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Wortsonate
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Solingen

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Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 11.04.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


ausgezeichnet

In ihren Debütroman erzählt Bonnie Gramus eine ungewöhnliche Geschichte, ihre Hauptfigur Elisabeth Zott lebt für die Chemie. Sie vertritt ihre Ansichten konsequent, das war in den frühen 60er Jahren nicht üblich. Die Rolle einer Frau war die der Hausfrau und Mutter.
Elisabeth Zott ist die einzige Chemikerin am Hasting Institut. Ihre Arbeit wird von den Kollegen nicht wertgeschätzt. Sie behandeln sie mehr als Sekretärin und Fußabtreter, verwenden sogar ihre Forschungen unter ihren Namen.

Außer einem: Calvin Evans, der einsame brillante, nominierte Nobelpreisträger , der von seinen Kollegen auch nicht gemocht. Er erkennt als einziger wie einzigartig die Forschungen von Elisabeth Zott sind. Er verliebt sich in sie.

Obwohl beide unterschiedliche Meinungen zu Heiraten und Kinder kriegen haben, gehen sie eine Beziehung ein, die eigentlich so ohne Trauschein nicht sein darf. Elisabeth wird schwanger.
Durch einen tragischen Unfall stirbt Calvin und nun ist sie alleinerziehende Mutter von ihrer Tochter Mad.

Zunächst versucht sie in ihrer Küche als Chemikerin zu arbeiten, und nimmt Auftragsarbeiten an. Doch es reicht nicht und mehr durch Zufall nimmt Elisabeth widerwillig das Angebot einer Kochshow an.

Abendessen um sechs wird dank Elisabeth zu beliebtesten Kochshow im amerikanischen Fernsehen. Sie bringt den Frauen das Kochen auf ungewöhnliche Weise bei, wie kombiniere einen Teelöffel Essigsäure mit einer Prise Natriumchlorid. Denn Kochen ist Chemie, und Chemie ist nun mal das Leben von Elisabeth Zott.
Die Sendung wird immer beliebter und das gefällt nicht jedem, weil sie den Status Quo der Frauen ändern will. Elisabeth Zott lässt sich auch hier nicht verbiegen, vertritt ihre Ansichten und hält sich noch lange nicht an die Regieanweisungen. Dafür lieben die Frauen sie, weil ihnen endlich mal jemand andere Möglichkeiten aufzeigt, als nur Hausfrau und Mutter.
Und dann trifft sie ihre frühere Arbeitskollegin wieder, und die Geschichte nimmt eine Wendung.

Damit möchte ich es belassen, denn der Leser sollte das Buch wirklich lesen. Ein gelungener Debütroman, mit eigenwilligen Charakteren, sozial relevanten Themen, emotionalen Berührungspunkte und Humor.
Bonnie Garms schreibt brillant und witzig von der ersten Seite an. Die Geschichte hat mich immer wieder zum Lachen gebracht. Ich habe mit Elisabeth und ihrer Tochter gefühlt, die genauso wie ihre Mutter ist. Elisabeth ist einfach fabelhaft wie sie konstant ihre Ansichten vertritt. Egal ob am Institut, oder in dem Studio. Sie lässt sich nicht verbiegen.
Eine weitere Figur ist ihr Hund Halbsieben. Denn hätte ich am liebsten adoptiert. Bonnie Garms gibt ihm menschliche Züge. Ein kluger Hund das erkennt Elisabeth früh, und bringt im Worte bei. Das habe ich sogar jetzt nochmal gelesen. Das ist schon bemerkenswert das Elisabeth das so früh erkannt hat in ihrer Zeit.
Gerne hätte ich gewusst wie Calvin und Elisabeth als Familie funktionieren würden, das hätte sicher auch nochmal Zündstoff gegeben. Oder ob sie sich in Walter verliebt. Und wie entwickelt sich ihre Tochter weiter. Ein zweiter Folgeband wäre schön.
Und diese Geschichte würde sich wunderbar verfilmen lassen. Rebellisch, schlau wie ein Fuchs, die sagt was sie denkt und an sich glaubt-das beschreibt Elisabeth Zott ganz gut. Und sie liebt ihre Tochter und Halbsieben.
Ich finde das deutsche Cover besser, das Original finde ich zu modern bis auf den Bleistift, der das Markenzeichen von Elisabeth.

