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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2066 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2025
Halbinsel (eBook, ePUB)
Bilkau, Kristine

Halbinsel (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mutter-Tochter-Beziehung

Es ist ein ruhiger Roman, der dennoch eindrücklich wirkt.
Erzählt wird aus Perspektive einer Mutter, deren Tochter, ca. Anfang bis Mitte 20, einen Zusammenbruch hatte. Die Umstände sind etwas unklar.
Durch das Erzählen in erster Person kommt man der Hauptfigur sehr nahe.
Annett nimmt Linn zu sich, damit sie sich erholen kann.
Als Linn in Ohnmacht gefallen war, sollte sie dabei Schäden an einem wertvollen Bild verursacht haben und jetzt dafür zahlen. Annett fühlt sich schuldig, dass sie ihre Tochter nicht ausreichend versichert hatte.
Die Tochter, die eigentlich früh selbstständig war, entwickelt sich praktisch zurück.
Aber als Leser fragt man sich, was ist denn da wirklich passiert. Ist Linn vielleicht doch verantwortlich? Ich halte Annett nicht für naiv, außer in einem Punkt. Ihr blindes Vertrauen in Linn.
Interessant wird es am Ende, als die Autorin das Thema auf eine andere, universelle Ebene bringt.
Der Roman hat einen ansprechenden Stil, wie ich ihn mag und entwickelt eine ganz eigene Atmosphäre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2025
Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung
Fischer, Joschka

Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung


sehr gut

Illusionslose Analyse

Joschka Fischer, heute mit 75 in einer Rolle, die früher Helmut Schmidt als Altkanzler inne hatte.
Er ist raus aus dem aktuellen Politikleben, hat aber viele Kemnntnisse. Hier schreibt er illusionslos über die Kriege in der Ukraine und Israel/Palästina sowie der Rolle der USA und was das für Deutschland bedeutete.
Die realistische, schonungslose Einschätzung tut gut, denn die Versprechungen der Parteien im Wahlkampf waren kaum glaubhaft.

Zwar sind noch nicht die neuesten Entscheidungen von Donald Trump im Buch enthalten, aber im Kapitel „Qua Vadis, USA“ blickt Fischer zurück bis in die Zeit nach 9/11, dem Krieg gegen Irak, auch die Obama-Zeit und fasst somit gut zusammen.
Auch ein Kapitel zu China ist enthalten. Dann wieder ein umfassender Blick auf Europa.

Ein lesenswertes Politsachbuch, wobei kaum ein Warn- und Weckruf, wie etwas übertrieben beworben, denn konkrete Lösungen hat auch Fischer nicht. Einen kritischen Blick auf Europas Zustand hat Joschka Fischer aber schon länger.

Bewertung vom 13.03.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


sehr gut

Sommer 2006

Christoph Kramer beschreibt erstaunlich ehrlich seine erste Liebe, als 15 Jahre alt war. Es ist 2006 und ein heisser Sommer.
Seine Angebetete heißt Debbie. Und eines Abends nach dem Kino kommt es zum ersten Kuss.
Christoph Kramer ist offenbar ein Romantiker, denn diese Passage beschreibt er ausführlich als zentrale Stelle im Buch.
Diese neue Beziehung scheitert aber schnell.
Konstant bleibt aber seine Freundschaft zu seinem Kumpel Johnny.

Der Roman ist die Momentaufnahme der Gefühlswelt eines Jugendlichen in der beschriebenen Zeit.
Christoph Kramer beschreibt das auf lockere, überwiegend positive Art.

Bewertung vom 12.03.2025
Tiny House (eBook, ePUB)
Wurmitzer, Mario

Tiny House (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Protagonist und Icherzähler ist ein junger Mann, der Literatur und Soziologie studierte und jetzt einen ungewöhnlichen Job angenommen hat. Er zieht in ein Tiny House und es wird gefilmt und gestreamt, wie er darin lebt. Eine Werbemaßnahme der Hersteller. Doch eines Tages brennt das Tinyhouse ab und kurze weitere Versuche scheitern, so das er den Job verliert.
Eigentlich kennt man diesen Teil des Buches schon durch den Text „Das Tiny House ist abgebrannt“, der 2023 beim Bachmannpreis gelesen wurde. Mario Wurmister hat den Text weiter ausgebaut, aber man muss schon sagen, dass der erste Teil der stärkste ist. Danach plätschert es streckenweise. Der Plot ist solide, aber lange nicht viel mehr. Erst das letzte Romanviertel stellt wieder eine Steigerung dar. Es ist ein lesenswertes Buch, da eine feine Ironie den Roman durchzieht.

Bewertung vom 12.03.2025
Die Hochzeit
Carnal, Marc

Die Hochzeit


gut

Ein Buch, das einen Tag zeigt, einen Hochzeitstag.
Es beginnt schon morgens schlecht mit einem Hexenschuss des Wirts, die Köchin motzt und im Verlaufe des Tages geht noch mehr schief, zum Beispiel taucht die Braut nicht auf.

Überraschenderweise ist das Buch außerordentlich viel illustriert. Jedoch sind es relativ einfache, wenig ansprechende Illustrationen.

Dadurch sind auf manchen Seiten wenig Text, der abschnittsweise sogar gereimt ist.

Das Problem mit dem Buch ist dessen Derbheit. Das liegt nicht jedem.

