar und es gibt einige Wendungen, auf die man wohl selbst kaum gekommen wäre, so dass auch Genreprofis überrascht werden können.

Ein Manko war für mich, dass mir die Charaktere nicht nahe kamen, auch die beiden Ich-Erzäherinnen nicht. Für mich blieben sie eher blass, die Charakterzeichnungen gingen wenig in die Tiefe, so dass ich auch relativ emotionslos blieb. Gepackt hat mich aber die spannende und kaum vorhersehbare Story, so dass ich am Ende den Roman zufrieden zu geklappt habe, denn schließlich sind alle Fäden verknüpft und die Auflösung ist nachvollziehbar.

Der Roman ist sehr spannend, ihn aus der Hand zu legen fiel schwer, vor allem auch wegen der vielen unerwarteten Wendungen. Leider kamen mir die Charaktere nicht nahe, so dass ich auch nur bedingt mitfühlen konnte. Das hat aber der Geschichte und ihren Geheimnissen für mich nur recht wenig Abbruch getan, einen Stern ziehe ich dafür aber ab. Wer gerne spannende und wendungsreiche Thriller liest, sollte zugreifen.

Bewertung vom 12.07.2025
Beeren pflücken
Peters, Amanda

Beeren pflücken


ausgezeichnet

Eine Mi‘kmaq-Familie aus Nova Scotia fährt jedes Jahr in der Saison nach Maine Beeren pflücken. 1962 verschwindet dort die vierjährige Tochter Ruthie spurlos.

Man kann sich vorstellen, dass das das Leben der gesamten Familie beeinträchtigt. Erzählt wird der Roman aus zwei Perspektiven. Eine davon ist Joes. Er ist der jüngste Sohn, damals 6 Jahre alt, und der letzte, der Ruthie gesehen hat. 50 Jahre später ist er schwerkrank und erzählt sein Leben, das geprägt ist von Trauer, Schuldgefühlen und Wut, letztere nach einem zweiten Schicksalsschlag für die Familie manchmal kaum noch in den Griff zu bekommen. Immer wieder rückt auch in den Fokus, dass die Familie indigen ist, und daher auch, vor allem in den ersten Jahrzehnten der Handlung unter Rassismus zu leiden hat.

Die zweite Perspektive ist die Normas, die überbehütet in den USA aufwächst, unerklärliche Träume hat, und unter einer dominanten Mutter leidet, die sie trotz allem liebt. Wieso Norma Teil der Geschichte ist, wird relativ schnell klar, jedenfalls uns Leser:innen, sie selbst erfährt die Wahrheit über sich erst in reifem Alter.

Der Roman ist das Debüt der Autorin, was man kaum glauben kann, so ausgereift erscheint die Geschichte. Amanda Peters hat selbst indigene Wurzeln, aber auch ohne dieses Wissen erscheint die Geschichte sehr authentisch, erzählt wird atmosphärisch und bildhaft, die Charakterzeichnungen gehen in die Tiefe, ich bekam schnell einen Draht zu den Protagonist:innen und ihrem Umfeld, fühlte stark mit. Die Situation in denen sie sich befinden, ist im Grunde grauenhaft, man will gar nicht darüber nachdenken, wie es einem selbst gehen würde, in einer solchen Situation, tut es aber natürlich trotzdem. Andererseits ist es aber auch die Geschichte einer Familie, die sich liebt, die hofft und letztlich zusammenhält.

Der Roman erzählt aber nicht nur etwas über eine traumatisierte Familie, sondern gibt auch ein Gesellschaftsbild ab. Dass dieses durchaus noch aktuell ist, gibt dem Ganzen zusätzliche Bedeutung.

„Beeren pflücken“ ist für mich ein weiteres Jahreshighlight, ich bin sehr gespannt auf weitere Werke der Autorin und wünsche diesem Roman viele Leser:innen, weswegen ich ihn uneingeschränkt empfehlen möchte.

Bewertung vom 11.07.2025
Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4


ausgezeichnet

Wien, 1896: Julia Wolf arbeitet jetzt für das Neue Wiener Journal, das sie zur Premiere der Zaubershow Charles Bantons schickt, um einen Artikel zu schreiben. Die Aufführung ist tatsächlich aufsehenerregend, vor allem aber dadurch, dass der Trick der zersägten Jungfrau scheitert, und die Frau wirklich zu Tode kommt, wie sich herausstellt, durch Manipulation. Leopold von Herzfeldt übernimmt die Ermittlungen und trifft nach längerer Zeit wieder auf Julia.

Auch der Totengräber Augustin Rothmayer wird, natürlich, erneut involviert, sein Wissen ist nicht nur von Leo gefragt, mit dem zusammen er an einem neuen Buch arbeitet. Julia erhält Hinweise, dass auf dem Prater Frauen verschwinden, und bittet Augustin, sich dort einmal umzuhören. Und auch dessen Pflegetochter Anna bleibt nicht außen vor, denn sie macht eine verstörende Entdeckung.