Ein wunderbares Buch das von mir die volle Empfehlung bekommt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2022
Für diesen Sommer
Klönne, Gisa

Für diesen Sommer


ausgezeichnet

In ihrem Roman erzählt Gisa Klönne, eine Familiengeschichte, die zunächst keine Probleme oder tiefere Geheimnisse hat.
Nach Jahren des Verschwinden von Franziska, steht diese wieder vor Türe ihres Elternhauses.
Gezwungenermaßen, denn ihre Schwester Monika steht für ein paar Wochen nicht zur Verfügung, weil sie eine Auszeit benötigt.
Im Laufe der Handlung lernen wir die Familie Roth kennen, vor allem Franziska und ihren Vater. Wie sie lernen müssen miteinander umzugehen und miteinander zurecht zukommen. Stück für Stück erzählt Gisa Klönne, in drei Abschnitten, von dem Hoffen und Scheitern dieser Familie, jeder auf seiner Weise.
Franziska und ihre Schwester zwei gegensätzliche Typen, die eine sucht ihr Leben, die andere ist die perfekte erfolgreiche Tochter. Melodisch erleben wir die verschiedenen Perspektiven, sodass sich die Mosaiksteine zusammenfügen.
Ausgerechnet der Vater der stets über alles die Kontrolle behalten wollte, verliert sie immer mehr.
Seine Alter und seine Krankheit machen ihm zu schaffen , und nicht alles gefällt ihm was in einem seinen Haus geschieht.
Mit der Zeit gewöhnen sich Franziska und ihr Vater aneinander. Auch wenn diese gerne wieder losziehen möchte, doch nach einem Sturz benötigt er viel mehr Unterstützung. Beide finden ihren Frieden und eigenen Weg
mit der Situation.

Versöhnlich endet das Buch, doch für mich hat das Buch doch ein offenes Ende.
Gerne hätte ich gerne gewusst wie Monika auf das all reagiert, sie kommt nicht viel in der Handlung vor, mehr als Background.
Besonders rührend war für mich der zweite Abschnitt „Sterben“, weil so vieles konnte ich nachvollziehen.
Gut gefiel mir das sich Gisa Klönne auf zwei Hauptfiguren konzentriert und die anderen Erzählfaden
darin eingewoben hat.Die Geschichte hat keinen einen großen Zeitbruch , es war fließend erzählt.
Das Cover gefiel mir gut. Auf der einen Seite zeigt es eine Leichtigkeit des Sommers, aber auch einen Weitblick in die Ferne.
Für mich bekommt das Buch die volle Leseempfehlung, weil es mich so tief bewegt.

Bewertung vom 01.03.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Ungefähr ist mir die Geschichte von Tell bekannt. Einem Schweizer Freiheitskämpfer, mit einer Armbrust und einem Schuss auf den Apfel. Dieses Detail mit dem Apfel bleibt in einer anderen Form erhalten.
Und jetzt sollte die Geschichte anders geschrieben sein. Joachim B Schmidt schreibt in 100 schnellen Sequenzen, in denen er zwanzig Figuren auftreten lässt. Die Hauptfigur ist Tell- ein Familienvater, mal Wilderer, mal eigensinnig, einer der sich nicht anpassen will, aber auch eine weiche Seite hat.
Jede Figur erzählt dann seine Geschichte, aus seiner Sichtweise und wie er Tell wahrnimmt. Jede von ihnen hat einen eigenen Charakter, mal derb mal rauh, mal liebevoll.
Dadurch wird es aber nicht unbedingt tiefgründig. Ich denke auch nicht, dass der Autor das erreichen wollte. Wichtiger war ihm das das Tempo vorangeht, so wie bildliche Sequenzen.
Ich habe dabei an Kurzgeschichten gedacht, da fügen sich die Figuren auch nicht immer zusammen. In diesem Roman dienen einige Figuren auch nur zur Beschreibung von Tell.
Wir tauchen tief hinein in die Schweizer Bergwelt und das karge Leben. Wir werden praktisch zurückversetzt in der Zeit. Gerade diese Beschreibungen haben mir sehr gut gefallen, Joachim B. Schmidt formuliert detailreich.
Wie in einem Theaterstück auf der Bühne, wo Personen abtreten, und wieder neue hinzukommen. Nur das Bühnenbild ändert sich kaum.
Allerdings fand ich das Ende abrupt. Ich wurde praktisch hinausgeworfen aus dem szenischen Erzählen, und erst mit Lotta erfahren wir was dann geschah. Vielleicht sollte es die Beharrlichkeit und Zähigkeit dieser Familie darstellen das ein Weiterleben möglich war.
Alles in allem gefiel mir diese Art von Erzählen gut. Es blieb kaum Zeit zum Nachdenken, und schon kam die nächste Figur. Aber ich war fasziniert, weil irgendwie wollte ich ja den Fortgang der Geschichte erfahren. Gut, das Handlungsfeld ist nicht modern, spielt auch nicht in der heutigen.
Ich denke nicht das es darum ging, sondern der Grundgedanke des Autors war die Geschichte des Tells anders zu schreiben. Und das wiederum ist ein moderner Ansatz- das finde ich ist ihm gelungen.
Einen Punkt weniger vergebe ich dafür dass das Ende so abrupt kam, ich wurde plötzlich aus der Szenerie herausgenommen.
Trotzdem bekommt Tell von mir die Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.02.2022
Ende in Sicht
von Rönne, Ronja

