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Top-Rezensenten Übersicht

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Schoko_und_buch
Wohnort: 
Friedberg

Bewertungen

Insgesamt 40 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Die über 100 Jährige Margrit beringt ihren Lebensabend in einer Seniorenresidenz an der Elbe. Hier bekommt sie oft Besuch von ihrer Enkelin Luzie oder wird von ihrem Fahrer Arthur in den naheliegenden Garten gefahren, in dem sie ihren Gedanken nachhängt. Diese kreisen zu ihrer Familie, ihrem Sohn Frieder, der in Australien lebt, ihrer Mutter Johanne und auch zurück in die Vergangenheit. Sie spürt, dass Luzie etwas belastet. Denn diese hat die Schule geschmissen und möchte künftig ihr Geld als Tattoo Artist verdienen. Margrit stellt sich als Übungsobjekt zur Verfügung und Luzie entwirft einen Flusslauf mit wesentlichen Stationen aus Margrits Leben. Und dabei nähern sich Großmutter und Enkelin auf eine sehr zarte Art an, tiefes Vertrauen, Geborgenheit, Nähe. Dies bringt Luzie schließlich dazu, stückchenweise zu offenbaren, was ihr widerfahren ist. Auch Arthurs und Luzies Wegen kreuzen sich und führen dazu, dass Luzie wieder vertrauen kann.
Das Buch ist. Abwechselnd aus Sicht der 3 Hauptfiguren Margrit, Luzie und Arthur geschrieben und Stück für Stück erfahren wir so beim Lesen die volle Geschichte der drei. Luzies Wut und Verzweiflung kommt dabei genau raus, wie Margrits Alter, wenngleich ihre Lebenserfahrung prägend ist. Tolle Zitate aus Margrits Mund bleiben ebenso hängen wie das „Internetz“ oder der „Rollarthur“. Herrliche Sprache, intensiv und gewaltig, gleichzeitig berührend. Ein tolles Buch, bei dem mich vor allem die Beziehung zwischen Großmutter und Enkelin verzaubert hat.

Bewertung vom 14.03.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Erinnert Ihr Euch noch an die Zeit zwischen Teenie und Erwachsensein? Das erste Verliebtsein, die vielen Pläne, Träume, Zeit mit Freunden… Ich denke gern an die Zeit zurück, aber ohne Wehmut, nur mit überwiegend schönen Erinnerungen. Die Zeit wird so nie wieder kommen, aber sie prägt ungemein.
Genau über diese Zeit schreibt Christoph Kramer in seinem Debütroman. Der 15jährige Christoph hat Träume – einer ist es, Profifußballer zu werden, der andere, mit Debbie, dem schönsten Mädchen der Schule, zusammenzukommen. Es ist der Sommer 2006 – ein heißer Sommer, der Sommer der Fußball-WM in Deutschland, ein Sommer, in dem es noch ICQ gab, SMS auf Handys (keine Smartphones) versendet wurden und durch einen kleinen Briefumschlag auf dem Display angezeigt wurden und Capri-Sonne noch so hieß. Mit einer kleinen Notlüge verschaffen sich Chris und sein Freunde Zutritt zur angesagten Party, auf der auch Debbie zu finden ist. Doch schnell steht Chris allein da. Der, der Alkohol kaum anrührt, klammert sich an einem Becher fest und fühlt sich fehl am Platz. Bis er wie erhofft auf Debbie stößt. Die beiden verbringen eine schöne Zeit, ganz zart mit einem Hauch von Abschiedskuss. Eine Verabredung folgt und Chris schwebt vor Glück. Chris, der genau so mit den Veränderungen seines Körpers hadert andere in dem Alter auch, fühlt sich seinem Traum ein Stück näher. Auf dem Höhepunkt seines Glücks wird er jedoch jäh ausgebremst. Ein Roadtrip mit dem Auto eines Bekannten, ohne Führerschein, folgt und Chris landet mit seinem Freund in einer Bar in Düsseldorf…
Ein bezaubernder Roman, bei dem man die drückende Sommerhitze genauso fühlt, wie das zarte Zittern der Knie vor dem ersten Kuss. Mit viel Liebe zum Detail entführt uns Christoph Kramer in den Sommer vor knapp 20 Jahren. Ein Sommer, in dem man nicht nur als Teenager dachte, die Welt verändern zu können, sondern eine ganze Nation dachte, dass die deutsche Nationalmannschaft nicht zu bremsen ist. Nein, es ist kein Roman über Fußball. Dieser spielt nur am Rande eine Rolle, als Teil von Chris. Chris, der von seinen Freunden oft „Dings“ genannt wird, unerwartet freche Sprüche austeilt und eine tiefe Verbundenheit mit seiner Familie in sich trägt, ist ein Junge, den man gern haben muss beim Lesen. Was mir auch sehr gut gefallen hat, waren die vielen kleine Details, die mich selbst wieder zurück katapultiert hatten in diesen Sommer (ICQ, SMS usw.), an den sicher jeder eigene Erinnerungen hat. Ein wunderbares Debüt.

