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Benutzername: 
Christine
Wohnort: 
Südhessen

Bewertungen

Insgesamt 117 Bewertungen
Bewertung vom 08.03.2024
Das Jahr ohne Sommer
Neumann, Constanze

Das Jahr ohne Sommer


ausgezeichnet

Vom ankommen und doch nicht ankommen

Die Kleinfamilie, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, leben in Leipzig der 70er Jahre. Für die kleine Tochter ist die Welt in Ordnung. Ihr kleines Umfeld, Wohnung, Kita, die Großeltern, ist für sie die ganze Welt. Noch vermisst sie nichts. Ihre Eltern dagegen vermissen sehr viel, z.B. die Freiheit zu Reisen, die Freiheit zu leben, wie sie es wollen. Also entschließen sich die Eltern zur Flucht aus der DDR. Doch das geht gehörig schief. Die Eltern landen im Gefängnis, das Mädchen erst im Kinderheim und dann bei den Großeltern. Nach zwei Jahren werden die Eltern von der BRD freigekauft und nach einigem hin und her darf die Tochter ebenfalls ausreisen. Sie landen in Aachen. Soweit weg, wie es nur geht, von der deutsch-deutschen-Grenze.

Das Buch handelt von der Zerrissenheit zwischen zwei Welten. Vom ankommen und doch nicht ankommen. Vom anders sein und auch davon, dass es am Ende nicht so wird, wie man es erwartet, wie man es erhofft hat. Und von dem Preis, den man dafür bezahlt hat.

Ich frage mich, wie viel ihrer eigenen Biographie in den Seiten diese Buches wohl steckt. Mich hat es auf jeden Fall sehr berührt. Eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.02.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück


ausgezeichnet

Ein Pageturner, nur das Ende ist etwas enttäuschend

3 Freunde. Ein Fremder. Eine Wanderung unter extremen Bedingungen in Nordschweden. Das ist das Rezept für einen sehr spannenden Thriller.

Die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Melina wollen, wie jedes Jahr, eine gemeinsame mehrtägige Wanderung unternehmen. Dieses Mal bringt Melina zum ersten Mal einen Freund mit – Jacob. Begeistert sind Anna und Henrik nicht davon, lassen sich aber darauf ein. Anfänglich scheint es auch gut zu funktionieren. Doch Jacob drängt die drei Freunde ihre Pläne zu ändern und damit bringen sie sich in Gefahr.

Der Haupterzählstrang beschreibt den Ausflug aus Sicht von Anna. Zwischendrin gibt es immer wieder kleine Einschübe in Form einer Zeugenbefragung, in denen Anna über das Ereignis interviewt wird. Und ab und zu gibt es längere Kapitel mit Rückblenden, z.B. wie sich Anna und Henrik kennengelernt haben. Mir hat diese Form der Erzählung sehr gut gefallen. Gerade die Befragungen haben auf mich eine Sogwirkung gehabt und ich wollte dann immer unbedingt weiterlesen.

Etwas nervig empfand ich die häufige Nennung der schwedischen Namen der Landschaften und Berge. Darauf hätte ich verzichten können, da es meinen Lesefluss gestört hat.

Das Ende hat mich dann leider enttäuscht, daher gibt es einen halben Stern Abzug. Insgesamt war es ein sehr lesenswerter Thriller, dem ich gerne 4,5 Sterne gebe.

Bewertung vom 14.02.2024
Mühlensommer
Bogdahn, Martina

Mühlensommer


ausgezeichnet

Viel Nostalgie

Maria, alleinerziehende Mutter zwei Teenager-Töchter, lebend in der Stadt, beruflich stark eingespannt, ist gerade auf einem Kurztrip in die Berge unterwegs. Dort erreicht sie ein Notruf ihrer Mutter. Ihr Vater hatte einen Unfall bei Holzfällarbeiten und musste ins Krankenhaus. Ihre Mutter kann aber die demente Großmutter und die Tiere des Bauernhofs nicht alleine lassen. Also muss Maria zurück ins Dorf und aushelfen.

Kaum ist sie wieder auf dem Bauernhof, kommen die Erinnerungen. Wie es damals so war als Dorfkind. Die schönen Seiten – das Leben mit den Tieren, viel Platz und freie Natur, aber auch die Nachteile – man musste viel mit anpacken, die Eltern hatten keine Zeit für Urlaub oder auch nur für Fahrten ins Schwimmbad, in der Schule wurde man als Bauernkind schief angesehen.

Mich haben vor allem diese Rückblicke in den Bann gezogen. So wunderbar und humorvoll erzählt, ich konnte alles genau vor mir sehen.

Zwischen den Buchseiten steckt viel Nostalgie. Es war ein Gefühl, wie nach Hause kommen. Volle fünf Sterne.

Bewertung vom 10.02.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

Wow, was für ein Buch

Das passiert mir nicht oft, dass mich ein Buch so emotional fordert. Es ging rauf und runter und es war alles dabei. Die beiden Protagonisten Philipp und Faina schenken sich und dem Leser wirklich nichts.

