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seschat
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Bewertungen

Insgesamt 933 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2025
Akadämlich
Zümrüt Gülbay-Peischard

Akadämlich


ausgezeichnet

Die Juraprofessorin Zümrüt Gülbay-Peischard spricht mir mit ihrem Buch über die sog. Bildungselite aus der Seele. Der Titel ist Programm und alles andere als eine Momentaufnahme. Gülbay-Peischard arbeitet seit 30 Jahren an Universitäten und ist Zeugin der Bildungsmisere in der Gruppe der Studenten. Leistungsschwach, unmotiviert, beratungsresistent und stark von sich selbst überzeugt möchte ein Großteil der Abiturienten von heute akademische Titel im Vorbeigehen erlangen. Mit Kritik und schlechter Benotung können viele nicht mehr umgehen und verklagen die Dozenten bzw. schicken ihre Eltern vor, ohne sich einmal selbst zu hinterfragen. Quo vadis Deutschland? Im einstigen Land der Dichter und Denker ist die Universität schon lang nicht mehr die Fachkräfteschmiede. Die Autorin kam als Gastarbeiterkind nach Deutschland musste sich ihre Bildung in Berlin-Wedding hart erarbeiten. Inwiefern in der heutigen Studentengeneration Anspruchshaltung und Wirklichkeit auseinanderdriften, davon legt Gülbay-Peischard schonungslos Zeugnis ab. Sie deckt auf und prangert an, wo andere Unikollegen im Sinne der Bewertung lieber wegschauen. Oft habe ich während der Lektüre zustimmend genickt, aber auch ungläubig den Kopf geschüttelt. Was bin ich froh, dass ich meine Studienzeit Anfang der 2000er abgeleistet habe, als Leistung und gute Abschlüsse noch in Mode war. Wer dieses Sachbuch liest und wie ich im Bildungssektor tätig ist, kann der Autorin nur zustimmen, wenn sie von einer Bildungsmisere bzw. einen Bildungsabstieg spricht. Gülbay-Peischard stellt aber nicht nur fest, sondern gibt auch Lösungsvorschläge. Es bleibt zu hoffen, dass dieser ehrliche Tatsachenbericht eine breite Leserschaft finden wird. Denn nicht mehr als unsere Zukunft steht auf dem Spiel. Mit dem Erscheinen in der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste ist schon ein erster Schritt gemacht. Ich danke Frau Prof. Zümrüt Gülbay-Peischard für ihre Offenheit und ihren Mut.

Bewertung vom 19.04.2025
Tabu
Bonelli, Raphael M.

Tabu


ausgezeichnet

Ich habe das Buch "Tabu" mit Gewinn gelesen, weil es sich mit einem aktuell brisanten Thema ohne Scheuklappen auseinandersetzt. Was kann man heute noch sagen, ohne gleich an den Pranger gestellt und als Schwurbler tituliert zu werden? Der Psychiater Raphael M. Bonelli wählt als Einstieg in sein konzises Büchlein die Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance bei der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2025. Für seine Worte wurde Vance in den deutschen Medien auf vielfältige Weise kritisiert, weil er es gewagt hat, Tabus anzusprechen. Wer sich in der Öffentlichkeit kritisch über Themen wie Migration, Corona oder Klima äußert, wird per se verurteilt. Doch lebt Demokratie nicht gerade vom Austausch und der Meinungsvielfalt? Bonelli orientiert sich am Puls der Zeit und mahnt zum Wandel. Die gegenwärtige dysfunktionale Tabugesellschaft sei ein Rückschritt. Ich gehe mit dem Autor in allen Punkten konform und stelle ihn in eine Reihe von Verfechtern des offenen gesprochenen Wortes wie Peter Hahne, Constantin Schreiber oder Monika Gruber. Gleichwohl Bonelli mehr in der Sache und weniger zugespitzt argumentiert. Ferner legt dieses Buch auf brillante Weise Zeugnis davon ab, wie das Wort Tabu entstanden ist und wie sich dieses Konstrukt des Verbotenem bis heute fortentwickelt hat. Ich kann die Lektüre dieses erhellenden und wie klar formulierten "Wachmachers" nur jedem empfehlen. Nicht ohne Grund findet sich Bonellis Tabu-Buch momentan auf der Spiegel-Bestsellerliste. Getreu dem Motto: "Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden."