Da sind sie also alle wieder zusammen, die liebgewonnenen Charaktere der Reihe, und natürlich treten auch noch einige weitere auf, wie zum Beispiel Leos Kollegen und seine Zimmerwirtin. Darüber hinaus gibt es, gerade auf dem Prater eine ganze Reihe weiterer interessanter Personen, nette und weniger nette.

Überhaupt ist der Prater ein tolles Setting, das viel bietet, und Erinnerungen weckt. Wer ist, oder war es als Kind, nicht gerne auf dem Rummel. Ich fühle mich dort auch heute noch wohl, und konnte mir daher alles sehr gut vorstellen, auch wenn es sich hier um den historischen Prater handelt, die Gerüche und Geräusche hat man dennoch in Ohr und Nase. Auch sonst stimmt das Lokalkolorit und die Atmosphäre im gesamten Roman.

Leider gibt es dieses Mal keine Auszüge aus Augustins neuem Buch, wir dürfen aber an ein paar Experimenten und an Gesprächen mit Leo über das Buch teilnehmen, so dass man doch einen Eindruck bekommt. Schade finde ich es dennoch.

Die Geschichte ist wieder sehr spannend, man darf mitraten, und mit und um die Charaktere zittern. Erzählt wird wie gewohnt aus verschiedenen Perspektiven, so dass man alles umfänglich miterlebt. Auch das Privatleben spielt seine Rolle, so in Bezug auf die Beziehung zwischen Leo und Julia, und Augustin hat seine Probleme mit Anna, die langsam in die Pubertät kommt. Die Weiterentwicklungen im Privatleben gefallen mir sehr gut, denn die Protagonist:innen sind mir ans Herz gewachsen, und ich möchte sie nicht nur im Kriminalfall begleiten.

Am Ende ist fast alles gut zu Ende gebracht, ich hätte mir nur noch die Antwort auf eine Frage gewünscht, nämlich nach den Hintermännern in einem der Fälle. Sicher ist es schwierig, diese zu erwischen, aber wenigstens einen hätte ich gerne erwischt gesehen.

Natürlich gibt es auch wieder eine Karte, ein Personenverzeichnis, ein Glossar der Wiener Ausdrücke und ein lesenswertes Nachwort des Autors.

Die Reihe ist mir vom ersten Band an ans Herz gewachsen, und das hat sich auch mit diesem vierten nicht geändert. Ich hoffe, der Totengräber ermittelt noch recht lange. Wer die Reihe mag, sollte hier wieder zugreifen, Neueinsteigern empfehle ich, bei Band 1 einzusteigen.

Bewertung vom 06.07.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

London 1901: Vor seinem Büro im Temple- Bezirk findet Barrister Gabriel Ward die Leiche des Lordoberrichters Norman Dunning. Da im Temple eigenes Recht gilt, wird die Polizei vorerst von den Ermittlungen ausgeschlossen, und Gabriel damit beauftragt. Dem passt das gar nicht, nicht nur, weil er sich auf einen baldigen Gerichtstermin vorbereiten muss.

Gabriel Ward habe ich innerhalb weniger Seiten ins Herz geschlossen. Er ist ein besonderer Mensch, hochintelligent, sehr belesen, und hat das Herz am rechten Fleck, er hat aber auch mit Zwangshandlungen und Ängsten zu tun, so war er schon lange nicht mehr außerhalb des Temple, wo er nicht nur arbeitet, sondern auch lebt, muss ihn nun aber verlassen, um die eine oder andere Frage stellen zu können. Zum Glück wird ihm Maurice Wright, ein Constable der Londoner Polizei, zur Seite gestellt, der ihm gute Dienste leisten kann.

Es hat mir wirklich Spaß gemacht, Gabriel bei seinen Ermittlungen zu begleiten, und er wuchs mir mit jeder Seite mehr ans Herz, manchmal ist es wirklich schade, dass jemand keine reale Persönlichkeit ist, die man tatsächlich treffen könnte. Nicht nur ihr Protagonist, auch andere Charaktere sind der Autorin sehr gut gelungen, neben Maurice hat mir auch die Schwester des Toten, Theodora Dunning, sehr gut gefallen, die selbst gerne als Juristin gearbeitet hätte, was ihr aber wegen ihres Geschlechts verwehrt wurde..

Auch das Setting spricht mich sehr an. Obwohl ich schon einige historische Kriminalromane gelesen habe, die in London spielen, ist der Temple mir bisher fremd geblieben. Hier erfährt man nun einiges über ihn, das zum großen Teil auch der Wahrheit entspricht, wie man dem Nachwort der Autorin, die selbst dort arbeitet, entnehmen kann, und das auch heute noch zum Tragen kommt. Natürlich hat mich das direkt auch zum Weiterrecherchieren verführt. Es gibt eine Karte zu Beginn des Romans, aber ich fand schon die Beschreibung in der Geschichte selbst so gut, dass ich mir alles vorstellen konnte.