Wir lernen die beiden in ihrer Kindheit und bei ihrer ersten Begegnung kennen. Und man hat zunächst das Gefühl, dass sich die beiden gut tun. Beide haben ein schwieriges Elternhaus (Alkoholmissbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung, etc.), können dieses aber durch ihre Freundschaft besser verkraften.

Aber Stück für Stück und vor allem nachdem sie erwachsen geworden sind, merkt man, wie toxisch das Ganze eigentlich ist. Das Machtverhältnis zwischen den beiden ist definitiv nicht ausgewogen. Mich haben die Ereignisse immer wieder überrascht und teilweise auch schockiert.

Es ist kein einfaches Buch. Aber von mir gibt es volle fünf Sterne.

Bewertung vom 05.02.2024
Wir werden jung sein
Leo, Maxim

Wir werden jung sein


ausgezeichnet

Eine Lektüre die nachhallt

Dies war bereits mein drittes Buch von Maxim Leo. Und ich finde, der Autor schafft es jedes Mal mich mit seiner Thematik zu überraschen.

In diesem Buch begleiten wir vier Menschen, die als Teilnehmer einer Medikamentenstudie jünger werden. Beginnend mit dem 15jährigen Jakob. Dieses erste Kapitel hat mir den Einstieg etwas schwer gemacht, weil es sehr jungendromanmäßig daherkommt. Im Rückblick passt dass aber sehr gut, hat mich am Anfang aber gestört. Ab dem zweiten Kapitel hatte mich das Buch aber.

Die Vorstellung sich jünger machen zu können, ist im ersten Moment schon recht verlockend. Man müsste es aber auch kontrollieren können. Wie weit zurück möchte man gehen? Kann man wirklich etwas nachholen? Ich selber würde schon gerne im Erwachsenenalter verbleiben.

Der Autor stellt aber auch allgemeine Fragen. Was würde eine kontinuierliche Verjüngung für die Gesellschaft bedeuten? Sei es die Verschärfung der Überbevölkerung, das Kollabieren des Rentensystems, die Frage nach Gerechtigkeit, also wer kann sich ein solches Medikament leisten, wer nicht.

Insgesamt war es für mich eine unterhaltende aber auch nachdenklich machende Lektüre. Ein Buch das auf jeden Fall nachhallt.

Bewertung vom 29.10.2023
Kein guter Mann
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


ausgezeichnet

Einfach nur wunderbar – die perfekte Lektüre für die Weihnachtszeit

Diese wundervolle Geschichte spielt in Nordrhein-Westfalen, in dem kleinen Ort Ründeroth. Dort trägt Walter seit vielen Jahren die Post aus. Nur leider ist Walter nicht der angenehmste Zeitgenosse. Recht grummelig und auch gerne mal streitlustig, ist er in seinem Umfeld nicht wirklich beliebt. Selbst seine Ex-Frau und der Sohn wollen nichts mehr von ihm wissen. Nur seine Tochter Sabine versucht mit ihm im Kontakt zu bleiben.

Nachdem ein Streit mit einem Kunden, oder wie Walter sagen würde einem Empfänger, eskaliert, wird Walter in die Christkindfiliale strafversetzt. Und als Strafe empfindet Walter es auch, die Briefe der Kinder, die voller Rechtschreibfehler und aus seiner Sicht unverschämten Forderungen bestehen, zu beantworten. Bis er auf diesen einen Brief stößt, der alles verändern wird.

Neben dem Erzählstrang der heutigen Sicht, erfahren wir auch in Rückblenden, wie Walter zu dem Menschen geworden ist, der er heute ist. Denn Walter war in jungen Jahren ein fröhlicher und offener Mann. Was also ist passiert, dass aus ihm ein schlecht gelaunter Misantroph wurde?

Beim Lesen – ich hatte es in drei Tagen durch, viel zu schnell – dachte ich dauernd, was für ein schönes und berührendes Buch. Für mich auf jeden Fall ein Jahreshighlight!

Bewertung vom 26.10.2023
Ein Fluss so rot und schwarz
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


sehr gut

Grausig und erschreckend

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Du wachst auf und du weißt nicht wer du bist, noch wo du bist. Du erblickst eine Möwe und du ahnst, du bist auf einem Boot. Mühsam rappelst du dich auf und schaust dich um. Rechts von dir lehnt ein Leichnam an einer Wand, in seiner Hand eine Pistole. Selbstmord, Mord?
Doch du bist nicht alleine. Es gibt noch fünf andere Menschen an Bord. Und auch sie wissen nicht wer sie sind.
Alles deutet darauf hin, dass ihr eine Mission zu erfüllen haben. Doch wer steuert das Boot und gibt die Instruktionen? Und warum?
Langsam fährt das Boot auf London zu. Und mit der Zeit wird klar, die Welt ist nicht mehr, wie sie mal war. Etwas Schreckliches muss passiert sein.