Bewertung vom 12.03.2025
Der Einfluss der Fasane
Strubel, Antje Rávik

Der Einfluss der Fasane


sehr gut

Hella Karl

Der Einfluss der Fasane ist auf dem ersten Blick nicht so komplex wie Antje Ravic Strubels Erfolgsbuch Die blaue Frau. Aber auch dieses Buch hat ein relevantes Thema.
Mit der Journalistin Hella Karl hat die Autorin eine gute Figur geschaffen, stark und sensibel zugleich.
Trotzdem muss sie sich mit einer schwierigen Situation auseinandersetzen. Die Verantwortung für den Selbstmord eines Mannes wird ihr vorgeworfen, da sie einen kritischen Artikel gegen ihn geschrieben hat.
Der Roman ist relativ ruhig gehalten, sprachlich weniger fordernd als erwartet. Das sie damit noch einmal den Deutschen Buchpreis gewinnt, wie sie es 2021 schaffte, glaube ich nicht.
Es ist ein interessantes Buch, aber vielleicht zu unspektakulär für meinen Geschmack. Doch für die Sorgfalt, mit der der Roman geschrieben ist, kann man als Leser dankbar sein.

Bewertung vom 11.03.2025
Heimweh im Paradies
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


sehr gut

Thomas Manns Zeit in Kalifornien

Das Buch zeigt Thomas Manns Zeit in Kalifornien. Mann lebte in Pacific Palisades, einem Viertel von Los Angeles nahe dem Meer, ein erfolgreiches und engagiertes Leben im Einsatz für die Demokratie und er schrieb an wichtigen Büchern, z.B. an Doktor Faustus.
Das Buch ist weniger erzählerisch als erhofft, schafft aber dennoch ein höchstwahrscheinlich treffendes Bild von Thomas mann in dieser zeit zu zeichnen, insbesondere auch wie er auf andere wirkt. Da ist zum Beispiel ein Kapitel von der jungen Susan Sontag, die Thomas Mann zum Tee traf und ihn als alten Mann empfand.
Das Buch ist kurz, manchmal kamen mir die Szenen wie im Zeitraffer erzählt vor. Das sie so stimmig gemacht sind, gleicht das wieder aus.
Es ist fair gemacht. Thomas Mann wird weder glorifiziert noch wird er in seinen Schwächen bloßgestellt.
Bei der Masse an Thomas Mann-Biografien, die es gibt, empfand ich diese aber doch als lesenswert.

Bewertung vom 11.03.2025
Die Frau im weißen Kimono
Johns, Ana

Die Frau im weißen Kimono


sehr gut

Als erstes fällt auf, dass es in diesem Buch zwei gleichwertige Erzählebenen gibt. Eiine 1957 in Japan, mit der Liebesgeschichte zwischen einem japanischen Mädchen und einem US-Amerikanischen Matrosen. Und eine in der Gegenwart in den USA, wo eine Frau sich um ihren sterbenden Vater kümmert und dabei die Geschichte seines Lebens erfährt.
Man ahnt natürlich als Leser sofort, dass der Vater in den USA der Matrose von damals in Japan war.
Ana Johns arbeitet so einige interessante Details gut durch.
Das Buch setzt ganz auf große Gefühle und ist für Fans dieses Genre ein Lesefest. Für andere Leser ist es vielleicht too much!

Bewertung vom 11.03.2025
Mein Vater, vielleicht
Forti, Laura

Mein Vater, vielleicht


sehr gut

Der nonsolo-Verlag bietet Literatur aus Italien. Das Buch von Laura Forti ist sprachlich ansprechend und erzählt in Form eines Memoir, vielleicht auch autofiktional, von einer Frau, die kurz vor dem Tod ihrer Mutter von ihrem biologischen Vater erfährt, den sie nie kennen gelernt hat. Ganz klar ist nicht, wie zuverlässig diese Aussage war. Es bleibt ein vielleicht.
Durch Lesen des Tagebuchs der Mutter geht die Autorin in die Zeit zurück.
Man bekommt Eindrücke von Italien der sechziger Jahre. So ist es auch ein Stück Zeitgeschichte. Aber Laura Forti setzt das auch viel in Verbindung mit ihrem Leben, vergleicht wie sie war im Alter der Mutter damals. Zudem spricht sie auch von ihrer Kindheit und ihren Eltern, die so ihre Probleme miteinander hatten. Hinzu kommt noch ein Element, die jüdische Identität.
Laura Forti gelingt es, den Leser mit ihrer Geschichte zu erreichen.

Bewertung vom 11.03.2025
Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken
Lorenz, Sarah

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken


sehr gut

Ansprache eines Bücherwurms

„Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ ist ein raffinierter Roman, der ganz von der suggestiven Erzählstimme bestimmt ist.
Rückerinnernd erzählt ein sensible Frau von ihrem stürmischen, nicht immer ganz einfachen Leben.
Dazu gehört auch die Liebe zu Büchern, besonders Lyrik und da ganz besonders die Dichterin Mascha Kaléko.
Deren Gedichte sind teilweise vor Kapiteln enthalten.
Nicht nur das Cover, selbst die Autorin sieht Mascha Kaleko ähnlich und vielleicht stellt man sich beim Lesen auch die Protagonistin so vor.
Die Erzählerin in der Gegenwart, da ist sie 39 Jahre alt, ruht anscheinend sehr in sich, das war nicht immer so. In vielen Episoden ihres Lebens gab es emotionale Sturmfahrten. So lernt man sie ganz gut kennen. Es gab eine Zeit, in der sie stark drogensüchtig war. Da gab es auch Übergriffe.
Erstaunlich, die schonungslose Ehrlichkeit und Offenheit. Eine hohe Qualität.
Die letzten Abschnitte sind dann wieder sehr emotionalisierend, aber davon soll an dieser Stelle noch nichts verraten sein.