Bewertung vom 14.04.2025
Felisa et Roma obscura - Felisa und das finstere Rom
Merten, Dr. Sabine

Felisa et Roma obscura - Felisa und das finstere Rom


ausgezeichnet

Ich habe den zweiten lateinisch-deutschen Lernkrimi von Dr. Sabine Mertens wieder mit Gewinn gelesen. Als große Lateinenthusiastin gefällt mir diese moderne Art des Lateinlernens ungemein. Gern hätte ich in meiner Schulzeit Latein auch so spielerisch gelernt.

Die Buchreihe um die Straßenkatze Felisa verfügt mit seinen grünen Covern nicht nur optisch über einen hohen Wiedererkennungswert. Hauptfigur Felisa ist und bleibt eine Sympathieträgerin. Ihre Neugier und ihr Mut machen sie zur perfekten Abenteurerin. Dieses Mal streift sie mit ihren poetischen Katzenfreund Naso durch die Gassen Roms zu Zeiten Kaiser Augustus'. Dabei taucht sie u.a. in den Schulalltag in der Subura ein und deckt einen Mordkomplett um den ersten römischen Kaiser auf. Auch trifft sie auf andere Artgenossen mit Gladiatorambitionen, was den Unterhaltungswert steigert. Als besonders gelungen empfand ich die Einbindung der lateinischen Grammatik inklusive einfacher Satzkonstruktionen in den sonst deutschen Fließtext. Mittels 35 kleiner Übungen konnte man sein Wissen über Präpositionen, Verbkonjugation und Kasusformen, also typisches lateinisches Grundwissen, testen. Die Lösungen sind alle am Buchende inklusive Glossar abgedruckt. Die Illustration und die Vielschichtigkeit des Krimis haben mir sehr gefallen. Als Kennerin der Materie kann ich sagen, die Zielgruppe wird im Buch optimal angesprochen und sogar kulturell gebildet. Das Textniveau (= 1./2. Lernjahr) passt. Hierbei finde ich die Mischung aus deutschen und lateinischen Textpassagen sehr ausgewogen. Einziger Kritikpunkt sind für mich die Vokabeln. Hier hätten im Glossar alle im Text genannten Vokabeln aufgeführt werden müssen. Das hilft all jenen Lesern/Lernern, deren Wortschatz noch nicht so ausgeprägt ist. Nichtsdestotrotz ist für mich auch das zweite Romabenteuer von Felisa eine Punktlandung. Und einen Ausblick auf den dritten Band hat die Autorin auch schon gegeben.

Bewertung vom 06.04.2025
The Fake Out - Sie will ihr Leben in den Griff bekommen ... aber ist er die Lösung?
Peterson, Sharon M.

The Fake Out - Sie will ihr Leben in den Griff bekommen ... aber ist er die Lösung?


ausgezeichnet

Ab und an lese ich gern eine Romcom, um vom Alltag abzuschalten. Sharon M. Peterson hat mit "The Fake Out" eine wirklich süße Story verfasst, in der es zugleich realistisch und idealistisch zugeht. Die beiden Hauptcharaktere Mae und Chris könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Chris ein gefeierter NFL-Star ist, arbeitet Mae jeden Tag hart für ihre kranke Mutter. Sie ist mit Leib und Seele Bibliothekarin in der texanischen Kleinstadt Two Harts. Hier lernt sie auch Chris kennen, als dieser in der Sachbuchabteilung ein Nickerchen hält. Was sie noch nicht weiß, der Footballer liebt genau wie sie Liebesromane und prompt überredet er sie zu einem Buchclub. Und aus Freundschaft wird gar eine Fake-Verlobung. Blöd nur, wenn die Emotionen bei jeder Gelegenheit ungeplant Achterbahn fahren und Chris sich als einfühlsamer wie hilfsbereiter Mann erweist. Ich mochte vor allem den verbalen Schlagabtausch zwischen beiden und Chris' wirklich platte Flirtsprüche. Allein für diese Sprüche hätte die Autorin schon einen Preis verdient :-) Auch Chris' Schwestern und Maes beste Freundin waren nicht minder unterhaltsam. Die Gefühle zwischen Mae und Chris entwickeln sich zwar langsam, sind aber zutiefst echt. Beide haben Schicksalsschläge zu verarbeiten. Und natürlich wartete die Handlung kurz vor Schluss noch mit einem kleinen Drama auf. Alles in allem fand ich Petersons Roman sehr unterhaltsam. Ihr lockerleichter Schreibstil las sich flüssig und leicht. Das leicht kitschige Cover tut der in sich stimmigen Story keinen Abbruch.