Bewertung vom 11.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


ausgezeichnet

Anja und ihre Tochter Lena räumen gezwungenermaßen die Wohnung von Elisabeth, Anjas Mutter aus. Diese ist nach einem Schlaganfall pflegebedürftig und daher in ein Heim in Hamburg zu ihrer Tochter gezogen.
Anja ist beruflich in der Bibliothek der Bremer Uni angestellt. An ihr nagt das ständig schlechte Gewissen, dass ihre Mutter allein im Heim ist. Die Räumung der Wohnung in Berlin, der Job und die Sorge um die Mutter reiben sie auf.
Lena ist die jüngere Tochter und studiert seit kurzem in Berlin. Sie tut sich schwer mit Kontakten, lebt zurückgezogen und ein ausgesetzter Hund wird ihr bester Freund. Ein ständiges Gefühl des ausgegrenztsein plagt sie.
Als beide bei der Wohnungsräumung auf einen Koffer voller Hundefrisierutensilien stoßen, beginnt auch Elisabeth in der Erinnerung um ihre Tante Clara zu schwelgen und erzählt Stück für Stück die Familiengeschichte.

Das Buch ist wunderbar geschrieben. Die Frauen wirken allesamt so vertraut, ich konnte wunderbar in die Welt der 3 Frauen eintauchen . Claras Geschichte aus den 20er Jahre ist eingebettet in die aktuelle Zeit. Viele aktuelle Ereignisse spielen im Roman eine Rolle, vor allem der aufkeimende Antisemitismus und der Umgang damit. Dies zeigt deutlich die Parallelen zur damaligen Zeit. Ich habe das Lesen sehr genossen und kann es nur empfehlen.

Bewertung vom 06.03.2025
Maggie Blue - Das Portal zur Düsterwelt
Goodall, Anna

Maggie Blue - Das Portal zur Düsterwelt


sehr gut

Maggie lebt seit kurzem bei ihrer Tante Esme. Der Vater hat die Familie verlasse , der Mutter befindet sich wegen Depressionen in einer Klinik. Also mitten im Schuljahr muss Maggie auch noch die Schule wechseln. Ihre Mitschüler machen es ihr nicht leicht. Die einzige Gesellschaft ist neben ihrer schrulligen Tante ein Kater. Irgendwie fühlt Maggie sich seltsam an diesem Ort. Und dann passieren merkwürdige Dinge - der Kater spricht mit Maggie, ihre Widersacherin Ida wird von der Vertrauenslehrerin entführt, und Maggie reist durch ein Portal in die Düsterwelt um Ida zu retten. Alles weiter müssen die Leser selbst herausfinden.
Zu allererst hat mich das Cover angesprochen, wunderschön abenteuerlich gestaltet. Der SchreibStil ist angenehm zu lesen und ich war ganz schnell in der Geschichte drin. Die Fantasiewelt wird eindrucksvoll geschildert. Spannung, Witz und Humor, aber auch Freundschaft und Mut bringt Maggie Blue mit

Bewertung vom 03.03.2025
Wozu eigentlich Mathe?

Wozu eigentlich Mathe?


ausgezeichnet

Mathe kann begeistern, denn eigentlich ist unsere ganze Welt u.a. auf Mathe aufgebaut. Jeder braucht es – egal ob beim Verbraten des Taschengeldes, beim Entwerfen eines Hauses oder bei der Planung von Reisen. Unbewusst wird es laufend angewendet. Mathe ist mehr als pures Rechnen. Es ist Alltag, Geschichte, Logik und Entscheidungsgrundlage.
Dieses Buch hat mich gefesselt. Direkt als es bei mir eintraf, habe ich es nur ansehen wollen und bin praktisch Seite für Seite hängen geblieben.

Wusstet Ihr, wie schon 240 v.Chr. ein griech. Gelehrter den Umfang der Erde ermitteln konnte? Oder dass es nur 64 Schachfelder braucht, um aus einem Korn Reis 500 Millionen Tonnen Reis zu machen? Warum man bei der Spielshow „Geh aufs Ganze“ doch das Türchen wechseln sollte, wenn der Moderator fragt? … All das ist Mathe.