Ende in Sicht


ausgezeichnet

Zwei depressive Frauen- Hella, 70, eine alternde Schlagersängerin die zum Sterben in die Schweiz fährt. Auf der Autobahn fällt plötzlich etwas auf die Motorhaube ihres Wagens. Julia 15, wollte sich von der Autobrücke in den Tod stürzen. Doch sie wird nur leicht verletzt und steigt zu Hella ins Auto
Was zunächst als Erzählung der einzelnen Figuren beginnt, verbindet sich zu einer schicksalhaften Reise, die für beide viele neue Erkenntnisse bringt. Am Anfang des Hörbuches spürte ich deutlich die Negativität der beiden. Wer nun denkt, das würde das ganze Hörbuch über so weitergehen, der sollte dran bleiben. Die Geschichte scheint vorsehbar, aber geschickt werden Wendungen eingebaut. Aber zum Ende wird nicht alles gut in der Erzählung.
Die Autorin Ronja Rönne liest das Hörbuch selber. In einem ruhigen Erzählfluss , wo sie den Altersunterschied mit den Beschreibungen von Julia und Hella deutlich macht. Sie passt ihre Stimme jeweils an, ohne dass der Hörer aus dem Geschehen herauskommt oder verwirrt.
Die Autorin benötigt nicht viele Mittel, um die Geschichte am Laufen zu halten. Ich war fasziniert von den zwei verschiedenen Leben, wie sie anfangs Abneigung empfanden und im Laufe der Reise sich immer mehr anfreunden. Ich hatte das Gefühl das Hella in Julia so eine Art Tochterersatz sah, und sie immer mehr mochte. Was ich auch sehr mochte war der schwarze Humor den die Autorin hineinbringt, ja die Geschichte ist nicht nur traurig, sondern hat auch was Humorvolles. Und im Laufe ihres gemeinsamen Leben merken die beiden das sie ein gemeinsames Problem haben.
Was mich im Hörbuch sehr tief berührt waren die Beschreibungen der Demenzstation, weil ich es selber erlebt habe.
Die Betonungen sind auf den Punkt, es bleibt stets ein Moment des Nachempfindens. Ronja von Rönne verwendet keine Musik oder Geräusche. Der Aufnahmeton ist genau richtig, weil der Grundgedanke des Sterbens wollen den Hintergrund bildet, mehr braucht es nicht.
Wer nun ein actionreiches Hörbuch erwartet, der wird enttäuscht sein. Ich würde es denjenigen empfehlen, die mit dem Thema Sterben umgehen können, und ein ruhiges Hörbuch mögen. Der Hörer sollte sich an einen Ort suchen, wo er nicht abgelenkt wird, um die Pointen mitzubekommen.
Von mir bekommt das Hörbuch die volle Empfehlung.