Bewertung vom 31.03.2025
Die Melodie der Lagune
Constable, Harriet

Die Melodie der Lagune


ausgezeichnet

"Die Melodie der Lagune" ist ein Historienroman, der ab der ersten Seite meine Neugier geweckt hat. Einerseits spielt die Geschichte von Anna Maria della Piéta in Venedig des 18. Jahrhunderts und andererseits handelt es sich um ein weibliches Musiktalent, das beim berüchtigten Teufelsgeiger Paganini lernte. Letzteres erstaunt, da man aus der Überlieferung eher männliche Musikgrößen oder -wunderkinder kennt. Die dramatischen Umstände ihrer Geburt, ihr Aufwachsen im Waisenhaus sowie ihr Könnensbewusstsein lasen sich spannend und berührend zugleich. Ich habe mich durch die bildreichen wie realistischen Beschreibungen von Harriet Constable gut in die Szenerie hineinfühlen können. Hauptfigur Anna Maria ist ihrer Zeit voraus und ein starkes Frauenzimmer. Als Synästhetikerin verbindet sie Musik mit Farben und träumt lebhaft. Lang hat mich ein Historienroman nicht mehr so mitgerissen, so dass ich das Buch bei der Lektüre kaum weglegen konnte.
Auch das Buchcover passt atmosphärisch perfekt zur Grundstimmung. Das dunkle Lagunenwasser und der Einblick auf den Markusplatz in Notenschlüsselform haben mich sofort magisch angezogen. Alles in allem ein rundum lesenswertes Buch, das mich im Ganzen verzaubert hat.

Bewertung vom 26.03.2025
Das Zeitalter des magischen Zerdenkens. Notizen zur modernen Irrationalität
Montell, Amanda

Das Zeitalter des magischen Zerdenkens. Notizen zur modernen Irrationalität


gut

Ich fand Amanda Montells Sachbuchidee und das dazugehörige auffällige Cover auf Anhieb spannend. Stilistisch bzw. farblich spricht das leicht psychodelisch designte Cover wohl eher die weibliche Leserschaft an. Inhaltlich kann ich diesen Eindruck nur bestätigen, denn die amerikanische Sachbuchautorin berichtet in ihrem Buch von persönlichen Erfahrungen wie aktuellen Studien. Montell gehört der sog. Generation Z an und hat viele Methoden, wie Streichelzoo oder Meditation, ausprobiert, um das tägliche Gedankenkarussell zu stoppen. Durch den anhaltend hohen Medienkonsum und die damit verbundene Informationsflut kommt nicht nur die Autorin psychisch nicht mehr mit. Verzerrungen bzw. eigene Denkgebäude machen krank und anfällig für einfache Erklärungsmodelle, so Montell. Wir lassen uns immer mehr von äußerlichen Trends beeinflussen und denken dabei weniger nach. So weit dürfte das Sujet bekannt sein. Die Umsetzung konnte mich trotz Montells selbstironischer Sprache hingegen nicht überzeugen. Das lag vor allem an den wenig strukturierten und mit Fakten überfrachteten Kapiteln. Unter den langatmigen Ausführungen litt die Lesbarkeit gravierend. Natürlich gab es auch starke Momente, nämlich immer dann, wenn Montell über die eigene Kindheit und toxische Beziehungen plauderte. Auch ihre Selbstkritik in Sachen falsche Vorbilder und Schönheitswahn zeigte Reife. Es gab viele psychische Fachbegriffe zu entdecken und von der Bezeichnung "Frenemy" habe ich sogar das erste Mal gehört. Also konnte ich auch etwas dazulernen. Zusammenfassend lässt sich sagen, weniger Details und mehr Fokussierung hätten dem Sachbuch gut getan. Hier wurde Potenzial verschenkt, leider. Montells Gesellschafts- und Zeitstudie verstehe ich nichtsdestotrotz als wichtigen Weckruf.

Bewertung vom 19.03.2025
Acht (un)geplante Tage mit dir
Jack, Vera Conny

Acht (un)geplante Tage mit dir


ausgezeichnet

Was für eine herzzerreißend schöne Geschichte! Vera Conny Jack hat mir mit ihrem Roman "Acht (un)geplante Tage mit dir" das Lesen versüßt.

Worum geht's?
Hazel ist überzeugter Single und reist als Übersetzerin um die Welt. Für ihre beste Freundin Milena springt sie als Reisebegleitung für Milenas Bruder Lukas ein. Beide kennen sich nicht wirklich und sollen jetzt acht Tage gemeinsam in New York verbringen...