Anschaulich dargestellt, toll strukturiert und interessante Inhalte, die Lust auf mehr machen, Angereichert um Sektionen „Du bist dran“, bei denen der oder die Leser (in) sich selbst testen kann und das gelesene anwenden kann. Es ist kein Regelwerk. Aber das Buch erklärt Zusammenhänge und gibt Impulse. Ich empfehle dieses Buch jedem, der sich für Mathe interessiert in jüngeren Jahren und auch jedem, der es noch nicht tut.

Bewertung vom 27.02.2025
Wie du mich ansiehst
Lohmann, Eva

Wie du mich ansiehst


ausgezeichnet

Johanna ist mitten im Leben, hat einen Blumenladen, eine Tochter, einen Mann und eine tiefe Sorgenfalte. Einer spontanen Idee folgend lässt sich Johanna diese behandeln. Doch sie erzählt es nur ihrer Freundin. Der Familie fällt es nicht mal auf. Sie selbst fühlt sich aber besser. Und so kommt eins zum anderen bis sich ein kleiner Eingriff an den Lippen nicht mehr verbergen lässt. Ihr Mann versteht sie nicht, ihrer Tochter ist es unendlich peinlich. Also verzieht sich Johanna in den geliebten Garten, den sie von ihrem Vater geerbt hat, bis sich die Wogen (und die Lippen) wieder glätten.

Eine tolle Geschichte über das Älterwerden und die unterschiedliche Wahrnehmung auf sich selbst und von anderen. Die Zornesfalte steht für mich sinnbildlich für den Zeitpunkt, an dem man sich fragt, ob es das jetzt war und was noch kommt im Leben. Die Kinder werden groß, brauchen einen als Mutter weniger. Und dann hat man als mMutter plötzlich Freiraum, sich selbst zu sehen und es springt einen förmlich an - plötzlich ist man 14/15 Jahre älter, was kommt jetzt. Doch auch wenn die Zornesfalte verschwindet, kann man die Zeit nicht zurückdrehen. Ich fand das Buch sehr angenehm zu lesen, Johanna ist sympathisch, ich konnte mich gut reinversetzen in sie. Tolles Thema und sehr gut umgesetzt.

Bewertung vom 26.02.2025
Bis die Sonne scheint
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


sehr gut

Die 80er Jahre in (West)Deutschland sind verbunden mit einer wirtschaftlichen Flaute. Dies spürt auch Familie Hormann, deren Sohn Daniel kurz vor der Konfirmation steht. Er träumt von einem ganz bestimmten Anzug. Doch je näher seine Konfirmation rückt, umso mehr rückt der Traum in Weite Ferne. Das Dach muss repariert werden, der Kühlschrank gefüllt und die Bank gibt kein Geld mehr aus. Eines Tages steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Doch nach außen wahrt die Familie den Schein – die Omas dürfen nichts merken, es wird essen gegangen und das Konfirmationsgeld für Daniel wird lieber verwendet um anderweitig Löcher zu stopfen.



Die Geschichte wird aus Sicht von Daniel erzählt, einem 14 jährigen Jungen zwischen Kindsein und Erwachsenwerden. Die Erzählperspektive finde ich sehr interessant, denn vieles lässt sich nur erahnen, wird aber nicht direkt ausgesprochen. Genau so wie es sich für Daniel wahrscheinlich anfühlt. Und wären alle Welt ahnt, wie es um die Familie steht, wird der Schein fleißig aufrecht erhalten und von den Problemen lieber abgelenkt, als diese anzugehen. Ein toller Roman, gut zu lesen, eine leichte Melancholie schwebt über den Zeilen mitund gleichzeitig eine gewisse Leichtigkeit, das Leben trotz aller Hürden im Moment zu genießen und sich nicht einspannen zu lassen.

Bewertung vom 19.02.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


gut

Wanda lebt als alleinerziehende Mutter in einem Berliner Problemviertel. Doch sie hat Träume - als Schauspielerin hofft sie auf den großen Auftrag, der sie aus der Situation rausbringen kann. Sie bandelt mit einem Kollegen an, doch schämt sich für ihr Leben und erfindet Geschichten. Im Wohnblock wird getuschelt, sie hält sich für etwas besseres. Das Leben dort ist eintönig, die Kinder spielen zusammen, die Mütter sitzen zusammen, rauchen und philosophieren über das Leben. Heirate einen Mann, der fürs Einkommen sorgt, ist die Devise. So richtig will Wanda aber weder in die eine noch in die andere Welt passen. Als sie ihre Tochter eines Tages zum Dreh mitnehmen muss, beginnen die Welten aufeinander zu treffen und ihr Kartenhaus langsam in sich zu fallen.