Im Grunde hat Gabriel zwei Fälle zu klären, den Mord an Dunning, und den Urheberrechtsprozess, den er vor Gericht austragen muss. Durch diesen kommt neben Gabriels eine zweite Perspektive ins Spiel, die des Verlegers Herbert Moore, den Gabriel vor Gericht vertritt. Auch in ihn konnte ich mich gut einfühlen. Beide Fälle sind sehr interessant und werden am Ende nachvollziehbar gelöst. Ich hoffe sehr, dass dieser Roman der erste einer langen Reihe sein wird, ich möchte Gabriel und die anderen Charaktere unbedingt wiedertreffen.

Der Roman hat mich von Anfang an gepackt, er punktet mit einem besonderen, sehr überzeugenden Protagonisten, einem interessanten Setting und zwei spannenden Fällen, die nachvollziehbar gelöst werden. Ich hoffe auf weitere Bände!

Bewertung vom 05.07.2025
Konklave
Harris, Robert

Konklave


sehr gut

Der Papst ist tot, ein neuer muss gewählt werden. Kardinal Lomeli hatte eigentlich aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt eingereicht, doch den hatte der Papst nicht angenommen, und so muss er nun als Dekan das Konklave organisieren und leiten. Das ist leichter gesagt als getan, nicht nur taucht plötzlich ein Kardinal auf, den bisher keiner kannte, den der Papst aber nachweislich, wenn auch im geheimen, ernannt hatte, es gibt auch einige Informationen, die die Papstwahl beeinflussen könnten, und Lomeli muss sehen, wie er damit umgeht. Naja, Hauptsache, er wird nicht selbst zum neuen Papst gewählt …

Erst neulich gab es wieder ein Konklave, und so habe ich mich entschlossen, den Roman, der bereits 2016 erschienen und letztes Jahr verfilmt wurde, und der schon länger auf meinem Stapel ungelesener Bücher ruht, endlich auf meinen Bookseat zu setzen. Ich hatte hohe Erwartungen, die leider nicht ganz erfüllt wurden.

Von den 118 Kardinälen, die hier am Konklave teilnehmen, lernt man, wie zu erwarten, nur eine Handvoll kennen, darunter natürlich Lomeli, aus dessen Sicht der Roman geschrieben ist, dazu die aussichtsreichsten Kandidaten, darunter Kardinal Adeyemi aus Afrika, der der erste Schwarze Papst wäre, und, natürlich, Vincent Benitez, der Kardinal, der erst in letzter Minute unerwartet auftaucht. Diese sind alle gut gezeichnet, im wesentlichen aber aus Lomelis Sicht subjektiv gefärbt. Man kann sie sich gut vorstellen, zum Glück habe ich den Film noch nicht gesehen, so dass ich mir eine eigene Vorstellung machen konnte.

Über den Ablauf eines Konklaves hatte ich bisher wenig gewusst, wenig mehr, als dass nach jedem Wahlgang entweder schwarzer oder weißer Rauch erscheint, letzterer wenn die Wahl abgeschlossen ist. Hier nun habe ich eine gute Vorstellung davon bekommen. Da der Autor, wie er im Nachwort schreibt, auch mit Personen aus dem Vatikan gesprochen hat, darunter auch jemandem, der an einem Konklave teilgenommen hat, denke ich, dass er das Ganze recht authentisch dargestellt hat.

Lomeli wurde mir relativ schnell sympathisch, so dass ich mich gut in den Roman einfühlen konnte. Leider empfand ich die Geschichte nicht sehr spannend. Am interessantesten waren noch die Fragen rund um Benitez, jedoch hatte ich hier recht schnell eine Ahnung, die sich am Ende auch als richtig erwies, mir hat aber gefallen, wie damit umgegangen wurde.

Der Roman hat mir eine gute Vorstellung davon vermittelt, wie ein Konklave abläuft, und hat ein paar mehr oder weniger erwartbare Überraschungen auf Lager. Dennoch empfand ich ihn als nicht sehr spannend, so dass er meine Erwartungen nicht ganz erfüllt hat. Ich vergebe 3,5 Sterne, die ich, wo nötig, aufrunde.

Bewertung vom 02.07.2025
Patricia Peacock und das Phantom in der Oper (eBook, ePUB)
Crockham, Tiffany

Patricia Peacock und das Phantom in der Oper (eBook, ePUB)


sehr gut

Ägypten, 1920er Jahre: Patricia Peacock und ihr Ehemann John werden von einer Horde Fans belagert, denn sie sind seit neuestem Hauptfiguren in einem Roman. Nach und nach wird die Situation regelrecht gefährlich, und so sind die beiden damit einverstanden, incognito in der Kairoer Oper zu ermitteln, denn anscheinend ist die dort gerade auftretende Diva Brunella Carvalotti in Lebensgefahr.