Was für eine Dystopie. Das recht schmale Buch, nur 269 Seiten dick, zieht einem in eine unheimliche und erschreckende Zukunftsvision. Der Anfang ist extrem packend, gegen Ende lässt es leider nach. Daher für mich ein vier-Sterne-Buch.

Bewertung vom 16.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Tolles Buch, für mich ein Jahreshighlight

Dies ist bereits mein zweites Buch von Helga Bürster. Mit „Eine andere Zeit“ konnte mich die Autorin im letzten Jahr schon begeistern. Und so war ich auf ihr neuestes Werk mehr als gespannt.

Wir befinden uns in Norddeutschland, sehr ländlich und abgeschieden, in den Nachkriegsjahren. Das Leben in der dortigen Moorlandschaft ist hart und ärmlich. Dem Moor muss alles mühsam abgetrotzt werden. Die Vergangenheit lastet schwer auf den Lebenden, es herrscht Misstrauen und Aberglauben in Unnenmoor.

Das Buch vermittelt eine düstere Stimmung, die für mich sehr gut rüber kam. Es war für mich auch eine interessante historische Reise. Allein die Beschreibung der Weltuntergangs-Prediger, die damals von Dorf zu Dorf gereist sind, fand ich spannend und gleichzeitig unglaublich. Die Autorin hat mich richtiggehend in die Vergangenheit katapultiert, wie eine kleine Zeitreise.

Definitiv ein Jahreshighlight, 5 Sterne de luxe.

Bewertung vom 14.08.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


sehr gut

Unterhaltsam, habe aber mehr erwartet

Nach dem Prolog und dem ersten Kapitel, dachte ich erst einmal Wow - was für Albtraumszenarien. Und ich befürchtete schon, dass der Thriller für mich zu brutal werden könnte. Aber mit Kapitel zwei ließ die Spannung rapide nach. Die Geschichte war immer noch unterhaltsam – kam aber leider nie mehr an den Spannungsbogen des Buchanfangs heran.

Campingplätze als Schauplatz von Verbrechen waren für mich Neuland und eine interessante Idee, aus der man aber mehr hätte machen können. Die Ermittlerarbeit der Polizei kam mir recht dürftig vor. Da hoffe ich doch, dass das in der Realität besser läuft.

Evelyn Jancke selbst, fand ich eher unsympathisch und recht unnahbar. Hier hätte ich mir noch mehr Tiefe gewünscht.

Insgesamt ein solider Thriller – aber leider kein Highlight. Von Arno Strobel gibt es deutlich bessere Bücher. Trotzdem bin ich beim nächsten Buch wieder dabei.

Bewertung vom 26.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Alltag in der Apokalypse

Vorab – ich fand das Buch großartig. T.C. Boyle kann einfach ungewöhnliche Geschichten schreiben. Ich brauchte zwar zwei bis drei Kapitel, bis ich Feuer gefangen habe, aber dann hat mich das Buch nicht mehr losgelassen.

Aber um was geht es eigentlich. Wir lernen eine Familie in den USA kennen. Zum einen die beiden Eltern – er Arzt, sie Hausfrau. Beiden ist bewusst, dass wir alle auf eine Klimakatastrophe zusteuern. Doch was kann man daran noch ändern? Von Frank kommt dazu nicht viel, Ottilie versucht einen Beitrag durch die Verwendung von Insekten in den täglichen Mahlzeiten zu leisten.

Die beiden haben zwei Kinder – Cat und Cooper – die bereits erwachsen sind und ihr eigenes Leben leben. Während Cooper an dem Thema privat und beruflich – er ist Entomologe – sehr nahe dran ist, ist es für Cat nur eine Randerscheinung. Für steht aktuell ihre Karriere als Influencerin im Vordergrund.

Die Welt der vier Personen ändert sich innerhalb weniger Jahren drastisch. Bei den Eltern und Cooper in Kalifornien regnet es seit Monaten, ja seit Jahren nicht mehr. In Florida, wo Cat mit ihrem Mann Todd lebt, dagegen, regnet es quasi ununterbrochen. Einen blauen Himmel gibt es hier so gut wie gar nicht mehr. Gleichzeitig nimmt die Tierpopulation drastisch ab. Ganze Spezies stehen vor dem Aussterben.

Ich fand das Buch deshalb so beeindruckend, weil es nicht die Katastrophe in den Vordergrund stellt, sondern wie Menschen in dieser Situation weiterhin ihren Alltag bestreiten. Und dabei versuchen, ihr bisheriges Leben weiterhin so zu leben, wie sie es möchten Ein wirkliches, ein radikales Umdenken findet letztendlich nicht statt. Ja man schränkt sich notgedrungen bei dem ein oder anderen ein, mehr aber auch nicht. Wahrscheinlich wird es letztendlich genau so laufen. Eine großartige und gleichzeitig bedrückende Lektüre.