Hier prallen wirklich Welten aufeinander - die schillernde Filmkulisse im Nobelrestaurant gegenüber dem tristen Alltag von Sozialleistungsempfängern. Beim Film dreht es sich um Macht, Geld, schnellen Erfolg, Zeit ist Geld, Frauen idealerweise gefügig. Auf der anderen Seite - Eintönigkeit, Anspruchslosigkeit, aufgegebene Träume und sich arrangiert haben mit dem wenigen was man hat. Die Gegensätze werden gut geschildert. Ich bin in beiden Welten nicht zu Hause, daher las es sich für mich zum Teil wie Klischee. Emotional hat mich das Buch leider nicht mitgenommen. Wanda konnte ich nicht für mich gewinnen, ich habe sie teilweise nicht verstanden, insbesondere in Umgang mit der Tochter. Ja, Träume muss man nicht aufgeben, wenn man ein Kind bekommt. Aber sich diesen auch nicht kopflos hingeben und die 5jährige nachts allein lassen. Der Stil des Buches ist interessant, stellenweise hektisch (wenn es um Film geht). Das wirkte wiederum sehr authentisch. Die Sprache ist bildreich und insgesamt ist der SchreibStil etwas anders, aber dadurch interessant und lebhaft, wenngleich dennoch mit einem melancholischen Touch. Leider konnte mich das Buch insgesamt aber nicht 100%ig gewinnen, es hat einfach nicht ganz meinen Geschmack getroffen

Bewertung vom 19.02.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Da ist Wut, ganz viel Wut. Doch wie passt Wut auf die Beerdigung des eigenen Ehemannes? Marlene und Rolf waren 30 Jahre verheiratet, als bei ihrem Mann ein schwerer Hirntumor diagnostiziert wird. Rolf, selbst Arzt, beschloss, freiwillig zu sterben, bevor er dahinsiechen muss. Gemeinsam mit Marlene schmiedet er einen Plan. Und am Ende steht Marlene an seinem Grab mit furchtbarer Wut. Sie schottet sich ab, bis Jack in ihr Leben platzt. Ihr ehemaliger Schüler repariert ihre Dusche und von da an verändert sich etwas. Viele kleine Episoden lassen Marlenes Wut nach und nach verschwinden.

Es ist eine sehr berührende Geschichte, die sich erst nach und nach richtig entfaltet und ihre ganze Bandbreite offenbart. Es ist nicht nur eine Erzählung, es ist viel mehr. Obwohl die Wut mehr als deutlich herauskommt, entwickelt sich etwas zartes und freudvolles. Ein Werk, dass zeigt, wie lebenswert das Leben eigentlich ist und wie wichtig menschliche Beziehungen sind. Einfühlsam, aber stark geschrieben, setzt es auch die eigenen Gedankengänge in Gang. Ein sehr gelungener Roman, den ich wirklich gern gelesen habe.

Bewertung vom 12.02.2025
Bevor es geschah
Spierer, Céline

Bevor es geschah


ausgezeichnet

Eine Familie bestehend aus Elisabeth, einer Matriarchin, 2 Söhnen und 2 Töchtern kommt mit den jeweiligen Partnern und Kindern zum jährlichen gemeinsamen Barbecue zusammen. So unterschiedlich wie die erwachsenen Kinder sind, so unterschiedlich hängen sie während des Nachmittags ihren Gedanken und Problemen nach. Und davon hat jeder von ihnen reichlich, was natürlich nicht nach außen dringen darf. Der Schein einer perfekten Familienharmonie wird aufrecht erhalten - bis ein dramatisches Ereignis alle zum „Aufwachen“ zwingt.

Celine Spierer versteht es, den Leser in die Familie Haynes mitzunehmen. Mit einem wunderschönen Erzählstil werden die Familienmitglieder eingeführt. Die sich aufbauende Anspannung ist schnell zu spüren. Die Familienmitglieder tänzeln umeinander herum, sticheln, provozieren, aber lassen sich nicht in die Karten schauen. Mit Essen wird die Harmonie wieder aufgefrischt. Ein wunderbares Buch über Familiengeflechte hinter der Fassade. Wunderbar geschrieben. Einziger Haken: ich fand es manchmal schwierig zu folgen, in welcher Zeit wir gerade sind, ob es ein Rückblick ist oder am besagten Nachmittag. Dies verschwimmt manchmal. Macht für mich aber keinen Abzug, absolute Empfehlung.