Der vierte Band der Reihe ist leider der bislang letzte. Nachdem schon früher die Autorin selbst aufgetreten ist, hat sie jetzt die damaligen Ereignisse zu einem Roman verarbeitet, der nun von der Kairoer Damenwelt verschlungen wird. Zum Glück gefällt mir dieser Band auch wieder besser als der Vorgänger, der dann wohl doch nur ein Ausreißer war.

In der Oper geht es, wie zu erwarten, drunter und drüber, zum einen, weil die Diva alles andere als einfach ist, zum anderen, weil Patricia und John auch Sir Tiny mitgebracht haben, der beinahe von Fans entführt wurde. Wer die Reihe bisher noch nicht kennt, sei gesagt, dass sich hinter Sir Tiny eine riesige Dogge mit kindlichem Gemüt verbirgt, die eine wesentliche Rolle in der Reihe spielt. Man sieht, auch Humor spielt hier eine Rolle.

Am Ende ist der Fall natürlich zufriedenstellend geklärt, und Patricia, John und Tiny können wieder nach Hause, wo sie schon eine Überraschung erwartet. Eigentlich stände einem fünften Band nichts im Wege.

Band 4 hat mir wieder besser gefallen, ich musste schmunzeln und wurde gut unterhalten.

Bewertung vom 01.07.2025
Käthe Kruse und die Träume der Kinder / Die Puppen-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)
Peters, Julie

Käthe Kruse und die Träume der Kinder / Die Puppen-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Katharina Simon wird 1883 unehelich geboren. Die Mutter bringt sich und ihre Tochter mühsam mit Näharbeiten durch, dem Vater ist seine legitime Familie wichtiger. Katharina wird Schauspielerin, kann nun auch für ihre Mutter aufkommen. Dann lernt sie den Bildhauer Max Kruse kennen und lieben. Der allerdings will kein weiteres Mal heiraten, und so wird auch Katharina eine ledige Mutter, die zudem nicht weiter am Theater arbeiten kann. Der Weg zur berühmten Puppenmacherin, als die wir sie heute kennen, ist für Katharina, die von Max Käthe genannt wird, noch weit.

Käthe Kruse, ein Name, den wahrscheinlich viele kennen, mit ihren Puppen wurde sie berühmt. Viel mehr, als dass sie Puppen machte, wusste ich von ihr bisher nicht, und war sehr erstaunt, was für ein interessantes, wenn auch oft nicht einfaches, Leben sie führte. Der Roman endet 1911 es gibt noch eine Fortsetzung, auf die ich schon gespannt bin.

Julie Peters gelingt es sehr gut, die Charaktere lebendig zu machen, ich fühlte mich schnell in sie ein. Der Roman beginnt bereits damit, dass Christiane Simon, Katharinas Mutter schwanger ist, und von ihrem Geliebten bis zur Geburt aufs Land geschickt wird, So llernt man auch sie schon gut kennen und erlebt mit ihr Höhen und Tiefen. Nach Katharinas Geburt tut sie alles dafür, dass ihre Tochter ein besseres Leben bekommt, man kann sich vorstellen, wie entsetzt sie ist, als diese anscheinend in ihre Fußstapfen tritt. Katharina, die erst Max erlaubt, sie Käthe zu nennen, ich verwende daher in dieser Rezension ihren ungekürzten Namen, ist klug und weiß, was sie will, doch die Liebe schlägt ihr ein Schnippchen. Max Kruse ist Künstler und setzt auf ein freies Leben, doch Katharina und seine Kinder sind ihm auch wichtig. Alle drei haben letztlich ihr Päckchen zu tragen, wenn auch die Frauen ein doch schwereres.

Erzählt wird sehr anschaulich, größtenteils aus Katharinas Perspektive, hin und wieder aber auch aus der Christianes oder Max‘. Sehr gut dargestellt finde ich auch Katharinas Bemühungen eine besonders kindgerechte Puppe zu entwerfen.

Ich empfand den Roman als sehr gut lesbar, und dabei berührend, interessant und auf gewisse Weise auch spannend, für mich ist er eine angenehme Überraschung gewesen, da ich über die Künstlerin so gut wie nichts wusste, hatte ich auch nur normale Erwartungen, auch wegen des doch etwas kitschigen Titels, die schnell übertroffen wurden.

Käthe Kruse war nicht nur eine bekannte Puppenmacherin, sondern führte auch ein interessantes, nicht immer einfaches Leben. Julie Peters Roman hat mir sehr gut gefallen und mir die Frau und ihre Familie sehr nahe gebracht.