Meinung
Vera Conny Jacks Rom Com hat mich auf Anhieb gepackt. Ihre Hauptfiguren - Lukas und Hazel - sind komplett verschieden und zutiefst menschlich. Während Wirtschaftsmathematiker Lukas alles im Voraus plant und keine Sehenswürdigkeit verpassen möchte, lebt Übersetzerin Hazel in den Tag hinein und lässt sich treiben. Von Anfang an ist also Feuer im Spiel und beide geraten mit ihren unterschiedlichen Auffassungen von einem gelungenen Tag im Big Apple natürlich aneinander. Während ihrer Reise erkennen sie aber auch, dass sie sich im jeweils anderen getäuscht haben und gehen einen verhängnisvollen Deal ein. Was in NY passiert, bleibt in NY. Doch dann überwältigt die gemeinsame "glückliche Auszeit" beide.

Die Autorin hat mit Hazel und Lukas zwei ungemein sympathische wie realistische Charaktere geschaffen. Dementsprechend fand ich die Idee, beide die Erzählerrolle zuzugestehen, nur stringent. Ich bin sehr gern mit beiden auf Sightseeingtour in New York gegangen, zumal ich selbst noch nie dort gewesen bin. Dank Jacks versierten Beschreibungen und der abgedruckten Karte im Einband habe ich mich schnell innerhalb der genannten Örtlichkeiten zurechtgefunden. Auch die Kulinarik und die verschiedenen Gesichter des Big Apples, inkl. Glossar am Buchende, kamen nicht zu kurz. Am meisten hat mich der humorige Umgangston, die Offenheit sowie die kindliche Verspieltheit von Hazel und Lukas begeistert. Sie füllen jeden Urlaubstag mit echten Leben, was ungemein ansteckend wirkt, gerade in diesen gegenwärtig düsteren Zeiten. Ich konnte herrlich bei dieser romantischen Lektüre vom Alltag abschalten und mich in Tagträumen verlieren. Also war die Geschichte auch für mich ein Time-out.

Das pastellfarbene Cover korreliert ganz wunderbar mit der lockerleichten Story. Besonders die haptisch erhabenen Bestandteile (u.a. Freiheitsstatue) und das mitgelieferte Lesezeichen trafen meinen Geschmack.

Fazit
Eine rundum gelungene Lektüre über die Leichtigkeit der Liebe, die nachwirkt und einem unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Bewertung vom 16.03.2025
Something Old, Someone New
Rosen, Jessie

Something Old, Someone New


gut

Das Cover von Jessie Rosens Roman fand ich auf den ersten Blick sehr spannend. Es ist mehrfarbig, streifenförmig strukturiert und der Titel spielt eindeutig auf eine Hochzeit an. Doch die Story verlief anders als erwartet.

INHALT

Shea Anderson ist seit 3 Jahren mit ihrem Freund John liiert, der nun den nächste Schritt wagt und ihr einen Heiratsantrag macht. Doch der Verlobungsring aus einem New Yorker Secondhandladen macht Shea Angst. Basierend auf den Aberglauben ihrer italienischen Oma könnte der Ring durch seine Vorbesitzer verflucht bzw. mit schlechtem Karma belegt sein. Daher will Shea erst einmal gar nicht an Hochzeit denken, sondern mehr über Vorbesitzer des Rings und deren (Liebes-)Geschichte erfahren. Was folgt ist ein spontaner Roadtrip von New York über Italien und Portugal nach Boston.

MEINUNG

Jessie Rosens Romanidee hebt sich positiv von den üblichen Liebesromanen ab, indem die Hauptfigur Shea an der Institution der Ehe zweifelt und sich nicht gleich Hals über Kopf in rauschhafte Hochzeitsvorbereitungen stürzt. Im Endeffekt ist der Verlosungsring nur ein Vorwand für ihre eigene Unsicherheit. Durch die unharmonische Beziehung ihrer Eltern ist Shea ein gebranntes Kind in Sachen Ehe. Die ursprünglich nur für zwei Wochen geplante Reise verlängert sich mit jedem neuen Hinweis auf Vorbesitzer XY. Infolgedessen brauchte man als Leser schon Langmut, um bis zum entscheidenden letzten Drittel der Story vorzudringen. Sheas Entwicklung innerhalb des Plots ist einerseits positiv zu bewerten, andererseits negativ. Sie agiert nach meinem Geschmack zu zögerlich und am Ende zu rational. Romantik spielte überhaupt keine Rolle. Obschon Shea gestärkt nach New York zurückkehrt, führt sie mit ihrem Verlobten einen hanebüchenen Eiertanz auf und man fragt sich: Welcher Mann macht so etwas mit? Ich hatte mir ein anderes Ende mit mehr Emotionen und Herzschmerz gewünscht. Rosens unaufgeregte wie flüssige Schreibe machte die Lektüre leicht. Die fremdsprachlichen Einsprengsel haben mir sehr gefallen. Auch die Bezugnahme auf Musiktitel empfand ich als gelungen. Nur mit dem Handlungsverlauf sowie der starken Fokussierung auf die Lebens- und Liebesgeschichten der Ringvorbesitzer konnte ich mich nicht anfreunden.

FAZIT

Ungewöhnlicher Selbstfindungstrip, bei dem Potenzial verschenkt wurde.

Bewertung vom 16.03.2025
Kintsugi

Kintsugi


ausgezeichnet

Der Kintsugi-Ratgeber von arsedition ist das perfekte Vademecum für die herausfordernde Gegenwart.
Ich muss gestehen, dass mich das Cover mit den goldenen Bruchkanten angelockt hat. Ich kannte diese Reparaturkunst und Lebensphilosophie aus Japan vorher nicht. Im Grunde geht es um die Verarbeitung von verletzenden bzw. negativen Ereignissen im Leben. Mithilfe von Gold werden sozusagen Scherben wieder zusammengesetzt. Auf diese Weise kann der Mensch metaphorisch heilen. Innerhalb des Heilungsprozesses sind Achtsamkeit, Geduld und Loslassen unerlässlich. Hierfür bietet der kleine Ratgeber 99 wunderbar illustrierte Tipps, die Kraft geben und die Resilienz fördern. Letztere lassen sich häppchenweise oder fortlaufend lesen. Jede der Anregungen ist kurz formuliert und führt unweigerlich zum Reflektieren. Insgesamt ein wirklich bestärkendes Buch mit ansprechendem Design.

Bewertung vom 16.03.2025
Aliya und die Unendliche Stadt 1
Rifaat, Laila

Aliya und die Unendliche Stadt 1


ausgezeichnet

An sich lese ich nicht so häufig Kinderbücher, aber diese Zeitreisegeschichte aus Kairo ist es absolut wert. Das spektakulär illuminierte Cover ließ mich ad hoc an Aladin bzw. orientalische Märchen denken. Überall glitzert und funkelt es. Auch die Buchseiten sind orientalisch passend gestaltet. Die große Schriftgröße ist Balsam für erwachsene Vielleser.

Die Erzählung der Halbägypterin Laila Rifaat ist eine rundum gelungene Fantasystory um die Waise Aliya Sultan. Sie wächst bei ihrem Großvater Geddo auf und bekommt zu ihrem 11. Geburtstag eine magisches Diamantenkette (s. Buchcover) geschenkt. Was dann folgt ist ein unglaubliches Abenteuer. Aliya reist in die unendliche Stadt (= Infinitum) und findet an der dortigen Schule nicht nur neue Freunde, sondern auch Hinweise auf ihre verstorbenen Eltern. Um in den Kreis der Zeitreisenden aufgenommen zu werden, muss sie allerdings zwei Aufnahmeprüfungen bestehen. Wird Aliya fortan Kairo in den verschiedenen Zeitepochen entdecken dürfen?

Beim Lesen hat mich vor allem Rifaats reiche Fantasie begeistert. Aliya begegnet im Laufe der Handlung u.a. Dschinns, sprechenden Sphingen und unheimlichen Magiern. An Abenteuern im Stil von Aladin und Harry Potter herrscht auf jeden Fall kein Mangel. Daher bin ich förmlich über die 414 Buchseiten geflogen und habe mit der jungen Heldin mitgefiebert. Wie Aliya über sich hinauswächst und gleichzeitig ihre Liebsten verteidigt ist beispielhaft. Darin ist sie das perfekte Vorbild für junge Mädchen. Sprachlich könnten arabische Wörter und bildungssprachliche Begriffe (wie z.B. sakrosankt) für junge Leser eine Herausforderung darstellen. Erwachsenen kann ich die Story der Englischlehrerin Rifaat ebenfalls empfehlen, weil sie diese in die Märchenwelt zurückreisen lässt und damit die eigene Fantasie beflügelt.